Theater/Oper/Konzerte/Musicals


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Otello, Giuseppe Verdi
 
Eine großartige Vorstellung war am Mittwoch in der Wiener Staatsoper zu bewundern. Das Publikum feierte die Künstler ebenso wie die Kritik - eine Seltenheit heutzutage. Die Inszenierung ist nichts Außergewöhnliches, aber für Repertoirvorstellungen durchaus gefällig - und jedenfalls schöner anzusehen als ihr Vorgänger.
Schon mit dem Auftakt verstand es Bertrand de Billy das Orchester in Hochform zu bringen, das Publikum zu fesseln und einen schier unglaublichen Sturm zu entfachen. Der große Meister am Pult und die meisterhaften Musiker im Graben bildeten eine Symbiose und sorgten für einen musikalisch perfekten Opernabend. Mit ganz feiner Klinge führte Billy die Philharmoniker zwischen Sturm, Emotion, Gefühl, Samt und Gewalt hindurch - ein Erlebnis!
Großartig auch die Besetzung auf der Bühne. Auch in den kleineren Rollen glänzten Artyom Wasnetsov als Lodovico, Monika Bohinec als Emilia und Carlos Osuna als Roderigo. Außergewöhnlich gut der Staatsopern Chor und der Chor der Opernschule.
Freddie de Tommaso gab einen wunderbaren Cassio. Mühelos konnte er auch in den Mittellagen locker über die lautesten Stellen des Orchesters hinwegsingen.
Diabolisch agierte Ludovic Tezier als Jago. Leidenschaftlich präsentierte er seinen Hass und seine Verschlagenheit, sein böses Wesen. Sensationell und intensiv das Duett mit Otello am Ende des 2. Akts.
Rachel Willis-Sorensen war eine wunderbare Desdemona. Vor allem im letzten Akt rührte sie mit ihrer Darbietung zu Tränen. Ihr Sopran hat ein wunderbares Timbre und großes Volumen, gefällt in der Höhe wie auch in der Mittellage. Das Lied von der Weide und das Ave Maria waren außergewöhnlich intensiv.
Der Star des Abends war dann trotzdem Gregory Kunde in der Titelpartie. Noch nie durfte ich einen so tollen Otello erleben. Obwohl er heutzutage weiß sein muss, da man ja Darsteller in Theatern nicht schwarz anmalen darf (was für ein Schwachsinn!), verkörperte er den Mohr von Venedig zu jeder Zeit glaubwürdig und wirkte immer authentisch. Stimmlich sensationell! Der Otello ist wohl die schwerste Tenorpartie im italienischen Fach, Kunde beherrschte sie vom Anfang bis zum Ende. Er war der Feldherr, der verliebte Junge, der verunsicherte Ehemann, der rasende Eifersüchtige, der gebrochene Sterbende - und alles war er perfekt.
Ein wirklich herrlicher Abend in der Wiener Staatsoper!
 

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Il Barbiere di Siviglia, Gioacino Rossini

