Der Schach-Thread


Recommended Posts

Die Negativaussagen von Grischuk (obwohl das ja zu seinem Charme dazugehört) haben bei mir eigentlich nur in Erinnerung gerufen, wie absurd das Turnier eigentlich war. Ein Teilnehmer (Radjabov) freiwillig ausgestiegen, Qualifikationskriterien teilweise Jahre zurückliegend, Abbruch in der Mitte und Fortsetzung mehr als ein Jahr später - ja, es war viel durch Covid bedingt, aber das war wieder keine Meisterleistung vom Verband.

Da wurde Grischuk ja auch auf die Meinungen von Dreev und Kasparov angesprochen hinsichtlich Tie-Breaker, Round Robin und Grand Swiss Teilnehmern.

Mein Senf dazu:

- Round Robin vs K.O Turnier hat in meinen Augen ein wenig etwas von "Das Gras ist auf der anderen Seite immer grüner". Ich bin mir sicher, daß dann dei Beschwerden kommen, daß es soviele Unentschieden gibt, alle Matches in Schnell bzw Blitzschach (oder gar Armageddon) entschieden werden, daß alles zu ähnlich dem World Cup ist usw. Genauso kann ich die Kritik verstehen, daß v.a. am Ende turniertaktische Dinge alles überschatten und Spieler, die nichts mehr mit dem Turnierausgang zu tun haben, maßgeblichen Einfluß haben. Etwa Wong Hao, der die Partie gegen Nepo doch etwas leicht abgeschenkt hat.

- Die Quali übers Gran Swiss ist mMn kein Problem. Daß Hao und Alekseenko mtim schwächsten Elo die schwächsten Leistungen abliefern, war da nciht die Überraschung - no na. Ein Qualifikant übern Grand Swiss ist durchaus okay, das Problem sehe ich eigentlich mehr mit der Veranstalter-Wild Card. Die sorgt eigenlich jedes Mal für Zores...

- Tie Breaker vs Entscheidungsmatch im Turnier: Im Prinzip würde sich das ja von alleinelösen, wenn man von Round Robin auf Match umstellen würde und ich verstehe die Kritik am Tie Breaker, der oft für (zu) frühe Entscheidungen sorgt. Ich denke aber, wenn z.B. im direkten Duell einer der Sieger war, braucht's nicht extra noch ein Entscheidungsmatch...

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag
Auf anderen Seiten teilen

Oasch
jimmy1138 schrieb vor 4 Minuten:

Die Negativaussagen von Grischuk (obwohl das ja zu seinem Charme dazugehört) haben bei mir eigentlich nur in Erinnerung gerufen, wie absurd das Turnier eigentlich war. Ein Teilnehmer (Radjabov) freiwillig ausgestiegen, Qualifikationskriterien teilweise Jahre zurückliegend, Abbruch in der Mitte und Fortsetzung mehr als ein Jahr später - ja, es war viel durch Covid bedingt, aber das war wieder keine Meisterleistung vom Verband.

Da wurde Grischuk ja auch auf die Meinungen von Dreev und Kasparov angesprochen hinsichtlich Tie-Breaker, Round Robin und Grand Swiss Teilnehmern.

Mein Senf dazu:

- Round Robin vs K.O Turnier hat in meinen Augen ein wenig etwas von "Das Gras ist auf der anderen Seite immer grüner". Ich bin mir sicher, daß dann dei Beschwerden kommen, daß es soviele Unentschieden gibt, alle Matches in Schnell bzw Blitzschach (oder gar Armageddon) entschieden werden, daß alles zu ähnlich dem World Cup ist usw. Genauso kann ich die Kritik verstehen, daß v.a. am Ende turniertaktische Dinge alles überschatten und Spieler, die nichts mehr mit dem Turnierausgang zu tun haben, maßgeblichen Einfluß haben. Etwa Wong Hao, der die Partie gegen Nepo doch etwas leicht abgeschenkt hat.

