Marco Lecco-Mio Marcel Prawy in Ausbildung Geschrieben 5. Oktober 2018 (bearbeitet) süchtig - so ist es. man kann opern gehört haben, im radio, auf platte, wo auch immer, aber wenn man da mal drin ist und so etwas live hört, vielleicht sogar das glück hat, einen besonderen abend zu erleben, dann ist man süchtig. da sind aufnahmen, und mögen sie auch noch so gut sein, bloß noch ersatz für den wahren genuß - a night at the opera. ich mag das anstellen. wenn man es richtig macht, was zu lesen und kaffee dabei hat und bequem sitzt, vielleicht schläft, macht mir warten nichts aus. ich weiss ja genau, wie lange ich warte, das ist ja nicht in jeder schlange so. ausserdem kennt man die leute ja mit der zeit und man schäkert herum. da gibts einen deutschen aus amstetten, etwa in meinem alter, mit dem kann man immer schön über fussball reden, einen pensionierten volksschullehrer aus washington state, der (meiner meinung nach, das hab ich ihm auch schon gesagt) wohl mal diesen einen acid zu viel gefressen hat, damals in den siebzigern, mit dem hat man einen heidenspaß, ein steinalter diplomingenieur, der seit fünfundsiebzig jahren auf den stehplatz geht und tristan und isolde stramm durchsteht, ohne auch nur zu wackeln oder sich aufstützen zu müssen, ein mann mit gutem humor. eine ältere dame aus kärnten, die offenbar in wien eine wohnung hat, so oft, wie die da ist, die steht meistens dann neben mir auf der galerie und ich muss jedes mal diese geilen minzdragees mit schokolade drin von ihr annehmen, die meine oma früher auch immer hatte. auf dem weg auf die galerie wartet eine billeteurin mit den besetzungszetteln, bei der ich im vorbeigehen einen kauf, jeder grüsst einen, wenn man öfter kommt und als der herr josef noch gearbeitet hat, ist man als stammgast von dem per handschlag begrüsst worden. da gehst du dann in einer schlange von dreissig leuten mit siebenundzwanzig touristen rein und bist einer von den dreien, die der billeteur mit handschlag begrüsst, da geht einem doch das herz auf. oben auf der galerie, wenn ich den klappsessel und im winter mal die jacke an der garderobe abgeb, kriegst als stammgast nicht mal eine nummer, die wissen einfach, was dir gehört und oft genug muss man sich nachher nicht anstellen, im vorbeigehen gibt er oder sie ihn mir rüber, da fühlst du dich erwünscht und, vor allem, als opernliebhaber respektiert und der laufkundschaft durchaus vorgezogen. die stammgäste von den galeriesitzplätzen werden auch erkannt und so behandelt, beim stehplatz ist das aber auf einer anderen ebene, da hab ich einfach das gefühl, dass der eine oder andere angestellte aufpassen muss, mich nicht per du anzureden, der ältere billeteur, der mal auf der galerie und mal am balkon ist, tuts eh und der nelson im aufzug tuts auch schon lange. wenn ich mal in der pause unten war, um ein pfeiferl zu rauchen und dann mit ihm mit dem aufzug rauffahr, sagt er manchmal grinsend: "warst du wieder hanfwandertag?" es wird einem wirklich die seele gestreichelt und da reden wir noch nicht einmal von der musik! <3 bearbeitet 5. Oktober 2018 von Marco Lecco-Mio 2 Zitieren Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
halbe südfront Baltic Cup Champion Geschrieben 5. Oktober 2018 Nelson Der kennt sich bei uns nie aus, weil wir jedesmal wo anders sitzen. Für mich gehört ja auch der Besuch im Operncafe dazu, vor und nach der Vorstellung. Dort geh ich vor der Vorstellung schon selbstverständlich ohne zu zahlen in Richtung Zuschauerraum hinaus und habe nach der Vorstellung meinen reservierten Tisch. 1 Zitieren Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Marco Lecco-Mio Marcel Prawy in Ausbildung Geschrieben 7. Oktober 2018 (bearbeitet) 07.10.18 - staatsoper - EUGEN ONEGIN der nachmittag begann heute mit einer überraschung - keine schwarze fahne für montserrat caballé. unverständlich, wurde aber von den billeteuren mit technischen dingen erklärt, da das haus schrittweise renoviert wird und noch vor kurzem ein gerüst dort stand, steht der fahnenmast noch nicht da. naja, man hätte sicher irgendwie improvisieren können, das haus hat genug fenster, aus denen man eine schwarze fahne hängen kann. egal. denn der heutige eugen onegin war aller ehren wert. wenn man mit den durchschnittlichen leistungen anfangen will, dann erwähnt man diesmal zuerst elena maximova, die eine absolut solide vorstellung sang, über ihre maßen geglänzt hat sie dabei nicht, aber insgesamt durchaus gelungen. bongiwe nakani ist ein ensemblemitglied, wie man es sich nur wünschen kann. die südafrikanerin ist immer da, wenn sie gebraucht wird, füllt kleine rollen ebenso aus wie grössere, diesmal war es wieder eine von den "kleineren", nicht minder schwierig und wieder sehr schön gesungen und gespielt. ihre stimme verlangt nach der ulrica im maskenball, die sie ja schon gesungen hat, gerne wieder. der spielplan zeigt die ulrica nicht an, hoffen wir, dass, wenn schon keine d'intino kommt, nakani die ulrica singen darf. will man haare in der suppe finden, könnte man auch beim heutigen eugen onegin anfangen, man muss aber sehr genau schauen. alexey markov singt fehlerlos, forciert selten in der höhe und knödelt manchmal in der tiefe, aber das ist wieder einmal jammern auf sehr hohem niveau. aber dieses hohe niveau ist berechtigt, denn dmitry korchak, mit dem man mich vor einem dreiviertel jahr noch scheuchen konnte, entwickelt sich prächtig. strahlend in allen lagen sang er heute, die stimme hat den für grosse tenöre wichtigen schmelz, der mann ist ende dreissig, da kommt was grosses auf uns zu. merken! was ich an der staatsoper liebe - für den kurzauftritt des fürsten gremin im dritten akt engagiert man eine grösse wie ferruccio furlanetto. sein bass war so oft der grund, in die staatsoper zu pilgern, auch heute war er der, der mich gezogen hat, aber der abend gehörte heute einer anderen. und zwar olga bezsmertna. wie sie heute die tatjana sang, so strahlend und klar, sauber in allen facetten, piani, fortissimi, alles saß bombensicher. heute hätte die oper "tatjana" heissen müssen. doch wie so oft bei tschaikowski heisst der wahre star "orchester" und das wurde heute von louis langrée souverän geleitet, jeder ton saß, auch das kommt nicht jeden sonntag vor. noch zwei mal läuft eugen onegin an der staatsoper und zwar am mittwoch und am samstag, jeweils um 19 uhr. ich wollte diese saison nur einen machen, aber nun muss ich zusehen, dass ich mir den mittwoch freischaufle, denn diese oper in dieser besetzung ist ein absoluter pflichttermin für freunde des hauses! bearbeitet 7. Oktober 2018 von Marco Lecco-Mio 3 Zitieren Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