Die komische Oper von Rossini wurde dank der Regiearbeit von Herbert Fritsch in der Tat komisch. Ist das Werk in seiner Handlung ohnehin etwas seicht, so trocknet es durch die Inszenierung fast aus.
Kein Bühnenbild, keine Kulissen, keine Requisiten - nur ein paar bunte Plastikfetzen die über die riesige Bühne hängen, sich fast ohne Unterlass bewegen und unterschiedlich beleuchtet werden. Im ersten Akt sieht man kurz eine schwarze Kiste welche als Balkon dient und gegen Ende dann eine Leiter die aber nicht benutzt wird. Spätestens nach einer Stunde wird das alles sehr langweilig.
Es ist der bekannte Stil von Herbert Fritsch, ein Stil an den ich mich nicht gewöhnen werde. Völlig überzeichnet, slapstickhaft, Klamauk treibend tollen die SängerInnen über die Bühne - oft ohne in der Handlung erkennbaren Sinn. Der Einsatz der DarstellerInnen macht die Darbietung wenigstens ab und an unterhaltsam und die tollen Kostüme von Victoria Behr erfreuen das Auge. Ein recht gelungener Kniff war die Erweiterung der Minirolle des Ambrogio zu einer pantomimischen Hauptrolle - die großartige Ruth Brauer-Kvam tanzte anmutig und fast ohne Unterbrechung während der gesamten Vorstellung über die Bühne und wirkte als eine Art Verstärker für das jeweilige Geschehen im Stück. Auch wenn die Figur keinen tieferen Sinn hat, so nimmt sie doch etwas die Fadesse aus der Szenerie.
An der Musik von Rossini kann der Regisseur Gott sei Dank nicht herumdoktern. Das tat dafür Michele Mariotti. Er führte das Staatsopernorchester mit einem etwas eigenwilligen Stil durch den Abend. Manchmal wurde das Tempo verschleppt, auch unerwartete Pausen wurden eingelegt, dann wieder schwungvoll durchgespielt. Alles in allem war es aber eine doch interessante Interpretation.
Die DarstellerInnen hatten es schwer, wie bereits angemerkt. Sie mussten alles pantomimisch darstellen, herumtrippeln, übertriebene Bewegungen machen, tänzeln, Grimassen schneiden und .... ja, sie mussten/durften auch singen.
Und dieser Umstand macht den Abend dann doch schön. Alle haben ihre Aufgaben zumindest gut erledigt, sowohl gesanglich wie auch mit ihrem unbändigen Einsatz bei der eigenwilligen Darstellung der Figuren.
Alejandro Pizarro-Enriquez war als Offizier zu sehen, Stefan Astakhov als Fiorello, Aurora Marthens als Berta, Paolo Bordogna als Bartolo, Vasilisa Berzhanskaya als Rosina und Etienne Dupuis als Figaro.
Herausragend und zurecht bejubelt Ildar Abdrazakov als Don Basilio und natürlich der großartige Juan Diego Florez als Graf Almaviva.

Die Inszenierung kann man wohl bald wieder aus dem Repertoir streichen. Wer soll bei Umbesetzungen diese Art der Darstellung in kurzer Zeit einproben? Wer sollte den Part von Ruth Brauer-Kvam übernehmen, sollte sie mal nicht zur Verfügung stehen? Wer sollte sich das mehrmals ansehen wollen?
 

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Die Dreigroschenoper, Bertolt Brecht/Kurt Weill

"Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral."

In den Kammerspielen der Josefstadt wird das bekannte Werk von Brecht mit der Musik von Kurt Weill in einer Inszenierung von Torsten Fischer gezeigt. Das kleine Format der Bühne konzentriert das Geschehen auf mehrere schräge Laufstege, bringt ständige Action und viel Bewegung in den Abend. Fst wie in einem Ballett bewegen sich die DarstellerInnen ständig und gut choreografiert auf der kleinen Bühne.
Es ist eine großartige Ensembleleistung zu sehen. Herbert Föttinger selbst steht als souveräner Peachum auf der Bühne - ein Erlebnis, die tolle Maria Bill gibt stimmgewaltig und resolut seine Frau Celia, Eeva Mayer (Swintha Gersthofer) ist als ihre freche, moderne Tochter zu erleben. Ein großartiger Mackie Messer ist Claudius von Stolzmann, in Joker-Manier und mit akrobatischen Einlagen legt er die Rolle sehr verspielt an, ist selbst bei der Hinrichtung noch ganz der selbstsichere Spieler. Großartig auch der Auftritt von Paula Nocker als Lucy, die Tochter des Polizeichefs, sie bot stimmlich und darstellerisch eine tolle Performance die ihr Szenenapplaus einbrachte. Der Polizeichef Brown wurde sehr menschlich von Dominic Oley gespielt. Die herausragendste Leistung innerhalb des tollen Ensembles zeigte Susa Meyer als Spelunken-Jenny, ihr Lied von der Seeräuber-Jenny war wohl der Höhepunkt des Abends.
Eine wahre Luxusbesetzung war zu sehen, was mit Oliver Huether als Smith, Marcello de Nardo als Hochwürden Kimball, Anton Widauer als Filch, Ljubisa Lupo Grujcic als Hakenfingerjakob, Markus Kofler als Sägerobert, Tamim Fattal als Jimmy, Paul Matic als Münzmatthias und Alexander Strömer als Trauerweidenwalter zu belegen ist. Und nicht zu vergessen das wunderbare Orchester. Christian Frank führt als Dirigent und am Klavierseine tollen Musiker durch den Abend. Hervorragend verstehen sie es stets den Charakter des Stückes und der Musik von Kurt Weill zu treffen.
So ergab sich ein weiterer Höhepunkt von selbst - die Ballade "Wovon lebt der Mensch" wurde vom Ensemble intensiv und einprägend vorgetragen. Einer von mehreren Gänsehautmomenten.

Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral ....

Ein toller Abend in den Kammerspielen, wo 3 Stunden wie im Fluge vergehen.

 

bearbeitet von halbe südfront

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L'incoronazione di Poppea, Claudio Monteverdi (9.10.2021)

Eine Inszenierung so schön wie gemalt, auch beim zweiten Besuch war ich von dieser hingerissen. Ja, diese uralte Oper hat ihre Längen, aber die Musik ist einfach so fantastisch, dass das nichts ausmacht, man genießt einfach - und die schönen Bilder auf der Bühne helfen dabei. Jan Lauwers ist es gelungen mit seiner Regierarbeit hier ein Kleinod zu schaffen welches die Staatsoper hoffentlich noch oft präsentieren wird. 
Wunderbar passt dazu natürlich der Concentus Musicus im Orchestergraben. Das tolle Orchester mit Pablo Heras-Casado  am Pult ist einfach das beste was man sich wünschen kann, wenn es um alte Musik geht.
Toll besetzt bis in die kleineren Rollen war auch das SängerInnenensemble. Herausragend wieder die verspielte Kate Lindsey als Nerone, Willard White als Seneca mit seinem grandiosen, sonorigen Bass und Countertenor Xavier Sabata als Ottone. Sehr gut auch Slavka Zamecnikova in der Titelpartie der Poppea, Vera-Lotte Boecker als Drusilla und die großartige Einspringerin Szilvia Vörös als Ottavia welche nach ihrer Arie sogar einen unwillkürlichen Jubelruf eines begeisterten Zusehers erntete. Sehr unterhaltsam die Darbietung von Thomas Ebenstein als Arnalta und Daniel Jenz als Nutrice.
Großes Lob und Applaus gebührt dem ganzen Ensemble, inklusive der großartigen Tanzgruppe rund um die SolistInnen Sarah Lutz und Camilo Mejia Cortes.

Nach der Vorstellung gab es natürlich den verdienten Jubel für alle Beteiligten.

Ein Besuch dieser Oper in der aktuellen Inszenierung ist ausdrücklich zu empfehlen.

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Matinee 20 Jahre Opernschule (17.10.2022)

Ein wunderbares Konzert gab die Opernschule der Wiener Staatsoper zum Jubiläum ihres 20-jährigen Bestehens. Hierzu wurden Kinder- und Jugend- Chöre aus verschiedenen Ländern eingeladen. Leider musste der Jugendchor der Mailänder Scala wegen der Coronabestimmungen in Italien absagen. Zu Gast waren die Singschul' der Oper Graz, der Jugendchor der Staatsoper Unter den Linden Berlin und der Kinder- und Jugendchor Pequenos Cantores de la JORCAM aus Madrid. Mit den Kindern und Jugendlichen des Kernchores, Basischores, den Opera-Teens und den SoloS-Absolventen der Opernschule der Wiener Staatsoper standen rund 210 Kinder und Jugendliche auf der Bühne.
Sehr auffällig war dabei, dass der Zugang in Österreich der konservativste ist. Sowohl die Chöre aus Graz wie auch jene aus Wien präsentierten sich in strengen Uniformen und gaben ein einheitliches Bild ab. Der Chor aus Madrid war bunt und verspielt. Der Chor aus Berlin bot eine unglaubliche Diversität. Groß, Klein, Mädchen, Burschen, Divers, Abendkleid, punkig mit Jeans, Krawatte, Mascherl, dick und dünn, offenes Hemd, aus aller Herren Länder mit allen Hautfarben (Letzteres gilt aber für alle Chöre). Es war deutlich zu sehen, dass dieser Chor dieses Merkmal der Diversität auch präsentieren will.
Küstlerisch waren alle Chöre auf sehr hohem Niveau.

