revo Oasch Geschrieben 14. Mai 2007 Sehr interessanter Artikel von der Spiegel-Homepage. Banale Finale-RandaleVon Daniel Haas und Irving Wolther Schiebung, Ballung, Wallung: Die Enttäuschung über das Grand-Prix-Finale schwillt zum Chor der Empörung an. Aber hören sich die Kritiker eigentlich selber zu? Ihre Vorwürfe klingen schiefer als der schlimmste Balkan-Pop. Es muss an der guten Stimmung im politischen Berlin liegen, an den sinkenden Arbeitslosenzahlen, am internationalen Erfolg von Frau Merkel. Im Westen nichts Neues, und schlimmer noch: nichts Skandalöses. Da kommt eine Balkan-Verschwörung gerade recht. Und wenn dann auch noch ein Ukrainer in Drag-Queen-Gestalt in seinem Song auf Deutsch "Tanzen!" bellt, dann ist klar: Die Steppenvölker stehen vor den Toren des Abendlands, in der einen Faust die Balalaika, in der andern das Telefon. Damit wird abgestimmt - und ganz sicher nicht zugunsten Westeuropas. Man muss die Buhrufer enttäuschen: Ihre Rechnung geht nicht auf, weder in kulturkritischer, noch in statistischer Hinsicht. Der Medienjournalist Stefan Niggemeier hat ausgerechnet, wie das Finale verlaufen wäre, hätte Osteuropa nicht abstimmen dürfen. Das Resultat: fast identisch mit dem tatsächlichen Ergebnis. Serbien und Ukraine wären ebenfalls auf Platz eins gelandet, Deutschland wäre um fünf Punkte nach oben geklettert. Hätte sich Roger Cicero mit einem 14. Platz als Sieger fühlen können? Wohl kaum. Grand-Prix-Veteran Ralph Siegel forderte heute eine Regeländerung: Es müsse zwei Halbfinalrunden geben, eine für West-, eine für Osteuropa. Tatsächlich wären dann 50 Prozent West-Finalisten garantiert, aber der Contest hätte eine gravierende Image-Macke. Denn was wäre eine Ausgliederung des Westens anderes als Apartheid? Wenn sich eine Minderheiten-Kultur, und das sind die westeuropäischen Länder Eurovisions-technisch gesehen, nicht mehr durchsetzen kann, dann organisiert man eben einen Artenschutz. Abgesehen davon, dass das Splitting eine Bankrotterklärung für die eigene Musikszene wäre, wird hier eine Änderung als Innovation verkauft, die längst beschlossene Sache ist. Ab 2009 wird sowieso in zwei Halbfinals abgestimmt, nicht aus Furcht vor der Russen-Disco, sondern schlicht, weil mit 28 Liedern schon dieses Jahr die Belastungsgrenze des Publikums erreicht war. 2009 werden aber mindestens Aserbaidschan, der Libanon und Palästina dabei sein; Monaco und Slowakei verhandeln gerade über ihre Teilnahme. Natürlich ist das Televoting stark anfällig für Zuschauerzahlen und die Zusammensetzung des Publikums. Um so schlimmer die aktuelle Pöbelkampagne gegen das Finale. Denn je mehr der Contest als Balkan-Party diffamiert wird, desto weniger wird man zukünftig in London, Frankreich und Berlin Lust haben, zuzuschauen und abzustimmen. Televoting kann nur funktionieren, wenn in allen Ländern ein ähnlich starkes Interesse besteht. Die deutschen Kritiker, von Nicole bis Heinz Rudolf Kunze, sind gerade eifrig dabei, es noch weiter zu verringern. Die Idee einer Jury-Wahl oder einer kombinierten Jury-Televoting-Abstimmung ist nicht schlecht. Juroren können einen Titel mehrere Male hören, werden also nicht wie die Zuschauer mit zwei Dutzend Titeln beschallt, von denen die Hälfte klingt wie aus demselben Computer gezerrt. Europas Jury-Arbeit kann allerdings als fragwürdig gelten. Aus Frankreich beispielsweise sickerte durch, dass man aus Terminnot die Stimmgeber zuletzt buchstäblich von der Straße holte. Das transkulturelle Problem ist damit aber immer noch nicht gelöst. Und das ist auch eines der Qualität. Wenn der Westen Clowns in Flugbegleiteruniformen (England) oder Baskenmützen (Frankreich) entsendet, die im eigenen Land zu Recht als Euro-Trash firmieren, muss man sich über die Resultate nicht wundern. Man kann nicht die Soundkonserven von vor 20 Jahren verwursten und dann Applaus aus Riga und Belgrad erwarten. Umgekehrt gibt es hierzulande keinen Markt für osteuropäische Musik, es fehlt an Programmplätzen in Radio und Fernsehen, um uns mit der Popkultur des Balkans vertraut zu machen. Diese Bildungslücke wird Arte nicht alleine schließen können. Die Industrie hat zur Vertiefung der kulturellen Gräben nicht unerheblich beigetragen: In Helskini waren afrikanische Scouts unterwegs, die die Rechte an Eurovision-Liedern einkaufen und diese dann in Afrikaans neu einspielen lassen. Marija Serifovics Gewinnersong wird in Deutschland jedoch nicht mal einen Verleger finden, ganz zu schweigen von den Stücken aus Bosnien, Lettland oder der Ukraine. Wo sind die DJs, die der Eurovision und ihren Kritikern Beine machen? Ein Grand-Prix-Remix von Sven Väth und Westbam, das wäre doch ein Anfang. http://www.spiegel.de/kultur/musik/0,1518,482806,00.html 0 Zitieren Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Tommyboy Im ASB-Olymp Geschrieben 15. Mai 2007 Gott sei Dank ist der Dreck für heuer wieder vorbei :aaarrrggghhh: Was da abgeht, ist ja wirklich nicht mehr normal. Da reißt einer nach dem anderen an Kasperl owe und dann sollen die Leute abstimmen, wer gewinnen soll und noch dazu wählen die Balkanländer sowieso alle gegenseitig. Österreich kriegt net mal von da Schweiz oder Deutschland Punkte 0 Zitieren Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
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