- Die Quali übers Gran Swiss ist mMn kein Problem. Daß Hao und Alekseenko mtim schwächsten Elo die schwächsten Leistungen abliefern, war da nciht die Überraschung - no na. Ein Qualifikant übern Grand Swiss ist durchaus okay, das Problem sehe ich eigentlich mehr mit der Veranstalter-Wild Card. Die sorgt eigenlich jedes Mal für Zores...

- Tie Breaker vs Entscheidungsmatch im Turnier: Im Prinzip würde sich das ja von alleinelösen, wenn man von Round Robin auf Match umstellen würde und ich verstehe die Kritik am Tie Breaker, der oft für (zu) frühe Entscheidungen sorgt. Ich denke aber, wenn z.B. im direkten Duell einer der Sieger war, braucht's nicht extra noch ein Entscheidungsmatch...

Radjabov wollte ja klagen, nachdem ihm zuerst gesagt wurde eine Unterbrechung wäre nicht möglich und dann wurde erst recht unterbrochen. :lol: Dafür hat er eine WC für nächstes Jahr erhalten. 

Nachdem das Turnier eh alle zwei Jahre ausgetragen wurde könnte man ja auch alternieren, oder? Einmal Round Robin und zwei Jahre darauf K.O. Inwiefern das spannender wäre, weiß ich aber ehrlich gesagt auch nicht. Müsstest ja auch jedes Duell auf zumindest best of 5 oder so anlegen bei der Unentschiedenhäufigkeit. Dann wirst aber Duelle haben, die gleich entschieden sind und andere die bis zum Blitzen gehen. Sprich einer hat Vorbereitungszeit auf das nächste Duell und der andere nicht. 

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag
Auf anderen Seiten teilen

Postinho

Nepomniachtchis Eröffnung heute gegen Ding Liren war auch ziemlich provokant. Der hat wahrscheinlich schon die Nacht durchgefeiert.

Generell ist der Modus eines Kandidatenturniers gegenüber dem System wie es in den 70er, 80er u. 90er Jahren üblich war klar zu bevorzugen (zuerst Zonen u. Interzonenturniere - geschlossene Turniere im Schweizer System oder teilweilse auch vollrundig um Kandidaten zu bestimmen danach ein KO-System bei dem die Wettkämpfe z.T. 14 Partien lang gingen). Der Zyklus ist gut in 2 Jahren unterzubringen (beim alten System fanden Zonenturniere z.T. schon vor dem nächsten WM Kampf statt u. trotzdem gab es nur alle 3 Jahre eine WM). Reine KO-Turniere wie sie die FIDE von 1999 bis 2004 durchgezogen hat sind sportlich wertlos u. bringen Zufallsweltmeister hervor (die vier Sieger der KO Turniere: Khalifman (Nummer 36 des Turniers), Anand (ok, kein Zufallsweltmeister), Pononomariov (Nummer 19) u. Kasimdzhanov (Nummer 28)).

Bzgl. Art u. Weise des Kandidatenturniers kann man sicher diskutieren. Bzgl. Tie Breaker finde ich direkte als Erstkriterium auch okay, die weiteren Tie Breaker sind halt eher zufallsbedingt (Anzahl der Siege u. Sonneborn-Berger). Wenn man die durch einen Stichkampf ersetzen würde (zuerst zwei Partien klassisch, erst dann Kurzpartien), hätte ich nichts dagegen. Die Zusammensetzung mit den hundert verschiedenen Möglichkeiten sich zu qualifizieren ist halt etwas fragwürdig. Man könnte sich auch überlegen z.B. auf 12 oder 14 Teilnehmer aufzustocken u. dafür nur einfaches Round Robin zu spielen, dann ist halt etwas Glück bei der Auslosung dabei (z.B. haben die halben Teilnehmer eine Weißpartie mehr, was schon einen Unterschied ausmacht). Nur so mal zum Vergleich: das Kandidatenturnier für die WM 1963 hatte ebenfalls 8 Teilnehmer, wurde aber mit vierfacher Round Robin gespielt (u. damals waren die Bedenkzeiten länger u. es gab noch Hängepartien, das Turnier ging fast zwei Monate). 10 Spieler doppeltes Round Robin wären sicher noch mach- und vermarktbar (18 Runden mit dem Rhythmus 3 Partien, ein freier Tag, ergeben 24 Tage).