Mit wunderbaren Liedern, tollen Choreografien und wunderschönem Gesang verzauberte der Nachwuchs rund 2 Stunden lang das fast ausverkaufte Haus am Ring an diesem Sonntag Vormittag.
Besonders stolz machte mich natürlich, dass meine Nichte als Mitglied der Opera Teens Teil dieser tollen Veranstaltung war.
Man kann dem Direktor nur empfehlen diese Einrichtung weiter zu fördern und gegebenenfalls auszubauen. Die Kinder und Jugendlichen der Opernschule sind ein wichtiger Teil der Wiener Staatsoper und sie sind die Zukunft. Mit Johannes Mertl gibt es auch einen großartigen Leiter für diese Einrichtung.
Es gab großen Applaus und wir Zuseher haben diese tolle Veranstaltung genossen.

 

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Peter Grimes, Benjamin Britten (18.10.2021)

Eine der seltenen Wiederaufnahmen im Theater an der Wien gibt es aktuell mit Brittens Peter Grimes in einer Inszenierung von Christof Loy zu bewundern. Schon 2015 feierte diese Inszenierung große Erfolge und auch an der aktuellen Wiedereinstudierung gibt es nichts auszusetzen.
Die Musik von Britten ist stark, begleitend, emotional, schafft eine beeindruckende Stimmung - ja einen eigenen Kosmos. Hervorragend umgesetzt wird die Partitur vom ORF Radio-Symphonieorchester unter der Leitung von Thomas Guggeis.
Die Inszenierung bietet starkes, spannendes Musiktheater. Die Interpretation von Christof Loy, der Brittens Homosexualität handlungsführend ins Spiel bringt, ist schlüssig, der "Boy" als Strichjunge dessen Reizen so manch Mann und auch Frau der Dorfgemeinschaft sich nicht verschließen kann ein belebendes Element für die spannende Geschichte. Das minimalistische Bühnenbild - als Kulisse dient einzig ein Bett welches über die vordere Bühnenkante in den Orchestergraben zu fallen droht - gibt der Chorführung und der Choreografie viele Möglichkeuten welche hervorragend genutzt werden.
In der Titelrolle brilliert Eric Cuttler, er präsentiert seinen strahlenden Heldentenor ebenso wie  seine lyrischen Fähigkeiten. Man nimmt ihn den beinharten Fischer, den brutalen Mann ebenso ab wie den liebenden, den einsamen und verlorenen Menschen der ob der Grausamkeit der ihn ausschließenden Gemeinschaft in den Freitod geht.
Hervorragend dargestellt auch die stumme Rolle des Boy von Tänzer/Performer Gieorgij Puchalski.
Agneta Eichenholz überzeugt als Ellen Orford mit ihrem scharfen Sopran wie auch mit intensivem Spiel einer entschlossen handelnden, starken Frau.
Auch in den weiteren Rollen agieren die DarstellerInnen auf höchstem Niveau. Das Ensemle war darstellerisch wie gesanglich in Hochform, hat die Arbeit auf der Bühne sichtlich genossen. Den Balstrode gab Andrew Foster-Williams, Auntie wurde von Hanna Schwarz, ihre beiden Nichten von Miriam Kutrowatz und Valentina Petraeva, Bob Boles von Rupert Charlesworth, Swallow von Thomas Faulkner, Mrs. Sedley von Rosalind Plowright, Reverend Horace Adams von Erik Arman, Ned Keene von Edwin Crossley-Mercer und Hobson von Lukas Jakobski dargestellt. Bravo tutti kann man nur sagen, es war durchwegs eine Freude die Künstler bei der Arbeit zu sehen und zu hören.
Wieder einmal ein Star einer Aufführung im Theater an der Wien war der grandiose Arnold Schönberg Chor. Auf der großteils leeren Bühne übernahm der Chor große darstellerische Aufgaben, agierte mit Präzision, Geschwindigkeit, Beweglichkeit und absoluter Klangpracht. Eine Hauptatraktion in dieser Inszenierung.
Es war ein beeindruckender Abend, spannungsgeladen, emotional und ein Genuss für Ohren und Augen. Wunschloses Opernunglück titelte eine große Tageszeitung ihre Rezension - mehr muss man nicht sagen.

