Theater/Oper/Konzerte/Musicals


cmburns

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Marcel Prawy in Ausbildung

die samstägliche uraufführung von "die weiden" in der wiener staatsoper wirft ihre schatten voraus. 

in der onlineversion des neuen merkers gibt es dieses interview mit silvie rohrer, die zum ensemble des burgtheaters gehört und eine sprechrolle in der oper von johannes maria staud und durs grünbein (den ich in meiner erinnerung tatsächlich zum literaturnobelpreisträger gemacht hab, obwohl er "nur" den renommiertesten literaturpreis des deutschen sprachraums, den georg-büchner-preis, bekommen hat, damals in den neunzigern) innehat. 

eine freundin redet seit wochen von einem skandal, der am samstag ansteht. eine ihr bekannte mitwirkende befürchtet einen ebensolchen. und die geschichte, um die es geht, hat ja auch das potential dazu, in der wiener staatsoper anzuecken. (ganz anders als beispielsweise im im besitz der stadt wien befindlichen theater an der wien) 

heute war die generalprobe und leider bin ich vor der uraufführung nicht mehr in der oper, um die berichte jener zu hören, die dabeiwaren und auch am samstag dabei sein werden. ich werd auch dabei sein.

gespannt wie selten. 

bearbeitet von Marco Lecco-Mio

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Marcel Prawy in Ausbildung

mittlerweile fällt mir auch auf, dass die premiere recht gut besucht sein wird. ob das vor dem gerede über den skandal auch noch so war? ich erinnere mich an viele freie karten zu beginn des offiziellen vorverkaufs.

ob der skandal da nicht herbeigeredet wird, um nur ja nicht vor einem halbleeren auditorium zu spielen?

meine bekannte jedenfalls will sich, seitdem ihr diese ihr bekannte mitwirkende von einem möglichen aufruhr erzählt hat, unbedingt die premiere ansehen. 

meine ganz persönliche befürchtung ist eine andere - dass der viele biss, von dem immer geschrieben und geredet wird, nicht oder nur spärlich vorhanden sein könnte und sich alles als sturm im wasserglas herausstellt und am ende die fadesse regiert. 

weil angesagte überraschungen ... eh scho wissn.

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Baltic Cup Champion

Ich würde da auch nicht hingehen und auf irgendetwas skandalöses warten. Ich würde dort einfach mit Spannung die Uraufführung verfolgen, die Musik genießen und mich von der Inszenierung überraschen lassen. Meinen Infos zur Folge gehe ich davon aus, dass diese sehr schön gemacht und passend für eine zeitgenössische Oper ist.

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Marcel Prawy in Ausbildung
cmburns schrieb vor 2 Stunden:

Nächste Woche geht's ab zur Zauberflöte, bin gespannt!

ja, ich hoffe, es geht sich in der nächsten woche bei mir auch aus. 

gespannt bin ich auf bernheim als tamino und pape als sarastro.

und eigentlich auch, wie sich der unterreiner als papageno schlägt, da muss ja viel gespielt werden. bin mir nicht sicher, ob er ein komödiant ist. 

das wird eine durchaus interessante serie, grossen bammel hab ich nur vor den adventtouristen am stehplatz.

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Marcel Prawy in Ausbildung

08.12.18 - staatsoper - DIE WEIDEN (uraufführung)

wo anfangen? mir wurde eine oper versprochen. ich bin mir nicht sicher, ob ich eine oper bekommen habe. 

diese sogenannte oper von johannes maria staud war ein auftragswerk der staatsoper, wobei ihm wohl völlig freie hand gelassen worden sein dürfte, denn ob direktor meyer wirklich das bestellt hat, was heute abend zu hören und zu sehen war, ich hoffe es nicht. das stück beginnt mit einem prolog. wir befinden uns in new york. leas eltern verabschieden ihre tochter mit unsicheren gefühlen in die alte heimat, übersee, wo die leute böse sind und wo lea doch bitte auf sich aufpassen soll. die jüdische familie traut der alten heimat nicht mehr. lea traut sich, denn sie ist in peter verliebt, mit dem sie eine reise die dorma entlang zum elternhaus von peter unternimmt. bis sie dort aber ankommen, haben sich bereits die abgründe der gegend offenbart, denn man muss wissen: die freiwillige feuerwehr, die blasmusik, die ledehosenträger und dirndlträgerinnen und natürlich, warum auch immer, die karpfen, sind nazis. die gegend ist so sicher in niederösterreich, dass mich klagen der betroffenen bürgermeister (projektionen von einem ortskern eines wachaudorfes sind zu sehen) nicht wundern würden. 

