Made in Austria Wien


SCR-GW

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Folgende Analyse zum Spiel FAK - Marseille bzw. zum "Zustand" der Austria allgemein findet sich im neuesten Profil (Nr. 34 / 18.08.03 - Seite 95) und ist von Alfred Dorfer (Austria-Fan) verfasst worden:

Made in Austria Wien

Analyse. Komödien, Klischees und Konjunktive: Alfred Dorfer über den Zustand des Österreichischen Fußballmeisters.

Die Herrschenden Temperaturen fördern Novembergedanken: Man sitzt auf der ,,Nord" im halb leeren Oval des Horrstadions, mit Erinnerungen an den Saison-Opener im Sommer, als die Abendsonne die Sicht verblendete, und verfolgt fußballähnliche Zitterpartie gegen Admira oder Bregenz. Eigentlich eine gute Gelegenheit, die eigene Freizeitgestaltung zu überdenken. In der 80. Minute,wenn der Triumph sich abzuzeichnen scheint, tauscht der Trainer noch einmal taktisch. Jener Coach, der im Sommer kam und dessen Namen man sich als gelernter Austrianer auch nicht wirklich merken muss, weil beim Stadthallenturnier vermutlich schon ein anderer Messias da sein wird, empfohlen von Provisionskassierern, die das offene Ohr des ahnungslosen Onkels finden, dessen Geldsack niemals leckt. Die Fluktuation ist die Beständigkeit der Austria. Deren Realitat ließ das Klischee entstehen vom ewigen Talent, von der unglücklichen, schlampigen Niederlage und der gloriosen Vergangenheit, welche die Zukunft besser gestalten wird unter Nichtberücksichtigung der Gegenwart. Dies sind die Grundessenzen jener Tragikomodie, der man sich als Aficionado kaum entziehen kann, mit seltsamer Verwunderung über die schwächelnde eigene Ratio, die im Grunde die Diagnose Außenstehender teilen und galoppierende Infantilität konstatieren müsste.

Doch in wundersamer Weise formt bei diesem Verein auch das Klischee die aktuelle Realitat, die ihrem Nimbus kaum entkommen kann und eingeholt wird von längst verdrängten Traumata. Niederlagen, die nie hätten stattfinden dürfen, auch nie stattgefunden hatten, wenn ... ja, wenn der ausgezeichnete Nachwuchs besser integriert würde und seinen Namen nicht zu Unrecht trüge, da er seine Funktion des Nachwachsens nie erfüllen darf. Der Konjunktiv als Wesen der austrianischen Seele, leicht verifizierbar durch die Reduktion der Zeitebene auf Vergangenheit und Zukunft.

Die Gegenwart als bloße Daseinsform des zu Überwindenden kommt zuweilen auf Besuch, diesmal aus Frankreich. Olympisch quasi, und die Austria ist dabei, doch das soll nicht alles sein. Wir werden mitspielen im Konzert der großen, noch größeren Geldsacke, in der Zukunft ganz gewiss. Wenn nicht, dann wird die große Häme, mit der man Austria wegen einmaliger Konzentration an Unvermögen auf Funktionärsebene bislang zu Recht bedachte, mit neuer Vehemenz hereinbrechen. Man wird sich heuchlerisch Gedanken machen um das Konto eines Multimilliardars und jenes Maß anwenden, das obskurerweise vergessen wurde, als Rapid mit Bankmillionen reüssierte. Man wird in dummer Naivitat eine Lex Austria schaffen, die internationalen Gepflogenheiten zum Trotz den Mammon als Mittel verpönt und in latenter, schadenfroher Provinzialitat das osterreichische "Mir hams scho immer g'wusst" bemüht.

Die Chancen dafür stehen gut, durch ein schnelles Kurzpassspiel von Mido-Fernandao, und Herr Sytschew ist zu schnell: 0:1. Man sieht den Unterschied zwischen Champions League und Niemandsland: Marseille spielt ,,ein Mal abtropfen lassen, umdrehen - laufen". Austria spielt ,,stoppen, schauen, noch ein paar Schritte - stehen". Ideen, die austrianische Mangelware, sind offensichtlich kaum trainierbar.

Nach der Pause wenig Neues, einmal muss van Buyten etwas Glück gebrauchen, ein Freistoß kurz vor dem Ende von Vastic. Schlusspfiff und der UEFA-Cup ist zum Greifen nahe. Am Heimweg erwägt man, ehemalige Austria-Größen fürs Rückspiel exhumieren zu lassen. Manche Niederlagen werden akzeptabel durch das Wie. In diesem Fall frustriert die Fragestellung nur. Manche bei der Austria werden einmal mehr erkennen, dass dieser Weg das Ziel nicht sein kann.

Aber was ist das alles gegen den ersehnten Schlusspfiff an jenem kalten Novembersamstag, der den bangen Sieg gegen einen Abstiegskandidaten fixiert, als Garant für aufsteigende Tendenz und Hoffnung? Denn der Ort der Hoffnung ist die Zukunft, nicht nur am Verteilerkreis.

ALFRED DORFER,41, ist Kabarettist, Autor und Schauspieler und lebt in Wien.

([Rechtschreib]Fehler bitte an meinen Scanner & die OCR-Software weitergeben !!!)

bearbeitet von SCR-GW

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Πάρος

Man wird sich heuchlerisch Gedanken machen um das Konto eines Multimilliardars und jenes Maß anwenden, das obskurerweise vergessen wurde, als Rapid mit Bankmillionen reüssierte. Man wird in dummer Naivitat eine Lex Austria schaffen, die internationalen Gepflogenheiten zum Trotz den Mammon als Mittel verpönt und in latenter, schadenfroher Provinzialitat das osterreichische "Mir hams scho immer g'wusst" bemüht.

Sollten sich v. a. Rapidanhänger und sonstige "Kritiker" der Veilchen ins Stammbuch schreiben!

MfG!

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