rapidlerfreak Fanatischer Poster Geschrieben 4. Februar 2003 Wie versprochen hier die Geschichte des englischen Fussballs. Viel Spass beim Lesen, ich finde es sehr interessant. "Ohne England, kein FuĂball" , diese ebenso beliebte wie weitverbreitete Lösung ist einfach zu schön, um wahr zu sein. "FuĂ-Ball" wurde in der Vergangenheit nĂ€mlich nicht nur auf den britischen Inseln gespielt, sondern auch in Italien, China, Griechenland und diversen anderen Regionen dieser Welt. Eines haben aber die britischen Inseln - und hier insbesondere England und Schottland - dem Rest der Welt voraus. Dort entwickelte sich im 19. Jahrhundert aus dem UrfuĂball der moderne FuĂball. Also doch "ohne England kein FuĂball".... Zur Vorgeschichte: Jahrhundertelang war in Britannien ein Beispiel namens Hurling ocer country populĂ€r, bei dem komplette mĂ€nnliche Dorfbewohnerschaften gegeneinander antraten. "Tore" waren die Marksteine des gegnerischen Dorfes, erlaubt war so ziemlich alles. Hurling war ein ziemlich brutales Spiel, das nicht umsonst des öfteren verboten wurde und im 18. Jahrhundert deutlich an PopularitĂ€t verlor. Dass Hurling um 1800 nahezu ausgestorben war, lag allerdings auch an den einschneidenden gesellschaftlichen VerĂ€nderungen auf der britischen Insel. Ein Geburtenboom hatte immsense soziale Probleme beschert und zu einer drastischen VerstĂ€dterung gefĂŒhrt, die durch die gleichzeitig ablaufende "Industrielle Revolution" noch verschĂ€rft wurde. Zwischen 1801 und 1851 wurde ein Bervölkerungswachstum von ĂŒber 100% verzeichnet, was vor allem im industriellen Ballungsraum zwischen Liverpool, Sheffield und Leeds fĂŒr katastrophale LebensverhĂ€ltnisse sorgte - und zugleich einen groĂartigen NĂ€hrboden fĂŒr den kommenden FuĂballboom darstellte. Entwickelt wurde der moderne Fussball allerdings von den "besseren Kreisen" der Mittel - und Oberschicht - und die waren vornehmlich im SĂŒden zu finden. Einige fĂŒr die Ausbildung der Zöglinge der aufgeklĂ€rten FĂŒhrungsschicht zustĂ€ndige Public Schools hatten sich an Hurling erinnert und es als geeignet angesehen, zur Körperausbildung der Jugendlichen beizutragen. Mittels Begrenzung der Teilnehmerzahl und der SpielflĂ€che sowie Regeln bezĂŒglich des erlaubten Grades an Körpereinsatz wurde das Spiel erfolgreich "gezĂ€hmt" - zur Freude der Jugendlichen, die football sofort begeistert aufgriffen und es nach ihrer Schulzeit weiterbetrieben, womit der weltweite Siegeszug der Lederkugel seinen Lauf nehmen konnte. Von den Ex - Public School - SchĂŒlern wurde FuĂball einerseits in die UniversitĂ€ten getragen (und dort fĂŒr seine Weiterverbreitung gesorgt), andererseits aber vor allem in sogenannten "Old Boys Teams" gepflegt. Dabei handelte es sich um eine Art "SchulabgĂ€ngermannschaften", die zumeist nach der Schule, aus der die Akteure stammten, benannt waren. Die Akteure der "Old Etonians" beispielsweise hatten die Schule von Eton besucht. Zugleich war aber auch der 1885 gegrĂŒndete Sheffield FC, der Ă€lteste FuĂballklub der Welt, ein solches Old Boys Team. Den Old Boys Teams war es zu verdanken, dass der Schulsport FuĂball in die Welt der Erwachsenen hineingetragen wurde. In der zweiten HĂ€lfte des 19. Jahrhunderts hatte sich FuĂball landesweit etabliert, wobei einige grundlegende Probleme aufgetreten waren. Eines war die unterschiedliche Handhabung der Regeln. Im Grunde genommen hatte jede Schule zunĂ€chst ihre eigenen Regeln aufgestellt, wobei es vornehmlich in den Punkten âHandspielâ sowie âerlaubter körperlicher Einsatzâ Unterschiede gab â die wenig spĂ€ter zur Aufspaltung in FuĂball und Rugby fĂŒhren sollten. Nachdem 1848 von Studenten der Cambridge University verfasste Einheitsregeln noch weitestgehend ingnoriert worden waren, fand sich Anfang der 1860er Jahre schliesslich eine Gruppe interessierter ehemaliger Public school â SchĂŒler, die sich an die systematische Lösung des Regelproblems machte. Doch ganz so einfach war das nicht. 