Astronomie/Astrophysik


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sherif schrieb vor 3 Minuten:

jwst beobachtet im infraroten wellenlängenbereich, also in einem teil des spektrums, das für unser auge nicht sichtbar ist. bilder von james webb müssen dementsprechend koloriert werden, wenn wir sie in farbe anstatt in schwarz-weiß (basierend auf der intensität des eingefangenen lichts) sehen wollen.

jwst hat verschiedene wellenlängenfilter und die kolorierung erfolgt dabei im großen und ganzen nach einem bestimmten schema: längere wellenlängen in der originalaufnahme bekommen eine längere wellenlänge im visuellen bereich zugeordnet (also im rötlichen teil des spektrums), kürzere wellenlängen bekommen dementsprechend kürzere wellenlängen zugeordnet (also im bläulichen/violetten bereich des visuellen spektrums). ausnahmen bestätigen dabei aber die regel und es kann zu abweichungen kommen, je nachdem was man visuell hervorheben möchte. in folgendem artikel wird das recht gut beschrieben: https://www.space.com/what-are-true-colors-image-james-webb-space-telescope-jwst#:~:text=When Pagan and DePasquale first,wavelengths are blue or purple.

das wäre mal das eine.

im visuellen teil des spektrums erscheint titan tatsächlich orangefarben. aerosole in seiner atmosphäre streuen nämlich das licht im visuellen bereich, wodurch wir nicht durch seine atmosphäre hindurchsehen und quasi nur eine orange "wolkendecke" sehr hoch in der atmosphäre wahrnehmen können.

unterschiedliche wellenlängen verhalten sich aber teils recht unterschiedlich, wenn sie auf eine atmosphäre, bzw. generell auf ein gasförmiges medium, treffen. so werden teile des infraroten wellenlängenbereichs nicht von den aerosolen gestreut und man kann bis auf die oberfläche hindurchsehen. das ist teils auch bei diesem titan-image von jwst der fall. rechts oben der weiße fleck ist übrigens eine wolke aus methan, welche das infrarote licht reflektiert. womöglich könnte es dort dann auch methan geregnet haben!

man sieht in den visuellen und infraroten wellenlängenbereichen - oder generell in verschiedenen wellenlängenbereichen - also auch tatsächliche unterschiedliche bereiche einer atmosphäre oder generell eines objektes (trifft natürlich auch auf gasnebel, staubwolken galaxien oder protoplanetare scheiben zu). deswegen sind beobachtungen eines astronomischen objektes in verschiedenen wellenlängenbereichen wissenschaftlich auch so wertvoll!

 

nochmal kurz zu titan im infraroten:

bei nachfolgendem infrarot-bild von cassini kann man titans oberfläche tatsächlich recht gut erkennen. die dunklen flecken nahe des nordpols sind seen aus größtenteils methan und etwas ethan. der größte dieser seen ist kraken mare und ist mit rund 500.000 quadratkilometer um einiges größer als das kaspische meer (der größte see auf der erde mit 370.000 qkm) und ca. sechsmal größer als österreich. und er ist immerhin auch bis zu etwa 300 meter tief. man sieht auch schön die reflexion der sonne auf der "wasser"-oberfläche [sic! ist natürlich kein wasser sondern eine flüssigkeit aus einem methan/ethan-gemisch].

Specular_Spectacular_(PIA18432).jpg

image credit: NASA / JPL-Caltech / University of Arizona / University of Idaho

(noch ein netter artikel zu titan in infrarot mit cassini: https://www.nasa.gov/image-article/seeing-titan-with-infrared-eyes/)

ein kosmisches :love: in form einer strawberry daiquiri gaswolke geht raus!

noch eine frage hätte ich. hast du dich schonmal mit triton beschäftigt? mmn ist der viel  zu sehr im schatten seines zwillings pluto. mein gedankengang wäre daher, wenn triton sogar näher wäre (je nach planeten konstellation natürlich), dann könnte man doch von dort auch erkentnisse sammeln.

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Patrax Jesus schrieb vor 1 Minute:

ein kosmisches :love: in form einer strawberry daiquiri gaswolke geht raus!

noch eine frage hätte ich. hast du dich schonmal mit triton beschäftigt? mmn ist der viel  zu sehr im schatten seines zwillings pluto. mein gedankengang wäre daher, wenn triton sogar näher wäre (je nach planeten konstellation natürlich), dann könnte man doch von dort auch erkentnisse sammeln.

ja, habe ich. im sommer sollte ein wissenschaftliches buch über pluto und triton rauskommen, zu dem ich ein kapitel beigesteuert habe :yes: ("Triton and Pluto: The long lost twins of active worlds" - der titel deutet eh schon an, dass du recht hast!)

in diesem buch geht es tatsächlich darum beide himmelskörper vergleichend zu betrachten, da sie sich nicht nur sehr ähnlich sind, sondern wohl auch aus der selben region unseres sonnensystems stammen, nämlich aus dem kuiper-gürtel. triton ist sehr wahrscheinlich nämlich ein von neptun eingefangener zwergplanet. fliegt man zum einen, kann man also auch sehr viel vom andren lernen. mit nur einer mission könnte man also zwei fliegen mit einer klappe schlagen. ändert aber nichts daran, dass zwei missionen natürlich wissenschaftlich besser wären, als nur eine.. aber immerhin ein gutes argument, um zumindest zu einem der beiden zu fliegen, auch wenn das wohl noch dauern wird.

