Theater/Oper/Konzerte/Musicals


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La Vestale, Gaspare Spontini

Ein Stück Operngeschichte gibt es aktuell im Theater an der Wien zu sehen. Die Oper über die Priesterin im Tempel der Göttin Vesta wo über das ewige Feuer ihrer Jungfräulichkeit gewacht wird gilt als Bindeglied zwischen den Barockopern und der Grande Opera, auch Wagner und Verdi haben später von Spontini abgeschrieben.
Die junge Julia liebt ihren Licinius, der wiederum liebt die Julia, aber der Herr Papa ist von hohem Stand und mag seine Tochter nicht an einen dahergelaufenen Soldaten verheiraten. So verdient sich Licinius 5 Jahre lang seine Lorbeeren als erfolgreicher Feldherr und wäre somit, als Retter Roms, gut genug für eine solche Heirat. Sein Pech, dass der Herr Papa von Julia mittlerweile verstorben ist und diese ihm am Totenbett versprechen musste eine Vestalin zu werden - ewige Jungfräulichkeit, juhu. Die beiden wollen sich natürlich trotzdem lieben und begehen nach langem hin und her den Sündenfall, das ewige Feuer im Tempel erlischt und Julia ist dem Tode geweiht, soll lebendig eingemauert werden. Die Göttin hat ein Einsehen und gibt knapp vor der Hinrichtung ein unmissverständliches Zeichen, der geschändete Schleier der Priesterin wird vom Blitz getroffen und entzündet das ewige Feuer aufs Neue. Julia und Licinius können nun doch zueinanderfinden, alle sind glücklich und es darf gefeiert werden.
So weit, so einfach. Die Oper wurde seit Jahrzehnten nicht mehr in Wien aufgeführt, kaum jemand kennt das Werk. Man könnte also einfach die Oper inszenieren und der Musik Raum geben. Geht aber nicht. Warum? Weil Regisseure eine eigene, sehr kompliziert denkende Spezies sind (in diesem Fall Johannes Erath). Im ersten Akt und im Finale gibt es überboardend ausufernde Regietheaterideen, die meisten davon funktionieren nicht. Einzig der zweite Akt im nächtlichen Tempel ist stimmig und auch das Highlight des Abends. Bei der Premiere erntete er dafür den berechtigten Buh-Sturm, auch gestern Abend waren viele Besucher sehr unzufrieden mit der Regiearbeit.
Bertrand de Billy am Pult führte die gut aufgelegten Wiener Symphoniker mit viel Kraft und Tempo durch den Abend, ließ aber auch sanftere Töne durch den Raum gleiten, wenn es erforderlich war.
Franz-Josef Selig und Claudia Mahnke gaben das HohenpriesterInnen-Duo. Selig musste dabei zwischen einem Kardinalskostüm und einem schmierigen älteren Herren hin und her wechseln und immer wieder mal andeuten, dass er gerne junge Frauen belästigt. Auch die Hohepriesterin war kaum mal als solche zu erkennen, was ihre verschiedenen Kostüme alles darstellen sollten war nicht so leicht zu erkennen. Warum die Hohepriesterin aber am Ende, nachdem er Julia doch noch begnadigt hat, den Hohepriester abstechen muss ist ein völliges Rätsel. Macht aber nix, er steht dann eh auf und zieht sich das Messer raus. Gesanglich gab es bei den beiden erwartungsgemäß nichts auszusetzen.
Auch Dumitru Madarasan als Chef de Aruspices und Ivan Zivoniev als Consul entsprachen den Erwartungen.
Was die Regie mit der Figur von Cinna vorhatte erschließt sich einem nicht. Der Freund des Licinius turn auf einem Pferd (also dem Turngerät), mit Ringen, macht Liegestütze, schummelt sich auf das höchste Treppchen eines Siegerehrungspodests, rennt in kurzen Hosen herum, wird am Ende verprügelt und bekommt die Schlinge um den Hals. Hat halt alles mit der Oper nix zu tun, aber ok. Aja, und singen musste der arme dann auch noch immer wieder. Angesichts der darstellerischen Belastung war das dann auch ok. Es ist schwer einen Sänger zu beurteilen, wenn man dauernd den Kopf schütteln muss über seine, von der Regie geforderten, szenische Darstellung.
Eine wirklich schöne Stimme gab es von Michael Spyres zu hören. Er sang den Licinius ausgezeichnet und war auch darstellerisch sehr gut. Das kann man auch über Elza van den Heever sagen. Ihr Sopran ist in den Mittellagen wunderschön, auch immer bereit zum Angriff. In den Höhen, die von einem silbrig metallischen Klang begleitet sind, ist sie bombensicher. Ihre große Arie zu Beginn des zweiten Aktes, Toi que j'implore, ist ihr sehr gut gelungen. Gespielt hat sie mit viel Leidenschaft und, dem Himmel sei Dank, sie durfte auch IHRE Rolle spielen.
Eine Bank war wieder der Arnold Schönberg Chor. Großartig wie immer!