halbe südfront Baltic Cup Champion Geschrieben 8. Oktober 2018 Vorweg: Mein erster Besuch in der Kammeroper war eine runde Sache. Das Haus und seine Athmosphäre gefallen mir. Ich ging mit relativ geringen Erwartungen an die Künstler hin, da es sich hier ja um Nachwuchskräfte handelt (ein U21-Spiel ist ja auch kein Europacupfinale). Meine Erwartungen wurden weit übertroffen. Das kleine Haus lässt jugendliche Stimmen strahlen und stellt diese vor keine zu großen Herausforderungen. Wir hatten auch großartige Plätze in der ersten Reihe und somit beste Sicht auf die Bühne und den Orchestergraben. Die Zauberinsel, Musik von Henry Purcell nach "The Tempest" von William Shakespeare stand auf dem Programm. Bei der Zauberinsel handelt es sich um ein Opern - Pasticcio, entwickelt und inszeniert von Jean Renshaw. Sie griff dabei auf eine von John Dryden und William Davenant bearbeitete Fassung (anno 1667) des Werkes zurück, in welcher mehr weibliche Charaktäre als im Original vorhanden sind. Die Inszenierung ist einfach, schlüssig und stimmungsvoll. Am Beginn steht ein voll gefülltes Bücherregal zentral auf der Bühne, Prosperos Bibliothek. Ein Modell des Globe Theaters dient als Memento für den Urheber von „The Tempest“, während auf dem obersten Regal das Modell eines Schiffes steht, das später minutiös über das leergeräumte Einlegebrett hinabrutscht und schließlich – andeutungsweise – Schiffbruch erleidet. Prospero sinnt auf Rache für in der Vergangenheit erlittenes Unrecht, seine sanftmütigen Begleiter, die Zwillingstöchter Miranda und Dorinda, sowie Luftgeist Ariel, wollen, dass er sich besinnt und Mitgefühl zeigt. Mit jedem gestrandeten Schiffbrüchigen (die Söhne seines ehemaligen Feindes und ein trinkfreudiger Matrose) wird Prosperos Geist freier. Das Bücherregal leert sich zusehends. Mit jeder Liebesarie seiner Töchter schwindet sein Hass. Die inneren Mauern, die ihn und auch seine Töchter, sowie die versklaften Ariel und Erdgeist Caliban einsperrten werden Stück um Stück, Buch für Buch abgebaut. Am Ende ist das Regal leer und abgebaut, die Wand ist weg - Prosperos Kopf ist frei. Die Sicht auf den Horizont, auf das freie Meer ist nun möglich, Prospero nimmt Abschied von seinen Töchtern, gibt Ariel frei und bleibt mit Caliban zurück (bei Shakespeare bleibt dies offen). Einfach inszeniert, wohl ganz im Sinne eines Shakespeare, im Stile alten englischen Theaters. Auch die englische Sprache hilft diese Athmosphäre zu vermitteln. Barockspezialist Markellos Chryssikos leitete das Bach Consort Wien im Orchestergraben, welches auf Originalinstrumenten spielte. Purcells zündende Melodien flammten immer wieder leuchtend aus dem Graben auf - ein Genuss für Fans der alten Musik. Bei den gesprochenen Passagen waren dann Atmosphäre bildende Geräusche aus dem Graben zu vernehmen, so wie man es etwa von Britten kennt. Das Junge Ensemble des Theaters an der Wien sang auf allerhöchstem Niveau und agierte besonders spielfreudig. Als Prospero ließ Kristján Jóhannesson seinen mächtigen Bass bei perfekter Diktion dröhnen. Die US-Amerikanerin Jenna Siladie, eine großartige Schauspielerin, und die Russin Ilona Revolskaya waren als Zwillingsschwestern Miranda und Dorinda, den Töchtern Prosperos, mit apartem Aussehen und gutgeführten jugendlichen Sopranen in ihren Kehlen gesegnet. Der lyrische Tenor Johannes Bamberger war als Ferdinand etwas im Nachteil gegenüber dem italienischen Countertenor Riccardo Angelo Strano als Hippolito, da er erst ziemlich spät in die Handlung eintrat. Beide hatten gegenüber den Töchtern weniger Gelegenheit, die Komik ihrer Rollen so recht zu entfalten. Stimmlich aber boten die jungen Liebespaare insgesamt eine erstklassige Leistung, die auf zukünftige Begegnungen neugierig macht. Die Russin Tatiana Kuryatnikova als Luftgeist Ariel durfte ihren gut geführten Mezzosopran leider viel zu selten hören lassen, sie besitzt bereits eine sehr reife Stimme. Auch der rumänische Bass Dumitru Mădărăşan konnte seine mächtige Stimme nur selten vollends entfalten, da er als betrunkener Trincalo (lustiges Wortspiel mit drink-a-lot) stets einen Besoffenen mimen musste und mehr Trinklieder als Arien zum Besten zu geben hatte. Der tschechische Choreograph und Tänzer Martin Dvořák, der einen völlig durchgeknallten Caliban mit extremen körperlichen Verrenkungen darstellte, war auch ein zentraler Teil dieser Produktion. Allen Mitwirkenden, abgesehen von Prospero, wurde beim Ersteigen des Bücherregals von der Regisseurin viel Beweglichkeit abverlangt. Der Tänzer unterstützte dies durch sein Talent und seine Ästhetik wunderbar. Und so wirkte ihre gesamte Personenführung auch bis ins letzte Detail perfekt durchchoreographiert. Großer Applaus für alle Beteiligten. Ich werde mir das Werk wohl noch ein zweites mal ansehen. 1 Zitieren Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Marco Lecco-Mio Marcel Prawy in Ausbildung Geschrieben 8. Oktober 2018 heast so wie du das beschreibst, mag man ja direkt hingehen, dabei dachte ich, ich könnte mir eine ganze saison die kammeroper ersparen. 0 Zitieren Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