bevorzugen würde ich tatsächlich eine mission zu triton bzw. gleich eine neptun-flagship-mission. zumindest eine flagship-mission zu einem der ice giants wird in den 30ern aber wohl tatsächlich gestartet werden, wahrscheinlicher scheint derzeit aber eine mission zu uranus. wobei ich auch eine doppelmission nicht zur gänze ausschließen würde. eine mission zu den ice giants wurde jedenfalls mit der höchsten priorität im rahmen des decadal surveys der nasa und des voyage 2050-programms der esa festgeschrieben (siehe zb https://www.esa.int/Enabling_Support/Space_Engineering_Technology/Shaping_the_Future/Ice_Giant_Exploration_Advancements_in_Atmospheric_Entry_Technology). deswegen habe ich insgeheim ein wenig hoffnung, das es idente missionen zu beiden gasplaneten geben könnte in zusammenarbeit von esa und nasa. auch wenn es derzeit eher unwahrscheinlich scheint.

leider kam zwar 2021 erst eine nasa-mission ("trident") zu triton in die finale auswahl, ausgewählt wurden schlussendlich aber zwei der beiden anderen vorgeschlagenen missionen (beide zu venus mit davinci und veritas, wobei veritas mittlerweile schon wieder in der schwebe ist.. die vierte mission in der endauswahl wäre zum jupitermond io geflogen. auch interessant!).

bei triton war seit 1989 keine raumsonde mehr und selbst das war damals nur ein sehr entfernter vorbeiflug. mit einer triton-mission könnte man tatsächlich sehr viel lernen, auch über pluto. warum verhalten sich die stickstoff-atmosphären von triton und pluto zum beispiel doch recht unterschiedlich? plutos obere atmosphäre ist nämlich wesentlich kälter als ursprünglich gedacht. bei triton ist das nicht der fall. es gibt theorien dazu; würde man tritons atmosphäre in-situ beobachten, könnte das aber tatsächlich auch das rätsel der plutoatmosphäre lösen.

am besten wäre natürlich eine landung auf triton, um dort die zusammensetzung des bodens und vor allem der atmosphäre in der nähe des bodens zu messen. wichtig wären dabei vor allem die isotope der edelgase und von stickstoff und kohlenstoff. das könnte uns sehr viel über den ursprung und über die entwicklung von triton und pluto (und deren atmosphären) erzählen. darüber hinaus würden wir dadurch auch mehr über kuiper belt-objekte und das äußere sonnensystem im generellen erfahren. gibt also tatsächlich sehr gute argumente dorthin zu reisen!

 

ps: ja, triton und pluto haben atmosphären, aber diese sind sehr, sehr dünn. vor allem verglichen zu titan, welcher sogar eine dichtere atmosphäre als die erde hat. alle drei haben aber eine stickstoffatmosphäre. und auch bei pluto sieht man dunst durch aerosole, ähnlich zu titan, wenn auch wesentlich dünner. deshalb auch diesmal nachfolgend wieder ein image, diesmal von new horizons. auf diesem sieht man schön die unterschiedlichen dunstschichten ("haze layers") in der sehr dünnen atmosphäre plutos (aufgenommen im visuellen!). auf triton gibt es diese haze layer nicht (eventuell in den ersten 30 km, aber nicht in dieser höhe); das könnte ein grund für plutos kühlere atmosphäre sein, aber sicher ist das nicht. und warum es diesen haze bei triton nicht gibt ist auch nicht zu 100% geklärt, aber auch da gibt es vermutungen. womöglich verschwindet der haze auch bei pluto wieder, wenn er sich weiter von der sonne entfernt, weil das methan in der atmosphäre dann wohl größtenteils ausfriert und sich weniger dunst bilden kann.

41586_2017_Article_BF551302a_Fig1_HTML.webp
image credit: Nasa/Johns Hopkins Univ. Applied Physics Lab/Southwest Research Inst.

 

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sherif schrieb vor 17 Minuten:

ps: ja, triton und pluto haben atmosphären, aber diese sind sehr, sehr dünn. vor allem verglichen zu titan, welcher sogar eine dichtere atmosphäre als die erde hat. alle drei haben aber eine stickstoffatmosphäre. und auch bei pluto sieht man dunst durch aerosole, ähnlich zu titan, wenn auch wesentlich dünner. deshalb auch diesmal nachfolgend wieder ein image, diesmal von new horizons. auf diesem sieht man schön die unterschiedlichen dunstschichten ("haze layers") in der sehr dünnen atmosphäre plutos (aufgenommen im visuellen!). auf triton gibt es diese haze layer nicht (eventuell in den ersten 30 km, aber nicht in dieser höhe); das könnte ein grund für plutos kühlere atmosphäre sein, aber sicher ist das nicht. und warum es diesen haze bei triton nicht gibt ist auch nicht zu 100% geklärt, aber auch da gibt es vermutungen. womöglich verschwindet der haze auch bei pluto wieder, wenn er sich weiter von der sonne entfernt, weil das methan in der atmosphäre dann wohl größtenteils ausfriert und sich weniger dunst bilden kann.

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image credit: Nasa/Johns Hopkins Univ. Applied Physics Lab/Southwest Research Inst.

 

geile sache! kann es sein dass die unmittelbare gravitative wirkung von neptun auf triton auch eine rolle spielt?