Alles in allem ein musikalisch interessanter Opernabend. Das Werk selbst ist eben keine Grande Opera und passt auch sonst nicht recht in eine Schublade. Hörenswert ist es allemal.

 

 

 


 

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Marcel Prawy in Ausbildung
halbe südfront schrieb am 19.11.2019 um 02:50 :

La Vestale, Gaspare Spontini

bei mir wird sich keiner der termine ausgehen. schade, weil es ein selten gespieltes werk ist. weniger schade, wenn ich mir deinen kommentar und die diversen kritiken durchles, was die regie betrifft.

die premiere wär sich zeitlich ausgegangen, das hab ich verpennt. dafür schau ich mir morgen das gespenst von canterville an. volksoper ist ja quasi meine hood, da geh ich zu fuß.

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Marcel Prawy in Ausbildung

22.11.19 - DAS GESPENST VON CANTERVILLE - volksoper

die volksoper scheint immer ein wenig auf der suche nach dem richtigen opernformat, das neben ballett, musical und operette verlässlich das haus füllt, die alten klassiker, die in deutscher sprache dargebracht werden, dürften es nicht sein, hier aber, bei der familienoper, ist man am gürtel genau richtig und daran sollte man sich auch orientieren. letztes jahr wurde "pinocchio" aufgeführt, heuer hat man mit "das gespenst von canterville" einen leichten gruselspaß ausgewählt. diese zeitgenössische, kindergerechte oper von marius felix lange, die heuer hier ihre österreichische erstaufführung erfuhr, orientiert sich kaum an melodiös-klassischen klängen, sondern ist sehr selbstbewußt modern und schneidet dabei besser ab als so mancher hochgeistiger todernst, an dem sich die gehobeneren häuser zuletzt versucht haben. 

dirigiert wurde das kompakte (zweimal eine stunde mit pause dazwischen) werk heute von gerrit prießnitz, neben alfred eschwé der zweite opernexperte der volksoper. er leitete das orchester zu durchaus knackigem spiel an, wohl auch aufgrund der tatsache, dass die protagonisten in akustisch schwierigen situationen tontechnisch unterstützt wurden. der immobilienunternehmer könig, der das schloß canterville kauft und mit seiner familie einzieht, wurde von daniel ohlenschläger gesungen. der oberösterreicher hatte natürlich keine probleme, seinen kräftigen bassbariton zur geltung zu bringen, im spiel zeigt er sich als großer komödiant. 

seine söhne leon und noel, deren sprechgesang sich zwar an der populärmusik orientiert, dabei aber nie ins platte oder gekünstelte abfällt, wurden von lukas karzel und stefan bleiberschnig gegeben. die beiden versteckten sich des öfteren hinter dem durchdringenden klang des orchesters, sie waren aber auch viel damit beschäftigt, rauf und runter über die bühne zu turnen. trotz technischer unterstützung kaum zu hören war leider ursula pfitzner als haushälterin, aber auch ihr wurde viel spiel zugemutet.

marie-pierre roy als assistentin von herrn könig wurde nicht oder selten technisch verstärkt, ein wenig hätte jedoch nicht geschadet, denn auch sie fiel in der schlacht gegen das orchester. auch machte sie durch ihr spiel kaum etwas wett und so blieb es am ende eine durchschnittliche leistung, wie man sie des öfteren im repertoirebetrieb bekommt. es war zu verschmerzen, die rolle der assistentin ist eine recht kleine. david, sohn der haushälterin, wurde von david sitka gesungen, der ein wenig verkühlt klang, aber einen soliden abend ablieferte. 

