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A Midsummer Night's Dream, Benjamin Britten

Mein erster Premierenabend in der Wiener Staatsoper, und vorweg: Es war ein wahrlich wundervoller.

Shakespeares berühmtes Märchen im Zauberwald vor Athen, rund um das Herrscherpaar Theseus und Hippolyta, das Elfenkönigspaar Oberon und Tytania, die verliebten Lysander, Demetrius, Hermia und Helena, die Handwerker-möchtegern-Schauspielertruppe, allerhand Elfen, Feen und Puck dem persönlichen Hofnarren und Diener des Oberon, wurde 1959/60 von Benjamin Britten vertont und mit dem von Peter Pears bearbeiteten Text auf die Opernbühne gestellt. Das Werk gilt als Zwischending zwischen Verbeugung vor der Barockoper (Purcell - The Fairy-Queen) und Sprung ins Zeitalter der modernen Oper.
Die Instrumentierung des Orchesters erinnert eher an barocke Kammermusik. Da gibt es unter anderem Cembalo, Piccolo Flöten, Englischhorn, Schlagwerk, Harfen, Celesta und nur eine verhältnismäßig geringe Anzahl an Streichern. Die Umsetzung erinnert dann oftmals wieder an zeitgenössische Oper. Atmosphärische Klänge, viele Solostimmen der Instrumente aus dem Orchestergraben, Musik die mehr kommentiert und begleitet denn vorgibt und leitet.

Bis ins kleinste Detail hat Britten in der Partitur die Umsetzung seines Werkes notiert. Und die musikalische Leiterin Simone Young hat sich an diese Partitur gehalten. Sie führte das Staatsopern Orchester milimetergenau durch den Abend, kitzelte die feinsten Töne heraus und gab dem Orchester Gelegenheit in diesem ungewöhnlichen Fach zu glänzen. Und ja, es glänzte. Großartig war diese Musik anzuhören, fesselnd, pointiert, punktgenau. Ein sehr gelungener Abend für die Dirigentin und die Philharmoniker, die vom Publikum schon nach der Pause bejubelt wurden und am Ende sowieso.

Die Inszenierung von Irina Brook wurde ebenso bejubelt. Sie lässt Shakespeare Shakespeare sein und den Sommernachtstraum den Sommernachtstraum. Es wurden am Beginn von den Elfenkindern zwar kleine Plakate mit "Bäume bitte", "Rettet unseren Wald", "Wir wollen eine Zukunft", "Rettet die Feen", "Natur zuerst" oder so ähnlich gehalten, aber das war unauffällig und auch der einzige Versuch da irgenwie aktuelle Tagesthemen einzubringen. Und irgendwie auch schlüssig, nach Shakespeares Text für Tytania über die verschobenen Jahreszeiten. Gespielt wird auf einer Einheitsbühne von Noelle Ginefri-Corbel: Ein verfallenes Schloss im Zauberwald, die Natur verlangt ihr Recht und wuchert bereits im inneren des Bauwerkes wieder munter drauf los, im Hintergrund kann man den dichten Wald gut erkennen. Eine Art "Hauptquartier der Feenwelt", wie Irina Brook es selbst nennt. Die Kostüme von Magali Castellan sind geschmackvoll und zeigen gekonnt die Unterschiede zwischen Zauberwelt und realer Welt. Die Personenführung ist zum Teil schwungvoll und zum anderen recht "brav" (hätte durchaus ein bisschen gewagter sein dürfen, bei den beiden jungen Liebespaaren), sensationell die Besetzung der Sprechrolle des Puck mit einem wagemutigen Artisten.

