Theater/Oper/Konzerte/Musicals


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Marcel Prawy in Ausbildung
26.09.20 - LA FILLE DU RÉGIMENT - staatsoper
 
die sehr gelungene aktuelle inszenierung der regimentstochter wird derzeit wieder an der staatsoper aufgeführt und es gibt fast nur gutes zu berichten. am pult stand der belcanto-dirigent des hauses, namentlich evelino pido. der italiener begann wie so oft einheitsforte, nahm sich aber sehr bald zugunsten der sängerriege zurück, was dem erfolg des abends natürlich zuträglich war. die wiener philharmoniker hatten unter seiner leitung einen nahezu perfekten abend, besonders glänzen konnte das schlagwerk bei der chanson-einlage von maria happel zu beginn des zweiten aktes. die schauspielerin von der burg, die ebendort edith piaf interpretiert, sang technisch unterstützt den schlager "milord"
 
die regimentstochter marie wurde von jane archibald gesungen, der die partie wirklich eindrucksvoll gelang. sie führte ihren kraftvollen mezzo souverän sowohl durch die tiefen lagen, als auch durch waghalsige koloraturen. ein eindrucksvoller auftritt eines ehemaligen ensemblemitglieds, die kanadierin kehrt nach elf jahren mit dieser serie an die staatsoper zurück. ihr zur seite stand als sergeant ihrer vielen ziehväter der spanische bariton carlos álvares, der die partie des sulpice mit großer freude singt und spielt.
 
glanzpunkt des abends war der auftritt von javier camarena als tonio. der mexikanische tenor schmetterte derart sichere höhen ins publikum, dass ihn dieses erneut zur wiederholung seiner arie im ersten akt aufforderte und ihn am ende mit tosendem applaus verabschiedete. als marquise von berkenfield war donna ellen zu hören, das aber auch erst, nachdem sich herr pido zu ihren gunsten zurückgenommen hatte. dann aber sang sie sich sicher und schön durch ihre partie. marcus pelz war ihr diener hortensius, wie schon erwähnt war maria happel die herzogin von crakentorp. als kroporal hatte jaroslav pehal eine solostelle, ebenso wolfram igor derntl als bauer. francois roesti war der notar. 
 
am mittwoch wird "la fille du régiment" ein letztes mal in dieser wirklich guten besetzung gespielt. die leicht zu hörende, aber schwer zu singende oper von gaetano donizetti besticht durch flotte melodien und viel witz und ist bestens geeignet, das ungeschulte ohr oder den weniger interessierten nachwuchs der oper näherzubringen. 
 
bearbeitet von Marco Lecco-Mio

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Baltic Cup Champion
Zaza, Ruggero Leoncavallo (27.9.2020)
 
Gestern Abend war die Derniere einer wunderschönen Oper im Theater an der Wien zu bewundern.
Die wunderbare, detailverliebte Musik von Leoncavallo schmiegte sich dem Hörer richtig ans Ohr. Stefan Soltesz führte das Orf Radio-Symphonieorchester mit viel Gefühl blendend durch den Abend.
Das Ensemble bot eine engagierte und gute Leistung.
In der schweren Titelpartie glänzte die ausdrucksstarke Svetlana Aksenova mit ihrem dunkel gefärbten Sopran und beeindruckenden schauspielerischen Qualitäten.
Enkelejda Shkosa brachte als Zazas Mutter Anaide viel Humor in die Aufführung und präsentierte eine kraftvolle Mezzostimme.
Nikolai Schukoff überzeugte mit seinem höhensicheren, kräftigen Tenor als Liebhaber Milio Dufresne. Christopher Maltmann hob sich mit seiner kraftvollen Baritonstimme in der Rolle des Casvart gesanglich noch aus dem starken Ensemle hervor, er war der stimmliche Höhepunkt des Abends.
Die traurige Dreiecksgeschichte mit dem etwas seichten Ende (welches wohl verantwortlich für die überraschend geringe Popularität des musikalisch so wunderbaren Werkes ist) wurde von Christof Loy wunderbar inszeniert. Bühnenbild, Kostüme und Licht bildeten eine geschmackvolle Symbiose.
Großen Applaus erhielten alle KünstlerInnen am Abend der Deniere vom dankbaren Publikum.
 