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Patrax Jesus schrieb vor 34 Minuten:

geile sache! kann es sein dass die unmittelbare gravitative wirkung von neptun auf triton auch eine rolle spielt?

auf die atmosphäre von triton hat die gravitation von neptun keinen einfluss. womöglich unterstützen die gezeitenkräfte von neptun auf triton den erhalt eines flüssigen ozeans unter dem eis, aber heutzutage sind die gezeitenkräfte auf triton generell relativ gering, da der orbit des mondes mittlerweile praktisch kreisrund ist und es auch keine anderen größeren monde bei neptun gibt, die einen gravitativen einfluss auf triton haben könnten. in der vergangenheit müssen die gezeitenkräfte aber wesentlich stärker gewesen sein. immerhin wurde triton von neptun eingefangen und der einst sehr elliptische orbit musste durch die gezeitenkräfte fast vollständig zirkularisiert worden sein. bei diesem ereignis des einfangens wurde übrigens auch das praktisch gesamte ursprüngliche mondsystems neptuns zerstört. deswegen hat neptun auch als einziger gasriese nur einen größeren mond.

was jedoch einen einfluss auf die atmosphäre von triton hat, ist neptuns magnetfeld. durch besagtes magnetfeld gibt es auch eine menge geladener teilchen in neptuns magnetosphäre, welche mit der oberen atmosphäre des mondes wechselwirken und atmosphärenteilchen ionisieren und erwärmen. dadurch wird zum beispiel auch methan zerstört, was eben auch ein mitgrund sein dürfte, dass sich auf triton weniger dunst bilden kann.

der erwärmende effekt von neptuns magnetfeld ist aber nicht riesig und führt dementsprechend nur zu einer schwachen erwärmung der atmosphäre, ein effekt, der bei weitem nicht den unterschied in der temperatur zu plutos kühlerer oberer atmosphäre erklären kann. jedenfalls zumindest nicht direkt.

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sherif schrieb vor 4 Minuten:

auf die atmosphäre von triton hat die gravitation von neptun keinen einfluss. womöglich unterstützen die gezeitenkräfte von neptun auf triton den erhalt eines flüssigen ozeans unter dem eis, aber heutzutage sind die gezeitenkräfte auf triton generell relativ gering, da der orbit des mondes mittlerweile praktisch kreisrund ist und es auch keine anderen größeren monde bei neptun gibt, die einen gravitativen einfluss auf triton haben könnten. in der vergangenheit müssen die gezeitenkräfte aber wesentlich stärker gewesen sein. immerhin wurde triton von neptun eingefangen und der einst sehr elliptische orbit musste durch die gezeitenkräfte fast vollständig zirkularisiert worden sein. bei diesem ereignis des einfangens wurde übrigens auch das praktisch gesamte ursprüngliche mondsystems neptuns zerstört. deswegen hat neptun auch als einziger gasriese nur einen größeren mond.

was jedoch einen einfluss auf die atmosphäre von triton hat, ist neptuns magnetfeld. durch besagtes magnetfeld gibt es auch eine menge geladener teilchen in neptuns magnetosphäre, welche mit der oberen atmosphäre des mondes wechselwirken und atmosphärenteilchen ionisieren und erwärmen. dadurch wird zum beispiel auch methan zerstört, was eben auch ein mitgrund sein dürfte, dass sich auf triton weniger dunst bilden kann.

der erwärmende effekt von neptuns magnetfeld ist aber nicht riesig und führt dementsprechend nur zu einer schwachen erwärmung der atmosphäre, ein effekt, der bei weitem nicht den unterschied in der temperatur zu plutos kühlerer oberer atmosphäre erklären kann. jedenfalls zumindest nicht direkt.

ich wäre ehrlichgesagt davon ausgegangen, ähnlich wie bei enceladus, dass die gravitation im erdkern des mondes zu einer erwärmung und dadurch eine kettenreaktion führt. die weiteren parameter die du da auflistest hätte ich überhaupt nie in betracht gezogen. da soll noch einer sagen, das ASB bildet nicht weiter! danke!

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Patrax Jesus schrieb vor 28 Minuten:

ich wäre ehrlichgesagt davon ausgegangen, ähnlich wie bei enceladus, dass die gravitation im erdkern des mondes zu einer erwärmung und dadurch eine kettenreaktion führt. die weiteren parameter die du da auflistest hätte ich überhaupt nie in betracht gezogen. da soll noch einer sagen, das ASB bildet nicht weiter! danke!

auf enceladus wirken wesentlich stärkere gezeitenkräfte, da sein orbit nicht komplett rund ist. der grund dafür ist hauptsächlich ein anderer saturnmond und das ist nicht titan. enceladus befindet sich nämlich in einer 2:1 resonanz mit dione, d.h., während sich enceladus zweimal um saturn dreht, dreht sich dione einmal um saturn, und diese gravitative wechselwirkung zwingt enceladus auf einen elliptischen orbit, welcher wiederum stärkere gezeitenkräfte bei enceladus induziert, als bei triton, da der orbit von letzterem eben ein fast perfekter kreis ist.

auch bei triton wird durch gezeitenkräfte wohl noch eine gewisse wärme in seinem inneren induziert, ob das ausreicht, um einen unterirdischen ozean zu erzeugen bzw. flüssig zu halten, ist jedoch nicht so ganz klar. es gibt zwar starke indizien für solch einen ozean, der könnte aber auch ein relikt früherer zeiten sein, als die gezeitenkräfte noch stärker waren, und eventuell auch, zumindest zu einem gewissen anteil, durch wärme aus radioaktivem zerfall in seinem kern erzeugt werden. selbst ob der unterirdische ozean global ist oder es nur lokale, flüssige einschlüsse sind, ist nicht ganz klar. da es aber auch bei pluto anzeichen eines unterirdischen ozeans gibt, könnten sich diese aber womöglich generell leichter bilden und bestand haben, als ürsprünglich gedacht (aus welchen gründen auch immer..). das alles wären gute gründe, um endlich wieder dort hinzufliegen..