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Orphee et Eurydice, Christoph Willibald Gluck

Eine wunderbare, erfrischende Inszenierung mit tollen jungen Sängerinnen ist da dem Team in der Kammeroper gelungen.
Regisseur Philipp M. Krenn und Dirigent Raphael Schluesselberg erarbeiteten einen Mix aus der französischen und der italienischen Fassung der Oper von Gluck (es gibt mehrere Fassungen dieser Oper, nicht nur zwei). Es ist eine rasante, in sich schlüssige und schön anzusehende, auch musikalisch homogene Arbeit geworden. Wunderschön die Musik Glucks, hervorragend gespielt vom Bach Consort Wien.
Die Handlung wird vom antiken Griechenland in die Gegenwart geholt. Eurydice stirbt in einem Krankenhaus im Hospizzimmer, Orphee will sich in ebendiesem selbst töten, L'Amour bricht durch die Zimmerwand ein und eröffnet das verhängnisvolle Angebot. Die Wände werden von dunklen Gestalten aus der Unterwelt eingerissen (und am Ende von L'Amour wieder errichtet).
Man denkt sofort an Traumsequenzen der leidenden Orphee. Ja - die leidende Orphee. Aus der Hosenrolle wurde kurzerhand eine Frau, auch das wird schlüssig dargestellt. Schon im Prolog sieht man auf einem Video wie die beiden sich liebenden Damen durch Wien streunen, miteinander Spaß haben und ein Bäumchen pflanzen. Am Ende wird das von Gluck herbeigeschriebene Happy End zwar hinter dem gefallenen Vorhang besungen aber nicht dargestellt. Stattdessen sieht man wieder die beiden Damen am Video - Vergangenheit - und ganz am Ende die leidende Orphee mit dem Bäumchen, dem Symbol ihrer Liebe - sie wird von nun an alleine durchs Leben gehen - wie auch in der Mythologie dargestellt.
Hervorragend wie immer der Arnold Schoenberg Chor, der in der Unterwelt allerlei finstere Gestalten darstellt.
Ganz toll in der großen Rolle als Orphee agierte Sofia Vinnik mit jugendlicher Mezzostimme. Zu Tränen rührend ihre Arie "J'ai perdu mon Eurydice". Auch ihre Partnerinnen Ekaterina Protsenko als Eurydice und Anita Rosati als L'Amour überzeugten vollends. Herrlich die darstellerische Verspieltheit der frechen L'Amour. Alle drei erhielten verdientermaßen großen Applaus.
Auf beeindruckende Weise wird mit dieser Produktion unter Beweis gestellt warum man diese kleinen Häuser wie eben die Kammeroper braucht. Es ist eine wunderbare Bühne für junge KünstlerInnen, sowohl auf der Bühne wie auch rundherum, für Sängerinnen ebenso wie für Regisseure und Dirigenten.

bearbeitet von halbe südfront

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  • 2 weeks later...
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Der König stirbt, Eugene Ionescu (28.10., Kammerspiele)
 