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Baltic Cup Champion
Sweet Charity, Cy Coleman (26.9.2020)
 
Am Samstag Abend wurde das klassische Broadway Musical Sweet Charity in der Volksoper aufgeführt. Es war ein sehr unterhaltsamer Abend. Schwungvoll führte Lorenz C. Aichner das Orchester durch den Abend. Schwungvoll und gut aufgelegt performte das gesamte Ensemble durch das Stück. Besonders auffällig war dabei die Darbietung von Drew Sarich als Daddy Brubeck - eine wahre Rampensau, im besten Sinne des Wortes, war da zu erleben. Ansonsten kam das zum Vorschein was in Musicals oft der Fall ist: Die Künstler können alles - tanzen, singen, schauspielen - aber nicht alles davon ganz. Ausnahmen bestätigen die Regel, wie z.B. bei der Hauptdarstellerin und eben Drew Sarich zu erleben war.
Großartig war nämlich die Darbietung von Lisa Habermann in der Titelrolle der Sweet Charity Hope Valentine. Sie spielte, sang und tanzte fast ohne Pausen durch die gesamte Aufführung, zeigte nie Schwächen und erhielt wohlverdient riesigen Jubel für ihre Darbietung.
Eine schöne Abwechslung zu Oper und Sprechtheater.
 
 
bearbeitet von halbe südfront

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Jonas Kaufmann, Solistenkonzert

Einen Liederabend, welcher wunderbar in einen intimen Rahmen gepasst hätte, wurde von Jonas Kaufmann und seinem jahrzehntelangen künstlerischen Begleiter Helmut Deutsch im großen Haus am Ring präsentiert. Einstudiert und als CD veröffentlicht während der ruhigen Zeit des Shutdowns wurden unter dem Titel "Vom Guten des Schlechten" Lieder in denen es vorwiegend um Liebe, Sehnsucht, Stille und Abschied geht. Das Liedgut stammt aus den Federn großartiger Komponisten wie Schubert, Beethoven, Mozart, Silcher, Mendelssohn Bartholdy, R.Schumann, Liszt, Grieg, Bohm, Zemlinsky, R.Strauss, Brahms, Dvorak, Chopin, Tschaikowski, Wolf und Mahler.
Zwei mal 40 Minuten und dann noch eine knappe halbe Stunde mit Zugaben, stellte Jonas Kaufmann unter Beweis, dass das Metier des Liedgesangs ihm nicht nur sehr am Herzen liegt, sondern auch, dass er es bestens beherrscht. Seine wunderbare Stimme und die tolle Akustik des Hauses (und wohl auch die angenehme Atmosphäre in der Mittelloge, wo wir unsere Plätze hatten) schafften es diesen Liederabend auch in diesem riesigen Haus wohlig und intim erscheinen zu lassen.
Man muss Jonas Kaufmann herzlich für diesen Abend danken. Er ist hier für die große Kollegin Agnes Baltsa eingesprungen welche wegen der Pandemie das Wiedersehen mit Wien leider absagen musste. Einen würdigeren Ersatz hätte man kaum finden können.

Für mich persönlich war es auch ein besonderer Abend. Nach nunmehr 6 Monaten und 20 Tagen konnte meine erst kürzlich von einer Covid19-Erkrankung genesene Mutter endlich wieder mit in die Oper um diese wundervolle Darbietung zu erleben.