den vogel abgeschossen hat athanasia zöhrer als virginia. die junge sängerin, die in dieser partie an der volksoper debütiert, hatte einen ausgezeichneten tag und war der glanzpunkt der aufführung. mühelos und der zeitgenössischen oper entsprechend phasenweise schrill führte sie ihren kräftigen und ansonsten durchaus dunklen sopran durch den abend und erntete großen zuspruch. leider keinen starken abend hatte der heutige hausgeist des schlosses canterville, ben connor. der australier gehört zum ensemble der volksoper und hat hier schon ganz andere abende gesungen, weswegen man ihn nicht am heutigen messen darf. auch er dürfte ein wenig verkühlt gewesen sein, denn trotz tontechnik hatte er grosse mühe, zur geltung zu kommen. 

die inszenierung ist so, wie man sich operninszenierungen nur wünschen kann. bunt, gefällig und dem werk entsprechend wird die oper als boulevardkomödie auf die bühne gebracht, bei der auch die videotechnik optimal eingesetzt wird. es wackeln die wände und die gemälde werden zum leben erweckt. "das gespenst von canterville" mag sich nicht klassisch-melodiös ins ohr schmiegen, es ist jedoch eine zeitgenössische familienoper im besten sinne, die an die volksoper passt wie die faust aufs auge und hier auch entsprechend witzig und kurzweilig dargebracht wird. die oper wird im dezember und im frühjahr noch ein paar mal gespielt. wer seine kinder an die oper heranführen möchte, hat mit diesem spaß für die ganze familie eine gute gelegenheit dazu. bei einem etwaigen besuch sollte man sich jedenfalls mit dem originellen programmheft eindecken.

bearbeitet von Marco Lecco-Mio

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Marcel Prawy in Ausbildung

24.11.19 - EUGEN ONEGIN - staatsoper

die neben "pique dame" sicher bekannteste oper von peter iljitsch tschaikowski wurde heute an der staatsoper gespielt und am ende war es, sieht man von einigen unstimmigkeiten in der zweiten szene ab, eine gute vorstellung. geleitet wurde der abend von michael güttler. hier ist zu bemerken, dass es im ersten akt einige auffassungsunterschiede im tempo zwischen chor und graben gab, das solohorn in der zweiten szene einigermaßen indisponiert war und das eine oder andere mal etwas zu schnell gespielt wurde, der rest war aber ansprechend und halbwegs fehlerfrei. 

in den eher kleineren partien der larina und der filipjewna waren monika bohinec und aura twarowska zu hören, erstere ließ das eine oder andere mal einen blechernen anklang vernehmen, letztere sang zwischen souverän und unauffällig. wird man gefragt, was gespielt wird und wird "eugen onegin" gespielt, dann ist die zweite frage immer: "wer singt den lenski?" - es tat dies heute pavol breslik. dem tenor, der oft gast in wien ist, gelang ein ansprechender abend. zwar hatte er hier schon bessere, doch blieb auch er am ende souverän. oder unauffällig. margarita gritskova war eine verführerische olga und brachte diese kleine partie, die, ebenso wie jene des lenski, mit der pause zu ende ist, gut über die bühne und verzichtete wie ihre kollegen auf übermäßigen einsatz.

eugen onegin wurde heute von boris pinkhasovich gesungen. der russe hat letzte saison in wien als barbiere-figaro debütiert und dabei einen ausserordentlich guten eindruck hinterlassen, den er heute durchaus bestätigen konnte. sein kraftvoller bariton weiß besonders in den mittleren und hohen lagen zu überzeugen und von denen gibt es in dieser oper einige. marina rebeka sang heute die tatjana. in den spitzentönen ausgezeichnet, lieferte sie im parlando umfangreichen textes den einen oder anderen abstecher ins blecherne. im zweiten teil mußte sie dann der größe ihrer partie, die tatjana hat ja das meiste zu singen, tribut zollen und klang deutlich angeschlagen. nichts desto trotz soll dies nicht darüber hinweg täuschen, dass auch ihr ein beachtlicher vortrag gelang.

der fürst gremin tritt im zweiten teil nur kurz auf, hat eine große soloszene und für diese partie muss der sänger genügend eingesungen sein. auf den punkt traf seine partie ferruccio furlanetto. der italiener, der in "simon boccanegra" kaum überzeugen konnte, lieferte heute einen prächtigen auftritt, sein dunkel dröhnender bass füllte jeden zentimeter des auditoriums aus strahlte dabei klar und weich. igor onishchenko hat nach wie vor eine zu kleine stimme für die staatsoper, das dürfte sich nun auch nicht mehr groß ändern, er war heute ein hauptmann und saretzki. pavel kolgatin blödelte sich solide durch den kurzen auftritt als triquet und oleg zalytskiy war der vorsänger. 