halbe südfront Baltic Cup Champion Geschrieben 9. Oktober 2018 Marco Lecco-Mio schrieb vor 11 Stunden: heast so wie du das beschreibst, mag man ja direkt hingehen, dabei dachte ich, ich könnte mir eine ganze saison die kammeroper ersparen. Wenn dir alte Musik auf Originalinstrumenten und Henry Purcell im Besonderen gefallen, dann ist es schon fast ein Muss. Die professionellen Kritiken die ich gefunden habe sind auch durch die Bank gut, insbesondere jene für das Ensemble - bei der Inszenierung gehen die Meinungen auseinander, aber das ist ja immer so. Auf einer großen Bühne wäre es mir auch etwas zuwenig, aber für die kleine Bühne war diese Insenierungsidee meiner Meinung nach ideal und weit besser als jene im Akademietheater (dort brillierten halt Happel, Oest und Meyerhoff). Ich werde es mir jedenfalls nochmal ansehen. Das Problem mit dem Stagionesystem ist ja, dass man die Produktion nie wieder sehen kann, wenn sie mal ausgelaufen ist. Btw. - Ich finde das Haus nett, erinnert insgesamt ein wenig an die Kammerspiele der Josefstadt (und ist ja auch ums Eck von diesen). Es hat ein ganz eigenes Flair und das Publikum ist irgendwie lockerer drauf. Einige kannten da die Musiker im Orchestergraben, oder auf der Bühne. Diese liefen zum Teil vor der Aufführung und in der Pause auch ungezwungen im Haus herum. Insgesamt erinnert es ein wenig an die Volksoper - nicht die ganz große Oper, aber ein großes Vergnügen für Liebhaber. Erfrischend ist auch die Jugend auf der Bühne - das will man sicher nicht ständig sehen, aber alle paar Monate mal diesen jungen Künstlern zu lauschen ist sicher kein Fehler. Und ich finde es besonders erfreulich, dass beim Opernnachwuchs offenbar auch großer Wert auf darstellerische Ausbildung gelegt wird. Ich werde mir im Mai auch Bernsteins "Candide" ansehen. Und ich überlege angesichts der positiven Erfahrung noch weitere Besuche einzuplanen, etwa zu dem Ravel/Offenbach - Doppel im Frühjahr, oder zu Don Carlos. Das Kammerspiel mit Kirchschlager und Steinhauer zu Bertha von Suttner anzusehen wäre wohl etwas riskant, aber sicher auch spannend, was der Steinhauer in einer Oper will (erinnert mich an den Moretti in der Groschenoper). 0 Zitieren Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Marco Lecco-Mio Marcel Prawy in Ausbildung Geschrieben 14. Oktober 2018 (bearbeitet) 14.10.18 - staatsoper - LES TROYENS (premiere) die erste premiere des jahres ist mit sicherheit die teuerste neuproduktion dieser saison (womöglich der nächsten jahre), denn david mcvicars inszenierung der grande opéra "les troyens" von hector berlioz, die von haus aus schon dreistellige choristen und von einem stehplatzbesucher durchgezählte 83 orchestermusiker erforderte, kann man durchaus auch schon als opulent bezeichnen. da sind zum einen die mächtigen trojanischen stadtmauern und das pferd im ersten teil der oper, der die schlacht um die stadt troja behandelt, während zum anderen im zweiten teil, der im karthagischen exil der geflohenen trojaner um ihrem anführer äneas spielt, die stadt karthago sowie das schiff, auf dem die trojaner schliesslich gen italien segeln, auf die bühne zu bringen ist, was mcvicar in einer gefälligen inszenierung ohne "künstliche aufregung" wie fliessendes wasser oder loderndes feuer gelingt. gemahnen die stadtmauern von troja und das pferd ein wenig an h. r. giger, so findet man sich im zweiten teil in einem schon realistischeren karthago, das einer oase gleicht. symbolismus darf natürlich nicht fehlen - das modell der stadt karthago steht im zweiten teil sonnenbeschienen inmitten einer das leben feiernden bevölkerung, steht dann auf dem kopf, während es schliesslich im dritten teil in zwei teile gebrochen ist, die weiter nicht voneinander entfernt liegen könnten - die einige stadt, die die flüchtlinge aus griechenland aufnimmt und die geteilt übrig gebliebene gesellschaft, nachdem die trojaner die stadt wieder verlassen haben. ein überdeutlicher fingerzeig auf die gegenwärtige europäische situation. die kostüme waren nicht in der zeit der handlung, sondern in der der uraufführung angesiedelt und erinnerten eher an queen victoria und ihren prinzen albert als an die griechische antike. gleich zu beginn kam der direktor auf die bühne und informierte das publikum über eine sehr kurzfristige umbesetzung - die fordernde rolle der cassandra musste monika bohinec anstelle von anna caterina antonacci singen und tat dies mit bravour. sie war als die ungehörte seherin des zukünftigen unheils der star des ersten teils, den mit ihr neben einer menge an choristen und einer handvoll solisten das ensemblemitglied adam plachetka mit der von ihm gewohnten routine bestritt. diese oper ist wohl für keinen beteiligten leicht zu singen. auf der einen seite haben wir eine menge solisten, die oft nur einen satz oder wenige wörter zu singen haben, da muss in ein paar sekunden alles exakt sitzen und bei den allermeisten tat es das auch. aus dieser fülle herausragend benjamin bruns, der im fünften akt als im mastkorb stehender matrose hylas eine arie zu singen hat und das in gewohnt bestechender sicherheit tut. ein heller tenor, der in der höhe gerade im piano zu glänzen weiss. er erhielt auch von den nebenrollen den zweitgrössten applaus am ende. den grössten jubel von den nebenrollen holte sich wieder einmal (zum glück wiener staatsopern-)ensemblemitglied und publikumsliebling jongmin park ab, der seinen beinahe einschüchternd dröhnenden bass unglaublich geschickt durch forti und piani führen kann, dass man sich jedes einzelne mal freut, wenn er wieder dabei ist, so auch heute, ein absoluter luxus, so einen mann im haus zu haben. auf der anderen seite stehen die vier grössere partien, die sich ihre kraft einteilen müssen. davon die kleinste hatte das neue ensemblemitglied szilvia vörös, ein mezzo mit schönem dunklem timbre, die die anna sang, schwester der dido. wie bereits erwähnt musste monika bohinec einspringen und tat dies überaus erfolgreich, fehlerlos gelang ihr die