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Madame Butterfly
halbe südfront schrieb am 28.9.2020 um 05:41 :
Sweet Charity, Cy Coleman (26.9.2020)
 
Besonders auffällig war dabei die Darbietung von Drew Sarich als Daddy Brubeck - eine wahre Rampensau, im besten Sinne des Wortes, war da zu erleben.
 
 

Ich bin großer Drew-Sarich-Fan. Ich hab auch noch keinen Musicaldarsteller erlebt, der sowohl Judas als auch Jesus in Jesus Christ Superstar so überzeugend spielen kann. Und stimmlich ist er sowieso nur der Wahnsinn :love: 

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Baltic Cup Champion
Khecari schrieb vor 30 Minuten:

Ich bin großer Drew-Sarich-Fan. Ich hab auch noch keinen Musicaldarsteller erlebt, der sowohl Judas als auch Jesus in Jesus Christ Superstar so überzeugend spielen kann. Und stimmlich ist er sowieso nur der Wahnsinn :love: 

 

Stell ich mir auch schwierig vor, aber traue ich ihm durchaus auch zu, nach dieser Show in der Volksoper. Der ist echt gut - ich kannte ihn davor nicht.

Der beste Jesus war aber für alle Zeiten Ian Gillan. =)

Jesus Christ Superstar ist das mit großem Abstand beste Musical überhaupt für mich.

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Madame Butterfly

@halbe südfront: So, ich hör jetzt nebenbei Gethesmane von Ian Gillan, ist auch eine sehr gute Interpretation, aber ich bin leider zu sehr auf Drew fixiert :shy: Und ich mag Jesus Christ Superstar auch sehr gern, aber es ist für mich kein typisches Musical - sondern eben tatsächlich mehr Rockoper und daher schwer mit anderen vergleichbar. Ist aber defintiv auch unter meinen Top 5 und ich war sicher insgesamt vier oder fünf Mal bei den konzertanten Aufführungen der VBW und einmal in Amstetten.

Das Musical, dass ich am häufigsten live  gesehen habe, ist sicher Elisabeth (da komm ich insgesamt sicher auf 15-20 Besuche (von der ersten Aufführung 1992 bis 2014). Da war es ja auch eine Glaubensfrage, wer der beste Tod war :D

Drew hab ich bereits live in Jesus Christ Superstar (Jesus, Judas), Hair (Berger), Rudolf (Rudolf), Tanz der Vampire (Krolock), Vivaldi (Vivaldi), Kuss der Spinnenfrau (Molina) und Blutsbrüder (Erzähler) gesehen. Kann gut sein, dass ich jetzt irgendwas vergessen hab, im Theater hab ich ihn auch mal in einem 1-Personen-Stück gesehen.

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Baltic Cup Champion

@Khecari
Ja, natürlich ist JCS mehr eine Rockoper, das ist wohl auch der Grund warum ich es am liebsten habe. ;)

Rocky Horror und Hair folgen auf den Plätzen. Ich bin aber kein absoluter Musical-Fan. Ich seh das gerne als Abwechslung und leichtere Unterhaltung gegenüber der Oper und dem Sprechtheater. Carousel, Sweeney Todd, Der Mann von La Mancha, Anatevka, Cabaret, Phantom der Oper (Webber), Lazarus, Brigadoon und Der Zauberer von Oz fand ich auch schön. Viel mehr habe ich noch gar nicht gesehen, geht sich kaum aus neben Oper und Theater.

Ian Gillan ist für mich eine Glaubensfrage, da kann gar keiner mehr kommen. =)

 

bearbeitet von halbe südfront

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ASB-Halbgott
halbe südfront schrieb am 15.9.2020 um 18:14 :

 

Im AkaT war es noch "besser" als in der Oper. Die haben da bis Vorstellungsbeginn und sofort wieder bei Beginn des Schlussapplauses auch darauf geachtet, dass wirklich jeder die Maske oben hat und auch "Unternasenträger" aufgefordert die Maske wieder über den Rüssel zu ziehen.