1863 wurde in der UniversitĂ€tsstadt Cambridge ein Treffen durchgefĂŒhrt, bei dem die schwelenden Differnzen zwischen Verfechtern beider Spielvarianten eskalierten und es zum Bruch kam. Am 26. Oktober desselben Jahres riefen Vertreter von elf Londoner Schulen bzw. Klubs eine weitere Versammlung ein, bei der es es zur GrĂŒndung der Football Association (FA) kam, dem Ă€ltesten FuĂballverband der Welt. Mit der GrĂŒndung der FA â eine Landesbezeichnung wurde und wird als ânicht notwendigâ betrachtet â war die dauerhafte Trennung zwischen FuĂball und Rugby besiegelt. 1871 grĂŒndeten die Rugbyverfechter mit der Rugby Union ebenfalls einen eigenen Verband. Die FA, in der wohlhabende Gentlemen der mittleren und oberen Klasse unter sich waren, und deren EinfluĂ sich zunĂ€chst auf den Raum London beschrĂ€nkte, entpuppte sich als InitialzĂŒndung und fĂŒhrte ĂŒberall in England zur GrĂŒndung Ă€hnlicher Organisationen, die spĂ€ter zu FA â RegionalverbĂ€nden wurden. Mit ihrem Einspruch auf uneingeschrĂ€nkte AutoritĂ€t in sĂ€mtlichen Belangen des FuĂballspiels förderte sie zudem eine zentral gelenkte und somit verhĂ€ltnismĂ€Ăig undgestörte Entwicklung des Spiels. WĂ€hrend sich FA und Old Boys Teams emensig um die Vereinheitlichung der Regeln sowie den Aufbau eines (Freundschafts)-Spiel-betriebes bemĂŒhten, taten sie allerdings kaum etwas, um das Spiel auch zu verbreiten â schon gar nicht ĂŒber die Klassengrenzen hinaus. Nichtsdestotrotz wurde FuĂball auch unter der Arbeiterschaft rasch populĂ€r. DafĂŒr sorgten u.a. die Kirchen, von denen zahlreiche MannschaftsgrĂŒndungen ausgingen. Die Geistlichen sahen den missionarischen Charakter im FuĂball, der helfen sollte, die als Reaktion auf die nahezu unertrĂ€glichen Lebens â und Arbeitsbedingungen entstandene Alkohol â und Wettleidenschaften der Arbeiterschaft zu bekĂ€mpfen. Nach den Kirchenmannschaften, aus denen spĂ€ter u.a. Klubs wie Bolton Wanderers, Everton FC oder Southampton FC hervorgingen, kamen FuĂballmannschaften gröĂerer Industriebetriebe auf. Einer der ersten derartigen âArbeitervereineâ war der heutige Zweitligist Crewe Alexandra, der 1877 gegrĂŒndet wurde. Crewe stammte, wie auch der ein Jahr spĂ€ter gegrĂŒndete VorlĂ€ufer von Manchester United Newton Hearth, aus dem Eisenbahnermilieu. FĂŒr die GrĂŒndung von Betriebsmannschaften gab es 3 GrĂŒnde: a) Die GeschĂ€ftsfĂŒhrung hatte selbst Interesse an FuĂball b) sie betrachtete es als geeignetes Mittel zur Verbesserung der Arbeitsmoral oder c) sie wollte ihr Ansehen bei den Arbeitern erhöhen. WĂ€hrend die Verbindung zwischen Industrie und FuĂball bekanntlich heute noch besteht, wurde die zwischen Kirchen und FuĂball bald empfindlich gestört. Grund war, dass die hehre Formel âgesunder Körperâ = âgesunder Geistâ in der Praxis nicht allzu lange Bestand hatte und FuĂball statt dessen eine Verbindung zu Alkohol und Wetten aufnahm â ausgerechnet zu jenen Dingen, die die Kirchen doch mit ihm einzudĂ€mmen geglaubt hatten! FuĂball spielte eine immense Rolle bei der Sozialisation der zumeist vom Land in die lebensunfreundlichen IndustriestĂ€dte gekommenen Arbeiter. Durch die âBetriebsmannschaftâ verfĂŒgten sie nun erstmals ĂŒber ein Indentifikationsobjekt mit ihrem Arbeitsplatz bzw. ihrem Wohngebiet, in dem sie in Vor-FuĂballzeiten hĂ€ufig isoliert gewesen waren. DarĂŒber hinaus war FuĂball ideales Zerstreuungsmittel vom monotonen Arbeitsalltag, was dazu fĂŒhrte, daĂ er auch von mindertalentierten Arbeitern aufegriffen wurde â als Zuschauersport. Eine weitere Grundlage fĂŒr den damit einsetzenden FuĂballboom war das Vorhandensein von Geld und Zeit. Zwischen 1860 und 1867 war, bei leichten Anwachsen der Reallöhne, in ganz England der 10-Stundentag eingefĂŒhrt worden, spĂ€ter kam der freie Samstagnachmittag hinzu. Last but no least war die englische Gesellschaft angesichts der erwĂ€hnten Bevölkerungsexplosion fuĂballfreundlich âjungâ. 1871 waren 50% der EnglĂ€nder unter 21 Jahre alt, 80% waren unter 45. In den ausgeklingenden 1860er Jahren war FuĂball allerdings noch ein Hobbysport, der von Old Boys Teams dominiert wurde, die aus GrĂŒnden der Geselligkeit, der Ehre und des noblen Verhaltens spielten. Erste Trendwende in Richtung âWettbewerbssportâ war die EinfĂŒhrung des Football Association Cup (FA â Cup) im Jahre 1871. Obwohl an dem ersten Pokalwettbewerb der Welt nur vierzehn der insgesamt 50 der FA angeschlossenen Vereine teilnahmen, trug er imments zur landesweiten Verbreitung des Spiels und vor allem zur Förderung des Wettbewerbsgedankens bei. Zudem bot der zunĂ€chst auch schottischen Vereinen offene Wettbewerb der Arbeiterklubs des Nordens erstmals die Möglichkeit, ihre KrĂ€fte mit den elitĂ€ren Schulmannschaften des SĂŒdens zu messen. In sportlicher Hinsicht dominierten allerdings bis weit in die 1880er Jahre Schul â und UniversitĂ€tsmannschaften. Insbesondere die Wanderers aus London, die fĂŒnf der ersten sieben Pokalrunden gewannen, waren nahezu unbezwingbar. Erst in der zweiten HĂ€lfte der 1880er Jahre schlossen die Arbeiterteams des Nordens allmĂ€hlich auf, was sich prompt in einer aufkommenden Profidebatte widerspiegelte. WĂ€hrend dabei im elitĂ€ren SĂŒden das Amateurideal hochgehalten wurde, ĂŒberwog im industrialisierten Norden der Profigedanke. Dies schlug sich auch in der Einstellung zum Spiel nieder. WĂ€hrend die Old Boys Teams hohe ethische und moralische GrundsĂ€tze hatten, auf dem Spielfeld technische KabinettstĂŒckchen und IndividualitĂ€t liebten und grundsĂ€tzlich das Spiel vor dem Sieg ansiedelten, ĂŒbertrugen die Arbeitervereine ihre aus dem Alltag gewohnte Konkurrenzsituation, schworen auf Teamwork und wollten vor allem eins: gewinnen. Dazu kam, daĂ sich FuĂball im Norden zum Zuschauermagneten gemausert hatte und zu einer lukrativen Einnahmequelle geworden war â fĂŒr alle Beteiligten. LĂ€ngst waren die Klubs angesichts der steigenden Zshl ihrer Spiele dazu ĂŒbergegangen, den Aktiven zusĂ€tzlich zu Reisespesen und Lohnausfall âTreueprĂ€mienâ und âGewinnbonusseâ zu zahlen. DarĂŒber hinaus war es zu einer regelrechten âInvasionâ aus dem Norden gekommen: 1884 gab es in Lancashire 55 Schotten, die ihr Brot vornehmlich mit FuĂball verdienten! Die Profidebatte drohte die FA zu spalten â woran der Verband alles andere als unschuldig war. Statt auf die Forderung nach einer Gleichstellung mit Cricket, wo das Profitum bereits eingefĂŒhrt war, einzugehen, reagierten die elitĂ€ren Londoner Gentlemen mit Disqualifizierungen und Sperren fĂŒr erwischte Profis, was den Unmut bei den betroffenen Vereinen weiter anwachsen lieĂ. Nachdem Preston Noth End wegen Einsatzes eines âProfisâ in einem FA â Cup â Spiel gesperrt worden war, drohten Vertreter von 40 