"eugen onegin" ist eine tragische, jedoch durch die die spannung bewahrende musik stets kurzweilige oper, die man sich in dieser besetzung durchaus anschauen könnte, es ist nämlich eine überdurchschnittlich gute. am dienstag wird "eugen onegin" ein letztes mal gespielt. nach dem konzert von ludovic tezier am mittwoch geht es für mich am freitag mit "don giovanni" weiter.

bearbeitet von Marco Lecco-Mio

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Jacobowsky und der Oberst, Franz Werfel

Regisseur Janusz Kica ist eine großartige Arbeit gelungen, dem traditionellen Haus in der Josefstadt mehr als nur würdig. Mit großartigen Schauspielern, luxuriös Besetzt bis in die kleinsten Rollen, hat er Werfels, auf seine eigenen Fluchterfahrungen beruhende, "Komödie einer Tragödie" um einen polnischen Juden und einen Oberst der polnischen Armee auf der Flucht im Frankreich während des 2. Weltkrieges umgesetzt.
Viel Humor, beklemmende Athmosphäre, herrliche Charakterstudien dominieren den Abend.
Johannes Silberschneider zelebriert den Jacobowsky auf eine unglaublich sympathische Weise, zeichnet die Figur in immer neuen Facetten, agiert in tragischen wie humoresken Momenten absolut brillant. Kongenial agiert Herbert Föttinger als grantiger Oberst Stjerbinsky. Ebenso facettenreich und brillant, als despotischer Militär, Frauenverführer, depressiver Flüchtender, von Eifersucht zerfressener Verliebter und gönnender Held.
Die beiden Titelhelden werden unterstützt und begleitet von Pauline Knof als Marianne, die sich zunächst als unbedarfstes Mädchen der Flucht anschließt und mit der Zeit zur Führerin der Gruppe mutiert, die Gegensätze Jacobowsky und Stjerbinsky eint, sich am Ende der Resistance anschließt.  
Der Vierte im Bunde der Fluchtgruppe ist Stjerbinskys Untergebener Szabuniewicz, gespielt von Matthias Franz Stein. Auch er agiert auf höchstem schauspielerischen Niveau, erfüllt diese Figur mit Leben.
Wie Janusz Kica mit Silberschneider, Föttinger, Knof und Stein detailreiche Charakterstudien erarbeitet hat, so tat er das ebenso in den zwei Dutzend Nebenrollen, wie es wohl nur in der Josefstadt möglich ist. Die Produktion ist durchwegs luxuriös besetzt: mit Ulli Maier als resoluter Hotel-Chefin Madame Bouffier, Alma Hasun als leidenschaftlicher „leichter Person“ oder Gerhard Kasal als gutgläubigem deutschen Oberleutnant. Alexander Absenger ist als zynischer „tragischer Herr“ zu sehen, Johannes Seilern als sich unantastbar glaubender Membre de l’Académie Française, Siegfried Walther als um Ruhe bemühter Wirt Clairon, Therese Lohner als Mädchen Mariannes, Ginette, Patrick Seletzky als grausamer Gestapo-Mann.Ulli Fessls „alte Dame aus Arras“ verbreitet gekonnt Panik während eines Bombenangriffs, Ulrich Reinthaller überzeugt als zwiespältiger britischer Agent, Michael Schönborn als Flic, der erst nach Dienstschluss mitfühlend werden darf. Ihnen allen bietet die Aufführung dank Kicas kluger Regie einiges an Entfaltungsmöglichkeit. Kica zeigt all das ohne krampfhaften Dreh ins Heute, sind Werfels Themen von Zukunft, die aus Zusammenhalt entsteht, und Vertrauen, das alle Feindseligkeiten überwindet, doch ohnedies zeitlos.

Ein großartiger Theaterabend in der Joefstadt!