die geschichte könnte so wahr und so bissig sein, jedoch die suppe ist viel zu dünn. dass am volksfest das böse lauert, dass die launigen reden der ortspolitiker im kern tief rassistisch sind, das ist alles nichts neues, das weiss jedes kind, dazu brauche ich keinen büchnerpreisträger (libretto: durs grünbein). 

die musik ist, wie gesagt, nicht unbedingt die musik einer oper. zuallererst wird viel zu viel geredet, derart viel, dass das stück im volkstheater besser aufgehoben wäre. dass man für derart viel text von vier hauptdarstellern nur einen mit deutscher muttersprache nimmt, hat mich dann doch verwundert, zumindest bei der uraufführung und gerade weil es sich eigentlich um ein theaterstück mit musik handelt und weniger um eine oper.

doch handelt es sich um ein theaterstück? die musiknummern des ersten teils sind zum teil jazz, zum teil revueartig, als befände man sich im simpl oder im ronacher. eher also ein musical. aber auch das nicht. nicht fisch, nicht fleisch. einzig die zwischenspiele sind spannend, hier ist staud in seinem element, er dürfte eher bei den symphonien, den konzerten zuhause sein, die oper scheint nicht sein metier zu sein. am schlimmsten allerdings ist die tatsache, dass mehr als die hälfte der "musik" aus der konserve kommt und aus natur- und ganz vielen synthesizergeräuschen besteht. im orchestergraben herrscht viel langeweile, gespielt wird, ausser eben in den zwischenspielen und den kurzen wirklich opernhaften sequenzen, nicht, das macht das band. 

die bildregie ist das nächste kapitel - sie macht es praktisch unmöglich, dass diese oper öfter als in dieser serie gespielt wird, denn die videos sind im sommer am fluss gedrehte szenen mit den vier hauptdarstellern. so wie heute und in den folgevorstellungen kann man die oper jedenfalls nicht mehr spielen, dazu bräuchte man das exakt selbe ensemble. 

wie dem auch sei, kommen wir nun endlich zu den sängern und musikern. eine bank wie immer monika bohinec. die slowenin war bombensicher in ihren wenigen koloraturen, fast akzentfrei in den sprechszenen und sehr ausgelassen in ihrem spiel, eine sehr gute leistung, die vom publikum entsprechend honoriert wurde. ebenfalls sicher war herbert lippert als leas vater. der linzer ist gerade in den modernen opern zuhause, hier kann er seinen hohen tenor gut einsetzen. ebenfalls einen hohen tenor hat der in dieser oper mit sehr viel falsettgesang konfrontierte thomas ebenstein, der die beste leistung des abends ablieferte und ebenso wie seine partnerin andrea carroll zurecht gefeiert wurde. die us-amerikanerin ist in der staatsoper schon eine alte bekannte und sie bestach wieder durch ihr ausgelassenes spiel und ebenfalls überraschend wenig akzent in den sprechszenen. 

rachel frenkel, die heute die lea sang, musste sich ansagen lassen, sie litt unter einer entzündung der simmbänder, gemerkt hat man davon freilich nichts, so wie mir, wie mir bei dieser gelegenheit auffällt, noch nie eine schlechte leistung eines sängers oder einer sängerin, der oder die sich hat ansagen lassen, gehört habe. wie immer eine reine vorsichtsmaßnahme, die nicht notwendig gewesen wäre. sängerisch war frenkel ausgezeichnet, leider merkte man bei ihr am stärksten, dass ihre muttersprache nicht das deutsche ist. 

