Der Wiener "Bist du deppert"-Bub


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Der Wiener "Bist du deppert"-Bub

David Alaba darf beim Champions-League-Finale nicht spielen. Bezaubernd ist er dennnoch - selbst bei FC Bayern München

Noch vor drei Jahren war er ein pausbäckiger Bub mit pechschwarzem Afro, den ihm sein nigerianischer Vater vermacht hat. In den runden Wangen saß ein Rest Babyspeck, doch die Augen des gebürtigen Donaustädters signalisierten schon damals eine unersättliche Neugier auf die Welt. Seit Bayern München Ende April Real Madrid im Semifinale der Champions League im Elfmeterschießen besiegte, hat nun auch die Welt ihrerseits unersättliche Neugier auf David Alaba.

Alaba, 19, ist heute ein fescher junger Mann: Die Wangen sind schmäler, die Haltung straffer, sein Haar ist über der Stirn eingefettet, der Schopf nach oben gezogen. Auch sein Habitus signalisiert von den Haarwurzeln nach oben Strebsamkeit. Aus dem Burschen ist eine Erscheinung des öffentlichen Lebens geworden. Dafür ist ein Friseur oder die Öffentlichkeitswerkstatt der Bayern oder Alabas Haberer Franck Ribéry verantwortlich – oder alle miteinander. Wer zu Beginn des Champions-League-Semifinales einen Elfmeter verursacht und am Ende einen Elfer so selbstverständlich hineindrückt, als handle es sich um Weißbrottoasten, wer im medialen Mahlstrom all die sprachlosen Sprachfiguren unbeschadet überstehen will, muss den Gesetzen des öffentlichen Zur-Schau-gestellt-Werdens Tribut zollen.

Bei der Arbeit ist er einfach David Alaba, linker Verteidiger von Bayern München. Als solcher muss er Flinkhaxen wie Cristiano Ronaldo rechtzeitig vor dem Strafraum von der Kugel trennen oder ihnen die Gelegenheit zum Abspielen vermasseln. Hat er den Ball erwischt, geht es hügelaufwärts, wo schon Ribéry oder Gomez oder Müller auf ihn und den Ball warten.

Als es im Semifinale darauf ankam, trat Alaba als erster von Bayerns Schützen den Elfmeter, Reals Goalie Iker Cassilas hatte keine Chance. Das Pin-up Cristiano Ronaldo, der vorher zwei Tore (Spielstand nach 90 Minuten 2:1 für Real, was das 2:1 der Bayern im Hinspiel egalisiert hatte) geschossen hatte, war hingegen zittrig wie frischer Schnittlauch und vergab, und auch die Bayern-Wunderknaben Kroos und Lahm versemmelten ihre Elfer wie ballesterische Hilfsschüler.

Wenn es nun aber am 19. Mai beim Champions-League-Finale gegen Chelsea darauf ankommt, wird Alaba nicht mitspielen: Er hat eine gelbe Karte zu viel gesehen und ist gesperrt.

David Alabas Story ist die vorläufige Antiklimax eines Bildungsromans, der vor neun Jahren in Wien beim SV Aspern beginnt: Er wird dem Klub schnell zu groß und findet Aufnahme bei der Wiener Austria. Deren erfahrener Nachwuchsleiter Ralph Muhr erkennt auf den ersten Blick, wen er da vor sich hat. Alaba ist unter Gleichaltrigen bald unterfordert, als er 14 Jahre alt ist, spielt er mit den 16-Jährigen. Und er schafft an – die Größeren lassen es sich gefallen weil auch sie merken, dass der Kleine den Unterschied macht. Muhr: „Das ist bei den Buben nicht so häufig, dass sie wirklich miteinander im Spiel kommunizieren. Der David hat das von Anfang an gemacht.“

Fünf Jahre später setzt der Aufmüpfige seine Unterweisungen bei Franck Ribéry fort. Manchmal sieht man die beiden angeregt gestikulieren, während die anderen fleißig weiter kicken. Hätte Ribéry nicht das reifere Gesicht, man hätte oft nicht gewusst, wer der Ältere, Anschaffende ist.