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Marcel Prawy in Ausbildung
halbe südfront schrieb vor 8 Minuten:

Jacobowsky und der Oberst, Franz Werfel

ziemlicher aufmarsch heutiger josefstadtgrössen, klingt sehr gut.

edit: wie lange hat es denn gedauert? bin am überlegen, ob ich mir eine karte für den 21.12. kauf, aber dann hätt ich vier abende hintereinander oper/theater.

bearbeitet von Marco Lecco-Mio

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Baltic Cup Champion
Marco Lecco-Mio schrieb vor einer Stunde:

ziemlicher aufmarsch heutiger josefstadtgrössen, klingt sehr gut.

edit: wie lange hat es denn gedauert? bin am überlegen, ob ich mir eine karte für den 21.12. kauf, aber dann hätt ich vier abende hintereinander oper/theater.

 

19:30 Uhr - 22:00 Uhr, mit Pause um 21:00 Uhr.

Ich kann es nur sehr empfehlen. Das war wirklich ein sehr erfrischender Theaterabend.

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Marcel Prawy in Ausbildung

29.11.19 - DON GIOVANNI - staatsoper

oft gespielt, wurde diese weithin bekannte oper von wolfgang amadeus mozart heute mit einem überdurchschnittlichen ensemble aufgeführt und was glänzte, war tatsächlich gold und was nicht gold war, glänzte eh nicht. nominell der star des abends war ludovic tézier. der franzose strengte sich heute nicht über alle maßen an, das war aber auch nicht notwendig. sein kräftiger bariton war jederzeit herr der lage und sein spiel paßte gut zum charakter des bei mozart eher grobschlächtigen don giovanni, so war er weniger verführer denn vergewaltiger. ein starker auftritt.

als commendatore war wieder einmal dan paul dumitrescu aufgeboten. das ensemblemitglied hat diese partie oft hier gesungen und ist die besetzung aus dem ensemble des hauses, fällt der rumäne auch nicht so sehr nach unten ab wie er das heute tat. zu stark war die besetzung, als dass dumitrescu nicht als schwächstes glied auffiel. ein frommer wunsch meinerseits wäre, auch mal jongmin park in dieser partie zu hören. hanna-elisabeth müller debütiert in dieser serie als donna anna und die deutsche machte ihre sache sehr gut, wenn sie auch im zweiten akt unter der größe der partie litt. federica lombardi war eine gute donna elvira, die gerade im ersten akt durch formschönen gesang auf sich aufmerksam machte, aber ebenso im zweiten akt an ihre grenzen gelangte. nichts desto trotz gelang auch ihr unterm strich eine sehr gute leistung.

den leporello hat, wie schon in einer der vorigen serien, peter kellner gesungen. ein wenig trocken klang der slowake, der dem ensemble der staatsoper angehört, vor allem bei der registerarie, aber er erlaubte sich keinen fehler und wächst merklich in diese partie hinein. clemens unterreiner spielte einen ausgelassenen masetto und konnte durchaus auch mit dem gesang überzeugen, seine braut war andrea carroll. das passiv-aggressive früchtchen zerlina paßt der amerikanischen sopranistin ganz ausgezeichnet, das ist nach ihren auftritten in den donizetti-opern natürlich keine überraschung. 

die wiener staatsoper verfügt ganz offensichtlich über ein paar ausgezeichnete scouts, ständig kommen neue perlen ins ensemble und eine dieser neuen perlen ist der tenor josh lovell. der kanadier gehört seit heuer zur wiener staatsoper, sprang heute für jinxu xiahou ein und war schlicht der glanzpunkt des abends. er hat einen schlanken und wendigen tenor, der über das nötige quäntchen schmelz verfügt, seine beiden arien gelangen ihm ganz ausgezeichnet und so erntete er nicht nur großen einzel-, sondern auch immer wieder zwischenapplaus. ein sehr starkes rollendebüt, man darf sich sehr über dieses neue talent im ensemble freuen.

ein weiterer glanzpunkt dieses an glanzpunkten nicht armen abends war selbstverständlich die musikalische leitung von adam fischer. man kann sich in wien keinen besseren mozart-dirigenten als den ungarn vorstellen, unter seiner führung erlaubt sich das staatsopernorchester keinen fehler und immer sind sich alle im haus über tempo und lautstärke einig. 

"don giovanni" hat heuer in wien eine gut und eine ausgezeichnet besetzte serie, bei der derzeitigen handelt sich um jene mit dem "nur" guten ensemble, im frühjahr darf man sich gar über das gespann alvarez/schrott freuen, doch zuerst könnte man sich diesen "don giovanni" anhören. am sonntag und am mittwoch gibt es zwei gelegenheiten dazu. morgen gibt es für mich erst einmal "tosca" mit bryn terfel als scarpia. 

bearbeitet von Marco Lecco-Mio

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Baltic Cup Champion
Marco Lecco-Mio schrieb vor einer Stunde:

sein kräftiger bariton war jederzeit herr der lage und sein spiel paßte gut zum charakter des bei mozart eher grobschlächtigen don giovanni, so war er weniger verführer denn vergewaltiger. ein starker auftritt.

