Das ist keine neue Gewaltwelle !


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Das ist keine neue Gewaltwelle"

Interview mit dem

Fan-Experten Ralf Busch

Ausschreitungen in Stuttgart, in Berlin und in Augsburg. Das alles binnen weniger Tage. Ralf Busch, der Sprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte in Deutschland, warnt vor "Schnellschüssen" und "Panik". Im Interview mit ZDFonline fordert Busch von der DFL und dem DFB die Einrichtung eines Solidarfonds. Damit soll auch in unteren Ligen eine Fanarbeit aufgebaut und langfristig finanziert werden.

ZDFonline: Müssen wir uns nun an Gewalt in Fußballstadien gewöhnen?

Ralf Busch: Was wir derzeit erleben, ist keine neue Gewaltwelle. Das Problem gerade in unteren Ligen beobachten wir schon seit 1999. Es wurde von den Medien nur nicht wahrgenommen. Wir sollten deshalb jetzt auch nicht in Panik verfallen und sofort nach mehr Repressionen gegenüber den Fans rufen. Das schürt wiederum nur neue Gewalt.

ZDFonline: Gibt es denn überhaupt ein Mittel gegen die Randale?

Busch: Ich plädiere für den weiteren Ausbau der pädagogischen und präventiven Fanarbeit. Fans und die Arbeit mit den Fans verdienen Respekt. Eine einseitige Schuldzuweisung in Richtung Fans hilft uns nicht weiter. Trotz der jüngsten Ausschreitungen war und ist die Fanarbeit ja ziemlich erfolgreich. Um die Finanzierung abzusichern, sollte ein Solidarfond eingerichtet werden. Der könnte mit den Strafgeldern gefüllt werden, die der DFB ja mittlerweile bei Ausschreitungen bei den Vereinen einsammelt.

ZDFonline: Reicht das aus?

Busch: Nein, aber es ist eine sichere Basis für die Arbeit. Gerade im Osten müssen wir mehr Fanprojekte aufbauen. Ein 1-Euro-Jobber als Fanbeauftragter in Aue, eine ABM-Stelle in Halle und ein einziger Fanbeauftragter für Leipzig, wo es zwei große Vereine mit problematischen Fans gibt, - das ist einfach viel zu wenig. Aber auch in Westdeutschland müssen wir weiterarbeiten können. In Lübeck wurde erst vor kurzem ein erfolgreiches Fanprojekt eingestellt, weil das Land 20.000 Euro Zuschuss verweigerte.

ZDFonline: Was ist noch möglich, um die Gewalt zu stoppen?

Busch: Bei den Vereinen sollten die Ordner besser geschult werden. Gleiches gilt für die Polizei. Sie muss den Randalierern selbstbewusst aber nicht provozierend entgegentreten - wie es manchmal geschieht. Wir müssen diejenigen Fans bestärken, die sich gegen Gewalt und Rassismus in den Stadien wehren. Die sind noch immer die Mehrheit. In Berlin wurde zwar am Freitagabend von einigen Dresdener Fans "Jude, Jude, Berlin" gerufen. Es haben aber mindestens genauso viele mit "Nazis raus" geantwortet. Da ist in den Medien leider kaum erwähnt worden.

ZDFonline: Muss nicht auch die Politik ihren Beitrag leisten?

Busch: Ja. Es kann nicht sein, dass die Politiker sagen, Fan-Randale seien allein ein Problem des Sports. Es geht aber auch nicht, dass der Sport behauptet, Randale seien ein Problem der Gesellschaft. Dann fühlt sich niemand mehr verantwortlich.

ZDFonline: Komischerweise melden sich die Fußballspieler selbst kaum zu Wort.

Busch: Das stimmt nicht ganz. Viele Profis sprechen sich offensiv gegen Gewalt und Rassismus aus. Einige beteiligen sich an unseren Aktionen. Das ist sehr wichtig. Da sollten sich noch mehr Profis engagieren. Die Spieler können in die Schulen gehen und zum Beispiel mit den Kids über Gewalt und Rassismus diskutieren. Vielleicht spornt das andere Mitspieler an. Grundsätzlich jedoch ist die Kluft zwischen Fans und Spieler leider recht groß geworden.

ZDFonline: Wie ist das zu verstehen?

Busch: Böse ausgedrückt: Auf der einen Seite stehen die Jungmillionäre auf dem Platz - und auf den Stehtribünen die Hartz-4-Empfänger. Deshalb ist ja gerade die Arbeit der Fanprojekte und die der Fanbeauftragten in den Vereinen so wichtig. Wir arbeiten da, wo andere nicht mehr hinkommen und mit Fans, die andere schon längst aufgegeben haben. Genau das sollte weiter unterstützt werden.

Ralf Busch

Der 44-Jährige ist seit vier Jahren Sprecher der Bundesarbeits-gemeinschaft der Fan-Projekte in Deutschland. In diesem Netzwerk sind derzeit 34 Fan-Projekte organisiert. Es wird vom DFB offiziell anerkannt. Ralf Busch leitet zudem seit zehn Jahren das Fan-Projekt Berlin.

http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/26/0,1872,3996122,00.html

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