auch bei enceladus hätte man ursprünglich trotz der stärkeren gezeitenkräfte nicht mit einem unterirdischen ozean gerechnet. es gibt aber auch die theorie, dass enceladus erst rund 100 bis 300 millionen jahre alt sein könnte und zum gleichen zeitpunkt entstand wie saturns ringe, eventuell durch die zerstörung eines mondes, der saturn zu nahe kam. dann wäre flüssiges wasser unter seiner oberfläche keine überraschung.

und da schließt sich auch wieder der kreis zu triton. obwohl sein orbit mittlerweile quasi kreisrund ist, verringert sich seine umlaufbahn um neptun immer weiter. irgendwann in den nächsten rund 2 bis 4 milliarden jahren wird triton deswegen neptun zu nahe kommen und es wird den mond entweder zerreißen oder er wird auf dem planeten einschlagen. es passiert also eigentlich noch immer recht viel in unserem sonnensystem!

auch der marsmond phobos wird in den nächsten 50 millionen jahren auf mars stürzen. saturns ringe werden sich in den nächsten ~100 millionen jahren auflösen. das sind alles geologisch gesehen eigentlich wirklich keine langen zeiträume... aber es passiert halt leider wohl nix davon zu unseren lebzeiten. schade. da wären spektakuläre aufnahmen garantiert, wenn es einen mond in der größe tritons zerfetzt.

 

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Sekt für die Nutten - Champagner für uns!

Mir wär leid um Phobos ... Phobos und Deimos haben mich seit meiner Kindheit begleitet, und wenn ich noch einmal Namen für Gadsen aussuchen müsste, wären die beiden ganz oben (manchmal nenne ich meine eh so)! :( :love:

bearbeitet von firewhoman

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Der Koch schrieb vor 22 Stunden:

@sherif hab die Geschichte um die Nova bei der nördlichen Krone gerade in einem 4 Wochen alten Video von LPIndie gesehen.

 

 

Bist du an der Sache dran? 

nein. ich weiß zwar natürlich davon, aber wissenschaftlich ist es nicht wirklich mein gebiet. wobei novae und vor allem supernovae für mich bezüglich habitabilität der galaxie dennoch auch wissenschaftlich von interesse sind. um da dementsprechend etwas sinnvolles beizutragen: supernovae sind laut neuer modellrechnungen wohl wesentlich lethaler für leben in der galaxie als ursprünglich angenommen (Thomas et al. 2023; https://doi.org/10.3847/1538-4357/accf8a). aber achtung, dabei handelt es sich um supernovae, nicht novae! (wobei ich mir vorstellen könnte, dass man diese ergebnisse in kleinerem maße auch auf novae übertragen wird können).

insgesamt sind in unserer galaxie übrigens 10 recurrent novae, also wiederkehrende novae, bekannt. corona borealis ist dabei mit einer scheinbaren helligkeit von ~2 allerdings jene, die bei uns am hellsten ist. insgesamt werden aber dennoch etwa 120 sterne am gesamten himmel heller sein als diese nova.

Iniesta schrieb vor 13 Stunden:

interessanter als die supernova find ich ja das hier:
 

 

ich zitiere mich dazu einfach mal selbst:

sherif schrieb am 28.9.2023 um 13:07 :

zwar schon etwas her, aber entdeckt, sorry "nachgewiesen", wurde da eigentlich nicht viel (und sicherlich keine großartigen hinweise auf leben).

 

zuerst einmal zu K2-18b selbst:

das video und diverse medienartikel schreiben bei K2-18b von einer "supererde", also ein gesteinsplanet mit einer dünnen atmosphäre, eventuell einem globalen ozean, der um einiges schwerer als die erde wäre. im gegensatz dazu gibt es aber auch noch sogenannte sub-neptune, also neptun-ähnliche gasriesen, nur eben etwas kleiner als neptun. und bei K2-18b deutet alles darauf hin, dass der planet ein ebensolcher sub-neptun sein dürfte - ein planet mit einer dichten wasserstoffhülle; die größe des planeten und seine dichte von 2.67 g/cm^3 (vergl. erde mit 5.51 g/cm^3) lässt kaum einen anderen schluss zu.

selbst wenn ein planet nur zu einer masse von etwa 1% der gesamtmasse aus einer wasserstoffatmosphäre bestehen würde, hätte es auf der oberfläche bereits zehntausende bar und tausende grad oberflächentemperatur (und in diesem fall ist die gashülle wohl wesentlich dichter). also selbst wenn sich darunter ein "ozean" befinden würde, wäre dieser kaum habitabel, auch deshalb, weil der enorme druck jeglichen austausch mit dem planeteninneren verhindert. es kann keinen mineral/nährstofffluss mehr geben und auch keinen funktionierenden kohlenstoffkreislauf, der zur regulierung der temperatur von bedeutung wäre.

und selbst wenn - wie von derselben gruppe, die diese "biosignatur" womöglich gefunden hat, spekuliert wird - K2-18b ein riesiger wasserplanet wäre mit einem tausende kilometer dicken ozean, würden diese probleme weiterhin bestehen bleiben. K2-18b ist also weit davon entfernt erdähnlich oder gar habitabel zu sein. zumindest für jegliche form des lebens, die wir kennen (und genau darauf beruht ja diese biosignatur).

