bambiland


rigobert.song

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Wien – "Meinen Dank an Aischylos und die Perser, übersetzt von Oskar Werner. Von mir aus können Sie auch noch eine Prise Nietzsche nehmen. Der Rest ist aber auch nicht von mir. Er ist von schlechten Eltern. Er ist von den Medien." Knapp und lakonisch umreißt die österreichische Schriftstellerin Elfriede Jelinek ihr neues Stück Bambiland, das sie Ende März dieses Jahres, unter dem Eindruck der Medien-Kriegs-Gewitter im Irak, binnen weniger Tage quasi direkt ins Internet auf ihre Homepage stellte.

Es ist, einmal mehr, ein gewaltiger Sprech- und Sprachsteinbruch geworden, der für Inszenierungen alles offen lässt: Rollenzuschreibungen etwa (wenn man unbedingt welche will). Keinen Zweifel ließ Jelinek an ihrer Präferenz für den Regisseur, der die Uraufführung am Burgtheater gestalten sollte: Christoph Schlingensief, seit seiner kontroversiellen Container-Aktion Ausländer raus bei den Wiener Festwochen im Jahr 2000 nicht mehr in Österreich engagiert, feiert mit Bambiland am Freitagabend, sein Burg-Debüt – und der Anfang könnte, wenn es nach einem STANDARD-Gespräch mit ihm geht, so aussehen:

"... und dann geh ich weg, und dann geht das Licht wieder an, das bleibt so fünf bis zehn Minuten an, dass man so denkt, was ist denn jetzt, und dann komm ich wieder raus, hab' so eine Phettberg-Perücke auf, so lockig runterhängendes Haar, den Mantel vollgestopft, und brülle: ELFRIEDE JELINEK HAT EIN STÜCK GESCHRIEBEN! BAMBILAND. GUTE UNTERHALTUNG! FILM AB! Der Film geht los, ich setz' mich rechts hin, und dann beginnt aus ATTA ATTA die Filmsportgruppe Schlingensief: Aktionsfilmer in der Tradition von Günter Brus, Otto Mühl und Klaus Bachler. WIR WOLLEN MIT UNSEREN FILMEN ETWAS VERÄNDERN, hoffen, dass die Kassette genommen wird, HABEN SCHON AUF DIE ÖSTERREICHISCHE FLAGGE GEKACKT, wollen groß rauskommen, WIR HABEN SCHON ALLES HINTER UNS, wollen am Ball bleiben."

(standard print)

na, da bin ich ja schon gespannt. schaus mir am montag an...

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hab mir das stueck gestern angeschaut und ich muss ehrlich sagen, ich bin ziemlich ratlos.

schlingensief haelt sich kaum an jelineks text, nur einzelne zitate sowie bilder der bombenangriffe beziehen sich auf den irakkrieg. der regiesseur setzt (worauf ich aber auch nur gekommen bin, weil ich mir zuvor das programm durchgelesen habe) die handlung in den kontext seiner familie. im laufe des stuecks entwickelt sich die handlung jedoch immer mehr zu einer selbstdarstellung schlingensiefs bzw einer art sakralen handlung seiner church of fear. ich muss jedoch dazu sagen, dass ich das geschehen auf der buehne kaum verfolgen konnte, weil sich stets zwei bis drei aktionen gleichzeitig abspielen. ab der haelfte der auffuehrung etwa laeuft auf einem vorhang ein 'attaistischer film' mit den oben erwaehnten pornoszenen auf deren skurrilem hoehepunkt - im wahrsten sinne des wortes - eine der darstellerinnen die geschichte der familie eines gefallenen im irak-krieg vorliest, was es schwer macht der handlung die dahinter aufgefuehrt wird zu folgen. grundsaetzlich muss ich sagen, dass ich, obwohl ich einen sehr guten platz hatte, teilweise schwierigkeiten hatte, das gesprochene (akkustisch) zu verstehen.

insgesamt ist zu sagen, dass bambiland zwei stunden sehr kurzweiliges theater darstellt, wobei die masse der auf den zuschauer wirkenden eindruecken zeitweise einfach ueberfordernd wird, was dazu fuehrt, dass die botschaft des stueckes nicht wirklich herueberkommt.

positiv ist aber allein schon zu sehen, dass bambiland ganz neuen gruppen von besuchern einen zugang zum theater bietet. im durchschnitt war das publikum so um einiges juenger als normalerweise. dass sich darunter auch einige skandalsucher, sowie leute, die es sich halt anschauen, 'weil es alternativ ist', befinden, mag einen gegenargument sein, jedoch ein in meinen augen vernachlaessigbares.

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Dass Schlingensief sich nicht an den Text halten wird, wusste man ja schon davor; das macht er ja nie und die Leute, die Jelinek meistens inszenieren, tun es genausowenig.

das waere bei diesem text wohl auch etwas schwierig gewesen, ich haette aber erwartet, dass er doch die thematische grundlage bildet...

Persönlich kann ich mit ihm wenig anfangen, ich will nicht wieder mit der alten Keule kommen, aber er wirkt auf mich wie die meisten seiner Gattung zu zwanghaft alternativ- und sozialkritisch,

einerseits ja, andererseits zeigt er eine gewisse distanz zu dem, was du ihm zuschreibt, dadurch auf, dass er mit den dementsprechenden erwartungen, die andere ihm gegenueber haben, spielt.

bearbeitet von rigobert.song

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