bearbeitet von Robert S

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag
Auf anderen Seiten teilen

Oasch
Robert S schrieb vor 3 Stunden:

Bzgl. Art u. Weise des Kandidatenturniers kann man sicher diskutieren. Bzgl. Tie Breaker finde ich direkte als Erstkriterium auch okay, die weiteren Tie Breaker sind halt eher zufallsbedingt (Anzahl der Siege u. Sonneborn-Berger). Wenn man die durch einen Stichkampf ersetzen würde (zuerst zwei Partien klassisch, erst dann Kurzpartien), hätte ich nichts dagegen. Die Zusammensetzung mit den hundert verschiedenen Möglichkeiten sich zu qualifizieren ist halt etwas fragwürdig. Man könnte sich auch überlegen z.B. auf 12 oder 14 Teilnehmer aufzustocken u. dafür nur einfaches Round Robin zu spielen, dann ist halt etwas Glück bei der Auslosung dabei (z.B. haben die halben Teilnehmer eine Weißpartie mehr, was schon einen Unterschied ausmacht). Nur so mal zum Vergleich: das Kandidatenturnier für die WM 1963 hatte ebenfalls 8 Teilnehmer, wurde aber mit vierfacher Round Robin gespielt (u. damals waren die Bedenkzeiten länger u. es gab noch Hängepartien, das Turnier ging fast zwei Monate). 10 Spieler doppeltes Round Robin wären sicher noch mach- und vermarktbar (18 Runden mit dem Rhythmus 3 Partien, ein freier Tag, ergeben 24 Tage).

Wäre es da nicht besser mit einer ungeraden Anzahl an Kandidaten? Der Vorteil weiß/schwarz ist doch etwas größer als im Fall der Fälle in der letzten Runde der Nachteil bereits fertig gespielt zu haben, oder?

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag
Auf anderen Seiten teilen

Robert S schrieb vor 4 Stunden:

Die Zusammensetzung mit den hundert verschiedenen Möglichkeiten sich zu qualifizieren ist halt etwas fragwürdig.

Das offensichtliche Ziel ist es, die großen FIDE Turniere (World Cup, Grand Prix, Grand Swiss) zu promoten. Und ehrlich gesagt: Wenn es nicht um eine Teilnahme beim Kandidatenturnier ginge, wäre mein Interesse an diesen Turnieren auch wesentlich geringer...

Außerdem hat momentan jeder Spieler (großteils unabhängig vom Elo) die Möglichkeit Weltmeister zu werden...

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag
Auf anderen Seiten teilen

Postinho

Primär geht es um das Promoten des Grand Prix, der ohne seinen Status als Qualfikationsmöglichkeit für das Kandidatenturnier noch unbedeutender gegenüber der Grand Chess Tour wäre. Das Grand Swiss gibt es nur wegen dem Kandidatenturnier, um etwas an die Interzonenturniere von früher zu erinnern. Turniere nach Schweizer System werden aber nie großes Interesse in der breiteren Öffentlichkeit erlangen, weil es jeden Tag 100 oder was auch immer wieviele Partien zum Verfolgen gibt und vor den letzten drei Tagen völlig unklar ist, welche Partien wirklich von Bedeutung sind.

revo schrieb vor 21 Stunden:

Wäre es da nicht besser mit einer ungeraden Anzahl an Kandidaten? Der Vorteil weiß/schwarz ist doch etwas größer als im Fall der Fälle in der letzten Runde der Nachteil bereits fertig gespielt zu haben, oder?