 

dann zur entdeckung des wassers:

entgegen der behauptung vieler medienberichte (und des youtube-videos) wurde auf K2-18b eben KEIN wasser entdeckt, ganz im gegenteil. beobachtungen aus 2020 mit dem hubble-teleskop lieferten schwache indizien für wasser, diese wurden von den aktuellen beobachtungen durch jwst allerdings widerlegt. das angebliche wassersignal war nämlich methan (und das passt eigentlich recht gut zu CO2 in einer relativ reduzierten atmosphäre).

besagtes paper spekuliert einzig damit, dass CO2 und methan von einem darunterliegenden ozean produziert werden könnten (!), das wasser selbst aber nicht in die oberen schichten der atmosphäre gelangen würde, um detektierbar zu sein. außer diesem modell derselben gruppe, gibt es also keinerlei hinweise auf wasser auf diesem planeten.

 

zur entdeckung der biosignatur dimethylsulfid (dms):

die aufbereiteten daten von jwst zeigen einen marginalen ausschlag im spektrum an jener stelle, an der dms theoretisch zu finden wäre, das aber nur mit einer sicherheit von 1-sigma (also in ~32% der fälle ist das signal theoretisch dann doch nicht vorhanden). das ist weit entfernt von einem wissenschaftlichen "beweis" - da gilt eher der 5-sigma-standard (aber das wird im paper eh auch angemerkt). hinzu kommt, dass die datenaufbereitung bei jwst äußerst komplex ist und sich dieses signal somit ganz leicht als falsch bzw. auch ganz einfach als fehlinterpretation herausstellen könnte.

und selbst wenn das signal tatsächlich da sein sollte, hieße das noch nicht viel. im paper rechnen sie vor, dass für das vorhandensein einer so großen, nachweisbaren menge von dms eine wesentlich höhere produktionsrate nötig wäre, als selbst auf der erde. dort müsste es also eine recht dichte und komplexe biosphäre geben und das ohne umfangreiche möglichkeit eines funktionierenden marinen nährstoff- bzw. eines regulierenden kohlenstoffkreislaufs. passend dazu rechnet ein paper von seager et al. (2021; https://www.mdpi.com/2218-1997/7/6/172) vor, dass der verbrauch bioessentieller metalle wie Mg, Ca, Cu, Zn, Co und K durch phytoplankton auf der erde um das hundertausend- bis milliardenfache höher ist, als die berechnete anlieferung durch meteoriten. und da es auf K2-18b noch wesentlich mehr phytoplankton benötigen würde, bräuchte man demnach sogar noch mehr metalle (oder interessante biologische adaptierungen; dann kann man sich aber wieder schwer auf die erde beziehen). 

hinzu kommt, dass keinerlei zusätzliche biosignaturen gefunden wurden und das obwohl die biosphäre recht komplex sein müsste.

und selbst wenn das signal von dms sich schließlich als richtig herausstellt, hieße das allein noch nicht viel. nur weil es auf der erde biologisch erzeugt wird, bedeutet das nicht, dass es auf einer anderen welt mit komplett anderen chemischen bedingungen nicht auch abiotisch erzeugt werden könnte. phosphin in der venusatmosphäre wäre so ein beispiel; zuerst als biosignatur angekündigt, stellte sich das signal dann letztendlich zwar als falsch heraus. es kamen aber dennoch sofort einige gruppen mit ideen, wie phosphin unter den dortigen bedingungen auch abiotisch erzeugt werden könnte.

 

und schließlich noch zur möglichen entstehung des lebens auf diesem planeten:

ich frage mich nämlich, wie der urpsrung des lebens dort möglich sein sollte. keine feste oberfläche, wahrscheinlich enorme temperaturen und drucke an der grenzschicht zwischen gashülle und darunterliegendem medium und kein austausch mit dem planeteninneren, um überhaupt ausreichend nährstoffe bzw. mineralien zur verfügung zu stellen. selbst wenn die gesamten bausteine des lebens via meteoriten/kometen angeliefert werden würden, könnten diese sich in der atmosphäre wahrscheinlich nicht derart konzentrieren, dass dort tatsächlich leben entstehen könnte. ich kenne zumindest keine seriöse theorie der lebensentstehung in einer atmosphäre (mit ausnahme einer theorie zur entstehung des lebens in wassertropfen, aber auch da stellen sich verschiedene schwierige fragen - die konzentration von nährstoffen wäre nur eine davon).

 

zwar kann man leben auf diesem planeten also natürlich nicht ausschließen (aber das können wir bei fast keinem planeten, weil wir einfach viel zu wenig wissen; was im umkehrschluss aber nicht heißt, dass es dort oder sonst wo leben tatsächlich geben würde). was schlussendlich aber bleibt, wäre einmal mehr eine komplett übertriebene medienberichterstattung, die kaum etwas mit der wissenschaftlichen realität zu tun hat. und das ist nicht nur ein problem der medien sondern leider auch ganz besonders des heutigen wissenschaftbetriebs selbst.

seit diesem posting hat sich kaum etwas daran geändert, außer dass es weitere studien gibt, die meinen standpunkt zu dieser sache erhärten. die chance, dass es dort leben wie wir es kennen, mit einer komplexen biosphäre (und darauf beruht ja die angebliche biosignatur; über andere formen von leben kann man so oder so nur im rahmen des physikalisch/chemisch möglichen spekulieren), geben könnte, ist sehr unwahrscheinlich.

kürzlich kam zum beispiel ein paper raus, das zeigt, dass K2-18b aufgrund des treibhauseffektes des wasserstoffs wohl tatsächlich einen magma-ozean an seiner oberfläche besitzen dürfte (siehe mein zitiertes posting). die beobachtungsdaten von jwst sind damit auch vollkommen vereinbar (Shorttle et al. 2014; https://doi.org/10.3847/2041-8213/ad206e).