 

Für mich der einzig mögliche Zugang, zu dieser verwerflichen Figur. Umso widerlicher sie dargestellt wird umso besser.

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Marcel Prawy in Ausbildung
halbe südfront schrieb vor 10 Stunden:

 

Für mich der einzig mögliche Zugang, zu dieser verwerflichen Figur. Umso widerlicher sie dargestellt wird umso besser.

natürlich, dafür hat auch lorenzo da ponte schon gesorgt, allerdings gibts immer wieder mal welche, die den don giovanni in die nähe der lächerlichkeit rücken, was auch nicht ganz von der hand zu weisen ist, jedoch ist er für mich persönlich in erster linie grob.

 

bearbeitet von Marco Lecco-Mio

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Marcel Prawy in Ausbildung

30.11.19 - TOSCA - staatsoper

ein klassiker des wiener repertoirebetriebes wird derzeit an der staatsoper aufgeführt. die tosca in der inszenierung von margarethe wallmann wird seit mittlerweile sechzig jahren oft und oft hier gespielt, für viele stammgäste ist es die oper, die sie mit abstand am häufigsten gesehen haben und dabei haben sie wohl nur weniger oft eine derart gute besetzung bewundern dürfen. 

fangen wir bei der titelpartie an. die floria tosca wurde heute von evgenia muraveva gesungen. die russin stand heute zum ersten mal auf der bühne der wiener staatsoper und machte durchaus gute figur, sie ist nicht nur äusserlich recht zart, auch geht sie das eine oder andere mal vor zur rampe, um ihre stimme besser zur geltung zu bringen und zeigt ab "vissi d'arte" leichte abnützungserscheinungen. trotzdem ein äusserst gelungenes hausdebüt, das auch entsprechend honoriert wurde. es wird interessant zu beobachten sein, wie sich ihre performance im laufe der serie entwickelt.

nach seinen letzten auftritten in wien war so mancher stehplatzler skeptisch, ob joseph calleja in seinem wiener rollendebüt als cavaradossi überzeugen würde können, doch war alle skepsis umsonst, denn der malteser mit dem eher dunklen tenor absolvierte die partie ausgezeichnet. der cavaradossi hat in jedem akt eine grosse szene und alle drei wußte er zu meistern, einzig bei "e lucevan le stelle" stellten sich ganz leichte schwierigkeiten ein, ansonsten konnte er voll überzeugen und so manchen überraschen. 

"tosca" steht und fällt mit der besetzung des scarpia. der düstere baron, der gierig und eifersüchtig tosca nachstellt, kann leider nur in den seltensten fällen auch die kritischen zuhörer überzeugen, doch in dieser serie darf man sich über bryn terfel freuen. der waliser ist als bösewicht eine klasse für sich, spielt jede sekunde der partie zur gänze aus, auf den rängen sind, gerade im zweiten akt, die operngläser gezückt und auf den bariton gerichtet, denn sein spiel wertet seinen sensationellen gesang noch mehr auf. ein vergnügen, dem derzeit besten scarpia zuzusehen und -hören.

einen sehr holprigen mesner sang alexandru moisiuc, der rumäne hat diese partie in der vergangenheit schon besser gestaltet. ryan speedo green war der angelotti, wolfram igor derntl ein überzeugender spoletta, igor onishchenko konnte als sciarrone besser überzeugen als in so mancher anderen partie, ayk martirossian war der schließer und maryam tahon war der hirtenjunge. 

am pult der wiener philharmoniker stand, wie so oft, der italiener marco armiliato. oft läßt er sehr laut spielen, aber heute hielt er sich zurück, wohl zugunsten der debütantin muraveva. ein fehlerfreies orchester rundete einen hervorragenden opernabend ab. "tosca" wird in dieser besetzung noch zwei weitere male, am dienstag und am freitag, hier gespielt, es wird sich in dieser saison keine bessere mehr finden und will man sich die tosca ein einziges mal in wien anschauen, dann sollte man eine dieser zwei aufführungen besuchen. 

bearbeitet von Marco Lecco-Mio

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