Klar, wäre in dem Fall vernünftiger, auch wenn das immer noch Ungleichheiten schafft (wer hat wann Ruhetag).

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag
Auf anderen Seiten teilen

letzter Besuch: Gerade eben

Ich habe eine Frage zur eigenen Spielstärkeeinschätzung, vielleicht kennt sich damit hier jemand besser aus.

Inwiefern kann man von online Schach auf "echten" Fide-Elo umrechnen? Ich weiß zb, dass der selbe Spieler auf lichess um ca 250 Punkte mehr haben wird als auf chess.com, stimmt das und gibt es evtl auch eine Faustregel zum umrechnen auf Fide Punkte?

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag
Auf anderen Seiten teilen

  • 2 weeks later...
Postinho
Jackson schrieb am 1.5.2021 um 13:12 :

Ich habe eine Frage zur eigenen Spielstärkeeinschätzung, vielleicht kennt sich damit hier jemand besser aus.

Inwiefern kann man von online Schach auf "echten" Fide-Elo umrechnen? Ich weiß zb, dass der selbe Spieler auf lichess um ca 250 Punkte mehr haben wird als auf chess.com, stimmt das und gibt es evtl auch eine Faustregel zum umrechnen auf Fide Punkte?

Das hängt sicher auch vom Bereich ab, in dem man sich befindet, sprich es ist nicht einfach nur eine linear Verschiebung. Dazu kommt, dass Blitzen (u. ich nehme an, Du meinst Blitz- oder gar Bulletelo) mit Turnierschach stärkenmäßig auch nicht immer 1:1 zu übersetzen ist.

Bei lichess würde ich für den (lichess) Elobereich von 2000 bis 2400 um die 150 bis 200 Elo abziehen, um auf einen FIDE Vergleich zu kommen (ich bin dort irgendwo um die 2200, habe aktuell eine FIDE-Zahl von 2060 (Spitzenwert war mal 2200) u. bin ein leicht unterdurchschnittlicher Blitzer; die paar anderen Bekannten, die mir auf die Schnelle einfallen u. von denen ich die lichess Zahl weiß, sind auch alle in dem Bereich über ihrer Realzahl).

Ich kann auch bestätigen, dass ich auf chess.com auch um die 250 Punkte tiefer liege (ich pendle je nach Laune zwischen 1900 u. 2000), aber dort gibt es eine gewaltige Streuung in den höheren Elosphären, sprich ich glaube nicht dass dort zwischen 2500 u. 2000 eine reale Differenz von 500 Elopunkten liegt u. drüber wird es noch extremer, die Blitz- u. Bulletsüchtigen wie Nakamura u. Firouzja haben teils weit über 3000 Elo.

Was bei chess.com zumindest bei mir dazukommt ist, dass es nicht ganz so leicht ist gegen gute Gegner zu spielen, was automatisch die Zahl unten hält. Ich spiele auf beiden Platformen nur Stundenturniere (mehr als Belustigung / Zeitvertreib als aus sportlichem Ehrgeiz) u. da ist es auf chess.com praktisch unmöglich gegen einen Gegner mit mehr als 2000 Elo zu spielen (als absolute Ausnahme hatte ich mal einen IM mit 2500 (chess.com Elo, real um die 2400), den habe ich in 25 Zügen zerlegt (was meine These belegt, dass ab einem gewissen Bereich auf chess.com die Elo geringer als die FIDE Elo zu bewerten sind), nachdem er eine bekannte Eröffnungsvariante komplett misshandelt hat), während auf lichess auch IMs u. GMs an den Turnieren teilnehmen (vielleicht nicht immer in den stündlichen, aber in den größeren definitiv).

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag
Auf anderen Seiten teilen

letzter Besuch: Gerade eben
Robert S schrieb vor 15 Stunden:

Das hängt sicher auch vom Bereich ab, in dem man sich befindet, sprich es ist nicht einfach nur eine linear Verschiebung. Dazu kommt, dass Blitzen (u. ich nehme an, Du meinst Blitz- oder gar Bulletelo) mit Turnierschach stärkenmäßig auch nicht immer 1:1 zu übersetzen ist.