cassandra, die den ersten teil fast alleine zu bestreiten hat. die letzte szene mit dem gemeinschaftlichen selbstmord der übrig gebliebenen trojanerinnen ist auch gut gespielt und der von der regie besser gelöste selbstmord als jener mittels eher umständlichem schwerte der dido. grosser applaus am ende für sie. brandon jovanovich als äneas hat sich mächtig ins zeug gelegt, derart, dass er am ende seiner arie im fünften akt schon schwierigkeiten hatte und die stimme zweimal zitterte und man schon besorgt um ihn war, er konnte aber den rest gut über die bühne bringen. wesentlich besser eingeteilt hat sich ihre kräfte joyce didonato. die amerikanerin war als dido, herrscherin über karthago, die einen hohen preis dafür zahlt, dass sie sich in den neuankömmling äneas verliebt, der grosse star des abends. hielt sie sich am anfang noch zurück und warf mich so gar nicht vom hocker, begann sie dort, wo jovanovich auf dem zahnfleisch kroch, erst so richtig zur hochform aufzulaufen. eiskalt konnte es einem runterrennen, wenn sie ihren übertritt auf die dunkle seite mit einer gewalt ins auditorium brüllte, als hätte es die akte drei und vier davor noch gar nicht gegeben, das war schon höchst respektabel. erwartbar und durchaus zurecht brach grosser jubel los, als sie am ende die bühne und all den applaus für sich allein haben durfte, bevor das übliche abfertigen der premierenteilnehmer losging und sich die sänger ausschliesslich über zuspruch freuen konnten. nicht unerwähnt darf alain altinoglu bleiben, der als dirigent akkurat und mächtig, zart und leise spielen lassen konnte. er ist jedenfalls einer von denen, die es schaffen, trotz riesenorchester und riesenchor, trotz häufiger fortissimi in der partitur (nehm ich an, hab nie reingeschaut) trotzdem nie "zu laut" zu sein. das publikum, das diesmal fast ausschliesslich aus absichtlichen besuchern bestand, bekam einen grossen opernabend serviert, mit allem, was zu einer premiere gehört, einer grossen bühne, einem riesenensemble, ausgezeichneten solisten und einem glänzend aufgelegten orchester. *angesichts der tatsache, dass diese produktion danach nach los angeles und mailand geht*, darf man davon ausgehen, dass man "les troyens" in voller länge (lediglich ein paar takte aus den ballettszenen wurden gestrichen) nicht mehr so schnell an der wiener staatsoper hören kann, weswegen den opernfreunden hier ein besuch eines abends aus dieser serie dringend ans herz zu legen ist. ich werde sie mir jedenfalls noch einmal anschauen. abseits der heutigen oper fanden sich auch im programm gute nachrichten: im maskenball ende des monats und anfang november wird, wie von mir zuletzt "eingefordert", bongiwe nakani die ulrica singen und erfreulicherweise nun doch die von (nicht nur) mir über die maßen geschätzte maria nazarova die rolle des oscar singen. dafür wird an ihrer stelle daniela fally in der fledermaus auftreten, für mich genau richtig, dieser tausch. *edit: offenbar ist wien doch die letzte station. das heisst nicht, dass diese produktion hier nächste saison noch gespielt wird. bearbeitet 16. Oktober 2018 von Marco Lecco-Mio 1 Zitieren Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Marco Lecco-Mio Marcel Prawy in Ausbildung Geschrieben 14. Oktober 2018 (bearbeitet) halbe südfront schrieb am 9.10.2018 um 07:09 : Wenn dir alte Musik auf Originalinstrumenten und Henry Purcell im Besonderen gefallen, dann ist es schon fast ein Muss. Die professionellen Kritiken die ich gefunden habe sind auch durch die Bank gut, insbesondere jene für das Ensemble - bei der Inszenierung gehen die Meinungen auseinander, aber das ist ja immer so. Auf einer großen Bühne wäre es mir auch etwas zuwenig, aber für die kleine Bühne war diese Insenierungsidee meiner Meinung nach ideal und weit besser als jene im Akademietheater (dort brillierten halt Happel, Oest und Meyerhoff). Ich werde es mir jedenfalls nochmal ansehen. Das Problem mit dem Stagionesystem ist ja, dass man die Produktion nie wieder sehen kann, wenn sie mal ausgelaufen ist. ja, ich bin ja gerade ein freund der barockoper auf originalinstrumenten. trotzdem gibt es ein ein paar gründe, die für mich ganz persönlich gegen die kammeroper sprechen. zum einen (und das ist sogar der unwichtigste grund) ist mir als unterdurchschnittlichverdiener zusätzlich zu den zwei abos im theater an der wien, die auf mein konto gehen und den, zugegeben wirklich günstigen, staatsopernbesuchen der preis einfach ein wenig zu hoch. denn die karten für 19 euro sind akustisch nicht mehr gut, zumindest nicht die, die man spontan noch kriegt, wenn man überhaupt noch welche in dieser kategorie bekommt. zum anderen bin ich gut ausgelastet. ich geh ja an die 80 mal im jahr allein in die staatsoper. und zusätzlich zu den abos im taw geh ich hin und wieder ja, gerade wegen barockoper, zu den konzertanten opern dort. ausserdem hab ich dort akustisch mit den günstigsten sitzplätzen keinerlei problem, im gegenteil, dritter rang ist super. manchmal, aber nur manchmal geh ich auch in die volksoper, der holländer im frühjahr wird es heuer sein. ausserdem gibts ja noch fussball und meine arbeit, bei der ich auch hin und wieder zum eishockey oder ins kino "muss". und zum dritten, und das mag banal erscheinen, ist mir in der kammeroper (wie auch im burgtheater, im akademietheater und teilweise in der volksoper) die luft viel zu trocken, ich halt es dort unten nur ganz schlecht aus, gerade in der kühlen und kalten jahreszeit. das mag sich wahnsinnig anhören, aber ich schätze, das liegt am samt-holz-verhältnis. wenn ich an die häuser denk, wo mir die luft besser ist, dort ist mehr holz und weniger samt. bearbeitet 14. Oktober 2018 von Marco Lecco-Mio 0 Zitieren Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Marco Lecco-Mio Marcel Prawy in Ausbildung Geschrieben 16. Oktober 2018 (bearbeitet) 16.10.18 - theater an der wien - GUILLAUME TELL torsten fischer ist der name, der