wolfgang bankl war in zwei rollen zu hören, er schien heute ein wenig verkühlt und konnte seine gewohnte sicherheit nicht ausspielen, machte aber im spiel auf sich aufmerksam. alexandru moisiuc war peters vater, seine mutter war donna ellen, beide hatten sehr kurze auftritte, die sie fehlerlos absolvierten. hinreissend die beiden übermütig kreischenden schwestern von peter, die beiden sopranistinnen katrina galka und jeni houser, letztere kommt, wen würde es bei diesem stück wundern, aus dem musical und nicht aus der oper.

dann gab es noch zwei reine sprechrollen. sowohl udo samel, als auch sylvie rohrer kommen vom theater. samel spielte einen komponisten und machte seine sache gewohnt gut, sylvie rohrer als fernsehreporterin allerdings war eine absolute fehlbesetzung. ihren text spricht sie nicht wie eine reporterin, sondern wie eine burgschauspielerin und wenn eine solche es nicht schafft, in gefühlten vier sätzen wie eine reporterin zu klingen, dann hätte man diese rolle vielleicht lieber einer lisa gadenstätter oder einem tarek leitner gegeben. von denen weiss man nämlich wenigstens, dass sie wie fernsehreporter klingen können, weil sie es nämlich sind. 

ingo metzmacher am pult machte seine sache wahrscheinlich ganz gut, wer weiß das schon bei einer derartigen aufführung, bei der die geräusche vom band kommen und statt einer oper ein theaterstück aufgeführt wird. oder ein musical. oder ein revueabend. oder was auch immer.

am ende gab es sehr zögerlichen applaus. freundlichen gab es für die sänger und die musiker, ein bisserl geklatscht wurde beim regieteam, jedoch bekamen die herren staud und grünbein doch einige buhs ab. auch ich bekenne mich diesbezüglich schuldig, mir war das einfach zu flach.

resümee: muss man definitiv nicht gesehen haben.

zusatz: natürlich kann man es anders bewerten. natürlich kann man das extrem beklemmende hervorheben und den spiegel, der der europäischen und gerade der österreichischen gesellschaft vorgehalten wird. aber wie schon im ersten satz bemerkt: versprochen wurde mir eine oper.

bearbeitet von Marco Lecco-Mio

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Baltic Cup Champion

Das klingt, trotz allem, sehr interessant. Man darf sich also keine Oper erwarten, dann könnte es funktionieren?

Wie war denn Thomas Konieczny? War der in der vermeintlichen Hauptpartie so unsichtbar, dass du ihn gar nicht erwähnst?

Eure Rezensionen ähneln sich in der Tat. Da ich mich kenne, denke ich, dass ich mir das durchaus ansehen kann, ohne davon wirklich enttäuscht zu werden. Allerdings würde mir die, dank euch, veränderte Erwartungshaltung sehr dabei helfen. Mal sehen, ob ich mich am Dienstag oder am Sonntag kurzfristig dazu entscheiden kann.

Fragwürdig bleibt warum die Staatsoper ein solches Werk in Auftrag gibt. Dies würde doch eher zum Theater an der Wien passen. 

bearbeitet von halbe südfront

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Marcel Prawy in Ausbildung

du darfst dir halt einfach keine oper erwarten. 

am ehesten ist es noch ein theaterstück mit musik, wirklich richtig gut fand ich aber, wie hoffentlich adäquat erwähnt, die zwischenspiele, das instrumentale von staud. 

aber ansonsten ist es ein bisserl jazz zu beginn, ein bisserl revuemusik (ich kann das nicht anders beschreiben) und viel, viel sprechtheater. 

bei sylvie rohrer kann ich mir sogar vorstellen, dass sie von mal zu mal authentischer rüberkommt. thomas koniecny hat mir schon gefallen, ist mir nicht aufgefallen, dass ich ihn so vernachlässigt hab. die sänger waren sehr gut, durch die bank. bankl schien ein bisserl angeschlagen, aber die angesagte frenkel war großartig.

mein buh wurde ja auch sicher in der oper missverstanden, wahrscheinlich ist man dann der kellernazi, der sich ertappt fühlt, aber diese nazisuppe war mir zu dünn. da hätte ich durchaus sogar noch mehr biss und aktualität vertragen. in meinen augen wurde da zuviel wert auf die alte schuld gelegt und weniger auf die neue gefahr. ich aber hab mich einfach in ein theaterstück oder ein musical hineingetrickst gefühlt. 

ich bin mir sicher, dass es dir besser gefallen könnte als mir. ich hätte es ja mit dem wissen über die zusammensetzung des stückes auch mit anderen augen betrachtet.

