Das sehe ich - naturgemäß - anders. Ich kenne auch keine Beispiele, wo sich Probleme mit Neonazis gelöst hätten, wenn sie sorglos und ohne Problematisierung agieren konnten.
Die schwierige Thematik des sogenannten Hochschreibens habe ich natürlich immer im Kopf und das ist tatsächlich ein Aspekt, der durchgehend mitbedacht werden muss. Ich habe allerdings leider auch schon oft gesehen, dass ich bestimmte Themen oder Ereignis bewusst nicht veröffentlicht hatte, um genau das zu verhindern. Immer wieder mit dem Ergebnis, dass dann zwei Wochen später irgendein anderes Medium die Geschichte aufgegriffen hatte – allerdings in vielen Fällen völlig ahnungslos, falsch und in einer Form, die tatsächlich Werbung war.
Ich halte es also für eine Illusion, zu glauben, dass Geschichten nicht rauskommen. Was aber sicherlich stimmt, ist, dass ich besonders tief in die Materie eingetaucht bin. Wer meine Artikel liest, wird aber auch sehen, dass ich generell immer versucht habe, auch positive Stimmen aus dem jeweiligen Fanlager zu Wort kommen zu lassen. In der Verkürzung sozialer Medien geht es naturgemäß nicht, doch es werden sich kaum Artikel von mir finden, wo ich nicht auch Fans oder Faninitiativen zu Wort kommen lasse, die sich gegen Diskriminierung positionieren. Und das würde meines Erachtens mit ziemlicher Sicherheit fehlen, wenn die kritische Berichterstattung der Ahnungslosigkeit (des Boulevards) überlassen worden wäre.
In welchem Ausmaß meine Artikel irgendeinen Beitrag zu Veränderungen leisten konnten, kann ich natürlich nicht beantworten. Ich würde mich aber sehr freuen, wenn sie manchmal zumindest lesenswerte Infos für Veilchen geboten haben, die die Nazis nicht mehr in der Kurve sehen wollten. Ich nehme aber selbstverständlich nicht für mich in Anspruch, die Nazis aus der Kurve gedrängt zu haben. Dieses Verdienst gebührt jedenfalls den KAI und anderen Gruppen aus der (aktiven) Fanszene.
Was ich sagen kann: Alle meine Artikel sind naturgemäß das Produkt vieler Recherchen und Gespräche. Mit Leuten aus der Kurve, aber auch mit Leuten aus den Vereinen. Das ist klarerweise in den Artikeln nicht immer sichtbar und kann nicht ausgewiesen werden, weil oft Vertraulichkeit vereinbart ist. Oder weil ein Hinweis erst ein oder zwei Jahre später verifiziert werden kann, sich mit anderen Infos ergänzt und ich die Information dann einbauen kann. Meine Artikel sind damit so etwas wie die Spitze eines Eisbergs, wo sehr viel Arbeit und sehr viele Gespräche im Hintergrund passieren.
Ich kann ebenfalls sagen, dass sowohl Austria wie Rapid immer wieder sehr sensibel auf meine Artikel reagiert haben (ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, sie wären immer glücklich gewesen ). Dabei wurde auch in oft guten Gesprächen über die vermeintliche Hilflosigkeit der Vereine gesprochen und ich habe auch gesagt, was aus meiner Sicht getan werden könnte. Mein Eindruck wäre zumindest gewesen, dass meine Artikel hier zu einer Sensibilisierung beigetragen haben (und gleichzeitig beiden Vereinen klar war/ist, dass jemand hinsieht). Ob mein Eindruck stimmt, kann ich natürlich nicht sagen.
Auch hier: Wir müssen uns nicht einig werden. Doch ich denke, dass das Bild jedenfalls wesentlich diffiziler ist.