Nordvereinen erbost damit, sich von der FA zu lösen und einen eigenen Verband zu grĂŒnden. Diesmal regierte FA â GeneralsekretĂ€r Charles Alcock umsichtig und versprach die EinfĂŒhrung einer seit lĂ€ngerem geforderten Profiliga. Am 20. Juli 1885 verkĂŒndete die FA, fortan ProfifuĂball tolerieren zu wollen und schuf damit die Grundlagen fĂŒr die GrĂŒndung der Football League, der Ă€ltesten Liga der Welt. Dass sich die FA trotz ihrer elitĂ€ren Ausrichtung nicht den Forderungen der Arbeiter verschloĂ, verdankt FuĂball seinen nun einsetzenden steilen Aufstieg. Sportlich trat in jenen Tagen ebenfalls eine Trendwende ein. 1883 gewann mit Blackburn Olympic erstmals ein nordenglisches Arbeiterteam den FA Cup, nachdem ein Jahr zuvor Lokalrivale Rovers im Finale gegen die Old Etonians noch verloren hatte. Blackburns Triumph markiert das Ende der Epoche der Schul â und UniversitĂ€tsmannschaften, die anschlieĂend nie wieder ein Finale erreichten und aus dem Blickfeld verschwanden. Die 1888 in London gegrĂŒndete Football League war bereits eine von Arbeitern dominierte Angelegenheit: SĂ€mtliche 12 GrĂŒndervereine kamen aus dem Norden, mit Accrington, Blackburn, Bolton, Burnley, Everton, Preston stammen allein sechs aus Lancashire, dem âhotbedâ des englischen FuĂballs. Mit GrĂŒndung der Football League schaffte FuĂball endgĂŒltig seinen Durchbruch und wurde zugleich zum erfolgreichsten Exportschlager Englands. DarĂŒber hinaus trug sie zur Weiterentwicklung des Spiels bei. So wurden beispielsweise zwischen den Aktiven und den Vereinen VertrĂ€ge geschlossen, die fĂŒr die gesamte Saison galten, womit sich erstmals die Möglichkeit zu tĂ€glichem Training ergab, das ab 1890 praktisch ĂŒberall Norm war. Der moderne FuĂball war geboren. Der Wandel vom âGentlemenfuĂballâ zum âArbeiterfuĂballâ korrespondierte mit der Entstehung einer FuĂballöffentlichkeit. 1871 hatte das FA-Cup Finale noch ânurâ 2.000 Neugierige anlocken können. 1884 waren es bereits 12.000, 1897 65.891 und schon 1901 wurde erstmals die 100.000er Grenze ĂŒberschritten (114.815). Der FA â Final â Tag wurde zu einer Art Nationalfeiertag und lockte Zuschauermengen an, die ansonsten nur bei Veranstaltungen des Königshauses zu verzeichnen waren. Auch das konnte sich der FuĂballfaszination ĂŒbrigens nicht lange verschlieĂen: 1914 besuchte George V. als erster Monarch ein PokalfinaleâŠ..Bei den Football League â Spielen stiegen die Besucherzahlen ebenfalls exorbitant an. Nachdem in der Auftaktsaison 1888/89 bereits 4.561 Zahlende pro Spiel erschienen waren, lockte nur 10 Jahre spĂ€ter Mesiter Aston Villa schon fast 33.000 Zuschauer pro Spiel an! Die Ursachen waren vielfĂ€ltig. So waren FuĂballklubs fĂŒr viele Menschen beispielsweise zu Indentifikationsobjekten geworden, mit deren Hilfe sie einen starken Lokalbezug hatten herstellen können. Dazu kamen eine deutlich verbesserte Infrastruktur, spezielle WerbemaĂnahmen, stiegendes Interesse der Medien sowie der Bau von vereinseigenen GroĂstadien, der in der Regel ĂŒber Anteilsscheine und Sponsorengelder finanziert wurde. In den Stadien kam es ĂŒbrigens zu einer Art âWiedervereinigungâ: WĂ€hrend die Arbeiterschaft auf den billigen Stehterassen zuschaute, verfolgte die wohlhabende Mittelschicht â darunter auch viele âold boysâ â das Geschehen auf den teuren SitzplĂ€tzen. Auf der anderen Seite hĂ€uften sich in jenen Jahren allerdings auch Klagen ĂŒber Alkoholmissbrauch und rĂŒpelhaftes Verhalten von FuĂballfansâŠâŠ Der Aufschwung der Football League hielt auch nach der Jahrhundertwende an. Mit