Wir haben ein Abo im Vienna's English Theatre, da ist es jetzt auch endlich wieder losgegangen. Dort wurde das auch alles gut umgesetzt. Problem ist dort ein bisschen, dass die WC's wirklich winzig sind, aber da müssen die Leute halt selbst so weit sein und vor dem WC warten und nicht erst drinnen, hat eigentlich gut geklappt.

Abgesehen davon kann ich das VET für Liebhaber der englischen Sprache wirklich sehr empfehlen, wir haben jetzt schon ein paar Jahre das Abo und es war noch kein Stück von dem ich wirklich enttäuscht war, natürlich sagt einem nicht jedes gleich zu, manchmal war ich begeistert, manchmal war es "nur" ein netter Abend. Immer eine gute, abwechslungsreiche Auswahl an Stücken, tolle Schauspieler und nette Atmosphäre.

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Marcel Prawy in Ausbildung
30.09.20 - LA FILLE DU RÉGIMENT - staatsoper 
 
gestern ging die letzte vorstellung der regimentstochter-serie über die bühne der wiener staatsoper und die vierte vorstellung kam nicht ganz an die qualität der dritten heran. im graben produzierten die bläser der wiener philharmoniker unter der leitung von evelino pido die eine oder andere unsauberkeit, was sich zum glück im laufe der aufführung besserte. 
 
ebenso besserte sich donna ellen als marquise von berkenfield nach anfänglichen schwierigkeiten mit fortdauer des abends, ihr diener hortensius, der von marcus pelz gespielt wurde und nur sehr wenig zu singen hat, brachte die partie souverän über die bühne. ebenso routiniert agierte carlos alvarez als sulpice. 
 
etwas unsauberer als zuletzt sang jane archibald die partie der marie, während auf ihren tonio erneut großer verlass war. javier camarena sang erneut einen bombensicheren abend und mußte erneut, zum dritten mal in der vierten vorstellung, seine cavatina im ersten akt wiederholen und krönte seine leistung mit einem spontan gesungenen hohen d anstelle des zehnten hohen c, von denen immerhin elf in der partitur stehen. 
 
als herzogin von crakentorp trat erneut maria happel auf, konrad huber war der korporal, wolfram igor derntl ein bauer und francois roesti der notar. mit dieser vorstellung ging eine gute serie der regimentstochter von gaetano donizetti zu ende. in den nächsten tagen geht es wesentlich ernster mit der salome und dem don carlos weiter.
 

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Les Musiciens du Prince - Monaco
Cecilia Bartoli
 
Ein absolut außergewöhnliches Konzertereignis durften wir gestern im großen Saal des Wiener Musikvereins erleben.
Die großartige Cecilia Bartoli beehrte das Haus gemeinsam mit dem Barockensemble Les Muiciens du Prince - Monaco unter dem Dirigat von Gianluca Capuano. Die künstlerische Leitung dieses Ensembles, mit großartigen Musikern welche auf historischen Instrumenten spielen, hat Cecilia Bartoli selbst inne.
Das Konzert unter dem Titel "What passion cannot Music raise and que" sprengte alle Erwartungen.
Ein Schauspiel wurde da geboten, ein Feuerwerk an herrlichen Barock-Arien, wunderbare orchestrale Zwischenspiele, großartige Solisten auf selten gehörten Instrumenten. Immer wieder kleidete sich die Sängerin um, direkt auf der Bühne mit Hilfe ihres stummen Helfers welcher zu Beginn einen mobilen Schminktisch samt Gardarobe auf die Bühne brachte.
Es gab viele berühmte Arien zu hören, mehrheitlich von Händel, aber auch von Porpora, Vivaldi und Gershwin sowie Zwischenspiele von Hasse und Telemann. Herrliche Solis auf der Naturtrompete, Traversflöte, Oboe und Violoncello begeisterten das Publikum ebenso wie der großzügige Zugabenblock.
Wunderbar und glockenrein erklang die Stimme der Bartoli in allen hohen und tiefen Lagen, herrlich erklangen ihre Koloraturen und schwebenden Piani, unterstützt von der einzigartigen Akustik des Konzertsaales im Wiener Musikverein.
Auch der Humor kam nicht zu kurz und am Ende gab es noch eine jazzige Version von Gershwins Summertime zu hören.
So wurde das Publikum gut gelaunt und entspannt in die Wiener Nacht entlassen.
Der Jubel des begeisterten Publikums für Bartoli und das Orchester fand freilich kaum ein Ende und erinnerte an glorreiche Neujahrskonzerte, samt Getrampel und stehenden Ovationen.
Das Konzert war ursprünglich im April angesetzt und wurde Gott sei Dank nicht abgesagt sondern in den Oktober verschoben. Insgesamt 14 Monate (schon zwei andere, davor zu diesem Zweck ausgewählte, Konzerte wurden letzten November abgesagt) musste ich so auf mein Geburtstagsgeschenk warten - aber das hat sich wahrlich gelohnt. =)
 
