SCR-4-EvEr ASB-Gott Beitrag melden Geschrieben 27. Juni 2005 Kennt wer den österr. Schauspieler Georg Friedrich? Falls ihn wer kennt gibts hier einen netten Artikel: Unser Mann für’s Grobe FILM Georg Friedrich ist im österreichischen Film der Mann für die Lederjackenrolle - entsprechend häufig ist er im Einsatz. Porträt eines körperlichen, aggressiven Schauspielers, der privat ganz anders ist. Wenn ein echter Wiener zuschlägt, dann tut er sich hinterher schrecklich Leid. Schließlich waren es die anderen, die ihn dazu getrieben haben. "Jede Frau, was i g'habt hab, hat ma nur weh tan", jammert Andi in Ulrich Seidls Film "Hundstage". Und die Stimme des jungen Proleten im Unterleiberl, mit der fetten Goldkette um den Hals und einer Aggression, die unter einer dünnen Haut liegt, schraubt sich hoch, bis sie zusammenbricht. Bis sie ganz weinerlich wird. Bis sie sich anhört, als ob der Mann gerade erst im Stimmbruch wäre und am liebsten schnell heim zu Mama laufen würde. Eigentlich ist er vorbeigekommen, um sich bei einer Frau, die er kaum kennt, für einen gewalttätigen Abend, eine wilde Entgleisung mit einem Kumpel, zu entschuldigen. Stattdessen gehen die Gefühle mit ihm durch: "I hab mit kaner Frau in den letzten drei Jahren so viel Gefühle g'habt wie mit dir gestern, a wenn's de falschen warn oder orge oder was." Man weiß nicht, was man bedrohlicher finden soll: Wenn dieser Typ zuschlägt oder wenn er Gefühle zeigt. Wahrscheinlich gehört beides ohnehin untrennbar zusammen in seinem verpfuschten Leben. Der Pendler zwischen Gefühl und Gewalt: eine typische Rolle für Georg Friedrich, den Mann für das Halbstarke im österreichischen Kino, den Experten für die gefühligen Schläger, die raunzenden Zuhälter, die jähzornigen Kleinkriminellen. Georg Friedrich ist der Spezialist für die Lederjackenrollen im heimischen Film. Friedrichs Proleten - und das ist seine Kunst - sind Zerrissene. Sie schwanken zwischen offener Aggression und subtiler Wehleidigkeit, zwischen kraftvollem Brüllen und quengeligem Raunzen: Na geh, woa ja net so g'maant. Gewalt und Wehleidigkeit sind siamesische Zwillinge: wild entschlossen nach vorne preschen, aber dann plötzlich den Schwanz einziehen und heulen wie ein kleiner Bub. Georg Friedrich, bei dem der Wiener Dialekt so gar nicht aufgesetzt wirkt, war in vielen Filmen die Verkörperung des Ur-Wieners, der mehr mit dem Körper spricht als er es mit Worten könnte. In Barbara Alberts "Nordrand" spielt er einen wortkargen, aber aufbrausenden Freund, für den eine Beziehung vor allem aus Sex besteht: "Redn kemma nachher." In "Kaltfront" von Valentin Hitz sehen wir ihn als kleinen Elektrogerätehehler, leicht reizbar, motorisch nervös, wie ein Boxer immer in Bewegung und mit seiner bohrenden, dünnen Stimme sofort von null auf hundert. In Sachen körperlicher Präsenz auf der Leinwand kann es kaum jemand mit Georg Friedrich aufnehmen. Seine Figuren sind, selbst wenn es sich um Nebenrollen handelt, bis ins kleinste Detail körperlich durchdacht, ohne dass sie jemals ausgedacht wirken, so intuitiv und direkt kommen sie rüber. Vor Georg Friedrich hat man Angst wie vor, sagen wir, dem jungen Robert De Niro. Dass ich immer als Prolet besetzt wurde, hat mich nicht gewundert", erzählt Georg Friedrich. "Den Proleten hab ich immer gern gespielt, den konnte ich aus dem Handgelenk schütteln." Im Gespräch mit dem Schauspieler staunt man zunächst, wie schüchtern und zurückhaltend dieser Filmdraufgänger im Leben wirkt. Interviews gibt er selten, und wenn, dann eher ungern: "Ich bin nicht interessiert daran, bekannt zu sein, ich bin froh, wenn man mich nicht in der U-Bahn erkennt." Eine Einladung