Beginn des 1. Weltkrieges war sie lĂ€ngst ein prosperierender Wirtschaftsfaktor und fester Bestandteil der Arbeiterkultur geworden. In sportlicher Hinsicht wurde die seit 1892 nach EinfĂŒhrung einer zweiten Liga First Division genannte Klasse von den Nordklubs dominiert. Nach Preston Noth End, das sich den Ruf als invincible(âunbezwingbarâ) erwarb un 1889 und 1890 Meister wurde, hatte 1894 das Zeitalter von Aston Villa begonnen. Bis zur Jahrhundertwende sicherte sich der Klub aus Birmingham â Aston fĂŒnf Meistertitel und zwei Pokalsiege, ehe er seine FĂŒhrungsposition an Liverppol, Sheffield Wednesday, Sunderland, Newcastle und Blackburn verlor. Von den SĂŒdklubs war in jenen Jahren kaum etwas zu sehen. Erst 1904 stieg mit Woolwich Arsenal erstmals ein Londoner Klub in die First Division auf. Weltweit galt die First Division als stĂ€rkste Liga, und ihre Klubs waren ĂŒberall gerne gesehene FuĂballmissionare. Soweit die positive Seite. Negativ war, dass Englands FuĂball sich zugleich mit einer gewissen Arroganz selbst isolierte. Da man sich als âFuĂballerfinderâ wĂ€hnte, glaubte man auf alle Ewigkeiten das Recht zu besitzen, ĂŒber das Schicksal des Spiels entscheiden zu können und befand es beispielweise nicht fĂŒr notwendig, im Mai 1904 zur FIFA â GrĂŒndung zu reisen. Arrogant kabelte die FA lediglich gen Paris, dass sie mit der GrĂŒndung âeinverstandenâ sei â und trat erst 1905 bei, als man auch in London einsehen musste, dass der WeltfuĂballverband wohl seine Berechtigung hatte. Bis heute ist die britische Sonderstellung in Sachen FuĂball dadurch dokumentiert, dass GroĂbritannien statt mit einem Landesverband mit deren vier der FIFA angehört. National setzte sich der Höhenflug nach dem 1. Weltkrieg ungebrochen fort. In der ersten Nachkriegssaison 1919/20 wurde mit 22.090 Zuschauern pro Spiel ein neuer Rekord aufgestellt, der anschlieĂend beinahe jĂ€hrlich ĂŒberboten wurde. Auch das Umfeld wurde immer professioneller. 1920 bzw. 1921 beispielsweise wurden zwei Drittligastaffeln und 1923 konnte das Wembley Stadium eröffnet werden, das an seinem Eröffnungstag mit 126.047 Zuschauern prall gefĂŒllt war. Dass die Spannung in der First Division in jenen Tagen kaum noch zu ĂŒberbieten war, lag nicht zuletzt daran, dass die Klubs aus dem SĂŒden deutlich aufgeholt hatten. 1921 war Tottenham Hotspurs Pokalsieger geworden, 1927 entfĂŒhrte Cardiff den FA Cup zum ersten und bis heute einzigen Mal nach Wales und 1931 wurde mit Arsenal erstmals ein SĂŒdteam Meister. Der Erfolg der Gunners war vor allem einem Mann zu verdanken: Herbert Chapmann. Chapmann, der zuvor Huddersfield Town dreimal in Folge zur Meisterschaft gefĂŒhrt hatte, sollte die Nordlondoner bis zu seinem frĂŒhen Tod im Jahre 1934 zur stĂ€rksten Mannschaft Englands â und Europas â machen. Sein WM-System brachte Arsenal zwischen 1931 und 1935 vier Meistertitel ein und revolutionierte ânebenbeiâ den WeltfuĂball. Nach der kriegsbedingten Unterbrechung zwischen 1939 und 1945 setzte sich der FuĂballboom ungehindert fort. In der Spielzeit 1948/49 wurde ein Zuschauerschnitt von nahezu 39.000 erreicht, womit die First Division unbestrittene Nummer 1 in Europa war. Zugleich erwies sich die FA mit ihrem konservativen Gehabe aber zusehends als Hemmschuh. So weigerte sie sich beispielsweise bis 1950 beharrlich, Flutlichtspiele zuzulassen. DarĂŒber hinaus leistete sich die FA auf internationaler Ebene eine gewisse Ignoranz â man war schlieĂlich England, âthe home of footballâ-, die nicht ganz unschuldig daran war, dass Englands