StopGlazer ***** Beitrag melden Geschrieben 26. Oktober 2010 (bearbeitet) vs. Bildquelle: dfs-wappen.de Ursprünglich wollten wir ins unweit von İzmir gelegene Manisa, zu Manisaspor vs. Kasimpaşa, einem Spiel der türkischen Süper Lig. Die Aussicht den von mir mehr als hochgeschätzten Osman Bozkurt - Karşıyaka Nummer 11, der als Torschützenkönig der Regionalliga Ost die Vienna in die 1. Liga geschossen hat - spielen zu sehen, ließ uns aber umdisponieren. Obwohl der Karşıyaka S.K. auch am Donnerstag im 1/16-Finale des türkischen Cups am Programm steht, ging es ins Alsancak Stadyumu zum 1. Lig-Match gegen Adanaspor (Das Hinfinden war allerdings gar nicht so einfach, wenn man sich im Mietwagen zum ersten Mal im dichten Verkehr dieser 3-Millionen-Stadt bewegt.). Dank Bossi fieberten wir richtig mit und in Summe war es eine sowohl interessante als auch erbauliche Erfahrung, dieses Spiel gesehen zu haben. Das Altay Alsancak Stadyumu Karşıyaka ist einer von drei Vereinen aus İzmir in den beiden höchsten Ligen der Türkei (Bucaspor/Süper Lig, Altay und Karşıyaka/1. Lig). Diese und zwei weitere Fußballklubs (Göztepe/2. Lig und ?zmirspor) nutzen für ihre Heimspiele das in den späten 20er-Jahren errichtete Altay Alsancak Stadyumu. Es ist nach jenem malerischen Stadtteil - er liegt zwischen Altstadt und Hafen - benannt, in dem es liegt. Außerdem nach dem dort beheimateten Klub Altay, dem traditionellen Rivalen Karşıyakas. Das Stadion fasst rund 16.000 Zuseher auf zwei Tribünen an den Längsseiten. Hinter den Toren gibt es keine Ränge. Die Tribüne auf der Gegengerade ist nicht überdacht und wird fast ausschließlich als Stehplatztribüne genutzt. Dementsprechende Zahnlücken weisen die Sitzschalenreihen auf. Auf der Haupttribüne wirkt der vorspringende obere Rang wie ein Dach für den mittleren. Das legendäre Match, in dem sich Österreich für die WM '78 qualifizierte fand nicht im Alsancak Stadyumu statt, sondern im größeren Atatürk-Stadion (Warum dort nicht gespielt wird und sich fünf Vereine das in die Jahre gekommene kleine Stadion am Hafen teilen müssen, habe ich nicht erfragt. Ich werde das am Donnerstag noch nachholen?). Der Karşıyaka Spor Kulübü Der 1912 gegründete Karşıyaka S.K. ist ein türkischer Traditionsverein. Wie in der Türkei üblich ist er in zahlreichen Sportarten tätig. Neben dem Fußballteam ist auch die Basketballmannschaft sehr populär. Karşıyaka hat in ganz İzmir sowie dem Umland zahlreiche Anhänger und insgesamt 16 Saisonen in der höchsten türkischen Liga gespielt. Derzeit ist der Klub in der 1. Lig, der zweithöchsten Spielklasse, tätig. In der letzten Saison verpassten die Rot-Grünen nur knapp den Aufstieg in die Süper Lig. Der Verein stammt aus dem gleichnamigen Stadtteil ?zmirs, der von der Altstadt aus gesehen auf der anderen Buchtseite liegt. Der Klub verfügt dort über eine großzügige Basketballarena und ein schönes Trainingszentrum, in dem auch die Spieler kaserniert werden. Das Match Das Spiel war eine recht flotte Partie, in der es aber immer wieder zu Unterbrechungen kam, wenn Spieler aneinandergerieten und dann tumultöse Handgemenge ausbrachen. In Österreich hätte es wohl drei, vier rote Karten gegeben, in ?zmir lediglich ein Mal Gelb-Rot (und zehn Mal Gelb!). Die "Tiger" genannten Gäste aus Adana gingen bereits in der 7. Minute mit einem sehenswerten Treffer in Führung. In der Folge vergab Karşıyaka zwei 100%ige und ging mit dem Rückstand in die Pause. In der zweiten Halbzeit drängten die Gastgeber, brachten den Ball aber nicht ins Tor und schwächten sich außerdem durch den Ausschluss von Karakas selbst. In der 79. Minute wurde schließlich Osman Bozkurt eingewechselt. Wir konnten nun richtig mitfiebern und uns bereits über schöne Aktionen "Bossis" zu freuen, um kurz darauf die kalte Dusche zu erleben: Denn in der 84. Minute fiel das 0:2 aus einem Konter mit sattem Abschluss. Unmittelbar danach begann das große Abwandern enttäuschter Karşıyaka-Fans. Aber kaum zwei Minuten später erzielte Thiago Bezerra den Anschlusstreffer der bereits zehn Minuten in Unterzahl spielenden Rot-Grünen. Karşıyaka