Bei lichess würde ich für den (lichess) Elobereich von 2000 bis 2400 um die 150 bis 200 Elo abziehen, um auf einen FIDE Vergleich zu kommen (ich bin dort irgendwo um die 2200, habe aktuell eine FIDE-Zahl von 2060 (Spitzenwert war mal 2200) u. bin ein leicht unterdurchschnittlicher Blitzer; die paar anderen Bekannten, die mir auf die Schnelle einfallen u. von denen ich die lichess Zahl weiß, sind auch alle in dem Bereich über ihrer Realzahl).

Ich kann auch bestätigen, dass ich auf chess.com auch um die 250 Punkte tiefer liege (ich pendle je nach Laune zwischen 1900 u. 2000), aber dort gibt es eine gewaltige Streuung in den höheren Elosphären, sprich ich glaube nicht dass dort zwischen 2500 u. 2000 eine reale Differenz von 500 Elopunkten liegt u. drüber wird es noch extremer, die Blitz- u. Bulletsüchtigen wie Nakamura u. Firouzja haben teils weit über 3000 Elo.

Was bei chess.com zumindest bei mir dazukommt ist, dass es nicht ganz so leicht ist gegen gute Gegner zu spielen, was automatisch die Zahl unten hält. Ich spiele auf beiden Platformen nur Stundenturniere (mehr als Belustigung / Zeitvertreib als aus sportlichem Ehrgeiz) u. da ist es auf chess.com praktisch unmöglich gegen einen Gegner mit mehr als 2000 Elo zu spielen (als absolute Ausnahme hatte ich mal einen IM mit 2500 (chess.com Elo, real um die 2400), den habe ich in 25 Zügen zerlegt (was meine These belegt, dass ab einem gewissen Bereich auf chess.com die Elo geringer als die FIDE Elo zu bewerten sind), nachdem er eine bekannte Eröffnungsvariante komplett misshandelt hat), während auf lichess auch IMs u. GMs an den Turnieren teilnehmen (vielleicht nicht immer in den stündlichen, aber in den größeren definitiv).

Danke für die ausführliche Antwort!

Ich spiele eigentlich großteils Schnellschach mit 10 min, und würde irgendwann gern mal bei einem Schachturnier mitspielen. Momentan bin ich dafür noch viel zu schwach, auch, weil ich erst durch Studienkollegen vor einigen Monaten angefangen habe, aber es ist ein guter Indikator, wenn man auf eine gewisse Lichess/chess.com Zahl schauen kann, um zu überprüfen, wie man sich im "echten Leben schlagen würde.

Und wenn ich dich schon zitiere, hast du Tips, wie man sich am besten seinem Taktikrating angleichen kann, wenn die Spielstärke beim Schnellschach noch deutlich darunter liegt, also man die Taktik zu wenig aufs Brett bekommt?

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag
Auf anderen Seiten teilen

Postinho
Jackson schrieb am 15.5.2021 um 16:12 :

Und wenn ich dich schon zitiere, hast du Tips, wie man sich am besten seinem Taktikrating angleichen kann, wenn die Spielstärke beim Schnellschach noch deutlich darunter liegt, also man die Taktik zu wenig aufs Brett bekommt?

Taktik ist halt nur ein Teil der Spielstärke, allerdings der Teil, der sich auf den online-Platformen am leichtesten trainieren kann. Hier ein paar Punkte, die zu einem Schachtraining dazu gehören. Der erste Punkt ist mit Abstand der Wichtigste, der Rest ist ohne Priorität zu sehen.