schreckensname, den ich mir fürderhin merken muss. auf alle zeit möge er mich warnen davor, die brille mitzunehmen in die oper. besagter herr fischer hat den aktuellen wilhelm tell am theater an der wien auf dem gewissen, seine henkersknechte, die für ausstattung und kostüme zuständig waren, werden herbert schäfer und vasilis triantafilopoulos genannt und mögen hiermit am ohnehin schwach frequentierten pranger des off-topic-threads über oper und theater und dergleichen stehen, bis ihre gebeine dereinst sonnengebleicht und abgenagt im staube liegen mögen. die bühne im ersten akt ein nichts mit frisch gefallenem neuschnee, der eine lawine verdeutlichen sollte, unter denen die choristen hervorgekrochen kamen, um besagte lawine mit schneeschaufeln und -besen (natürlich schön geräuschvoll) wegzukehren. die bauern der schweiz waren passend gekleidet, einzig wilhelm tell trägt lederjacke und jeans. aha. die bösen teilen sich in zwei gruppen: die namenlosen soldaten könnten gestern erst von einem amerikanischen flugzeugträger im persischen golf abkommandiert worden sein, die befehlsgeber erinnern in ihren uniformen, dreimal dürfen sie raten, liebes publikum, an die nazis. irgendwo ganz hinten ganz oben eine metallbrücke, auf der besucher des dritten ranges nur die füsse der sänger sehen können, davor eine led-wand, über die mal ein flugzeug, mal der mond, mal gesler oder der grosse bruder aus "1984" flimmert, derart platziert, dass die bühne darunter gesenkt werden muss und sich das ensemble darunter durchrobben muss. im zweiten akt kommt gesler auf einer metallischen hebebühne heruntergefahren, im dritten wirft arnold den schreibtisch in mathildes sterilem büro mit lederfauteuil um, dass die akten nur so durch die gegend purzeln und im dritten und vierten akt halten gesler und tell den lächerlichsten faustkampf seit laurel and hardy ab. zum dübergiessen ein sinnspruch. etwas mit frieden und dass wir uns wieder ein herz nehmen sollen. konnte leider nicht alles genau lesen, der blöde pöbel an den seiten im dritten rang wurde ja nicht nur einmal aus teilen des bühnenbilds und der handlung ausgesperrt. eine nicht-inszenierung. die schweiz? natürlich nicht vorhanden. unglaublich platt, vor billigstem symbolismus nur so strotzend, dafür würde es bei einer premiere in der staatsoper einen orkan geben. muss mal eine kritik lesen, kann mir aber vorstellen, dass man dafür im theater an der wien abgefeiert wird. kommen wir zu den sängern. sehr gut und fehlerlos an diesem abend war christoph pohl als der titelheld. grosse gefühle mochten nicht aufkommen bei seinem gesang, aber er war einer der besseren und das waren heute nicht alle. seinen sohn jemmy sang die junge osttirolerin anita rosati sehr schön, als ihre mutter war heute die schweizerin marie-claude chappuis auf der bühne, sie war verlässlich wie immer. der grosse glanz fehlte leider, aber sie fällt generell immer etwas weniger auf. in der kleineren rolle des melcthal sang jérôme varnier auch schön, ebenso die herren sam furness als rodolphe, edwin crossley-mercer als walter fürst und lukas jakobski als leuthold. dann gab es da noch zwei höhe- und zwei tiefpunkte. ganz am anfang merkte man leider, dass sich anton rositskiy offenbar entweder nicht ordentlich eingesungen oder es verabsäumt hat, sich ansagen zu lassen, gleich zu beginn seines einzigen kurzen solostücks als der fischer ruodi brach die stimme, als hätte er am nachmittag schon einen siegfried gesungen, das war nicht schön, aber nicht schlimm. er erholte sich bald und konnte die bitte um überfahrt über den see etwas später gänzlich fehlerlos abschlagen. schlimmer erwischte es da schon ante jerkunica als bösewicht gesler. zwar hat er nur im zweiten teil des dritten aktes zu singen, dort aber sollte er seinen grossen auftritt haben. zweimal überschlug sich die stimme jedoch wie damals bei robert seeger, wenn die sturm oder die salzburg gerade wieder ein europacupwunder geschafft hatten. auch er hätte sich entweder besser einsingen oder ansagen lassen müssen. das theater an der wien ist ja gnädig und so gab es nur heruntergefahrenen applaus, in der staatsoper wären sicher drei, vier scharfrichter dabei gewesen. die alles überstrahlenden glanzpunkte dieses abends waren jane archibald als mathilde und john osborne als arnold melcthal, der die richtige stimme für rossini und schon als dessen otello vor zweieinhalb jahren gute figur gemacht hat. der arnold-schönberg-chor muss nicht extra erwähnt werden, grossartig wie immer. das orchester patzte einmal, aber da waren meine ohren schon vom umfaller von rositskiy gespitzt, denn im ganzen war es natürlich sehr gut und von diego matheuz zu farbenreichem und spannendem spiel dirigiert. tja, heute also ein zwiespältiger abend. für mich eine schreckliche inszenierung. bin gespannt, was jene sagen, die dies hier lesen und es selbst überprüfen oder das schon getan haben. bearbeitet 17. Oktober 2018 von Marco Lecco-Mio 0 Zitieren Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
halbe südfront Baltic Cup Champion Geschrieben 18. Oktober 2018 Endlich war ich wieder in der Staatsoper. Les Troyens war aber ein guter Einstieg in die Saison für mich. Mit der 4. Reihe mitte hatten wir auch wieder tolle Plätze. Was soll ich sagen - ich bin begeistert. Eine solche "Grand Opera" bekommt man dann halt doch nicht alle Tage serviert. Hier meine Eindrücke: Les Troyens, Hector Berlioz . Bombastisch! Monumental! Episch! Superlativen welche auf die neueste Produktion der Wiener Staatsoper voll und ganz zutreffen. 