Märchenhaftes Schauspielertheater gibt es in den Kammerspielen mit Ionescus absurdem Drama "Der König stirbt" zu sehen. Ionescu beschrieb damit den Untergang Frankreichs als Kolonialmacht, aber er beschrieb auch die Machtlosigkeit des Menschen gegenüber dem Unvermeidlichen. Claus Peymann verarbeitet das Stück mit viel Witz und Ästhetik, stellte ein Märchen auf die Bühne welchem der nötige Ernst in den entscheidenden Szenen nicht fehlte. Er hatte dafür ein großartiges Ensemble zur Verfügung. Sowohl Marcus Bluhm als Wächter, Lore Stefanek als Margarete, Maria Köstlinger als Maria, Johannes Krisch als Bakterienforscher und Sterndeuter wie auch und besonders Johanna Mahaffy als Julchen überzeugten in ihren großen Nebenrollen mit großer Spielfreude. Bernhard Schir war ein großartiger König der die Rolle und die Interpreatation Peymanns wundrbar auskostete. Ein sehr kurzweiliger Theaterabend!
 
bearbeitet von halbe südfront

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The Lighthouse, Peter Maxwell Davies (29.10., Kammeroper)

Ein großartiges Stück zeitgenössischer Oper ist das Meisterwerk von Davies aus dem Jahr 1980. Er verarbeitet die wahre Geschichte aus dem Jahre 1900 über die 3 Mann starke Besetzung eines Leuchtturms, welche spurlos verschwunden ist, in einer psychedelischen Oper mit Horrorelementen und ohne den ungeklärten Fall einer Lösung zuzuführen. Sowohl Musik wie auch Libretto sind fesselnd, haben psychologischen Tiefgang und hohe Qualität. Diese hohe Qualität des Stücks verlangt auch von Regie, Orchester und Ensemble eine ebensolche. Und die Kammeroper konnte diese bieten. Anscheinend in einem Familienprojekt inszenierte Georg Zlabinger das Werk auf der kleinen Bühne optimal, führte Michael Zlabinger am Pult das Wiener Kammerorchester zur Höchstleistung und sorgte Martin Zlabinger für die passende Ausstattung. Die 3 Partien des Musiktheaterstücks waren großartig besetzt. Tenor Andrew Morstein wurde wegen einem grippalen Infekt vor der Vorstellung "angesagt", hat aber als Sandy keinerlei Beeinträchtigung erkennen lassen. Johannes Schwendiger agierte als Arthur mit seinem angenehmen, schlanken Bass als Ruhepol auf der Bühne. Großartig in Gesang und Spiel war mit seinem beeindruckenden Bariton Timothy Connor als Blazes. Großer und höchst verdienter Jubel für alle Beteiligten war die Folge dieser hervorragenden Darbietung. Schade, dass es von dieser Produktion nur 2 Vorstellungen zu sehen gab.

 

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  • 2 weeks later...
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Nabucco, Giuseppe Verdi (1.11.)

Eine hervorragende Repertoirvorstellung gab es zu Beginn des Monats in der Wr. Staatsoper zu sehen. Die Enttäuschung, dass Superstar Anna Netrebko absagen musste hielt sich so in Grenzen.
Ihr Ersatz, Maria Jose Siri überzeugte sowohl gesanglich wie auch darstellerisch und feierte ein gelungenes Rollendebut als Abigaille.
In der Titelpartie als Nabucco agierte der aus der Mongolei stammende Armatuvshin Enkhbat und gab dabei sein Debut im Haus am Ring. Er wurde mit den hohen stimmlichem Erwartungen und Anforderungen locker fertig. Ein ausdrucksstarker Verdi-Bariton, dessen Arie nach der Wiedererlangung der Macht mit der Bitte um Vergebung ebenso beeindruckte wie das Beklagen seiner Einsamkeit im 3. Akt. Er erntete bei und nach seinem ersten Auftritt in Wien großen Jubel vom Publikum.
Roberto Tagliavini als Hohepriester Zaccaria war in Hochform, sein kraftvoller Bass war vor allem in den mittleren Lagen beeindruckend und wunderbar anzuhören.
Als Ismaele war Massimo Giordano zu hören, der sich der guten Performance seiner Kollegen anschließen konnte.
Von der Ensemblebesetzung stach vor allem wieder Szilvia Vörös heraus. Ihr reiner, gut geführter Sopran und ihre Ausdrucksstärke machten sie zu einer großartigen Königstochter Fenena.
Auch Dan Paul Dumitrescu als Oberpriester des Baal hatte einen sehr starken Abend, Daniel Jez als Abdallo und Aurora Martens als Anna rundeten die starke Besetzung ab.
Eine große Rolle kam natürlich dem Chor und dem Extrachor der Wiener Staatsoper zu, wie üblich bei Nabucco. Und der Chor verstand es diese Gelegenheit zu nützen und einen ganz besonderen Abend abzuliefern. Unterstützt vom hervorragenden Paolo Carignani am Pult, der es verstand die Chorstellen besonders hervorzuheben, der immer zur rechten Zeit das Tempo verlangsamte, beeindruckte der Chor mit seiner Darbietung nicht nur beim berühmten Gefangenenchor "Va, pensiero". Das Staatsopernorchester hatte mit dem Maestro am Pult auch seine Freude und konnte einen tollen Abend abliefern, insbesondere fiel Peter Somodari als Solist am Cello mit seinem einfühlsamen Spiel auf.
Die Inszenierung von Günter Krämer ist nichts Außergewöhnliches, hat sich aber mittlerweile als gut brauchbare Repertoirinszenierung mit guter Personenführung etabliert. Immer wieder berührend die Szene während des Gefangenenchors mit den Bildern der Holocaustopfer.