  • Analysiere Deine Partien. Damit meine ich nicht nur schnell durchklicken u. die Engine Bewertung anschauen, sondern:
    • versuche zu verstehen, wieso die Engine das sagt, was sie sagt
    • wenn man die Analyse zeitnah macht, sollte man auch seine Gedanken / Varianten, die man während der Partie so hatte, überprüfen (das geht mit der Engine relativ gut - wobei natürlich eine blanke Engine-Bewertung alleine immer gefährlich ist, eine Stellung, die mit +1 bewertet wird, bringt nichts, wenn sie für den Menschen unspielbar ist, umgekehrt ist eine +0.2 Stellung sehr viel wert, wenn sich die Züge von selbst spielen)
    • strategische Analysen kann (bzw. soll) man eigentlich ganz ohne Engine machen.
  • Lerne Endspiele. Endspielkenntnisse sind etwas, das man sich hart erarbeiten muss u. für viele Spieler langweilig wirkt, wodurch sie oft vernachlässigt werden. Aber um ein absolutes Minimum kommt man nicht herum. Wo das Minimum liegt hängt natürlich immer vom Zielniveau ab, aber folgende Endspiele bzw. Motive sollte man mMn blind können bzw. verstehen, wenn man an einem Turnier mit langen Partien teilnehmen will:
    • Mattsetzen mit Damen oder Turm
    • König + Bauer vs. König
    • gewisse Motive von König + Turm + Bauer vs. König + Turm ("Philidorstellung", "Lucena Stellung")
    • Quadratregel
    • Opposition
    • König + Läufer + Randbauer vs. König (was gewinnt, was nicht)
  • Baue ein solides, nicht allzutiefes Eröffnungsrepertoire auf. Viele Spieler (ich nehme mich da nicht aus) tendieren dazu fast ihre ganze Energien auf die Eröffnungsvorbereitung zu verschwenden. In der Regel kommt aber sehr früh ein Zug des Gegners, der die ganze Vorbereitung zu Nichte macht. Zumindest bis Elo 1900 wenn nicht sogar ein ordentliches Stück höher reicht es völlig aus, wenn man mit Weiß u. Schwarz in den wichtigsten Systemen einen groben Plan hat, was für eine Bauernstruktur man anstreben soll u. wo die Figuren hingehören u. weiß, wie man den schärfsten Gambits entweder ausweicht oder sie entschärft. Wenn man dann doch mal erwischt wird, dann kann man immer noch "nacharbeiten".
    • Eröffnungsbücher gibt es wie Sand am Meer, in allen Qualitätsstufen. Von Büchern für Anfänger bis Bücher für Spieler am Rande des Profitums ist da alles dabei. Meine Strategie ist immer mich durch Partien von Großmeistern durchzuklicken um Varianten / Strategien zu finden, die mir sympathisch erscheinen. Eröffnungsbücher wirken für mich entweder wie Telefonbücher oder sie sind zu oberflächlich.
    • Beachte dass in Langpartien in Turnieren die Eröffnungswahl sich von Internetpartien stark unterscheidet. Oder um es anders auszudrücken: nicht jede dritte Schwarzpartie ist ein Londoner System u. nicht jede fünfte Weißpartie mit e4 ist Skandinavisch.
  • Analysiere Partien von stärkeren Spielern. Der Fokus hier sollte sein die Züge u. Pläne versuchen nachzuvollziehen. Dies ist ein schwieriger Punkt, vor allem was die Auswahl der Partien angeht. Von der Analyse einer Nakamura Bulletpartie lernt man Nichts, auch das Anschauen einer 25-Züge-langen Hausanalyse im Najdorf ist nicht der ideale Einsatz von Zeit u. Energie. Am Besten einfach Partien, die einem interessant erscheinen, anschauen.
  • Und natürlich: Spielen, Spielen, Spielen (aber in einem ernsthafteren Rahmen, nicht Bullet)

Ich bin sehr altmodisch, habe meine schachliche Ausbildung noch komplett unter "realen" Trainern erhalten. Viele Platformen bieten teils kostenpflichtig, teils gratis, Inhalte an, die die meisten der oberen Punkte abdecken. Wie effizient es ist, sich Videos anzuschauen vs. aus einem Buch zu lernen u. dabei an einem richtigen Schachbrett zu sitzen u. die Figuren selber herumzuschieben, kann u. mag ich nicht beurteilen.