23 Solisten, über 100 Choristen, rund 80 Musiker an den Instrumenten, umfangreiche Ballettszenen, 5 Stunden Spieldauer, grandiose Bühnenbilder - das alles bietet die Grand Opera über die Trojaner nach Vergils Geschichte von Äneas. Diese teure Produktion entstand in Co-Produktion mit dem Royal Opera House Covent Garden, London, dem Teatro alla Scala, Mailand und der San Francisco Opera. Ein Haus alleine könnte dies wohl kaum stemmen. Mit David McVicar wurde ein Regisseur beauftragt welcher dafür bekannt ist die Oper nicht mit Regietheaterunsinn zu verfälschen. Und er wurde seinem Ruf einmal mehr gerecht. Die Geschichte böte viel Spielraum für tagespolitischen Missbrauch, für politisches Regietheater - McVicar ignorierte dies weitgehend und begnügte sich damit die Oper von Berlioz zu inszenieren. Eine wahre Wohltat! Solch selbstlose Regisseure bräuchte es viel mehr im Operngenre. Ein bombastischer Pferdekopf, geschmiedet aus Waffen und Waffenteilen ist das Zentrum des ersten Teils der Aufführung. Imposant mußte es sein, das Trojanische Pferd. Die Szene beherrschend. McVicars Wahl für das Bühnenbild fiel auf Es Devlin, denn "ich brauchte jemand, der in großen Dimensionen denkt", merkte er an. An Pop-Musik und Mode Interessierten wird Devlin als Gestalterin der Bühnenshows für Lady Gaga, Kayne West und Louis Vuitton ein gut bekannter Name sein. Und auch als Ausstatterin der Schlußzeremonie der Olympischen Spiele in London hat sie sich einen Namen gemacht. . Für Les Troyens schuf Devlin beeindruckende Bühnenbilder: In Troja ist alles Metall, schmutzig-gelb und metallisch, zumeist in fahl-blaues Licht getaucht (Licht: Pia Virolainen und Wolfgang Goebbel), während sich Karthago in gebranntem Ton, warmen Licht und mit farbenfrohen Kostümen (Moritz Junge) zeigt. Erst als Troja in Karthago "einfällt", beginnen sich die Farben in Richtung blau und grau zu wandeln. Am Ende ähneln sich die beiden Städte. Die Stadt selbst ist als Modell ständig auf der Bühne sichtbar, mal mitten auf der Bühne als Platz für die geliebte Königin, mal über der Szenerie schwebend, mal geteilt auf den Seiten lehnend. Zu den Kostümen meinte McVicar, dass man nicht wisse wie man sich in Troja kleidete, man wisse aber was man zu Zeiten Berlioz' getragen hat, weshalb die Kostüme in Troja dem 19. Jhdt. entnommen sind. In Karthago war er sich dann aber offensichtlich seiner Sache sicher und verwendete orientalisch wirkende Kostüme. . Die Seele des Abends war das Staatsopernorchester unter der Leitung von Alain Altinoglu, der sich mit den Musikern voll und ganz auf Berlioz eingeschworen hatte. Die samtigen Streicher, die Klarheit der Holzbläser, das trojanische Marschmotiv, das Pathos vermischt mit nahezu zärtlichen, gefühlvollen Tönen, ließ einen träumen und versinken, in der großartigen Musik von Berlioz. . Auf die heutzutage üblichen Striche bei den Ballettszenen wurde verzichtet. Und das ist fein - die Tänzerinnen und Tänzer, ünterstützt auch durch einige Akrobaten und Ballettnachwuchs zauberten wunderschöne Bilder auf die Bühne. . Prachtvoll, an den richtigen Stellen laut, aber auch ausdrucksstark agierten die Chöre, welche oftmals Hauptträger des Geschehens waren . Angesichts des Erlebten mag man über kleine Schwächen der Solisten einfach hinwegsehen. Es war nichts dabei was einem den Abend verleiden hätte können und angesichts des Schwierigkeitsgrades der Partien und der Spieldauer sind kleinere Fehler und Schwächen leicht verzeihbar. Alle haben ihren Teil dazu beigetragen diesen Abend zu etwas ganz Besonderem zu machen und dafür gebührt ihnen Dank und großer Applaus den das Publikum am Ende auch allen spendete. Es seien aber jene hervorgehoben die besonders positiv auffielen. Monika Bohinec musste/durfte nach der Generalprobe und der Premiere zum bereits dritten mal die erkrankte Anna Caterina Antonacci in der sehr schweren Partie der Cassandre ersetzen. Wenn sie auch mit Sicherheit nicht die 1a - Besetzung ist, so hat sie, als Zentralfigur der ersten beiden Akte, doch mit ihrem ausdrucksstarkem Mezzo überzeugt und das Publikum war ihr dafür zurecht (!) sehr dankbar. Brandon Jovanovich ist ein sehr ansprechender Enée. Technik, Einsatz und Überzeugungskraft als Figur (ein klarer, sauberer Held) waren auf hohem Niveau. Publikumsliebling Jongmin Park als Narbal gab wieder ein wunderbares Beispiel für seinen dunklen Bass. Ihn könnte ich bei jeder Oper hören, er hat einfach eine großartige Stimme (wenngleich Französisch wohl nicht seine Lieblingssprache ist). Eine kleine Sensation war für mich Szilvia Vörös als Didons Schwester Anna. Es ist erstaunlich, wie gut das junge Ensemble-Mitglied mit der ersten Sängerin mithält. Wie sich die Stimmen der beiden mischen und dennoch unterscheidbar bleiben. Vörös ist erst seit September im Esemble der Staatsoper und mit Sicherheit ein großes Versprechen für die Zukunft. . Der unumstrittene Superstar des Abends war Königin Didon. Joyce DiDonato singt in einer anderen Liga als ihre Kollegen. Faszinierend, wie die Amerikanerin ihre Stimme führt. Mit jeder Phrase Gefühle transportiert, mit der Stimme spielt. Eine große Meisterin. Den ganzen Abend über brilliert sie, in ihrer großen Abschiedsszene zeigt sie aber ihre Meisterschaft, singt sie und spielt sie, dass einem der Atem stockt. Ihr charaktervoller, eher hell getöter Mezzo, schwelgt zunächst im Glück (als von den Untertanen geliebte Königin), wechselt dann zur Hingabe (aus Liebe zu Enée) und explodiert am Ende im Schmerz und Hass (als verlassene Frau). Berlioz fordert zum Finale von der Sängerin alles, eine Extase von Schmerz und Hass, hinübergleiten in den Irrsinn - unfassbar schwer zu singen und nahezu unspielbar, könnte man denken. DiDonato bewältigt diese große Herausforderung nicht nur, sie setzt dem ganzen noch die Krone auf. Mit unglaublicher Emotionalität und Ausdruckskraft fesselt sie das Publikum so sehr, dass dieses den Atem anhält und ihr nach dem Fallen des Vorhanges frenetisch zujubelt. Joyce DiDonato kann das "ato" aus ihrem Namen streichen lassen, die Partie der "Didon" ist ihr auf den Leib geschrieben. Eine der seltenen Sternstunden! Ähnliches habe ich zuletzt von Anna Netrebko als Anna Bolena in der Wahnsinnsszene gehört und gesehen. . Riesigen Applaus gab es am Ende, nicht nur für DiDonato, sondern für alle Beteiligten. Und das zurecht - es war ein herrlicher Opernabend. 1 Zitieren Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