Ein sehr schöner Abend in der Staatsoper der vom Publikum gebührend gefeiert wurde.

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Die Jagdgesellschaft, Thomas Bernhard (3.11.)


Thomas Bernhard in rot. Bei der Kritik durchgefallen vom Publikum gefeiert wurde die Inszenierung von Lucia Bihler am Akademietheater.
Alles ist in knalliges Rot getaucht, die Kostüme wie die Kullissen. Bernhard bezeichnete sein Stück als eines der wichtigsten in seinem Gesamtwerk. Die aktuelle politische Lage in der Welt und auch in Österreich zeigt wie aktuell sein starker Text noch immer ist und wohl noch lange bleiben wird. Und doch, ohne diese außergewöhnliche Inszenierung hätte der Abend langweilig werden können - wurde er aber eben nicht. Dafür darf man der Regisseurin große Dankbarkeit ausdrücken.
Die Jagdgesellschaft ist die Gesellschaft selbst, das Opfer ein mittelwichtiger Politiker, ein verwundeter, ehemaliger General und hinter scheinheiliger Fassade spielt sich das wahre Drama ab. Während seine Frau versucht alles Unheil vom General abzuhalten, ihm alles Unangenehme zu verheimlichen, gehen zwei Minister mit ihm in seinem sterbenden Wald auf die Jagd, sind aber in Wahrheit darauf aus ihn abzusetzen - zum Rücktritt zu überreden. Immer wieder ändert sich das Szenario, Licht aus - Licht an und plötzlich wird aus der grellroten und doch eelend langweeiligen Realität eine schwarz-weisse surreale, albtraumhafte Sequenz in der Horror und Gewalt regieren. Am Ende tötet sich das von der Gesellschaft gewählte Opfer selbst und die muntere Jagdgesellschaft singt in Anspielung auf den Text (in dem der Borkenkäfer den riesigen Wald des Generals/Politikers vernichtet) "Lebe wohl, lebe wohl du schöner Wald".

Darstellerisch im Zentrum Maria Happel als Generalin und Markus Scheumann als Schriftsteller. In weiteren Rollen Martin Schwab als General, Jan Bülow als Holzknecht Asamer, Arthur Klemt und Robert Reinagl als Minister und Dunja Sowinetz als Köchin Anna. Prinz und Prinzessin werden von einem professionellen Tanzpaar dargestellt und die Zwillinge von 2 Sängerknaben.


Ein toller Theaterabend, ein Bernhard in neuem, modernen Licht.

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Claus Peymann kauft sich eine Hose und geht mit mir essen, Thomas Bernhard (5.11.)