 

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Marcel Prawy in Ausbildung
halbe südfront schrieb vor 6 Stunden:
Les Musiciens du Prince - Monaco
Cecilia Bartoli

hab sie mit diesem orchester und händel-arien 2016 im musikverein erlebt. vielleicht warst damals eh auch dort. absolut aussergewöhnliche künstlerin, die unter roscic hoffentlich auch bald die staatsoper beehrt. angekündigt hätte sie es.

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Marco Lecco-Mio schrieb vor 6 Stunden:

hab sie mit diesem orchester und händel-arien 2016 im musikverein erlebt. vielleicht warst damals eh auch dort. absolut aussergewöhnliche künstlerin, die unter roscic hoffentlich auch bald die staatsoper beehrt. angekündigt hätte sie es.

 

Nein, ich war überhaupt zum ersten Mal im großen Saal und die Bartoli habe ich auch erstmals live erlebt. Das war wirklich außergewöhnlich, auch das Orchester und die ganze Choreographie des Konzerts. Ein wohl einmaliges Erlebnis.

Eine Barockoper in der Wr.Staatsoper mit der Bartoli wäre natürlich großartig. Roscic arbeitete ja mit Bartoli bei Decca zusammen, da sollten die Chancen gut stehen.

Die hatte doch auch irgendein Problem mit dem Meyer. Weiß man eigentlich was für Differenzen da bei diversen Künstlern mit dem ehemaligen Direktor geherrscht haben? Welser-Möst ergriff ja auch die Flucht damals.

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Marcel Prawy in Ausbildung
04.10.20 - DON CARLOS - staatsoper
 
die französische urfassung von giuseppe verdis welterfolg wird derzeit an der staatsoper aufgeführt, gestern wurde die dritte von fünf vorstellungen absolviert. geleitet wurde die oper von bertrand de billy, der mit seinem dirigat auch einen der höhepunkte des abends lieferte. nach anfänglichen ungenauigkeiten des orchesters, vor allem aber des bühnenorchesters, steigerten sich die wiener philharmoniker aber zu einer wahren glanzleistung. eine ebensolche lieferte auch der chor der wiener staatsoper. dies kann man jedoch nicht von allen protagonisten behaupten. 
 
der star des abends war natürlich jonas kaufmann als don carlos. leider verfiel er das eine ums andere mal in sein bereits bekanntes knödeln, gerade in den übergängen von der brust- zur kopfstimme. so verkam auch das freiheitsduett im ersten akt mit igor golovatenko, der den rodrigue sang und zu beginn einige schwierigkeiten hatte, zu einer gemeinsamen vergeblichen suche nach dem schönen gesang. beide steigerten sich im laufe der aufführung, besonders golovalenko konnte sich dabei noch hervortun. bei kaufmann ist aber allzu offenbar, dass die partie eher zu hoch für seinen doch sehr dunklen tenor ist. 
 