FuĂball in den fĂŒnfziger Jahren allmĂ€hlich seine Dominanz einbĂŒĂte. Bei der ersten WM Teilnahme 1950 â 1930, 1934 und 1938 hatte England gefehlt, weil die FA 1928 wegen der Berufsspielerfrage aus der FIFA ausgetreten war â gab es nach Niederlagen gegen die UsSA und Spanien ein sensationell frĂŒhes Aus, und spĂ€testens am 25. November 1953 wurden die Folgen der sogenannten âsplendid isolationâ fĂŒr jeden ersichtlich, als das ungarische Wunderteam um Ferenc PuskĂĄs mit 6:3 im Wembley gewann und England damit die erste Heimniederlage gegen ein europĂ€isches Team einbrachte. Erst als Alf Ramsey wenig spĂ€ter die Mannschaft ĂŒbernahm, die antiquierten Gewohnheiten und Taktiken beiseite legte und das moderne 4-4-2-System einfĂŒhrte, kam die Wende, die mit der Weltmeisterschaft 1966 ihren sportlichen Höhepunkt erreichte. National waren die fĂŒnziger und sechsziger Jahre eine Zeit des Wandels. 1960 konnte mit Burnley letzmals ein âkleinerâ Klub die Meisterschaft gewinnen, anschlieĂend brach das Zeitalter der finanzstarken âGroĂenâ an. Fortan waren es Liverpool, Everton, Manschester United, Arsenal, Leeds und Tottenham, die die Meisterschadt dominierten und zugleich aus europĂ€ischer BĂŒhne einen Erfolg nach dem anderen feierten. Eine der Hauptursachen fĂŒr den Epochenwandel war die 1961 aufgrund eines drohenden Spielerstreiks beseitigte Höchstgehaltsgrenze, die anno 1901 zum Schutz schwĂ€cherer Klubs eingefĂŒhrt worden und nun offensichtlich nicht mehr zeitgemÀà war. Folge war, dass sich der Transfermarkt öffnete â und mit ihm die Schere zwischen âarmâ und âreichâ. International wirkte sich das positiv aus. Nachdem Ende der fĂŒnfziger Jahre die berĂŒhmten âBusby Babesâ von Manchester United, die 1958 bei einem tragischen FlugzeugĂŒnglĂŒck auseinandergerissen wurden, bereits einen ersten Vorgeschmack auf die âneueâ englische StĂ€rke geliefert hatten, dominierten Englands Vereinsmannschaften zwischen 1963 â Tottenhams Gewinn des Europapokals der Pokalsieger â und 1985 â dem Beginn der UEFA â Sperre wegen der VorfĂ€lle von Heysel â die europĂ€ischen Wettbewerbe fast nach Beliebem. Zwischen 1977 und 1982 beispielsweise blieb der Landesmeisterpokal ununterbrochen auf der Insel: Liverpool (dreimal), Nottingham Forrest (zweimal) und Aston Villa (einmal) lieĂen der Konkurrenz keine Chance. Parallel dazu kam es zu einer verstĂ€rkten Kommerzialisierung des nationalen Spielbetriebs, deren Beginn nicht zufĂ€llig mit der Ernennung von Ted Croher zum Fa-GeneralsekretĂ€r (1972) zusammenfiel. Croher, zunĂ€chst FuĂballprofi und spĂ€ter erfolgreicher GeschĂ€ftsmann, setzte nach seinem Amtsantritt erfolgreich auf eine enge Verbindung zwischen FuĂball und Buisness. Unter ihm wurden u.a. die TV-Gelder deutlich erhöht, Trikotwerbung erlaubt und Sponsoren fĂŒr die diversen FA-Wettbewerbe gesucht. 1983 ĂŒbernahm âCanonâ die Football League, 1994 âLittlewoodâ soger den âheiligenâ FA Cup, was einer regelrechten Revolution gleichkam. 1978 war zudem das Verbot, nicht-britische Spieler in den seit 1958 vier Profiligen einzusetzen, aufgehoben worden. Die Auswirkungen dieser Ănderung sollten allerdings erst Anfang der neunziger Jahre deutlich zu spĂŒren sein. Zuvor drohte Englands FuĂball nĂ€mlich der k.o. Randalierende Hooligans, die schon seit Mitte der sechziger Jahre insbesondere bei Europacupspielen regelmĂ€Ăig negativ aufgefallen waren und im nationalen Spielbetrieb dafĂŒr gesorgt hatten, dass die Zuschauerzahlen extrem absanken (1983/84 wurde mit 18.856 Zahlenden pro Spiel ein Minusrekord erreicht) hatten