Großes Lob gilt für die Kinder der Opernschule. Der Chor sang wunderbar, hatte sehr viel Bühnenpräsenz. In jeder Szene merkte man den Kids ihren Spielspaß an und der Applaus für sie brandete richtig laut auf als sich nach Ende der Vorhang für sie öffnete.
Die kleineren Rollen waren mit Emil Lang als Cobweb, Niklas Rudner als Peaseblossom, Mihail Savenkov als Mustardseed, Fabio Ringer als Moth und dem kleinen Badr Tahon als exotisches Kind gut besetzt.
Nur sehr wenig zur Geltung kommt in der Opernfassung von Britten das Herrscherpaar Theseus und Hippolyta. Peter Kellner und Szilvia Vörös glänzten aber auch in dieser kurzen Zeit mit ihren tollen Stimmen.
Die Handwerkertruppe welche sich als Schauspielgruppe versucht konnte mit komödiantischem Talent aufzeigen, viele Lacher gingen auf ihre Kosten. Wolfgang Bankl gab den Quince, Clemens Unterreiner war Starveling, William Thomas (Hausdebut) war als Snug zu erleben, Thomas Ebenstein spielte Snout/die Mauer. Besonders hervorgestochen sind Peter Rose als Bottom, der zwischenzeitig auch in das Esel-Menschenmonster verwandelt wird in welches sich Hippolyta zu verlieben hat, und vor allen Benjamin Hulett (Hausdebut) als Flute/Thisbe der wirklich der Komödie die Krone aufsetze.
Vier jugendliche Rollen gab es zu besetzen und das ist hervorragend gelungen. Raphael Fingerlos als Demetrius punktete mit seinem kraftvollem Bariton. Josh Lovell (Hausdebut) präsentierte seine wohlklingende Tenorstimme wunderbar und spielte den Lysander auch gut. Die Hermia war bei Rachel Frenkel in sehr guten Händen. Brillantes Schauspiel und eine wunderschöne Stimme präsentierte die Sopranistin Valentina Nafornita als Helena.
Als Tytania glänzte Erin Morley. Die amerikanische Sopranistin hat eine glockenhelle Stimme und singt extreme Höhen als ob es für sie die Mittellage wäre. Wunderbar zu hören.
Als Oberon fungierte der Countertenor Lawrence Zazzo. Seine Stimme klingt völlig natürlich, als ob es seine Bruststimme wäre. Gleichmäßig bleibt er in der angenehmen Countertenorlage, verfällt nie in zu tiefe Lagen, muss aber auch nie die Kopfstimme forcieren, stets wohlklingend singt er seinen Part. Auch sein Spiel ist sehr überzeugend. Der Abend, sein Hausdebut, brachte ihm großen Jubel ein.
Den größten Applaus erhielt aber die große Überraschung des Abends. Der Akrobat, Tänzer, Schauspieler, Musiker und Zirkuskünstler Theo Touvet agierte in der Sprechrolle des Puck (selbstredend sein Hausdebut). Sein Englisch ist zwar stark ausbaufähig, aber das tut eigentlich nichts zur Sache (zur Not gibt es ja die Untertitel). Mit Todesverachtung turnt, springt, tanzt, rennt und bewegt sich Touvet auf der Bühne und in luftigen Höhen, bringt dabei eine grandiose sportliche Leistung, dass einem immer wieder der Mund offen bleibt. Auch Gestik und Mimik sind sehr überzeugend. Eine wunderbare Besetzung dieser Rolle. Man darf gespannt sein, ob er bei eventuellen Repertoirvorstellungen wieder eingeladen wird.

Es gab rund 20 Minuten Applaus, teilweise auch großen Jubel für alle Beteiligten. Besonders bemerkenswert: Es gab keine einzige Missfallenskundgebung, kein Buh - auch nicht für das Regieteam. Das ist bei einer Premiere in Wien sicher keine Selbstverständlichkeit, aber es passte zu diesem wunderbaren Abend in der Wiener Staatsoper.

Bravo tutti!
 

bearbeitet von halbe südfront

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Marcel Prawy in Ausbildung

03.10.19 - LA BOHÈME - staatsoper

die äusserst populäre oper von giacomo puccini über das lieben und sterben der schwindsüchtigen mimi wurde heute in der staatsoper aufgeführt und, um es kurz zu sagen, es war die schlechteste aufführung einer bohème, die ich inklusive volksoper je gehört habe. 

der lichtblick des abends war dabei der auftritt von aida garifullina, die als einzige normalform erreicht hat. und weil die leute heute sehr dankbar für ihre performance waren, gab es für sie auch den mit abstand größten applaus. 

der zweite, der seiner normalform am nächsten kam, war jongmin park als colline. das sehr beliebte ensemblemitglied polterte sich ein wenig durch den ersten akt, fing sich dann aber und lieferte insgesamt eine gute leistung. etwas unter normalform sang heute clemens unterreiner den schaunard, er wertete seinen auftritt jedoch durch sein eindrückliches schauspiel auf und durfte sich am ende einen warmen, keineswegs jedoch stürmischen applaus abholen.