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Baltic Cup Champion
Marco Lecco-Mio schrieb vor 3 Minuten:

du darfst dir halt einfach keine oper erwarten. 

am ehesten ist es noch ein theaterstück mit musik, wirklich richtig gut fand ich aber, wie hoffentlich adäquat erwähnt, die zwischenspiele, das instrumentale von staud. 

aber ansonsten ist es ein bisserl jazz zu beginn, ein bisserl revuemusik (ich kann das nicht anders beschreiben) und viel, viel sprechtheater. 

bei sylvie rohrer kann ich mir sogar vorstellen, dass sie von mal zu mal authentischer rüberkommt. thomas koniecny hat mir schon gefallen, ist mir nicht aufgefallen, dass ich ihn so vernachlässigt hab. die sänger waren sehr gut, durch die bank. bankl schien ein bisserl angeschlagen, aber die angesagte frenkel war großartig.

mein buh wurde ja auch sicher in der oper missverstanden, wahrscheinlich ist man dann der kellernazi, der sich ertappt fühlt, aber diese nazisuppe war mir zu dünn. da hätte ich durchaus sogar noch mehr biss und aktualität vertragen. in meinen augen wurde da zuviel wert auf die alte schuld gelegt und weniger auf die neue gefahr. ich aber hab mich einfach in ein theaterstück oder ein musical hineingetrickst gefühlt. 

ich bin mir sicher, dass es dir besser gefallen könnte als mir. ich hätte es ja mit dem wissen über die zusammensetzung des stückes auch mit anderen augen betrachtet.

 

Ja, so stelle ich mir das auch vor. Ich wäre gestern sicher auch enttäuscht gewesen. Aber mit der Kenntnis, dass das keine Oper ist und der dadurch völlig veränderten Erwartungshaltung, glaube ich schon, dass es mir gefallen würde. Jetzt habe ich noch das Problem, dass für ein solches Machwerk die Preise der Staatsoper dann doch ziemlich gesalzen sind. Vielleicht gebe ich mir das ja am Stehplatz. :D

 

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Marcel Prawy in Ausbildung

stehplatz ist sicher eine gute entscheidung. ich fand das auch sehr teuer, normalerweise hat man in der zweitgünstigsten kategorie einen preis von 36 bis 40 euro. diese serie hat gleich 51 euro gekostet, immerhin ein plus von über fünfundzwanzig prozent.