Englands Ruf im Ausland ziemlich ramponiert. WĂ€hrend das Interesse am FuĂball stetig zurĂŒckging, herrschte allenthalben Ratlosigkeit. Weder ein âZuschauer-PaĂ-Systemâ noch verstĂ€rkte PolizeiprĂ€senz konnten die Hooligans, deren Aufkommen auch in der sozialen Situation Englands begrĂŒndet war, stoppen. Als es 1985 im BrĂŒsseler Heysel Stadion beim Europacupendspiel zwischen Liverpool und Juventus Turin zu den bekannten schrecklichen VorfĂ€llen kam, stand Englands FuĂball plöztlich am Scheideweg. Von der UEFA fĂŒr internationale Bewerbe gesperrt und national mit stetig sinkenden Zuschauerzahlen konfrontiert, drohte den Vereinen der finanzielle Exitus. Es kam zu einer Protestbewegung der Topklubs, die eine Aufgabe des Solidarpaktes mit den unterklassigen Vereinen und eine eigenstĂ€ndige Liga mitsamt Vermarktungsrechten forderten â also im Prinzip ihren Austritt aus der Football League. ZĂ€hneknirschend musste nachgegeben werden, und es kam zur Einrichtung Premier League, die 1992 ihren Spielbetrieb aufnahm. Erfolgreiche Verhandlungen um Fernsehgelder sowie eine exzessive Vermarktung machten die neue Liga auf Anhieb zu einem Riesenerfolg, der sich vor allem fĂŒr die Spitzenklubs und deren Akteure auszahlte, denn plötzlich konnten GehĂ€lter gezahlt werden, wie sie zuvor nur in Italien oder Spanien möglich waren. Folge war ein regelrechter Strom auslĂ€ndischer Spitzenspieler in der Premier League, der u.a. Weltstars wie Ruud Gullit, Fabrizio Ravanelli und Gianluca Vialli umfasste. Parallel dazu wurden die mitunter maroden Stadien modernisiert oder gar durch moderne Neubauten ersetzt. Neben wirtschaftlichen ErwĂ€gungen spielte dabei auch der sogenannte âTaylor reportâ eine Rolle, der nach dem TribĂŒnenrand von Bradford (1985) sowie den VorfĂ€llen von Hillsborough (1989) entwickelt worden war und u.a. âall â seaterâ â Stadien in der Premier League und First Division vorschrieb. Wie alles hatte auch dies seine zwei Seiten , denn durch die damit verbundenen Preiserhöhungen â derzeit zahlt man fĂŒr ein Erstligaspiel mindestens 18-20 Pfund â wurde das traditionelle Arbeiterklassenpublikum aus den Arenen vertrieben und durch die besserzahlende Mittel â und Oberschicht ersetzt. WĂ€hrend sich die Premier League derzeit an einem wirtschaftlichen und sportlichen Boom erfreut, ist die Umkrempelung des Spiels weit fortgeschritten und âthe peoples gameâ nur noch via TV oder in den unterklassigen Ligen âVolksspielâ. Nicht ohne Folgen. Die schwindelerregenden GehĂ€lter beispielsweise, die von den Klubs inzwischen gezahlt werden â Leeds-TorjĂ€ger Hasselbaink verlangte im Sommer 1999 von seinem Klub eine Erhöhung seines wöchentlichen Gehalts von 12.000 Pfund auf 40.000 Pfund und kĂŒndigte seinen Vertrag, als sie Verantwortlichen ablehnten â haben bedenkliche AusmaĂe erreicht und die Eintrittspreise in astronomische Höhen getrieben. Dennoch ist es momentan kaum möglich, eine Eintrittskarte fĂŒr ein Premier League - Spiel zu bekommen, da die meisten PlĂ€tze ĂŒber Dauerkarten verkauft werden. Viele Fans stellen sich inzwischen aber bereits dir Frage, wie lange der Boom wohl noch anhalten kann, bzw. wie lange die Vereine noch in der Lage sein werden, die explodierenden GehĂ€lter zu zahlen. Und einige denken sogar schon darĂŒber nach, was danach kommen könnte. Antworten haben sie bislang noch nicht gefunden. Quelle: Hardy GrĂŒne - "EnzyklopĂ€die der europĂ€ischen Fussballvereine" Ich hoffe es gefĂ€llt euch. p.s.: Ăhnliche AusfĂŒhrung gibt es fĂŒrs jede weitere x-beliebige Land. 0 Zitieren Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