auch die musetta von bryony dwyer mühte sich durch den ersten und zweiten akt, nach der pause war sie in ihrer dann kleineren partie aber voll bei der sache. marcus pelz war als benoit und alcindor zu hören, dritan luca als parpignol, der sergeant war jaroslav pehal, jeong-ho kim der zollwächter und won cheol song der obstverkäufer.

ein buh und spärlichen applaus holte sich adrian eröd ab. der wiener ist beim staatsopernpublikum durchaus beliebt, umso bemerkenswerter ist die kühle reaktion des publikums. er hatte heute von beginn weg mühe mit den höhen seiner partie des marcello und bei der mühe blieb es leider bis zum schluß, trotz allem, er war nicht der schlechteste.

diese auszeichnung geht heute an den hausdebütaten und einspringer gianluca terranova, der versuchte, die partie des rodolfo zu singen und kläglich scheiterte. schon im ersten akt heiser wie am ende eines siegfrieds, im laufe der aufführung kaum besserung, ständige suche nach dem richtigen ton und dazu ein, sagen wir mal, dezentes schauspiel und das, obwohl er nebenbei auch noch schauspieler ist. er hatte seinen durchbruch in verona und mailand und womöglich entstand dort auch die bekanntschaft zum derzeitigen staatsoperndirektor, vorgesungen dürfte er wohl nicht haben. die (trotz debütanten- und einspringerbonus) drei buhs (von drei verschiedenen personen) waren gefühlt um einen halben orkan zu wenig, es ist dem italiener zu wünschen, dass er in so einem zustand nicht mehr irgendwo einspringen muss.

zu schlechter letzt war das dirigat von louis langrée im ersten teil viel zu laut, im zweiten akt noch dazu viel zu schnell und insgesamt grobschlächtig und uninspiriert und um den abend abzurunden, stolperte sich das blech durch den ersten teil der aufführung, um sich nach der pause nur geringfügig zu verbessern. am ende waren das lustigste an dieser aufführung noch die viel zu früh hineingebellten und eigentlich völlig unangebrachten bravo-rufe eines alten mannes, dem ich anfangs ironie unterstellt habe, bevor mir klar wurde, dass der arme mann schlicht dement war.

die bohème wird am montag noch einmal aufgeführt. interessierten ist dringend angeraten, auf die nächste serie zu warten, die ohnehin bereits im dezember über die bühne geht, denn diese serie rettet wohl nicht mal mehr ein wiedergenesener jinxu xiahou, sofern er bis dahin tatsächlich wiedergenesen ist. katastrophentouristen andererseits sollten sich diese skurrilität lieber anhören, wer weiß, wann in wien wieder derartiges geboten wird. ich jedenfalls habe den gedanken, am montag nochmal zu gehen, wieder verworfen und freue mich auf die morgige salome und den nächstwöchigen sommernachtstraum.

bearbeitet von Marco Lecco-Mio

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Baltic Cup Champion

Ich werde es mir am Montag dennoch ansehen und hören. Das Ticket habe ich ja schon, nicht zuletzt wegen der Garifullina. Wenn dann noch Jongmin Park wieder in Normalform kommt und Jinxu Xiahou wieder gesundet, dann wird das schon ein schöner Abend werden. Der gute Clemens Unterreiner wird sich bis dahin ja auch von der sicher ausgelassen gefeierten Premiere erfangen haben. ;)

 

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Marcel Prawy in Ausbildung

auf der culturall-seite steht wieder xiahou, ausserdem kann ich nicht glauben, dass das, was herr terranova gestern geboten hat, seine normalform darstellt.

adrian eröd hat einfach partien, die ihm super liegen (eisenstein, rossini-figaro) und welche, die ihm nicht liegen dürften (lescaut, marcello). er ist bekanntermaßen kein schlechter sänger.

die anderen könnten sich gestern auch anstecken haben lassen, dieses phänomen hab ich auch schon öfter beobachtet.

aber eine empfehlung konnte ich gestern ehrlicherweise nicht aussprechen.