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Baltic Cup Champion

Eines langen Tages Reise in die Nacht, Eugene O'Neill
.
Ein Stück für Freunde des Schauspielertheaters auf sehr hohem Niveau, wird mit dem autobiographischen Drama des ersten amerikanischen Literaturnobelpreisträgers und mehrfachen Pulitzerpreisträgers Eugene O'Neill, im Wiener Burgtheater geboten.
Für das hohe Niveau sorgen die großartigen Darsteller.
Die große Bühne ist recht karg bestückt, einige schwarze Felsen, ein Dinoskelett, eine Wasserpfütze und ein paar Sitzgelegenheiten müssen als Bühnenbild herhalten. Etwas einfallslos wirkt das. Das Stück spielt auf einem ländlichen Anwesen welches am Anfang sehr genau beschrieben wird. Regisseuse Andrea Breth hat den Text so belassen wie er ist, hat die vorgesehenen Sprechpausen eingebaut wie vom Autor vorgesehen, sie arbeitet mit einer Genauigkeit die vielen modernen Regisseuren fehlt. Die Inszenierung ist langsam, vermittelt die von der Familie gefühlte Trostlosigkeit und Sinnlosigkeit eindrücklich. Der Text wird intensiv vorgetragen, in Originalsprache auch in Übertiteln oberhalb der Bühne angeboten. Szenisch wird eher auf statische Bilder gesetzt, Action gibt das Stück nicht her. Die 4 Stunden sind lang und die Inszenierung ist nicht geeignet die Zeit schnell vergehen zu lassen. Hier sind 4 Stunden wirklich 4 Stunden, was aber nicht negativ ist. Das Stück beginnt am Morgen eines Tages wie jeden anderen und am Ende ist die Nacht, wohl eine wie jede andere.
Beeindruckend die Leistung des Ensembles. Da spielen wirklich 5 großartige Vertreter ihres Fachs. Stets textsicher (was man anhand der Übertitel sogar überprüfen kann) und ausdrucksstark agieren die Darsteller auf der Bühne.
Die einzige kleinere Rolle, jene des Hausmädchens, wird von Andrea Wenzl gespielt, sympathisch und witzig.
Der ältere Bruder, James, ein desilussionierter Alkoholiker und meist arbeitsloser Schauspieler, wird von Alexander Fehling gegeben. Er steigert sich im laufe des Stücks zusehends und ist am Ende, als stockbetrunkener und böswilliger Zyniker in Höchstform.
Sven-Eric Bechtolf spielt den Vater, einen ehemaligen (erfolgreichen) Schauspieler welcher gerne trinkt, geizig ist und mit der Rolle als Familienpatriarch völlig überfordert ist. Eine Paraderolle für den großartigen Schauspieler. Er monologisiert intensiv, stellt die Liebe zu seiner Frau und den Hass auf ihre Sucht, die Verachtung für die Lebensweise seines älteren Sohnes, die Hilflosigkeit gegenüber der Krankheit seines jüngeren Sohnes und die Unzufriedenheit mit seinem unbefriedigenden Leben völlig natürlich dar.
Das Alter Ego des Autors, der jüngere Sohn Edmund, ein erfolgloser Schriftsteller und unbekümmerter Weltenbummler der sich in die Welt seiner Bücher von großen Autoren flüchtet und welcher schließlich an der Schwindsucht erkrankt, wird von August Diehl gespielt. Eine schwere Rolle welche der tolle Darsteller scheibar mühelos bewältigt. Er vermittelt seine Verzweiflung und seine Hoffnungslosigkeit, seiner eigenen Situation und jener seiner Mutter gegenüber, mit großartiger Intensität. Eine wunderbare Performance.
Über all diesen tollen schauspielerischen Leistungen steht dann aber noch Corinna Kirchhoff. Die schwer morphiumsüchtige Mutter, welche ihre Kinder liebt, deren Probleme verleugnet, diese aber gleichzeitig dafür hasst, dass sie solche Probleme haben, welche ihren Mann liebt weil er sie so sehr verehrt und immer treu zu ihr gestanden ist, ihn aber gleichzeitig hasst weil er ihr nur ein langweiliges Leben ohne Freunde und ohne Zuhause bieten konnte, wird von Kirchhoff in einer unglaublichen Intensität dargestellt. Sie spielt mit ihrer Stimme als wäre sie mehrere Schauspielerinnen, schraubt sie in die höchsten Höhen, um im nächsten Moment rasant in die Tiefe zu stürzen, sie bettelt, schimpft, verhöhnt und säuselt rasant und wild durcheinander, dass es einem unheimlich wird. Wenn einer ihrer Lieben sie misstrauisch anschaut und Andeutungen ihre Sucht betreffend macht, wird ihre Stimme jäh schneidend trocken: Rheumabeschwerden habe sie, nichts weiter. Sie, die ihr Leben nur mehr als Gefängnis ansieht und sich bei jeder Gelegenheit nach ihrer unschuldigen Kindheit zurücksehnt, sie kann aber nicht ausbrechen, denn sie hat panische Angst vor dem Alleinsein. Was immer in ihrer Nähe ist, benutzt sie als Halt – selbst wenn es nur die aufgescheuerten Knie des Dienstmädchens sind. Ein verzweifelter Junkie mit 60, so muss das dargestellt werden. Eine fantastische Leistung.
Am Ende hat es der Tag in die Nacht geschafft.
Das Publikum war zufrieden, es gab begeisterten Applaus für die großartigen Darsteller.
.
„Für mich gibt es keine guten oder schlechten Menschen, es gibt nur Menschen“, hat O’Neill gesagt. Und damit eben gemeint: Lebensdreck gibt es überall – auch und gerade hinter den blank geputzten Familienfassaden

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