als philippe II war michele pertusi aufgeboten. der italiener ist ein wunderbarer belcanto-buffo, in den dramatischen partien zeigte er in den vergangenen jahren bereits deutliche schwächen und so war er bei seiner wichtigen arie im vierten akt schon merklich angeschlagen. nichts desto trotz ein respektabler auftritt, der jedoch nicht an jene seines landsmanns ferruccio furlanetto oder rené pape heranreichte, die diese partie zuletzt in der italienischen fassung in wien gesungen haben.
 
ebensowenig konnte roberto scandiuzzi als grand inquisiteur darüber hinwegtäuschen, dass ihm das haus in wien zu groß ist, seinem bass konnte man keine besondere durchschlagskraft attestieren, in dieser hinsicht positiv überraschen konnte dan paul dumitrescu als mönch, der kräftig und klar sang, was die frage übrig läßt, ob seine vereinzelten schwächeren auftritte in der vergangenheit nicht vielleicht doch den jeweiligen dirigenten anzulasten waren. 
 
die weiblichen partien konnten jedoch in fast jeder hinsicht überzeugen und die qualität der aufführung enorm steigern. als elisabeth de valois war malin byström aufgeboten, die die schwierigkeiten ihrer partie gut meisterte und erst ganz am ende der immerhin fünf stunden leichte abnützungserscheinungen hören ließ. die beste leistung des abends zeigte jedoch eve-maud hubeaux als eboli, die eine wunderbare schleierszene sang, spielerisch absolut überzeugen konnte und auch am ende des vierten akts noch genügend luft hatte, "o don fatale" kräftig und klar ins publikum zu schmettern. in den restlichen partien waren virginie verrez als thibault, robert bartneck sowohl als comte de lerme, als auch als herold zu hören. die stimme vom himmel war eine unauffällige johanna wallroth. 
 
erwähnen muss man die inszenierung, die nur in der ballettszene im zweiten akt als "ebolis traum" so etwas wie ein brauchbares bühnenbild bieten kann. jedoch wird gerade diese szene komplett verschenkt, indem statt eines tatsächlichen balletts, was der staatsoper locker möglich gewesen wäre, die sänger eine lächerliche slapstickszene spielen müssen. ebenso ein desaster ist das autodafe, das vor corona im pausenfoyer gespielt wurde und derzeit per video in den saal übertragen wird. hier wird auch die entbehrliche rolle der moderatorin eingebaut, die von einer gewissen katie la folle gespielt wurde. und als wären diese beiden szenen nicht schon des schlechten genug, ist der (große) rest des abends ein nichts eines bühnenbilds mit einem kümmerlichen pflänzchen, das was auch immer symbolisieren soll, am vorderen bühnenrand. dass sich dazu die sänger meist auf der linken seite der bühne aufhalten müssen, schließt einen guten teil der zuschauer aus, eine oft und oft zu sehende (oder eben nicht zu sehende) beleidigung eines teils des publikums. 
 
der eindruck, den der gestrige abend bei mir hinterlassen hat, mag hier überspitzt dargestellt sein, doch misst man die protagonisten an ihren namen, darf man sich insgesamt doch ein wenig mehr erwarten. um positiv zu enden: insgesamt hat sich das niveau der aufführungen im ersten monat der direktion roscic doch gebessert und auch so manche besetzung der nächsten zukunft läßt darauf schließen, dass weiterhin an einer verbesserung gearbeitet wird. don carlos wird noch zweimal gespielt und allein die tatsache, dass hier die selten aufgeführte komplette urfassung, die verdi schon vor ihrer uraufführung kürzen mußte, damit die zuschauer die letzte straßenbahn erreichen würden, gespielt wird, rechtfertigt einen besuch.
 
 
bearbeitet von Marco Lecco-Mio

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