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Marcel Prawy in Ausbildung

04.10.19 - SALOME - staatsoper

die dritte vorstellung der serie ging heute über die bühne der wiener staatsoper und am ende war die heutige salome im vergleich zum dienstag die etwas bessere. das ensemble hatte gelegenheiten, sich einzusingen und die dienstägliche debütantin legte noch eins drauf.

herodes und herodias waren wieder jörg schneider und linda watson und während sich der österreichische tenor etwas verbessert zeigte, hatte die amerikanerin einen etwas schlechteren abend, was aber auch nur mit gespitzten ohren zu bemerken war. 

leider nicht verbessert zeigte sich ensemblemitglied lukhanyo moyake als narraboth. in den schweren opern scheint mir der südafrikaner verheizt und ich würde ihn lieber einmal im theater an der wien oder hinter einem kleinen barockorchester hören. ebenso scheint hans peter kammerer in der salome deplatziert, sein zweiter nazarener klang ziemlich holprig, der rest der kleineren partien machte seine sachen sehr gut.

wesentlich besser als am dienstag war der heutige auftritt des jochanaan, der von alan held gesungen wurde. durchhaltevermögen und durchschlagskraft sind entscheidende faktoren für diese partie und der amerikaner legte diese dinge heute an den tag. wenn auch das "du bist verflucht!" kaum markerschütternd war, wurde er am ende für seine leistung trotzdem zurecht bejubelt.

ausriné stundyté feierte bei der zweiten aufführung der serie ihr hausdebüt und zeigte dabei eine exzellente schauspielerische und sehr ansprechende sängerische leistung und sie konnte diesen eindruck heute noch übertreffen. unglaublich intensiv spielte und sang sie die salome, als ginge sie vollends in ihr auf. sie gab alles, teilte sich dabei die kraft punktgenau ein und wurde stürmisch gefeiert. 

das dirigat von dennis russell davies war heute feinfühliger und so zwang er die sänger viel weniger zum forcieren, allerdings waren die hörner heute eher in unterdurchschnittlicher form, aber je dramatischer und lauter die einsätze und je mehr hornisten aufgeboten sind, desto schwieriger wirds und desto höher die fehleranfälligkeit, auf der anderen seite exzellent war das kontrafagott, das ja ein entscheidendes solo hat. 

leider ist diese salome-serie schon zu ende, im jänner folgt eine neue, interessanterweise parallel zur salome im theater an der wien. erst am mittwoch geht es für mich in der staatsoper weiter, dann mit "a midsummer night's dream" von benjamin britten, bevor die butterfly wieder in wien vorbeischaut. 

bearbeitet von Marco Lecco-Mio

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La Boheme, Giacomo Puccini

Die 440. Aufführung der wunderbaren Inszenierung von Franco Zeffirrelli fand gestern Abend in der Wiener Staatsoper statt. Ein Repertoirabend, ein schöner.
Dass es nicht noch mehr wurde als ein schöner Repertoirabend ist wohl dem Temperament von Louis Langree am Pult geschuldet. Er führte das Staatsopernorchester sehr emotional, mit viel Schwung und Enthusiasmus (man könnte auch sagen zu laut und zu schnell). Das war zur Freude der Musiker im Orchestergraben die eigentlich einen gute Vorstellung spielten, insbesondere wohl zu seiner eigenen und möglicherweise auch zum Teil für das Publikum. Nicht so gefreut dürften sich einige der Sänger auf der Bühne haben, auf diese wurde dabei nämlich vergessen, beziehungsweise selten Rücksicht genommen.
Marcus Pelz als Benoit/Alcindor, Martin Müller als Parpignol, Dominik Rieger als Seargent, Alejandro Pizarro-Enriquez als Zollwächter und Thomas Köber als Obstverkäufer erfüllten ihre Aufgaben sehr gut, soweit es der Orchestergraben zuließ.
Adrian Eröd sang wunderschön und spielte den Marcello hervorragend, auch er hatte aber ab und an damit zu kämpfen über das Orchester hinwegzusingen.
Igor Onishenko ist für den erkrankten Mihael Dogotari kurzfristig als Schaunard eingesprungen und lieferte eine gute Vorstellung ab.
Sorin Coliban als Colline hatte keinerlei Probleme mit der Lautstärke des Orchesters. Seine herrliche Bass-Bariton-Stimme strömte wunderbar und erfüllte das Haus jederzeit mit vollem Klang.
Jinxu Xiahou als Rodolfo war auch voll auf der Höhe und mit vollstem Einsatz bei der Sache. Gerade erst von einer Erkrankung genesen klang er im letzten Akt etwas müde, konnte die Partie aber routiniert zu Ende singen. Etwas mehr Emotion im Spiel würde ihm noch gut tun, darstellerisch war das etwas dünn.
Eine großartige Vorstellung als Musetta lieferte Bryony Dwyer ab. Stimmlich und darstellerisch war sie in Hochform, echt eine Freude ihr zuzuhören und zuzusehen. Bravo.
Das Highlight des Abends, nach Ende der Vorstellung lautstark bejubelt, war die Mimi von Aida Garifullina. Herzzerreissend spielte die schöne, junge Russin (mit österreichisch-russischer Doppelstaatsbürgerschaft) das kranke Mädchen und die verzweifelte Geliebte, entzückend die Kennenlernszene mit Rodolfo im ersten Akt, wunderbar ihre Sterbeszene im Finale. Ihr jugendlicher Sopran strahlte zu jeder Zeit und war bis zu den höchsten Tönen bombensicher.
Wie immer toll die Kinder der Opernschule. Mit Freude und vollem Einsatz bei der Sache, wunderbar ihr Gesang. Diesmal war auch wieder meine Nichte Diana mit von der Partie, was den Onkel natürlich stolz macht.
:love:

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bearbeitet von halbe südfront

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Marcel Prawy in Ausbildung

09.10.19 - A MIDSUMMER NIGHT'S DREAM - staatsoper

brittens oper nach shakespeare wurde letzte woche als neuinszenierung auf die bühne der wiener staatsoper gebracht und heute ging die dritte aufführung dieser serie über dieselbe. die oper erfordert etwas konzentration, die musik ist deutlich modern, weswegen sich auch heute wieder viele touristen dazu verleiten haben lassen, in die opernfalle zu tappen. nach der pause war der galeriestehplatz lichter besetzt, der guten stimmung unter den zuhörern tat dies natürlich keinen abbruch.

die inszenierung ist eine der einfallsreicheren und originelleren der letzten jahre, ein schöner lichtblick ist die flotte personenführung, die zu einem großen teil dem puck dieser serie, dem akrobaten, schauspieler, nasa-mitarbeiter und eben auch choreographen théo touvet zuzuschreiben ist, der atemberaubende stunts vollführt, singt spielt und turnt und der sich am ende erwartungsgemäß den mit abstand größten applaus abholen durfte. 

kaum hervorzuheben sind einzelne sänger aus diesem hervorragenden ensemble, das von dem countertenor lawrence zazzo als oberon angeführt wurde, der eine fehlerlose und strahlende partie sang. als tytiana war erin morley zu hören und auch sie überzeugte genauso wie josh lovell als lysander und rafael fingerlos als demetrius. aus dem quartett der liebenden stach valentina nafornita hervor, die eine atemberaubende helena sang, rachel frenkel sang die hermia und klang dabei ein wenig blechern. 

großen applaus bekam der ausgelassen spielende und sehr gut singende peter rose als bottom ab, seine handwerkskollegen wurden von thomas ebenstein (snout), benjamin hulett (flute), william thomas (snug) und clemens unterreiner (starveling) gesungen, angeführt wurde die gruppe von einem aussergewöhnlich lustigen wolfgang bankl als quince. 

theseus und hippolyta wurden von peter kellner und szilvia vörös gegeben, beide hatten einen großartigen tag und glänzten in ihren partien. abgerundet wurde das ensemble von den nachwuchssängern emil lang (cobweb), niklas rudner (peaseblossom), mihail savenkov (mustardseed) und fabio ringer (moth). badr tahon war das exotic child und das blockflötenensemble bestand aus zhang kan, linus kölpl, laurenz zoglauer, anna barnas, fabian lucas holzer und florian brosch. 

der kinderchor der wiener staatsoper spielt in dieser oper eine wichtige rolle und folgerichtig war der jubel für den opernnachwuchs sehr groß, aber auch die dirigentin des abends, simone young, wurde bejubelt, sie leitete die wiener philharmoniker sehr gefühlvoll und der musik von benjamin britten absolut angemessen, keine sekunde wurde das spiel zu laut oder drängend, immer diente sie den sängern und so war ihre leitung ein weiteres highlight des abends. 

der sommernachtstraum wird noch dreimal gespielt und ein hingehen zahlt sich allemal aus, zu sehen und zu hören ist nicht weniger als der bisherige höhepunkt der saison.