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag
Auf anderen Seiten teilen

letzter Besuch: Gerade eben
Robert S schrieb vor 2 Stunden:

Taktik ist halt nur ein Teil der Spielstärke, allerdings der Teil, der sich auf den online-Platformen am leichtesten trainieren kann. Hier ein paar Punkte, die zu einem Schachtraining dazu gehören. Der erste Punkt ist mit Abstand der Wichtigste, der Rest ist ohne Priorität zu sehen.

  • Analysiere Deine Partien. Damit meine ich nicht nur schnell durchklicken u. die Engine Bewertung anschauen, sondern:
    • versuche zu verstehen, wieso die Engine das sagt, was sie sagt
    • wenn man die Analyse zeitnah macht, sollte man auch seine Gedanken / Varianten, die man während der Partie so hatte, überprüfen (das geht mit der Engine relativ gut - wobei natürlich eine blanke Engine-Bewertung alleine immer gefährlich ist, eine Stellung, die mit +1 bewertet wird, bringt nichts, wenn sie für den Menschen unspielbar ist, umgekehrt ist eine +0.2 Stellung sehr viel wert, wenn sich die Züge von selbst spielen)
    • strategische Analysen kann (bzw. soll) man eigentlich ganz ohne Engine machen.
  • Lerne Endspiele. Endspielkenntnisse sind etwas, das man sich hart erarbeiten muss u. für viele Spieler langweilig wirkt, wodurch sie oft vernachlässigt werden. Aber um ein absolutes Minimum kommt man nicht herum. Wo das Minimum liegt hängt natürlich immer vom Zielniveau ab, aber folgende Endspiele bzw. Motive sollte man mMn blind können bzw. verstehen, wenn man an einem Turnier mit langen Partien teilnehmen will:
    • Mattsetzen mit Damen oder Turm
    • König + Bauer vs. König
    • gewisse Motive von König + Turm + Bauer vs. König + Turm ("Philidorstellung", "Lucena Stellung")
    • Quadratregel
    • Opposition
    • König + Läufer + Randbauer vs. König (was gewinnt, was nicht)
  • Baue ein solides, nicht allzutiefes Eröffnungsrepertoire auf. Viele Spieler (ich nehme mich da nicht aus) tendieren dazu fast ihre ganze Energien auf die Eröffnungsvorbereitung zu verschwenden. In der Regel kommt aber sehr früh ein Zug des Gegners, der die ganze Vorbereitung zu Nichte macht. Zumindest bis Elo 1900 wenn nicht sogar ein ordentliches Stück höher reicht es völlig aus, wenn man mit Weiß u. Schwarz in den wichtigsten Systemen einen groben Plan hat, was für eine Bauernstruktur man anstreben soll u. wo die Figuren hingehören u. weiß, wie man den schärfsten Gambits entweder ausweicht oder sie entschärft. Wenn man dann doch mal erwischt wird, dann kann man immer noch "nacharbeiten".
    • Eröffnungsbücher gibt es wie Sand am Meer, in allen Qualitätsstufen. Von Büchern für Anfänger bis Bücher für Spieler am Rande des Profitums ist da alles dabei. Meine Strategie ist immer mich durch Partien von Großmeistern durchzuklicken um Varianten / Strategien zu finden, die mir sympathisch erscheinen. Eröffnungsbücher wirken für mich entweder wie Telefonbücher oder sie sind zu oberflächlich.
    • Beachte dass in Langpartien in Turnieren die Eröffnungswahl sich von Internetpartien stark unterscheidet. Oder um es anders auszudrücken: nicht jede dritte Schwarzpartie ist ein Londoner System u. nicht jede fünfte Weißpartie mit e4 ist Skandinavisch.
  • Analysiere Partien von stärkeren Spielern. Der Fokus hier sollte sein die Züge u. Pläne versuchen nachzuvollziehen. Dies ist ein schwieriger Punkt, vor allem was die Auswahl der Partien angeht. Von der Analyse einer Nakamura Bulletpartie lernt man Nichts, auch das Anschauen einer 25-Züge-langen Hausanalyse im Najdorf ist nicht der ideale Einsatz von Zeit u. Energie. Am Besten einfach Partien, die einem interessant erscheinen, anschauen.
  • Und natürlich: Spielen, Spielen, Spielen (aber in einem ernsthafteren Rahmen, nicht Bullet)