Die Farce von Thomas Bernhard zu Ehren seines Freundes Claus Peymann, bestehend aus den drei Dramoletten "Claus Peymann verlässt Bochum und geht als Burgtheaterdirektor nach Wien", "Claus Peymann kauft sich eine Hose und geht mit mir essen" und "Claus Peymann und Hermann Beil auf der Sulzwiese", ist vom Akademietheater ins Theater in der Josefstadt übersiedelt. Natürlich spielt Claus Peymann Claus Peymann und Herman Beil Herman Beil, nebenher spielt er auch noch Fräulein Schneider und Thomas Bernhard und Maria Happel unterstützt die beiden als Moderatorin.

Viel mehr gibt es auch nicht zu sagen: Äußerst unterhaltsam, viele Lacher und eine Freude die drei mit so viel Freude und Spaß bei der "Arbeit" zu sehen. Sollte man einmal gesehen haben!

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Der Untergang des Hauses Usher, Edgar Allen Poe (10.11.)

Ein Abend mit gemischten Gefühlen - das positive Erlebnis Theater überwiegt.
Mit Michael Maertens, Jan Bülow, Stacyian Jackson, Katharina Lorenz, Annamaria Lang und Markus Scheumann war ein Ensemble von großartigen Sprachkünstlern am Werk, unterstützt von den Musikern Tommy Hojsa und Josh Sneesby, den Stimmen des Ruhrkohle-Chors und den Kompositionen von Pink Floyd, den Doors, Timber Timrbe, The Young Gods und Frankie Valli.
Das Stück ist keines, es ist eine Kurzgeschichte von Poe. Vorgetragen wird in erster Linie der Text aus der titelgebenden Kurzgeschichte, aufgemotzt wird das ganze mit eingearbeiteten Passagen aus anderen Poe-Geschichten.
Der Abend lebt von seiner Atmosphäre, von der Musik, von der Klangwolke vom perfekten Vortrag. Die Handlung entsteht im Kopf, Poes schaurigschöne Poesie dringt im Verlauf der Performance immer tiefer in die Gedankenwelt des Zusehers ein. Allerdings muss man sich darauf einlassen. Erleichtert wird das durch den musikalischen Zugang - gleich am Beginn wird man dann abgeholt, durch einen Hammerschlag auf zwei Flügeln, minutenlang wird da auf die Tasten eingehämmert, vom hohen Klang des Hammerschlags auf einen Amboss geht es die Tonleiter hinunter, geradewegs bis zur Hölle, möchte man meinen. Dann taucht der Sprachchor aus den tiefen der Bühne auf und übernimmt kollektiv die Rolle des Ich-Erzählers aus Poes Kurzgeschichte. Immer tiefer taucht man in die Welt des geisteskranken Roderick Usher ein und die schaurige Atmosphäre verdichtet sich zum Ende hin mehr und mehr.
Stacyian Jackson spricht ihren Part auf englisch, was die schöne Sprache Poes gut unterstreicht. Annamaria Lang spricht ihren Part auf ungarisch, was einen immer wieder aus dem Stück rausreisst und eigentlich keinen Sinn ergibt (man kann die deutsche Übersetzung hoch über der Bühne lesen, ganz wie man es von der Oper kennt). Auch der Wechsel zu anderen Geschichten von Poe ist teilweise verwirrend, es erschließt sich einem kaum was "Die Morde in der Rue Morgue" mit dem Untergang des Hauses Usher zu tun haben.
Nichts desto trotz war es ein fesselnder Abend mit virtuosen Sprachkünstlern und wunderbar düsterer Atmosphäre.

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war schon ok. zumindest mal was anderes als die aktuell übliche burgtheater-programmierung. und man darf sich halt nichts erwarten, was handlung betrifft.

den selbstmörder möchte ich mir auch anschauen, das könnte erst recht funktionieren.

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raumplaner schrieb vor 32 Minuten:

war schon ok. zumindest mal was anderes als die aktuell übliche burgtheater-programmierung. und man darf sich halt nichts erwarten, was handlung betrifft.

den selbstmörder möchte ich mir auch anschauen, das könnte erst recht funktionieren.

 

Mir hat es gefallen, ich war aber auf "atmosphärisches Theater" vorbereitet. Morgen seh ich dann Richerd II, bin schon neugierig. Da erwarte ich starke Darsteller im Vordergrund.

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