halbe südfront Baltic Cup Champion Geschrieben 18. Oktober 2018 Marco Lecco-Mio schrieb am 15.10.2018 um 00:46 : ja, ich bin ja gerade ein freund der barockoper auf originalinstrumenten. trotzdem gibt es ein ein paar gründe, die für mich ganz persönlich gegen die kammeroper sprechen. zum einen (und das ist sogar der unwichtigste grund) ist mir als unterdurchschnittlichverdiener zusätzlich zu den zwei abos im theater an der wien, die auf mein konto gehen und den, zugegeben wirklich günstigen, staatsopernbesuchen der preis einfach ein wenig zu hoch. denn die karten für 19 euro sind akustisch nicht mehr gut, zumindest nicht die, die man spontan noch kriegt, wenn man überhaupt noch welche in dieser kategorie bekommt. zum anderen bin ich gut ausgelastet. ich geh ja an die 80 mal im jahr allein in die staatsoper. und zusätzlich zu den abos im taw geh ich hin und wieder ja, gerade wegen barockoper, zu den konzertanten opern dort. ausserdem hab ich dort akustisch mit den günstigsten sitzplätzen keinerlei problem, im gegenteil, dritter rang ist super. manchmal, aber nur manchmal geh ich auch in die volksoper, der holländer im frühjahr wird es heuer sein. ausserdem gibts ja noch fussball und meine arbeit, bei der ich auch hin und wieder zum eishockey oder ins kino "muss". und zum dritten, und das mag banal erscheinen, ist mir in der kammeroper (wie auch im burgtheater, im akademietheater und teilweise in der volksoper) die luft viel zu trocken, ich halt es dort unten nur ganz schlecht aus, gerade in der kühlen und kalten jahreszeit. das mag sich wahnsinnig anhören, aber ich schätze, das liegt am samt-holz-verhältnis. wenn ich an die häuser denk, wo mir die luft besser ist, dort ist mehr holz und weniger samt. Das verstehe ich natürlich, insbesondere was die Preise angeht. Ich muss da, mittlerweile, Gott sei Dank nicht mehr so sehr aufpassen. Für mich ist die 1. Reihe in der Kammeroper ein Geschenk (ich glaube 54€ waren das) im Vergleich zu den 240€ in der Staatsoper. Aber auch bei mir war das ja nicht immer so und außerdem geh ich nicht 80x in die Staatsoper sonder nur ~ 20x (dafür halt noch 50 - 60x in andere Häuser). Den Tell werde ich mir nächste Woche am Dienstag geben, am Mittwoch ist der Maskenball in der Staatsoper dran. 0 Zitieren Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Marco Lecco-Mio Marcel Prawy in Ausbildung Geschrieben 18. Oktober 2018 halbe südfront schrieb vor 15 Stunden: Den Tell werde ich mir nächste Woche am Dienstag geben, am Mittwoch ist der Maskenball in der Staatsoper dran. beim tell dürfte es auf die tagesverfassung der sänger und der musiker ankommen. hab heute mit einem bekannten gesprochen, der bei der premiere war und nach dem figaro noch einen getroffen, der vom taw und der dritten tell-vorstellung gekommen ist. heute dürfte es am besten gewesen sein. einer von den letzten terminen scheint da auch der beste zu sein. diese fehler passieren den beiden sängern wohl nicht mehr. symphoniker werden zum teil negativ erwähnt. schleissig soll gespielt werden. sind mir zuletzt ungut aufgefallen, als beim wozzeck der paukist ernsthaft "im stau auf der zweierlinie" gesteckt sein will, weswegen eine viertelstunde später angefangen wurde, eigentlich untragbar, dass der nicht schon eine stunde vor der aufführung da ist. aber ich schweife ab. les troyens haben es dir ja angetan. interessant mit den farben, hab ich gedankenlos hingenommen. ich hab das schiff am besten gefunden, weil es so einfach gelöst war und dabei so treffend. ich werd zur letzten vorstellung nochmal gehen und hoffen, dass ich die andere cassandra auch noch hören darf, man sagt, antonacci wär als cassandra das non plus ultra und am nationalfeiertag steht sie im programm. à propos im programm. maskenball - alle vier vorstellungen bei mir pflicht, davor elektra (pape als orest), zwischendurch lohengrin und ende des monats elisir. benjamin bernheim als nemorino, hat im winter in dieser rolle in wien debütiert und war grossartig. à propos grosse stimmen. joyce didonato war tatsächlich mit fortlauf des abends besser und besser, das war tatsächlich eine liga, die man auch in wien nicht jeden monat hat, das sind rare momente, allein wenn man sich anschaut, wie unterschiedlich die einzelnen vorstellungen einer serie sind, da kann eine netrebko beim dritten termin ein moment für die ewigkeit sein und mit pech beim vierten mit wick vaporub auf der brust. gespannt bin ich im neuen jahr dann auf die lucia di lammermoor. hab die peretyatko, glaub ich, auch schon länger nicht gehört, bin schon sehr gespannt, wie sich die entwickelt hat und dass der florez gut unterwegs ist, konnte ich das ganzre frühjahr selber hören. heute jedenfalls war figaro. 1 Zitieren Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Marco Lecco-Mio Marcel Prawy in Ausbildung Geschrieben 18. Oktober 2018 (bearbeitet) 18.10.18 - staatsoper - LE NOZZE DI FIGARO touristentag am stehplatz und überraschende disziplin wurde an den tag gelegt. und auch die seitenstehplätze auf der galerie waren im zweiten teil nicht leergefegt wie sonst immer. waren am ende heute die absichtlichen operntouristen da? wenige spanier, sehr wenige asiaten, ungewöhnlich für eine mozart-oper. mein gefühl, das muss ich zugeben, war ein gemischtes, als ich mir das ensemble zu gemüte geführt habe. da standen namen, die ich selten in wien gehört habe, ebenso, wie namen, die mir eigentlich sorgen bereiten und am ende war alles gut. das staatsopernorchester war glänzend aufgelegt und hatte heute mit sascha goetzel einen umsichtigen und feinfühligen leiter, der immer den sängern diente. war das ensemble einmal schneller unterwegs als das orchester, hatte er innerhalb einer sekunde angezogen, war bei jedem takt hellwach, was sein teil eines runden abends war. dieser