bearbeitet von Marco Lecco-Mio

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Faust, Charles Gounod

5. Vorstellung in der Kammeroper des Theater an der Wien.

Vorweg: Faust nach Goethes Faust I von Gounod komponiert, mit dem Libretto von Jules Barbier und Michel Carre, ist ein großartiges Opernwerk. Große Französische Oper.
In der Kammeroper wird das Werk in einer Orchesterfassung von Leonard Eröd dargeboten, die aber nur in Nuancen vom Originalwerk abweicht.
Die Kammeroper ist ein sehr kleines Haus mit sehr kleiner Bühne, welches in erster Linie den "Nachwuchs" in Form des jungen Ensembles des Theater an der Wien fördert und zu professionellen Auftritten verhilft. Unter diesem Gesichtspunkten sind auch die Leistungen der Künstler zu beurteilen, was die Profis unter den Kritikern interessanterweise selten beherzigen. Das anwesende Publikum sieht des aber Gott sei Dank auch so.
Große Französische Oper im kleinen Haus in der Drachengasse. Da könnte man auf die Idee kommen, dass das nicht passt und kaum realisierbar ist. Nun, Nikolaus Habjan als Regisseur und Giancarlo Rizzi als musikalischer Leiter haben mit ihrem Team (Jakob Brossmann Bühne, Denise Heschl Bühne und Kostüme, Franz Tschek Licht) bewiesen, dass das doch machbar ist.
Wer Habjan bestellt, der bekommt auch Habjan und Habjan polarisiert mit dem ihn eigenen Stil immer mehr in der Theater- und nun auch in der Opernwelt. Die Premierenkritik fiel auch wohl nicht zuletzt deshalb eher negativ aus. Ich bin ein Freund seiner Arbeit, kann aber auch verstehen, wenn mit dieser jemand nicht viel anfangen kann. Sein Stil ist es aber nicht nur einfach Puppen spielen zu lassen, da steckt schon ein gehöriger Mehrwert in der Interaktion zwischen Mensch und Puppen darin. Und in der Oper funktioniert das, im Falle des Faust, überraschend gut.
Es werden sehr viele Puppen verwendet, nur eine davon (Mephistopheles) ist lebensgroß, die restlichen sind halbgroß oder nur der Kopf. Zum Teil wird auch mit Gesichtsmasken gearbeitet.
Die Puppenspielerin Manuela Linshalm und ein zweiter Puppenspieler helfen dem Ensemble intensiv bei der Choreographie des Puppenspiels, Manuela Linshalm ist fast durchgehend auf der Bühne, sie "bedient" insbesondere Mephistopheles, verzieht keine Mine und lässt sich zu keinerlei Gestik hinreissen. Ihr ganzer Fokus liegt auf der Choreographie der Puppe welcher sie stets Leben einhaucht. Das macht sie beeindruckend gut. So gut, dass man teilweise nur mehr auf die Puppen achtet. Ob das gut oder schlecht für das Sängerensemble ist, darüber kann man geteilter Meinung sein.
Ich habe es so empfunden, dass dadurch die DarstelleIinnen oft entlastet werden. Und natürlich lässt sich mit Puppen eine Szene viel intensiver darstellen, durch die Verdoppelung der Protagonisten auf der Bühne, als man es gewohnt ist. Gut zu erklären anhand der Liebesszene. Da wird sehr lange gesungen und nichts passiert, am Ende dieser langen Szene kommt es dann endlich zum Kuss. Habjan gelingt es diese Szene zu beleben, da küssen sich die Puppen eben bereits während noch gesungen wird, da wird gefummelt, da wird geherzt, da wird sich abgewendet und die beiden menschlichen Darsteller können sich einstweilen ihrer Profession widmen. Das funktioniert in vielen Szenen ausgezeichnet. Mit Puppen kann man auch Dinge tun die man mit menschlichen Darstellern nicht tun kann. Ans Kreuz nageln z.B., oder den Kopf abreissen.
Die Kostüme sind sehr gut gewählt und passend zum Stück. Die kleine Bühne wurde im vorderen Bereich rund um den Orchestergraben erweitert, welcher dadurch für das Publikum unsichtbar bleibt und die Musik so von "unten" erklingen lässt, was akustisch überraschend gut klingt. In diesem vorderen Bereich werden viele Rezitative und intime Interaktionen der Figuren dargestellt, im hinteren Bereich wird das Bühnenbild der jeweiligen Szene angepasst. Das ist durchaus stimmig, erzeugt auch immer wieder schöne Bilder und Effekte, wie z.B. ein "Seiltanzpuppenballett" im letzten Akt, oder auch die beeindruckende Szene in der Kirche als die Puppen-Marguerite symbolisch ans Kreuz genagelt wird. 