rapidlerfreak Fanatischer Poster Geschrieben 5. Februar 2003 Keine Antworten? Hmmm, bedauerlich...... 0 Zitieren Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Marcelinho . Geschrieben 5. Februar 2003 Sehr interessant. THX RF 0 Zitieren Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Gast Bhoyz Geschrieben 5. Februar 2003 Keine Antworten? Hmmm, bedauerlich...... Hatte noch keine Zeit, werde mir das heute am Nachmittag durchlesen. Ăberfliegen hat ja net viel Sinn, da nehm ich mir lieber die Zeit...Freu mich schon! 0 Zitieren Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Gast Bhoyz Geschrieben 5. Februar 2003 Hab's mir jetzt ganz genau durchgelesen - sehr geil, danke fĂŒr's Abtippen! Erheiternd fand ich das: Die Geistlichen sahen den missionarischen Charakter im FuĂball, der helfen sollte, die als Reaktion auf die nahezu unertrĂ€glichen Lebens â und Arbeitsbedingungen entstandene Alkohol â und Wettleidenschaften der Arbeiterschaft zu bekĂ€mpfen. Auf der anderen Seite hĂ€uften sich in jenen Jahren allerdings auch Klagen ĂŒber Alkoholmissbrauch und rĂŒpelhaftes Verhalten von FuĂballfansâŠâŠ 0 Zitieren Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
rapidlerfreak Fanatischer Poster Geschrieben 5. Februar 2003 Ist ja auch ein geiles Buch. Genau das habe ich fĂŒr weitere 56 LĂ€nder. Von Albanien bis Zypern. Alle einzelnen Spielzeiten angefĂŒhrt. Sehr viele Statistiken, Fotos, ein Hammer! 0 Zitieren Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Sportsfreund 1908 Geschrieben 5. Februar 2003 Spitze! 0 Zitieren Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Wuifal Rapidler Geschrieben 14. Februar 2003 Gibts das Buch auch in englischer Sprache? 0 Zitieren Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
rapidlerfreak Fanatischer Poster Geschrieben 14. Februar 2003 Gibts das Buch auch in englischer Sprache? Keine Ahnung, denke aber eher nicht, da es doch ein deutscher Verlag ist...... 0 Zitieren Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Patzi Postinho Geschrieben 14. Februar 2003 @ rf: kannst du mir bitte sagen, wie dieses buch heiĂt? scheint ja ein tolles buch zu sein 0 Zitieren Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
rapidlerfreak Fanatischer Poster Geschrieben 14. Februar 2003 0 Zitieren Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Kafka Alles fĂŒr Amstetten! Geschrieben 14. Februar 2003 Das hab ich auch, wenn ich mal Zeit habe, könnte ich auch einen Artikel daraus posten, so das gewĂŒnscht wird. 0 Zitieren Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
rapidlerfreak Fanatischer Poster Geschrieben 14. Februar 2003 Das hab ich auch, wenn ich mal Zeit habe, könnte ich auch einen Artikel daraus posten, so das gewĂŒnscht wird. Welchen denn? 0 Zitieren Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Kafka Alles fĂŒr Amstetten! Geschrieben 14. Februar 2003 Mir egal. Wir könnten ja so eine Serie machen. Einmal postet der eine, dann wieder der andere. LĂ€nder machen wir uns zuvor aus. Was hĂ€ltst du davon? Wir könnten auch die anderen fragen, welches Land sie gerne vorgestellt bekommen wĂŒrden... 0 Zitieren Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
rapidlerfreak Fanatischer Poster Geschrieben 15. Februar 2003 Jo klar, bin ich dabei. Vielleicht poste ich als nÀchstes Schottland, mal sehen, aber die Idee wÀre schon mal nicht schlecht...... 0 Zitieren Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
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