zur ATVplus-Talkshow "Beichtphater Phettberg" hat er deshalb abgelehnt. Selbst das Wienerische ist gar nicht so typisch für ihn, wie man denken mag: "Ich bin in Wien aufgewachsen, aber in meiner Familie wurde nicht Dialekt gesprochen." Und wie ist Friedrich zum "echten Wiener" geworden? "Bis zur Pubertät habe ich keinen Dialekt gesprochen, den habe ich erst über Freunde so mit 17 mitbekommen. Ich hab mir das aber nicht bewusst beigebracht." Die Rollen, die der 37-Jährige spielt, sind meist Typen, die ihr Leben gern fest in der Hand hätten und völlig verdattert sind, in welcher Scheiße sie jetzt schon wieder stecken - wo doch alles so gut zu laufen schien. Angeber liegen ihm, Maulhelden, die überfordert sind, aber nicht lockerlassen. Friedrich kann aber auch anders: In "Tagada", Barbara Alberts Episode in "Slidin' - Alles bunt und wunderbar", spielt er einen Boutiquenbesitzer, der zwei Mädels, die sich durch den Tag treiben lassen, abschleppt. Wenn er in der Shopping-Mall das Gespräch aufnimmt, merkt man ganz nebenbei, wie sein Gang plötzlich zu wippen beginnt, wie er sich nur durch seine Bewegung jünger und cooler machen will, als er eigentlich ist. Oder, wieder ein Film von Barbara Albert, "Böse Zellen": Friedrich spielt diesmal keinen Proleten, sondern einen kleinen Manager in einem Multiplexkino. Ein eher verhaltener Mensch, einer, der aufsteigen will, so unbedingt angepasst wie eine Figur aus einem Wolfgruber-Roman. Privat schafft es dieser Typ kaum, jemandem in die Augen zu schauen, am wenigsten seiner Freundin; Friedrich spielt das permanente Wegschauen: beim Sofakauf, beim Abschlussfest im Einkaufscenter. Am Ende, nach vielen Rubbelaktionen, steht er allein in seinem gewonnenen Einfamilienhaus, das wie eine von jenen Wohnhöllen aussieht, denen wir in "Hundstage" begegnen. Man sieht: Wenn Georg Friedrich nicht aggressiv ist, dann wird es noch bedrückender. Regisseurin Barbara Albert sagt: "Georg Friedrich ist der leiseste, konzentrierteste und ernsthafteste Schauspieler, den ich kenne. Wenn er gerade nicht dreht, sitzt er mit einem Buch am Set herum und liest." Für "Böse Zellen" hat er sich einen niederösterreichischen Dialekt angewöhnt, seine Sätze auf Band aufgenommen und immer wieder abgehört, um den Sound zu verinnerlichen; außerdem hat er für die Rolle kurz in einem Multiplex gejobbt. Friedrich eignet sich Figuren stark und unbedingt an, er ist eine Art method actor undogmatischen Zuschnitts: "Ich gehe eher intuitiv an Rollen ran, und dann musst du dich - je nachdem, welchen Charakter du spielst - mit anderen Teilen in dir auseinander setzen. Es steckt eh alles in jedem Menschen, nur manches ist größer und manches ist kleiner. Das muss man ausgraben." Für seine Rolle in Michael Grimms Film "Auf Wolke 7" hat er vergangenes Jahr in nur drei Monaten zwölf Kilo zugenommen. Oft helfen auch Kostüme: Für die Grazer Sex-Klamotte "Nacktschnecken" von Michael Glawogger (siehe unten) hat er sich Muskeln antrainiert (was mit den raufgefressenen Kilos ein lustiges Bild ergibt), damit er mit langem wallendem Haar (eine ziemlich echt wirkende Perücke) die Karikatur eines Versace-süchtigen Zuhälters verkörpern kann, der auszuckt, wenn jemand seinen gelben Sportwagen auch nur anfasst (selbst wenn es Kinder sind, ist schnell die Knarre zur Hand). Der Mann ist Jähzorn pur: eine "Mundl-Sackbauer-Performance" (© Dominik Kamalzadeh) inklusive Wuttränen, als er sein geliebtes Auto zu Schrott fährt. Wie komisch Friedrich sein kann, sieht man auch in einer kleinen Szene in "Böse Zellen". Alles ist bereit für die Eröffnung des Einkaufscenters. Friedrich, adrett in blauem Firmensakko und steif