Giancarlo Rizzi führte das Wiener Kammerorchester nuanciert durch den Abend. Oft wird es recht laut, aber immer bleibt es sängerfreundlich, oft schwungvoll aber nie zu schnell. Das Kammerorchester hatte einen guten Abend, ein paar Kickser beim Blech gehören fast zum guten Ton.
Als Faust wurde Quentin Desgeorges engagiert. Der junge Tenor hat eine Stimme die den Rahmen des Hauses fast sprengt. Wunderbar singt er die lyrischen Passagen, bei den Höhen forciert er ab und an, aber es klingt alles sehr schön. Sein Spiel war ohne Puppe auffällig intensiver als mit dem künstlichen Alter Ego.
Brillant war ein weiteres mal der Rohdiamant Dumitru Madarasan als Mephistopheles. Seine junge aber ausdauernde und satte Bassstimme war ebenso großartig wie sein Spiel. Seine Interaktion mit der Puppenspielerin und der Puppe war hervorragend.
Die schöne, junge Yale-Absolventin Jenna Siladie hatte einen großen Abend. Ihr jugendlicher Sopran hat ein warmes, metallisch schimmerndes Timbre. Die Juwelenarie ist ihr großartig gelungen und sie konnte ihr Können insgesamt sehr gut präsentieren. Mit voller Intensität und Begeisterung spielte sie ihre Rolle stets überzeugend. Dass ihr im Finale bei einem hohen Ton die Stimme umfiel ist geschenkt. Möglicherweise ist sie für eine solche Oper noch nicht ausdauernd genug, andererseits ist es bewundernswert, dass sie ungefähr 5 Sekunden später wieder einen dramatischen Ausbruch bis ganz nach oben riskierte und schaffte. Solche Fehler sind in der Kammeroper erlaubt, insbesondere, wenn der Rest des Abends so beeindruckend war. Sie wurde auch angemessen bejubelt und freute sich wie ein Schneekönig, auch noch lange nach der Vorstellung im Cafe neben der Kammeroper.
Kristian Johannesson ist dem Publikum in Wien kein Fremder mehr. Der junge isländische Bariton gab den Valentin. Eine Rolle die fast zu klein ist für ihn und eine Stimme die schon fast zu groß ist für dieses Haus. Seine Entwicklung ist erfreulich, wunderbar versteht er es mittlerweile seinen Gesang dem Haus, den Kolleginnen und Kollegen auf der Bühne und dem Orchester anzupassen, harmonisch strömte seine Stimme in den Raum. Auch sein Spiel lässt keine Wünsche offen, eindeutig ein Kandidat für das Ensemble im großen Haus an der Wien.
Juliette Mars erfüllte die komödiantische Partie der Marthe Schwertlein routiniert und sehr unterhaltsam, der junge Bassbariton Benjamin Chamandy gab eine gute Talentprobe als Wagner ab.
Einen wunderbaren Abend lieferte die in Teheran geborene Ghazal Kazemi ab. Die Mezzosopranistin glänzte in der Hosenrolle des Siebel mit ihrer Stimme ebenso wie mit ihrem Spiel.
Der kleine Chor, bzw. das Vokalensemble lieferte auch tolle Arbeit ab. Insbesondere Darstellerisch hatten die 8 jungen Damen und Herren sehr viele Aufgaben zu bewältigen und es war ein Vergnügen ihnen dabei zuzuhören und zuzusehen.
Der Applaus nach Ende der Vorstellung war nahezu euphorisch. Völlig zurecht, wie ich meine, für die Kammeroper war/ist das schon eine besondere Inszenierung.

Bis 30. Oktober finden noch 6 weitere Vorstellungen dieser Inszenierung statt. Ich werde es mir wohl nochmal ansehen, wenn ich Tickets ergattere.

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Marcel Prawy in Ausbildung

habjan mag für gewisse opern passen, bei der salome im jänner hab ich jedoch meine bedenken, diese oper ist mir zu ernst und kann mit diesen puppen schnell mal ins lächerliche gezogen werden.

ich bin übrigens kein freund von seiner arbeit. 

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