eine weitere studie (Pierrehumbert 2023; https://doi.org/10.3847/1538-4357/acafdf) erhärtet durch simulationen den verdacht, dass K2-18b aufgrund der beobachtungsdaten kein ozeanplanet mit einem hohen wasseranteil sein kann, sondern wohl eher einem mini-neptun mit einer dichten wasserstoffatmosphäre entsprechen dürfte (zum vergleich: neptun hat 5-10% atmosphärenanteil an der gesamtmase, K2-18b bis zu 6%; die dichte von neptun beträgt 1,64 g/cm^3, jene von K2-18b ca. 2,6 g/cm^3 - neptun wird aber auch einen höheren eisanteil besitzen). wäre K2-18b tatsächlich ein ozeanplanet, wäre es dort sehr wahrscheinlich zum runaway greenhouse effect ("galoppierender treibhauseffekt" auf deutsch klingt echt dämlich) gekommen. die ozeane wären also verdampft und das würde man in den beobachtungsdaten sehen. nur unter sehr großem fine-tuning würde das nicht passieren und selbst in diesem fall müsste man dann hinweise auf eine dichte wolkendecke mit spezifischen charakteristika in den beobachtungen entdecken können - doch auch das ist nicht der fall (Charnay et al. 2021; https://doi.org/10.1051/0004-6361/202039525).

schließlich kommt ein paper aus dem vergangenen märz (Wogan et al. 2024; https://doi.org/10.3847/2041-8213/ad2616) ebenfalls zum schluss, dass die beobachtungsdaten am besten mit einem mini-neptun vereinbar sind. eine ozeanwelt mit einer sehr dünnen wasserstoffatmosphäre inklusive leben hätte dort verschiedene gravierende schwierigkeiten. eben zum beispiel den runaway greenhouse effect, aber zum beispiel auch die unglaublich geringe wahrscheinlichkeit, dass eine dünne wasserstoffatmosphäre im laufe der zeit nicht ins weltall verloren ging aufgrund der enormen kurzwelligen strahlung des heimatsterns von K2-18b. dann müsste man dort außerdem auch hinweise auf wesentliche mengen sauerstoff in der atmosphäre sehen (das wäre nun allerdings mein eigener educated guess).

aus der sicht von occam's razor wäre es also eine wesentlich wahrscheinlichere variante, es handele sich bei K2-18b um einen unbewohnbaren mini-neptun mit einem magma-ozean, als um eine belebte "hycean world" mit dünner wasserstoff-atmosphäre, angenommen aufgrund einer derzeit nicht bewiesenen möglichen entdeckung von dimethylsulfat (dms).

 

schließlich noch ein paar punkte zu diesem video:

(i) die angebliche entdeckung von wasser; dms als beweis für leben:
im video wird gesagt, es wurde wasser auf K2-18b entdeckt. wie in meinem oben zitierten posting schon geschrieben, ist das nicht richtig. es wurde unter verschiedenen annahmen abgeleitet, dass es dort wasser geben könnte. außerdem wird im video festgehalten, dass eine bestätigung von dms in der atmosphäre von K2-18b durch jwst beweisen (!) würde, dass es dort leben gäbe. auch das stimmt eben nicht. dass wir derzeit (!) noch keinen abiotischen weg zur erzeugung von dms kennen, heißt nicht, dass es den nicht gibt - siehe venus und die wohl falsche entdeckung von ph3, welches sehr wahrscheinlich unter venus-bedingungen sehr wohl abiotisch erzeugt werden kann, entgegen erster behauptungen. siehe mein zitiertes posting.

(ii) ein mögliches magnetfeld bei K2-18b:
lpindie meint, dass K2-18b aufgrund seiner größe wohl ziemlich sicher ein magnetfeld vergleichbar zur erde haben sollte. nun ja, wir haben keine ahnung, ob K2-18b ein magnetfeld besitzt. allerdings gibt es zb eine studie (McIntyre et al 2019; https://doi.org/10.1093/mnras/stz667), welche nahelegt, dass im besten fall etwa 50% aller gesteinsplaneten in der habitablen zone von m-sternen magnetfelder besitzen werden (insbesondere aufgrund der zumeist gebunden rotation mit dem stern). K2-18b ist zwar kein gesteinsplanet, es zeigt aber auf, dass die sache nicht ganz so klar sein dürfte.

(iii) unterwasservulkane auf K2-18b:
er vermutet auch, dass es auf K2-18b ähnlich der erde unterwasservulkane geben sollte, was zu einem notwendigen austausch an mineralien und nährstoffen zwischen wasser und mantel des planeten führen würde, um leben überhaupt erst zu ermöglichen. ich habe das auch schon in meinem zitierten posting ausgeführt, aber sollte K2-18b tatsächlich einen tausende kilometer dicken ozean besitzen (und sehr vieles spricht dagegen, dass er einen ozean besitzt - wenn er einen besitzt, müsste er allerdings tatsächlich hunderte bis tausende km dick sein), dann bildet sich zwischen mantel und ozean eine dicke eisschicht, die jeglichen austausch zwischen mantel und ozean unterdrückt. etwaige unterwasservulkane können also auch keine nährstoffe oder etwaige treibhausgase in den ozean und die darüberliegende atmosphäre einführen. das wäre nicht nur ein problem für die nährstoffversorgung möglichen lebens (und dessen ursprungs), sondern außerdem auch für das klima des planeten, da es keinen funktionierenden kohlenstoffzyklus geben könnte. und das ist ein großes problem für jede ozeanwelt. die klimatischen bedingungen können dadurch nämlich nicht über jahrmilliarden einigermaßen "stabil" bleiben, wie es auf der erde der fall war (und klimatische katastrophen wie die snowball earth-episoden könnten dadurch auch nicht ausgeglichen und umgekehrt werden). da es aufgrund der hohen strahlung des heimatsterns auch zu atmosphärenverlusten kommen muss, bleibt die zusammensetzung der atmosphäre auch nicht stabil. auch wenn es dort also einen ozean gäbe, und die bedingungen tatsächlich moderate temperaturen zu einem frühen zeitpunkt erlaubt hätten, hätte sich das im laufe der zeit mit sicherheit geändert und das klima wäre gekippt.