Ich bin sehr altmodisch, habe meine schachliche Ausbildung noch komplett unter "realen" Trainern erhalten. Viele Platformen bieten teils kostenpflichtig, teils gratis, Inhalte an, die die meisten der oberen Punkte abdecken. Wie effizient es ist, sich Videos anzuschauen vs. aus einem Buch zu lernen u. dabei an einem richtigen Schachbrett zu sitzen u. die Figuren selber herumzuschieben, kann u. mag ich nicht beurteilen.

Danke!

Zu einem deiner letzten Punkte: Ich hab gehört, man sollte Partien analysieren die 200-300 Elo über einem liegen, da man die Ideen dort meist verstehen kann, aber noch nicht selbst draufgekommen wäre, da man ja sonst das Rating eh schon hätte.

Sehr gutes Posting jedenfalls von dir!

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag
Auf anderen Seiten teilen

  • 2 weeks later...
dialsquare schrieb vor 15 Minuten:

https://www.fide.com/news/1097

Hier die Kriterien für die Qualifikation vom Kandidatenturnier 2022

Angesehen von diesen Platzierungen müssen die Spieler aber noch andere Kriterien erfüllen oder? 

Offensichtlich nicht. Damit auch kein Qualifizieren übers Rating. Ganz schlecht für Caruana, der in Sachen Rating so ziemlich gesetzt gewesen wäre...

2 Plätze über Grand Swiss finde ich auch ein bißchen fraglich...

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag
Auf anderen Seiten teilen

clock is ticking
jimmy1138 schrieb vor 2 Minuten:

Offensichtlich nicht. Damit auch kein Qualifizieren übers Rating. Ganz schlecht für Caruana, der in Sachen Rating so ziemlich gesetzt gewesen wäre...

2 Plätze über Grand Swiss finde ich auch ein bißchen fraglich...

Da kann sich dann mehr oder weniger ein NoName, wenn er das Turnier seines Lebens spielt, am Kandidatenturnier teilnehmen? 

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag
Auf anderen Seiten teilen

dialsquare schrieb vor 7 Minuten:

Da kann sich dann mehr oder weniger ein NoName, wenn er das Turnier seines Lebens spielt, am Kandidatenturnier teilnehmen? 

Naja, "No Name"- um am Grand Swiss teilzunehmen muß man unter den Top 100 nach Rating sein. Plus ein paar Wild Cards.

Ich glaube in den World Cup kann man sich theoretisch als No Name über irgendwelche Qualifikationsturniere reinspielen...

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag
Auf anderen Seiten teilen

Join the conversation

You can post now and register later. If you have an account, sign in now to post with your account.

Gast
Auf dieses Thema antworten...

×   Du hast formatierten Text eingefügt.   Formatierung jetzt entfernen

  Only 75 emoji are allowed.

×   Dein Link wurde automatisch eingebettet.   Einbetten rückgängig machen und als Link darstellen

×   Your previous content has been restored.   Clear editor

×   You cannot paste images directly. Upload or insert images from URL.

Lädt...


  • Folge uns auf Facebook

  • Partnerlinks

  • Unsere Sponsoren und Partnerseiten

  • Wer ist Online

    • Keine registrierten Benutzer online.