ließ nicht locker und machte das scheinbar Unmögliche möglich. Sevgi erzielte den Ausgleich nur vier Minuten nachdem Adanaspor 0:2 in Führung gegangen war; und das vermeintlich uneinholbar, sechs Minuten vor Schluss der Partie gegen nur mehr 10 Rot-Grüne. Auffälliges und Besonderheiten Es war SEHR viel Polizei in und um das Stadion. Dazu gehörten berittene Polizisten, Hundestaffeln und Einheiten in riot gear. Zuerst lief das Gastteam ein, wurde vorgestellt und gruppierte sich zum Teamfoto. Danach dasselbe Programm mit der Heimmannschaft. Schließlich liefen beide Teams gemeinsam mit dem Trio ein. Dann gab es die übliche Aufstellung und das ganze Stadion erhob sich für eine Hymne, zu der die Anhänger ihre rot-grünen Schals präsentierten. Die Karşıyaka-Anhänger sorgten für lautstarken Support. Die Schlachtrufe und Gesänge wurden meist von Trommeln angetrieben oder rhythmischen Pfiffen (!) begleitet. Sehr häufig waren auch Wechselgesänge zwischen Gegengerade und Haupttribüne. Insgesamt war auf den Rängen, vor allem natürlich auf der Gegengerade, ordentlich etwas los und die Fans sorgten für fast durchgehende Gesänge, die nur von kurzen Erholungs- oder Erregungsphasen unterbrochen wurden. Der Fanatismus der Stadionbesucher steht jenen der İstanbuler Klubs um nichts nach. Es wird IMMER ein Heimsieg erwartet. Fehlpässe und vergebene Chancen des eigenen Teams werden häufig von wüsten Beschimpfungen und gellenden Pfeifkonzerten eines guten Teils der Besucher begleitet. Die Stimmung ist so geladen, dass die Spieler nicht von der Haupttribüne her einlaufen und abgehen, sondern von einer in die Katakomben führenden Treppe in Tornähe (mit im Boden plan versenkbarer Klappe). Die Teams werden dabei von zahlreichen mit transparenten Schilden bewehrten Polizisten abgeschirmt. Auch an ein Auslaufen auf dem Feld ist unter diesen Bedingungen nicht zu denken. Da Karşıyaka nicht gewonnen hat, zog es auch die Heimmannschaft vor, möglichst rasch vom Platz zu gehen. Lediglich der allseits beliebte Thiago verblieb noch kurz nach dem Schlusspfiff und winkte den Fans. Die aufgeheizte Stimmung auf den Rängen scheint sich auch auf den Rasen zu übertragen. Es gab laufend Rempeleien und Rudelbildung mit Handgemengen unter den Spielern. Eigenartigerweise schien der Schiedsrichter das zu tolerieren, selbst dann, wenn er selbst heftig gestikulierend (und vermutlich nicht gerade freundlich angesprochen) angegangen wurde. Als in der 35. Minute von der Adanaspor-Bank eine Wasserflasche auf den Linienrichter geschleudert wurde und ihn nur knapp verfehlte, kam von diesem keine erkennbare Reaktion. Die Flasche blieb auch bis zur Pause unberührt etwa vier Meter innerhalb des Feldes liegen. Wegen der aufgeheizten Atmosphäre dürfen Kinder nur in einen speziellen Sektor auf der Haupttribüne mitgenommen werden (siehe Bild "Çocuk Tribünü"). Diese befindet sich in bester Lage gleich bei der Mittellinie unterhalb des VIP-Sektors. Als Gäste Osman Bozkurts kamen wir allerdings in den Genuss, im "Protokol"-Abschnitt des VIP-Sektors unterzukommen. Dort gab es bequeme lederbezogene Polsterstühle und enorme Beinfreiheit. Eine kuriose Szene spielte sich unmittelbar nach dem 0:2 ab. Ein Spieler von Adanaspor blieb (vermeintlich?) verletzt liegen. Da die Sanitäter nicht sofort reagierten, holten Karşıyaka-Spieler die Bahre und hoben den Verletzten nicht ganz sanft darauf. Fast unmittelbar nach dem Anstoß gelang Karşıyaka der Anschlusstreffer. Wenn es also eine zeitschindend vorgetäuschte Verletzung gewesen sein sollte, dann ging der Schuss nach hinten los. Denn der Angeschlagene kam erst wieder mit dem nächsten Anstoß aufs Feld - diesmal allerdings von seinem Team ausgeführt. Bilder Karşıyaka in Rot-Grün, Adanaspor in Orange-Weiß. Ich war diesmal mit der ältesten Schwester des jungen japanischen Fußballfans unterwegs. bearbeitet 27. Oktober 2010 von StopGlazer 0 Zitieren Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Recommended Posts
Join the conversation
You can post now and register later. If you have an account, sign in now to post with your account.