wie ein Stock, geht zu seinen Kollegen und sagt: "Man sollte immer einen freundlich-lockeren Eindruck machen, und i denk mir, wir können ruhig a Glaserl Sekt nehmen." Die Szene stand nicht im Drehbuch, Georg Friedrich selbst hat sie sich ausgedacht; eine Szene, die alles über einen Duckmäuser erzählt, der locker sein will und dadurch noch verkrampfter wirkt. Obwohl seine Spielweise - aus der Deckung heraus blitzschnell offensiv werden und sich dann ebenso schnell wieder zurückziehen - an einen Boxer erinnert, ist Friedrich privat kein konsequenter Sportler. Auf der Homepage seiner Agentur steht unter der Rubrik "Sportarten" zwar: Boxen, Billard, Skifahren, Tennis. Aber so ernst darf man das nicht nehmen. "Ich hab für ein Theaterstück mit Karl Welunschek einmal drei Tage lang Boxen gelernt, aber ich hab nie etwas fertig gemacht oder groß durchgezogen, außer den Beruf. Ich habe oft etwas angefangen, und dann wurde es mir schnell zu fad oder zu anstrengend." Barbara Albert hat Friedrich zum ersten Mal im Fernsehen gesehen, da war sie gerade "zehn oder elf Jahre alt". Aber schon damals erkannte sie: "Der spielt extrem authentisch." Mit 14 war Friedrich erstmals im TV zu sehen - Ernst Wolfram Marboe inszenierte Raimunds "Verschwender" für den ORF und suchte dafür Kinder und Jugendliche. Später absolvierte er die Wiener Schauspielschule Krauss, wusste aber immer schon, dass er lieber Film- als Theaterschauspieler sein möchte. Obwohl Friedrich auch heute noch Ausflüge auf die Bühne unternimmt: Im vergangenen Sommer etwa war er in Michael Sturmingers Inszenierung der Shakespeare-Komödie "Was ihr wollt" in Perchtoldsdorf zu sehen, und an der Berliner Volksbühne probt er gerade für Ulrich Seidls Theaterdebüt "Vater unser". Auch in Michael Sturmingers erstem Spielfilm "Hurensohn" (siehe Kasten) ist Friedrich dabei - wieder in einer kleinen Lederjackenrolle: als Zuhälter, der einen Jungen ins Bordellleben einführt. Mittlerweile kann Georg Friedrich von der Schauspielerei leben; lange Zeit war er nebenher als Taxifahrer unterwegs (in "Vater unser" spielt er jetzt übrigens einen Taxler, dem seine Exfrau das gemeinsame Kind entzieht). Im Rahmen der Berlinale wurde Friedrich heuer als österreichischer Shootingstar geehrt. Von der Auszeichnung erhofft sich Friedrich Kontakte zu deutschen Filmern, obwohl: "Ich hab leider kein gutes Hochdeutsch, man hört immer, dass ich aus Österreich bin, und das passt halt oft nicht." Mit oder ohne Dialekt: Georg Friedrich ist der Schauspieler für Figuren, die interessant gebrochen sind - seien es seine typischen Maulhelden, in denen das arme Würstel steckt und quengelig herauswill, oder ganz andere Rollenentwürfe, die die Zukunft wohl bringen wird. Auch Lederjacken werden erwachsen. http://www.falter.at/print/F2004_09_3.php 0 Zitieren Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
gaukebecker Europaklassespieler Beitrag melden Geschrieben 27. Juni 2005 "Ich hab leider kein gutes Hochdeutsch, man hört immer, dass ich aus Österreich bin, und das passt halt oft nicht." Schon wieder dieser österreichische Minderwertigkeitskomplex die eigene Sprache betreffend, der sich bei den meisten im Anbiedern an das deutsche Publikum durch die Verwendung von Piefkevokabeln manifestiert. :aaarrrggghhh: Selbst ein vermeintlich im österreichischen Dialekt verwurzelter Josef Hader entblödet sich nicht, im deutschen Fernsehen devot "nee" zu sagen. @topic: Ein sehr leiwander Schauspieler. Der Georg Friedrich. 37 Lenze zählt der schon. Org. Danke für den Artikel. 0 Zitieren Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
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