 

ich bin aber nichtsdestotrotz auf die ergebnisse von jwst gespannt. doch selbst wenn dms bestätigt werden würde (und darauf wetten würde ich nicht), wäre das kein beweis für leben! verkaufen lässt es sich so aber natürlich wesentlich besser. studien, die zu gegensätzlichen schlüssen kommen, finden auch selten den weg in die medien.

--

(ps: das ganze zu schreiben war jetzt immerhin eine nette ablenkung für das verdammte spiel heute abend, das ich depp leider nicht live beiwohnen kann. noch irgendwelche weiteren fragen? :lol:)

(pps: ich sollte vielleicht echt endlich einen scienceblog oder ähnliches starten; allein schon, um übermotivierte medienartikel, etc., kritisch aufzugreifen... :betrunken:)

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I'll be back!
sherif schrieb vor 5 Stunden:

nein. ich weiß zwar natürlich davon, aber wissenschaftlich ist es nicht wirklich mein gebiet. wobei novae und vor allem supernovae für mich bezüglich habitabilität der galaxie dennoch auch wissenschaftlich von interesse sind. um da dementsprechend etwas sinnvolles beizutragen: supernovae sind laut neuer modellrechnungen wohl wesentlich lethaler für leben in der galaxie als ursprünglich angenommen (Thomas et al. 2023; https://doi.org/10.3847/1538-4357/accf8a). aber achtung, dabei handelt es sich um supernovae, nicht novae! (wobei ich mir vorstellen könnte, dass man diese ergebnisse in kleinerem maße auch auf novae übertragen wird können).

insgesamt sind in unserer galaxie übrigens 10 recurrent novae, also wiederkehrende novae, bekannt. corona borealis ist dabei mit einer scheinbaren helligkeit von ~2 allerdings jene, die bei uns am hellsten ist. insgesamt werden aber dennoch etwa 120 sterne am gesamten himmel heller sein als diese nova.

ich zitiere mich dazu einfach mal selbst:

seit diesem posting hat sich kaum etwas daran geändert, außer dass es weitere studien gibt, die meinen standpunkt zu dieser sache erhärten. die chance, dass es dort leben wie wir es kennen, mit einer komplexen biosphäre (und darauf beruht ja die angebliche biosignatur; über andere formen von leben kann man so oder so nur im rahmen des physikalisch/chemisch möglichen spekulieren), geben könnte, ist sehr unwahrscheinlich.

kürzlich kam zum beispiel ein paper raus, das zeigt, dass K2-18b aufgrund des treibhauseffektes des wasserstoffs wohl tatsächlich einen magma-ozean an seiner oberfläche besitzen dürfte (siehe mein zitiertes posting). die beobachtungsdaten von jwst sind damit auch vollkommen vereinbar (Shorttle et al. 2014; https://doi.org/10.3847/2041-8213/ad206e).

eine weitere studie (Pierrehumbert 2023; https://doi.org/10.3847/1538-4357/acafdf) erhärtet durch simulationen den verdacht, dass K2-18b aufgrund der beobachtungsdaten kein ozeanplanet mit einem hohen wasseranteil sein kann, sondern wohl eher einem mini-neptun mit einer dichten wasserstoffatmosphäre entsprechen dürfte (zum vergleich: neptun hat 5-10% atmosphärenanteil an der gesamtmase, K2-18b bis zu 6%; die dichte von neptun beträgt 1,64 g/cm^3, jene von K2-18b ca. 2,6 g/cm^3 - neptun wird aber auch einen höheren eisanteil besitzen). wäre K2-18b tatsächlich ein ozeanplanet, wäre es dort sehr wahrscheinlich zum runaway greenhouse effect ("galoppierender treibhauseffekt" auf deutsch klingt echt dämlich) gekommen. die ozeane wären also verdampft und das würde man in den beobachtungsdaten sehen. nur unter sehr großem fine-tuning würde das nicht passieren und selbst in diesem fall müsste man dann hinweise auf eine dichte wolkendecke mit spezifischen charakteristika in den beobachtungen entdecken können - doch auch das ist nicht der fall (Charnay et al. 2021; https://doi.org/10.1051/0004-6361/202039525).

schließlich kommt ein paper aus dem vergangenen märz (Wogan et al. 2024; https://doi.org/10.3847/2041-8213/ad2616) ebenfalls zum schluss, dass die beobachtungsdaten am besten mit einem mini-neptun vereinbar sind. eine ozeanwelt mit einer sehr dünnen wasserstoffatmosphäre inklusive leben hätte dort verschiedene gravierende schwierigkeiten. eben zum beispiel den runaway greenhouse effect, aber zum beispiel auch die unglaublich geringe wahrscheinlichkeit, dass eine dünne wasserstoffatmosphäre im laufe der zeit nicht ins weltall verloren ging aufgrund der enormen kurzwelligen strahlung des heimatsterns von K2-18b. dann müsste man dort außerdem auch hinweise auf wesentliche mengen sauerstoff in der atmosphäre sehen (das wäre nun allerdings mein eigener educated guess).

aus der sicht von occam's razor wäre es also eine wesentlich wahrscheinlichere variante, es handele sich bei K2-18b um einen unbewohnbaren mini-neptun mit einem magma-ozean, als um eine belebte "hycean world" mit dünner wasserstoff-atmosphäre, angenommen aufgrund einer derzeit nicht bewiesenen möglichen entdeckung von dimethylsulfat (dms).

