Spanien- Chile Mi. 18.6. 21:00

[axl_]

wos?

was ist unverständlich? Bei Ballbesitzanteilen von ~65% gibt es einfach weniger Möglichkeiten zu pressen. Ich denke, dass auch die Spanier gerne "Balleroberung - Pass - Pass - Abschluss" spielen würden, nur geht das halt nicht, weil die Gegner viel vorsichtiger und mit weniger Risiko spielen als in anderen Spielen.

[halbe südfront]

was ist unverständlich?

1. -> Pressing gibts nur wenn der Gegner am Ball mutig ist

2. -> das ist mittlerweile bei Spanien/Barca/Bayern-Spielen quasi nicht mehr der Fall.

wahrlich keine ahnung was du damit meinst.

selbstredend kann ich immer pressen. egal ob der gegner am ball mutig ist, oder sich in die hose macht. im gegenteil, ich werde mir schwer tun zielführendes pressing abzubringen, wenn der gegner mit höllentempo (also mutig) in die spitze spielt.

die gegner der genannten teams spielen eben offensiv immer risikoreicher. anpressen - balleroberung - auf vorwärtsbewegung umschalten - pass - pass - abschluß. das ist das rezept. sie lassen durch das hohe, aggressive, giftige pressing dem gegner im ballbesitz nicht mehr die möglichkeit "stundenlang" den ball in den eigenen reihen hin und her zu schieben und langsam nach vorne zu rotieren, auf das loch zu warten und dann mit einer explosiven kombination die chance zur scoring vorzufinden. und bringen ihn durch das schnelle umschalten defensiv in nöte.

ich glaub slomka war es, der vor vielen jahren mal sagte - "die überwiegende anzahl an toren fällt in den ersten 12 sekunden nach ballgewinn, das muss man sich zu nutze machen." - mittlerweile beherzigen das viel mehr teams, gerade gegen die "ballbesitz"fetischisten.

was ist unverständlich? Bei Ballbesitzanteilen von ~65% gibt es einfach weniger Möglichkeiten zu pressen. Ich denke, dass auch die Spanier gerne "Balleroberung - Pass - Pass - Abschluss" spielen würden, nur geht das halt nicht, weil die Gegner viel vorsichtiger und mit weniger Risiko spielen als in anderen Spielen.

gerade dortmund gehört doch zu den stärksten teams. und gerade dortmund beweist doch, dass man das auch als starkes team spielen kann. es ist schon auch eine frage der spielphilosophie.

[axl_]

Mit "mutig am Ball" ist gemeint, dass der Gegner den Ball unter Druck nicht gleich blind wegschlägt. Wenn er das macht ist man nämlich erst recht wieder in Ballbesitz und kann nicht pressen. Wie gesagt, schau dir die Spiele von vor ein paar Jahren an, da gabs unzählige solcher schnellen Umschaltaktionen. Dann haben die Mannschaften weniger Risiko genommen, haben immer mehr Spieler hinter den Ball gebracht und sind in Umschaltmomenten nicht mit übermäßig vielen Spielern aufgerückt. Der Ballbesitz wurden einem quasi aufgezwungen und daher hat sich dieses langweilige Ballgeschiebe, das keiner sehen will, erst entwickelt. Wenn die Spanier die Möglichkeit bekommen selbst so zu spielen setzen sie das genauso exzellent um.

Und auch bei Dortmund musste man sich ständig verändern. In der Meistersaison 10/11 war das Standing ein ganz anderes als es heute ist. Damals konnte man ohne Probleme dem Gegner den Ball überlassen und selbst kontern. Wenn ich aber an die Spiele im letzten Herbst denke wird mir noch immer schlecht. Man hatte enorm viel Ballbesitz und konnte damit überhaupt nichts machen, weil die Philosophie eben auf das Spiel gegen den Ball ausgerichtet ist. In der CL sieht das anders aus, weil man dort eben nicht zu den ganz Großen zählt. Trotzdem erkennt man, dass es mit dem CL-Finale auch dort schwieriger wurde. 12/13 hatte man in der Gruppenphase noch ~30% Ballbesitz, letzte Saison waren es 40%.