Heute ist Ribéry für den Wiener Pate, Freund, Beschützer und Einführender in die große Welt rund um den großen Fußball geworden. Die beiden verbindet neben dem gemeinsamen Arbeitsplatz auf der linken Seite Bayerns auch eine tiefe humoristische Verwandtschaft: Der eine, Ribery, ist Star und Kasperl der Bayern, im Fasching verkleidete er sich als Transvestit und attackierte Bayerns Weißwursteminenz Uli Hoeneß, aktueller Präsident des FC Bayern München und ehemaliger Wurstfabrikbesitzer. Der andere, Alaba, gibt seinem französischen Freund dialektische Unterweisungen: „Bist du deppert!“, brachte er ihm bei, eine Wiener Melange aus Staunen und rhetorischer Frage – und das im breitesten Donaustädter Slang.

„Bist du deppert!“, prangte daraufhin in Riesenlettern auf Deutschlands Boulevardblättern. „Bist du deppert“, hallte es aus den Bierhöllen Bayerns, als Ribery im Semifinale mit dem Ball tanzte und Alaba Reals Reihen überlief wie ein Lamborghini die weißen Mittelstreifen auf der Autobahn, um eine Flanke auf Arjen Robben zu schießen, die der holländische Schussel aus drei Metern übers Tor hob.

So wie Alaba noch heute versucht, Ribery anzuschaffen, so tat er es auch schon als Jugendlicher. Als er mit seinem Vater George in die Frank-Stronach-Akademie zur Aufnahmsprüfung fahren wollte, sprang der neun Jahre alte Ford Escort der Familie nicht an. „Es wird Zeit, dass wir uns ein neues Auto kaufen“, bemerkte der damals 15-jährige David Alaba. Mittlerweile hat er dem Vater einen Audi Q5 gekauft – vielleicht auch einiges mehr. Der Vater, nigerianischer Musiker, und Alabas Mutter, eine Philippinerin, haben einander in Wien kennengelernt und ihren Sohn mit reichlich Selbstbewusstsein ausgestattet.

Dieser Tage rufen Zeitungen aus dem In- und Ausland bei Familie Alaba an. „Mir kocht schon der Schädel“, sagte George Alaba vergangenen Freitag abends. Zwar ist für ihn als Siebenten-Tags-Adventist der Samstag Kirchentag, am 19. Mai aber wird er sich schon das Finale gegen Chelsea mit dem für das Spiel gesperrten Buben auf der Tribüne ansehen.

Nicht nur die Eltern, auch die Bayern haben allen Grund, auf Alaba stolz zu sein: Als er für Hollabrunn und Austrias Kampfmannschaft zu schnell wurde, holten sie ihn in die Akademie des FC Bayern München. Diese mit viel Geld und Hirnschmalz betriebene Kaderschmiede bietet alles, was sich ein Nachwuchsspieler wünschen kann – erstklassige Lehrer, Ausbildung, soziale Anbindung, guten Ruf, lebenswertes Umfeld –, aber sie bringt kaum jemals einen für die erste Liga brauchbaren Kicker hervor. Die meisten Absolventen gehen zu anderen Bundesliga-Vereinen oder gar in niedrigere Ligen. Mit Alaba können die Lehrer nun ein Ergebnis ihrer Ausbildung präsentieren.

Natürlich beginnt es da auch sofort im Wald zu rauschen: Barcelona, Real – die Klubs mit den ganz vollen Hosen sollen interessiert sein. Aber Weißwurstreformator Hoeneß wird den Wiener Burschen wohl kaum verkaufen; Alaba ist ein gutes Geschäft, und er wird noch besser werden.

Als einer von wenigen Spitzensportlern wirft er über seinen Beitrag zu Titeln und Siegen medialen Mehrwert ab. Seine freundliche Art, sein leidenschaftliches und über die Maßen kompetentes Fußballspiel, seine positive Ausstrahlung und das unkomplizierte Bekenntnis zu seinen Wurzeln, all das verpackt in eine selbstverständliche Weltläufigkeit prädestinieren ihn zum Sehnsuchtsobjekt.