 

schließlich noch ein paar punkte zu diesem video:

(i) die angebliche entdeckung von wasser; dms als beweis für leben:
im video wird gesagt, es wurde wasser auf K2-18b entdeckt. wie in meinem oben zitierten posting schon geschrieben, ist das nicht richtig. es wurde unter verschiedenen annahmen abgeleitet, dass es dort wasser geben könnte. außerdem wird im video festgehalten, dass eine bestätigung von dms in der atmosphäre von K2-18b durch jwst beweisen (!) würde, dass es dort leben gäbe. auch das stimmt eben nicht. dass wir derzeit (!) noch keinen abiotischen weg zur erzeugung von dms kennen, heißt nicht, dass es den nicht gibt - siehe venus und die wohl falsche entdeckung von ph3, welches sehr wahrscheinlich unter venus-bedingungen sehr wohl abiotisch erzeugt werden kann, entgegen erster behauptungen. siehe mein zitiertes posting.

(ii) ein mögliches magnetfeld bei K2-18b:
lpindie meint, dass K2-18b aufgrund seiner größe wohl ziemlich sicher ein magnetfeld vergleichbar zur erde haben sollte. nun ja, wir haben keine ahnung, ob K2-18b ein magnetfeld besitzt. allerdings gibt es zb eine studie (McIntyre et al 2019; https://doi.org/10.1093/mnras/stz667), welche nahelegt, dass im besten fall etwa 50% aller gesteinsplaneten in der habitablen zone von m-sternen magnetfelder besitzen werden (insbesondere aufgrund der zumeist gebunden rotation mit dem stern). K2-18b ist zwar kein gesteinsplanet, es zeigt aber auf, dass die sache nicht ganz so klar sein dürfte.

(iii) unterwasservulkane auf K2-18b:
er vermutet auch, dass es auf K2-18b ähnlich der erde unterwasservulkane geben sollte, was zu einem notwendigen austausch an mineralien und nährstoffen zwischen wasser und mantel des planeten führen würde, um leben überhaupt erst zu ermöglichen. ich habe das auch schon in meinem zitierten posting ausgeführt, aber sollte K2-18b tatsächlich einen tausende kilometer dicken ozean besitzen (und sehr vieles spricht dagegen, dass er einen ozean besitzt - wenn er einen besitzt, müsste er allerdings tatsächlich hunderte bis tausende km dick sein), dann bildet sich zwischen mantel und ozean eine dicke eisschicht, die jeglichen austausch zwischen mantel und ozean unterdrückt. etwaige unterwasservulkane können also auch keine nährstoffe oder etwaige treibhausgase in den ozean und die darüberliegende atmosphäre einführen. das wäre nicht nur ein problem für die nährstoffversorgung möglichen lebens (und dessen ursprungs), sondern außerdem auch für das klima des planeten, da es keinen funktionierenden kohlenstoffzyklus geben könnte. und das ist ein großes problem für jede ozeanwelt. die klimatischen bedingungen können dadurch nämlich nicht über jahrmilliarden einigermaßen "stabil" bleiben, wie es auf der erde der fall war (und klimatische katastrophen wie die snowball earth-episoden könnten dadurch auch nicht ausgeglichen und umgekehrt werden). da es aufgrund der hohen strahlung des heimatsterns auch zu atmosphärenverlusten kommen muss, bleibt die zusammensetzung der atmosphäre auch nicht stabil. auch wenn es dort also einen ozean gäbe, und die bedingungen tatsächlich moderate temperaturen zu einem frühen zeitpunkt erlaubt hätten, hätte sich das im laufe der zeit mit sicherheit geändert und das klima wäre gekippt.

 

ich bin aber nichtsdestotrotz auf die ergebnisse von jwst gespannt. doch selbst wenn dms bestätigt werden würde (und darauf wetten würde ich nicht), wäre das kein beweis für leben! verkaufen lässt es sich so aber natürlich wesentlich besser. studien, die zu gegensätzlichen schlüssen kommen, finden auch selten den weg in die medien.

--

(ps: das ganze zu schreiben war jetzt immerhin eine nette ablenkung für das verdammte spiel heute abend, das ich depp leider nicht live beiwohnen kann. noch irgendwelche weiteren fragen? :lol:)

(pps: ich sollte vielleicht echt endlich einen scienceblog oder ähnliches starten; allein schon, um übermotivierte medienartikel, etc., kritisch aufzugreifen... :betrunken:)

wahrscheinlich 1 blöde frage aber in welcher bandbreite müsste sich die ozeantiefe bewegen damit es dann keine eisschicht (ice-VII?) über den festen mantel des planeten gäbe?

aber bei all den unterschiedlichen physikalischen parametern die es da geben kann wäre da die etwaige bandbreite wahrscheinlich eh schon fast wahnsinnig groß. von der temperatur, über die strahlenbelastung, die physikalische zusammensetzung des planets (inkl. atmosphäre), der entfernung zum heimatstern, rotationsgebunden oder nicht, der wassermenge, magnefeld ja oder nein, etc.

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