Es lässt sich einfach nicht verhindern, dass mit steigendem Erfolg auch die Gegner immer vorsichtiger werden, weil anstelle eines Sieges auch ein X schon als Erfolg gewertet wird. Man selbst muss offensiver werden, was zur Folge hat, dass der Gegner nach Ballgewinnen mehr Räume bekommt und dann überall geschrieben wird, wie toll diese nicht umschalten.

[halbe südfront]

aber zwischen blind wegschlagen (was manch schwächere teams durchaus tun) und dem was von holland und chile produziert wird ist doch ein himmelhoher unterschied.

und nein, dass schnelle umschaltspiel mit hohem pressing wurde nicht von spanien/barcelona erfunden. das ist erst nach und nach als reaktion auf das spanische dominanzsystem entstanden (und ja, selbstredend hab ich auch 2006 und 2008 schon alle spiele mitverfolgt. das hab ich auch schon 1978 getan. du brauchst mich also nicht neuerlich dazu auffordern alte spiele anzusehen.). schnelles konterspiel gab es schon immer. und es wurde immer von außenseitern praktiziert. aber hohes pressing war früher eine domäne absolut dominanter, starker und hochfavorisierter teams. mittlerweile ist es aber ein rezept GEGEN dominante teams mit ballbesitzphilosophie.

man muss den spaniern dafür eh danken. der fußball wurde dadurch noch athletischer, noch unberechenbarer, noch schneller und noch spannender. der unterschied zwischen groß und klein noch überschaubarer. eine zeit lang mußte man dafür halt ihre dominanz verbunden mit wehrlosigkeit der gegner und langweiligem ballgeschiebe ertragen.

aktuell aber ist der fußball attraktiv wie nie zuvor. das zeigt auch diese vorrunder der wm sehr gut. und das ist mit sicherheit der großen spanischen ära mit zu verdanken.

[axl_]

Ich schreibe weder, dass Spanien das Pressing erfunden hat, noch, dass Chile oder die Niederländer den Ball blind herumgedroschen haben. Im Gegenteil, Chile spielt wie erwähnt ein sehr ähnliches System wie die Spanier, und die Niederländer haben ebenfalls versucht strukturiert herauszuspielen, waren dabei auch ballsicher. Mir gehts darum, dass offenbar die Meinung herrscht, dass Spanien auf Biegen und Brechen den langsamen, faden Kick durchzuziehen will. Das ist definitiv nicht ihre Idealvorstellung, denn auch sie würden gerne nach Ballgewinnen so schnell wie möglich zum Abschluss kommen. Allerdings ist das aufgrund der oben genannten Gründen mittlerweile kaum mehr möglich.

[halbe südfront]

ist zwar interessant. aber irgendwie hängen wir da fest. es war noch nie, auch vor jahrzehnten nicht, möglich, dass die dominierenden teams die underdogs laufend auskontern konnten. das tiki taka hat sich aber nicht grundlegend durch die spielanlage der gegner geändert. und nein, auch 2008 hat spanien nicht den direkten weg zum abschluß gesucht. sie haben nicht versucht mit ein, zwei pässen im strafraum zu sein und sofort abzuschließen.

ball sichern, spiel verschleppen, nach vorne rotieren, mit vielen kurzen pässen und positionsänderung der angreifenden spieler und vor allem -> mit viel geduld auf die lücke in der abwehr warten und diese dann ausspielen (klar sind sie auch mal einen konter gefahren, wenn die spielsituation es zuließ. aber weder war ihr spiel darauf ausgerichtet, noch haben sie aggressives pressing am gegnerischen strafraum betrieben und schon gar nicht war das ihre beste waffe). das war auch damals das spiel. und es war zunächst sogar faszinierend anzusehen. bei barcelona (dank der besseren einzelspieler) länger als beim nationalteam. aber das spiel wurde ganz einfach zu ergebnisorientiert. und die wm 2010 war einfach nur grauslich.

und bei chile bin ich vehement anderer meinung. und ich habe diese auch schon begründet. das spiel chiles ist dem spanischen nicht ähnlich. es ist viel mehr das gegenrezept zum spanischen spiel, oder zu jedem dominanten spiel mit behutsamem, geduldigen aufbau und gesicherten ballbesitz. der grundlegende unterschied besteht schon in der passlänge, passfrequenz und dem überwundenen raum in gleicher zeit.

[axl_]

http://www.youtube.com/watch?v=qNpQQA_j9qc

http://www.youtube.com/watch?v=-rkqQm1r1N4

gute Nacht