Und hierzulande fehlt es sowieso an faszinierenden Sportlern: Die Skifahrer haben seit Hermann Maiers Abgang nichts mehr zu bieten; zwar ist Marcel Hirscher ein großer Rennläufer, hat aber wenig Ausstrahlung. Selbst die erwähnenswerten Kicker wie Christian Fuchs (bei FC Schalke, Streber mit Aussteigerbart), Marc Janko (FC Porto, Streber mit Attitüde) oder Marko Arnautovic (Werder Bremen, Prolo und Poser) leuchten nicht über den Strafraum hinaus. Da ist Alaba mit dem Licht in seinen Augen und seinen Pässen wie ein Geschenk des Himmels.

In all dem Jubeltrubel um ihn schwingt – zwar wie ein Stempel, doch voller unartikulierter Genugtuung – immer auch der Ausdruck „multikulti“ mit; wenn auch Alaba und seine Familie keinesfalls politisch instrumentalisiert werden sollen.

Wer mit Herbert Prohaska und Hans Krankl quasi aufgewachsen ist und sich aus Kindertagen noch an die Freistöße und Haken von Erich Hof erinnern kann, hat Vergleichsmaterial auf der Festplatte. Auch Andreas Herzog war nicht schlecht, aber der war für die Bayern eine Nummer zu klein, zu schlafmützig und zu harmlos. Auch Anton Polster hatte in guten Momenten eine Ausstrahlung und Spielkultur, die zu merken sich lohnte. Ob Alaba über deren Status hinauswächst, wird erst die Zeit weisen. Das Ausmaß der aktuellen Hymnen ist jedenfalls kein Maßstab. Die Leichtigkeit und Selbstverständlichkeit, mit der er seinen Weg geht, schon eher.

Im März 2010 hatte Alaba die 19 Spiele andauernde Serie von Nichtniederlagen quasi im Alleingang beendet, als er im Spiel gegen Eintracht Frankfurt in den letzten fünf Minuten zwei spielentscheidende Fehler beging. Eintracht gewann. Alaba zuckte nicht mit der Wimper, die Bayern ebenso wenig, und drei Monate später ließen sie ihn einen Profivertrag unterschreiben.

Als Luiz Gustavo im Jänner 2011 von Hoffenheim zu den Bayern wechselte, wurde Alaba nach Hoffenheim getauscht. Im Sommer kam er zurück. Er war erwachsen geworden und arbeitete sich sukzessive in die Kampf-mannschaft.

Sein einstiger Lehrer Ralph Muhr hat schon einige Begabte wie ihn gesehen, wenn auch noch keinen, der mit seinen Talenten so erfolgreich wucherte. Der Linke ist praktisch perfekt, sagt Muhr, der Rechte immer noch außerordentlich. „Er war immer einer der Schnellsten“, sagt Muhr und Müdewerden gibt’s praktisch nicht. War er der Größte aller Begnadeten in der Austria-Akademie? Aber nein, widerspricht Muhr. Da wäre Alexander Dragovic (FC Basel), der auf einer anderen Position genau so begabt sei. Oder Christof Knasmüller, der einige Zeit zugleich mit Alaba bei den Bayern lernte. Er bringt vielleicht sogar mehr Esprit mit als Alaba, bekleidet auch eine offensivere Position, kämpft derzeit beim Zweitligisten Ingolstadt 04 um eine Karriere.

Und schließlich Sascha Horvath, „unter Umständen der Begabteste von allen“, sagt Muhr. Der Bub ist 15 Jahre alt, und die Scouts von Dortmund, Leverkusen und den Bayern grüßen einander, wenn der kleine Horvath für die Austria den Ball herumschiebt. Immer wieder tauchten Burschen auf, aus denen was werden kann, „aber so schnell und mühelos so groß werden wie der David“, sagt Muhr, „das kommt dann doch nur alle zehn, 20 Jahre einmal vor“.

Quelle: www.falter.at

Ich freu mich schon, wenn der David mit dem Drago so in ca. 13-14 Jahren zu uns zurückkommen und noch 3 österreichische Meistertitel einfahren werden.

Und ich hoffe, dass Sascha Horvath nicht ohne je ein Bewerbsspiele in der Ersten absolviert zu haben ins Ausland zu einem Topclub wechselt.

Der Bua gehört ab Sommer in den Kader der 1. aufgenommen. Egal was.

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