Außenbahn defensiv 2006/2007


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Javier Pinola: "Robin Hood" schießt den Vogel ab

Wie Sie sehen, sehen Sie nichts. Zumindest die beiden oberen Kategorien der Position "Außenbahn defensiv" in den kicker-Charts sind verwaist. Weil die Bundesligaprofis in der Rückrunde 2006/07 nicht das Niveau erreichen, das zum Beispiel ein Daniel Alves vom FC Sevilla verkörperte.

Überraschend: Ob Clemens Fritz oder Philipp Lahm, ob Christian Schulz oder Christian Pander - wer zum Stamm oder Dunstkreis der Nationalelf (wo Lahm und Fritz überzeugten) zählt, taucht in dieser Rangliste nicht auf. Weil die Leistung nicht stimmte oder man zu selten auflief.

Intelligente Spieleröffnung, Ruhe und Übersicht an der Kugel (in der Regel verzeichnen die Außenverteidiger die meisten Ballkontakte in einem Match), konsequentes Zumachen einer Seite, gleichzeitig Druck ausüben (und gute Flanken) sowie taktisch sauberes Einrücken - dieses Anforderungsprofil erfüllt von seinem Potenzial am ehesten Philipp Lahm, nur eben nicht in dieser Rückrunde. Übrigens ebenso wenig wie sein Partner Willy Sagnol vor seiner Verletzung.

Doch wenn nicht sie, wer dann? Für den kicker steht fest: Javier Pinola vom Pokalsieger aus Nürnberg ist die Nummer eins der Außen-Seiter. Er beackerte die linke Bahn, legte dosiertes aggressives Zweikampfverhalten an den Tag, war offensiv gut. Solide und mannschaftsdienlich spielte er sich gar in den Kader der argentinischen Nationalelf - obgleich dies auch durch den Urlaub mancher Stars bedingt ist. Verdient hat er sich die Berufung zur Copa jedoch allemal.

Allerdings schoss Pinola den Vogel ab - nicht nur mit dem Sprung auf Rang eins. Denn als er im dritten Rückrundenmatch gegen Bayern (3:0) zu Recht früh ausgewechselt wurde, weil er am Rande eines Platzverweises grätschte, feuerte er sein Trikot Richtung Trainerbank. Sein Coach Hans Meyer meinte einmal, gegen Pinola sei "Robin Hood ein Dreck", gemessen an seinem Sinn für Gerechtigkeit. Doch diesmal setzte es für ihn selbst eine Kopfwäsche und interne Maßnahmen. Wobei Pinola das verordnete Jugend-Training noch leiten muss. Die Kids werden sicher von ihm profitieren.

Wer warum wo steht

Der Gestürzte - Teil 1, Clemens Fritz: war in der Hinrunde noch die Nummer eins auf dieser Position. Er startete jedoch ganz schwach in die Rückserie, stabilisierte sich nur etwas. Er zeigte ganz wenige effektive Aktionen nach vorne. Sein kicker-Notenschnitt von 3,81 in der Rückrunde spricht Bände. Allerdings war es ein sanfter Sturz, denn gerade in der Nationalelf verzeichnete der Bremer einen Aufwärtstrend, zeigte, dass er vielseitig verwendbar ist.

Der Gestürzte - Teil 2, Philipp Lahm: Lossprinten, abstoppen, nach innen ziehen, flanken oder schießen. Schlecht ist, wenn ein Fußballer berechenbar ist. Und dies war Philipp Lahm zuletzt. Denn nach diesem Schema liefen viele seiner Vorstöße als Rechtsfüßer auf links. Zudem sah er defensiv schlechter aus als gewöhnlich, weil ihn seine Kollegen aus der Innenverteidigung in nicht zu gewinnende Kopfballduelle schickten. Auch er ist jedoch bei Joachim Löw eine feste Größe.

Der Meister, Ludovic Magnin: Das fing ja(hr) gut an! Mit einem Eigentor in Nürnberg (1:4) startete Ludovic Magnin in die Rückrunde. Doch dann steigerte sich der Schweizer, nutzte das Tief von Konkurrent Arthur Boka, fabrizierte ein Tor und drei Assists. Gelegentliche Aussetzer in der Defensive standen vielen guten Flankenläufen gegenüber. Magnin avancierte in der Nationalelf zum Führungsspieler und hatte großen Anteil an der Meisterschaft des VfB Stuttgart.

Die Ausnahme, Marcell Jansen: Zwölf Millionen Euro. Eine gewaltige Summe für einen 21-Jährigen. Aber eine Wertschätzung im Sinne des Wortes. So viel Ablöse investiert der FC Bayern in Marcell Jansen. Weil er links Dampf macht, weil er links stark verteidigt, weil er Chancen vorbereitet, weil er in der Nationalelf überzeugte (vor allem beim 2:1 in Tschechien). Hätten alle Gladbacher gespielt wie er, wäre die Borussia noch erstklassig. Doch er war eine der wenigen Ausnahmen.

Dede: Ein sehr zweikampfstarker Außenverteidiger, der auch seine Offensivqualitäten mit vier Assists einbrachte. Profitierte sehr von seinem brasilianischen Partner Tinga auf der linken Seite. Verdarb sich einen besseren Notenschnitt durch seine "6" in Hamburg.

Gonzalo Castro: Als rechter Außenverteidiger mit nun 20 Jahren unumstrittener Stammspieler. Stellungssicher und abgebrüht im Zweikampf, flankt gut, kann das Spiel eröffnen. Mitunter wirkt er jedoch phlegmatisch, unkonzentriert, und auch die Konstanz fehlt noch. Wurde zum A-Nationalspieler befördert.

Steve Cherundolo: Bot zumeist solide Vorstellungen, reduzierte seine Fehler erheblich, reifte zur festen Größe und Führungsfigur, ohne dabei ständig auf rechts druckvoll zu sein.

Arne Friedrich: Konnte sein Leistungsniveau der Hinrunde auch wegen Patellasehnen-Problemen nicht abrufen. War in einer schwachen Hertha-Abwehr ein stabilisierender Faktor. Vertrat er Simunic innen, machte er seine Sache ordentlich.

Ricardo Osorio: Krabbelte zu Beginn der Rückrunde aus einem Leistungsloch, in das er gegen Ende der Vorrunde gefallen war. Von ihm sah man gute Flankenläufe und technisch feine Aktionen. Zuweilen aber mit Leichtsinnsfehlern.

Rafinha: Seine Unbekümmertheit der Hinrunde ging ihm verloren. Generell nicht mehr so stark wie im Herbst, allerdings litt er darunter, dass die Mannschaft es nicht verstand, seine Offensivqualitäten optimal einzusetzen.

Marco Rose: Entwickelte sich zum Leader und kämpferischen Vorbild; kein einziges schlechtes Spiel in der Rückrunde, auch als siebenmal in Folge nicht gewonnen wurde, immer solide, wichtiges Tor beim 1:0 in Bochum.

Oliver Schröder: Steigerte sich nach mäßiger Hinrunde. Präsentierte sich engagiert und laufstark, allerdings zuweilen unkonzentriert beim Flanken. Agierte defensiv nicht fehlerlos, aber sehr kampfstark.

Pierre Womé: Womé steigerte sich gegenüber der Hinserie. Solide, machte die linke Seite dicht, gewann klar den Zweikampf gegen Christian Schulz. Stark auch in der Offensive, gute Flanken, ein harter platzierter Schuss bei Freistößen.

(kicker.de)

bearbeitet von Gigi

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