erwin schrott, was der sich immer einfallen lässt... hier ist er am besten aufgehoben - bei mozart, bei einem kleineren orchester, wo er seine nämlich gar nicht mal so grosse stimme ohne forcieren einsetzen kann, da singt er richtig schön. und beim grafen almaviva, eitel und hinter jedem rock her und am ende an der nase herumgeführt, da kann schrott so richtig sein immenses schauspielerisches und vor allem komödiantisches talent zeigen. das opernglas war heute wichtig auf der galerie, denn ihm muss man ins gesicht schauen, gerade, wenn andere mit singen dran sind, er spielt jedes wort des librettos, zieht den schnofel, dreht an seinen ringen und zupft an seinen rüschen herum, eine freude, ihn beim spiel zu beobachten. seine frau wurde von golda schultz gesungen, die südafrikanerin wäre mir bisher nicht wissentlich untergekommen und sie war besonders gut. sie hat eine feine stimme und kennt die rolle, kein quietschen in den rezitativen, traumwandlerisch singt sie sich durch die koloraturen ihrer arie im dritten akt und erfüllt die partie ebenfalls durch ihr gutes spiel mit leben. gut bekannt ist den freunden der staatsoper die israelin chen reiss, die eine glänzende susanna sang, glockenhell und fehlerlos und, und das ist ja wichtig beim figaro, ebenfalls mit witzigem spiel. wie sie gegen ende ihren bräutigam mit dem fächer verprügelt, das war ausser lustig nämlich auch noch glaubhafter als der vorgestrige faustkampf zwischen tell und gesler. auch für sie wie für alle grosser applaus. riccardo fassi als figaro musste sich ein bisserl warmsingen, das abmessen des künftigen ehebettes klang noch recht rostig, aber das hatte sich bald gelegt und zumindest gesanglich konnte er überzeugen. im spiel etwas dezenter, ist er dabei etwas untergegangen. aber er hatte ja heute ganz besonders gut aufgelegte kollegen. die junge svetlina stoyanova, von der sich kein hinweis findet, dass sie die tochter von krassimira wäre, sang und spielte den cherubino und überzeugte dabei ebenso wie ihre routinierten kollegen. auffgefallen ist, dass sie einen recht guten stimmumfang haben dürfte, den sie in den tiefen noch dezent einsetzt, in den höhen ist sie sich ihrer sache etwas sicherer, aber angesichts der tatsache, dass die junge dame gerade einmal 27 jahre alt ist, ein opernsängerisches küken, könnte da eine schöne karriere in den kinderschuhen stecken. sie wird also in dieser saison zu beobachten sein. anzutreffen dürfte sie dabei eher in kleineren partien sein. in den kleineren partien waren heute noch ulrike helzel als marcellina zu hören und zu sehen, sie hatte ihr hauptaugenmerk eher auf den gesang gelegt, während ihr kollege dan paul dumitrescu, der eh so selten lustige rollen abkriegt, den abend richtig ausgenutzt hat und stolpern, poltern, kichern und erschrecken gerne und passend gespielt und gesungen hat. leonardo navarro war ein routinierter don basilio, benedikt kobel, weniger holprig im italienischen fach als sonst unterwegs, war don curzio, peter kellner sang einen guten antonio und verlieh der figur damit einen grösseren glanz, als sie sonst abkriegt und mariam battistelli als barbara hatte ihre kurzen soli voll im griff. am ende war es ein hinreissend gespielter figaro, der auch gesanglich keine wünsche offen gelassen hat und der mit einem umwerfenden erwin schrott zumindest mich durchaus überrascht hat. leider war das schon die letzte vorstellung dieser serie und damit in dieser konstellation. next: elektra, dienstag. mit frau schwester und somit sitzplatz bearbeitet 19. Oktober 2018 von Marco Lecco-Mio 0 Zitieren Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Marco Lecco-Mio Marcel Prawy in Ausbildung Geschrieben 19. Oktober 2018 halbe südfront schrieb vor 18 Stunden: Publikumsliebling Jongmin Park als Narbal gab wieder ein wunderbares Beispiel für seinen dunklen Bass. Ihn könnte ich bei jeder Oper hören, er hat einfach eine großartige Stimme hast du zufällig 2015 eine vorstellung von "i puritani" mit jongmin park, carlos alvarez, olga peretyatko und john tessier gehört? das war für mich seine grosse stunde. oder die premierenserie vom troubadour mit der netrebko und alagna. diese stimme (und andere) im ensemble zu haben, das sogar in einstelligen eurokategorien hören zu dürfen, ist ein unfassbarer luxus, von dem selbst die allermeisten topnationen nur träumen können. tradition kannst du offenbar wirklich nicht kaufen. das ist das liebste steuergeld, das ich zahle, da will ich nichts von senkungen hören. 0 Zitieren Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
halbe südfront Baltic Cup Champion Geschrieben 19. Oktober 2018 Marco Lecco-Mio schrieb vor 1 Stunde: eigentlich untragbar, dass der nicht schon eine stunde vor der aufführung da ist. Naja, jeder kann mal zu spät zur Arbeit kommen. Derart passiert auch dem Verlässlichsten, es kann ja immer mal was passieren. Was mich wundert ist, dass das so bekannt gemacht wird. Ich konnte beim Staatsopernorchester schon Mitglieder beobachten welche15 oder 20 Minuten vor der Vorstellung noch ganz locker im Opern Cafe getratscht haben und von der Kantine habe ich schon legendäre Gschichteln gehört. Marco Lecco-Mio schrieb vor 2 Stunden: les troyens haben es dir ja angetan. interessant mit den farben, hab ich gedankenlos hingenommen. ich hab das schiff am besten gefunden, weil es so einfach gelöst war und dabei so treffend. ich werd zur letzten vorstellung nochmal gehen und hoffen, dass ich die andere cassandra auch noch hören darf, man sagt, antonacci wär als cassandra das non plus ultra und am nationalfeiertag steht sie im programm. Ja, ich liebe solch Monumentalwerke und Inszenierungen dazu welche die Oper Oper sein lassen. Antonacci würde ich auch gerne hören, aber leider habe ich keine Möglichkeit mehr mir noch eine Vorstellung anzusehen. 0 Zitieren Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
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