[Fußballwelt] Neue Trainingsmethode


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Ergänzungsspieler

Bekanntlich sind die Matches vor der Sommerpause mit die schwersten, die Luft ist so kurz vor dem verdienten Urlaub raus. Eigentlich ist alles gelaufen, jeder weiß wer Meister ist, wessen Saison gut, wessen Spielzeit schlecht gelaufen ist und wer ein kompletter Versager war.

Nicht anders war es gestern, als ich zur letzten Sitzung des Stammtischs vor der Sommerpause im Vereinsheim eintraf. Ich kam als letzter und musste mich mit zwei Krügerln zum Aufwärmen begnügen. Zum Vergleich: der neue Trainer und G. hatten jeweils sechs, Viktor Schmidt-Riese fünf, selbst Kreuz-Chen – nach dem Trainingslager in Köln in bester Verfassung – hatte schon vier Bier intus.

Durchschnittliche Werte, verbesserungswürdig und für Pecl in der Regel ein Grund die eine oder andere zusätzliche Einheit einzulegen. Jetzt aber, in Anbetracht des Urlaubs, sieht Radenko geflissentlich darüber hinweg - obwohl ihm dieser Leistungsabfall offensichtlich gegen den Strich ging. Warum sonst sollte er mich, kaum das ich mich niedergesetzt hatte, wieder an meinem Kragen empor reißen, auf die frischen Käsekrainer-Flecken auf meinem Hemd deuten und zu einem eindringlichen Kurzreferat über professionelle Vorbereitung ausholen?

Mir war die Situation selbstredend peinlich, zumal der neue Trainer und unser Sturmtank außerordentlich gereizt reagierten, waren sie doch das ganze Jahr über pünktlich am Stammtisch erschienen und für jeden von uns mindestens einmal eine große Stütze auf dem nächtlichen Weg nach Hause gewesen. Kreuz-Chen schwieg, Schmidt-Riese nahm die Ermahnung Radenkos gelassen hin. Er wies lediglich Hugin oder Munin – so recht kann ich die beiden Viecher immer noch nicht auseinanderhalten – an, einem bellenden Hund unter dem Fenster des Vereinsheimes die Augen auszuhacken.

So begann die letzte Sitzung in einer gereizten Atmosphäre und war anfänglich von Zurückhaltung geprägt. Kleine Schlucke, gegenseitiges Belauern, immer auf der Hut dem anderen keinen Freiraum zu bieten. Erst nach ein paar Minuten – die Anfangsnervosität hatte sich gelegt – kam so etwas wie Schwung auf. Kreuz-Chen ging in die Offensive und zauberte plötzlich, aus der Bewegung heraus eine, vielleicht fünf Zentimeter hohe, runde Alu-Konstruktion hervor, in deren Mitte ein Henkel, einem Obelisken gleich, emporragt und darum herum Löcher eingestanzt sind.

„Neue Trainingsmethoden setzen neue Reize…“ verkündete er dazu, während die anderen regungslos ob dieser Einzelaktion verharrten. „Das ist ein Kranz!“

„Und was sollen wir damit?“ bellte der neue Trainer?

„In Köln wird das Bier auf diese Weise serviert…“

„Die haben doch diese Mädchen-Biere?“ ätzte Radenko Pecl.

„In der Tat. Die Kölner trinken aus 0,2l Gläser, Stangen genannt,“ sagts und zauberte mit der selben Eleganz wie vorhin einen Karton hervor, in dem sich ein halbes Dutzend schlanker Gläser befanden, alle aus sehr dünnem Glas und mit verschiedenen Logos drauf. „…hat den Vorteil, dass der Gerstensaft immer frisch bleibt und nur selten schal wird…“ erwiderte Kreuz-Chen während er die Beute seiner Abenteuerreise in den hohen Norden rund gehen ließ.

„Und was sollen wir damit?“ wiederholte der neue Trainer sein Bellen von vorhin. „Wir brauchen keine Trainingsmethoden aus dem Ausland…“

„Für Dich, mein lieber Radenko…“ ignorierte unser Wettkönig die Anwürfe des mittlerweile in Fahrt gekommenen Trainers, „…für Dich, Radenko, bedeutet diese Konstruktion eine erhebliche Erleichterung, was das Servieren betrifft.“

Mit diesen Worten übergab er Pecl den Kranz in dessen Löchern sich mittlerweile jeweils eine Stange befand, forderte ihn auf durch das Vereinsheim zu gehen und diese ungewöhnliche Gerätschaft hin und her zu schwenken. Ob er dies auch mit einem Tablett voller Krügerl machen könne? Vor allem, wenn der Sturmtank über außen käme, wären bei Pecl schon so manches Mal die Lichter ausgegangen, verkündete Kreuz-Chen triumphierend. Da sei so ein Kranz schon aus einem anderen Holz geschnitzt: zäh und widerstandsfähig.

Da wusste, keiner was er sagen sollte. Endlich meldete sich Pecl wieder zu Wort und versprach, die neue Trainingsmethode in der neuen Spielzeit zu versuchen. Wenn sie sich in den ersten Wochen bewähren sollte, würde er den Kranz gerne zum fixen Bestandteil des Stammtischs in der Spielvorbereitung machen.

In der Zwischenzeit kam Schmidt-Riese überraschend über links und zeigte dabei Qualitäten, die man ansonsten nicht von ihm gewohnt ist. Wahrscheinlich wollte er sich zum Saisonabschluss noch für die kommende Spielzeit empfehlen, vielleicht aber war es seiner gesteigerten Aufmerksamkeit in der Defensive zu verdanken, auf jeden Fall kotzte er endlich mal nicht aus dem Fenster oder hinter die Gummipalme rechts hinter der Großbildleinwand. Er tankte sich beherzt durch, stand frei vor dem Tor, die Augen weit aufgerissen, die Wangen dick ausgebeult. Das leere Tor vor Augen, stürzte er gegen und durch die Tür, ließ sich kurz vom Abseitspfiff Pecls – es war das Damenklo – beeindrucken und hätte fast neben das Tor gespieen, besann sich aber auf die harten Trainingseinheiten während der Weltmeisterschaft und ballerte seinen Mageninhalt gegen die Innenseite des Türstocks und auf die Fliesen der Toilette.

Leider blieb der Alleingang Schmidt-Rieses die einzig erwähnenswerte Szene dieses letzten Matches vor der Sommerpause, wir anderen waren schon etwas ausgelaugt und wir alle hatten die eine oder andere Leberblessur, so dass uns die Erholung nur zu recht kommt. Wohlgemerkt ist aus sportwissenschaftlichen Gründen eine aktive Erholung angesagt, was bedeutet, dass es für die Dauer der nächsten drei Wochen keine Schnapseinheit geben wird, genauso wenig wie die beliebten Sondertrainings mit Selbstgebranntem…

Dr. Artur Schienbein Schützer

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