Interview mit Jogi Löw


Gigi

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Das Veto gegen gesättigte Stars in Violett

Austria-Trainer Joachim Löw über Stronach, Vastic und die Überlebensstrategie in der Schlangengruben

Die Ära Daum ist Geschichte, seit einer Woche arbeitet Joachim Löw, 43, bei Austria an der Verwirklichung des Euro-Traums. Ein Gespräch mit dem ehemaligen Tiroler Meistermacher, dem Schleuderstühle offenbar keine Angst bereiten.

KURIER: Herr Löw, vor einem Jahr wurde dem FC Tirol die Lizenz entzogen. Werden Sie da nicht ein wenig wehmütig?

LÖW: Nein. Es dauerte Monate, das brutale Ende emotional zu verarbeiten, ich war lange nicht bereit für einen anderen Klub. Tirol ist aber spätestens mit meiner Unterschrift bei Austria abgeschlossen. Obwohl die Geschichte kurios ist: Ich kann in Wien dort beginnen, wo ich in Tirol aufgehört habe - bei der Champions-League-Qualifikation.

Sie waren in Tirol Krisenmanager und Integrationsfigur. Austria wirkt im Vergleich wie eine Schlangengrube. Wie groß ist der Respekt?

In Wien herrscht größeres Interesse, ich war aber bei Klubs, wo der Erfolgsdruck noch viel größer war. Ein Trainer muss damit leben.

Wo haben Sie mit Druck am besten leben gelernt?

Ich bin in Stuttgart ins kalte Wasser gestoßen worden. Viele dachten, ich kann mich nicht freischwimmen. In der Türkei waren 35.000 Zuschauer beim Training, 70 Reporter bei jeder Pressekonferenz. Dort ist jeder abgegebene Punkt ein kleines Desaster. Da bekommt man ein dickeres Fell. Auch in Tirol glaubte man: Nach Kurt Jara kann dort keiner bestehen. Mich aber reizen schwierige Aufgaben ganz besonders. Ich war eigentlich noch nie so gelassen wie jetzt.

Austria-Trainer arbeiten im Schnitt acht Monate. Kein bisschen Respekt?

Ich gehe völlig unvoreingenommen an die Sache heran, auch wenn man statistisch gesehen nicht von Kontinuität sprechen kann. Bei Austria ist Potenzial da, über die Art und Weise, wie sie im letzten halben Jahr gespielt hat, kann man diskutieren. Ich bin von meiner Strategie überzeugt. Erfolg ist ein Stück weit planbar. Wenn man eine Strategie hat, die sich als roter Faden durch den Klub zieht.

Haben Sie Wetten angenommen, wie lange Sie Austria-Trainer bleiben werden?

Man diskutiert im Freundeskreis drüber. Im Fußball wird man am Erfolg gemessen. Wer einige Male verlierst, steht in der Kritik. Wer sich dem nicht bewusst ist, muss den Beruf wechseln.

Haben Sie bei Austria eine klare Strategie erkannt?

Es wurden unglaublich viele Spieler gekauft, wo ich mich frage: Nach welchen Kriterien ist das passiert? Austria hat seit Jahren gute Spieler, der Erfolg stellte sich aber nicht ein. Die letzte Saison freilich ausgenommen.

Big Spender Frank Stronach meint: In Pasching darf man nicht verlieren.

Große stolpern immer wieder über Kleine, sogar Bayern oder Milan. Das ist der Reiz, dass David mal gegen Goliath gewinnt. Es kommt drauf an, wie man sich präsentiert. Das Budget ist nicht immer ausschlaggebend. Man muss auch die Spieler leistungsbezogen bezahlen. Verträge mit über 90 Prozent Fixum wird's nicht mehr geben.

Stronach will rasche Erfolge sehen. Immerhin investiert er seit einigen Jahren. Ist das aus Ihrer Sicht ungerecht?

Alle Klubchefs wollen Erfolge sehen. Stronach ist ein Mann mit Visionen. Er möchte was erreichen, er tut auch unglaublich viel dafür. Er fordert Weiterentwicklung. Ich glaube nicht, dass er bei einer Niederlage die Strategie ändert - ich habe ihn anders kennen gelernt.

Ein Osim hat sechs Jahre gebraucht, um in die Champions League zu kommen.

Man muss die Mischung finden, es gibt mehrere Möglichkeiten: Ajax zieht das Nachwuchssystem seit 30 Jahren durch, hat aber auch Durststrecken. Bayern wiederum sagt: Unsere Fans wollen Superstars, die müssen jedes Jahr neue Stars präsentieren. Bei Austria sind hohe Ziele da, aber nicht unbedingt die Möglichkeiten der Bayern. Wir brauchen Führungsspieler, dürfen aber den Nachwuchs nicht vergessen.

Austria orientiert sich demnach eher am Modell Ajax?

Eine Zwitter-Situation. Wir wollen den Namen Austria nach Europa transportieren. Wir kriegen aber nicht jeden Spieler. Bei Liverpools Owen spielt Geld keine Rolle. Wir müssen uns verstärken und auch aus der Akademie, die in Europa Spitze ist, sehr gute Spieler nachziehen.

Werden wieder Spieler a la Djalminha kommen?

Nein. Wir brauchen noch eine kleine Blutauffrischung, aber das Lohngefüge darf nicht mehr so gesprengt werden. Das schürt nur den Neid. Djalminha hat den Rahmen gesprengt. Spieler, die jetzt verpflichtet werden, müssen den Ehrgeiz mitbringen, mit Austria was zu erreichen. Das ist eine Absage an gesättigte Stars: Ich werde nicht nach großen Namen aussuchen.

Was ist mit Ivica Vastic?

Ob er einen rechtsgültigen Vertrag hat, prüfen die Anwälte. Offenbar pocht er auf seinen Vertrag.

Michael Wagner ist bei Stronach in Ungnade gefallen. Stehen Sie zum Kapitän?

Ich mach' mir mein eigenes Bild, wollte auch von Daum keine Beurteilung. Ich werde am ersten Tag vermitteln, was ich erwarte. Danach hat sich jeder zu richten. Emotionen sind gut, müssen aber Positives bewirken.

Mit Gilewicz, Helstad, Rushfeldt, Dundee, Linz, Parapatits und vielleicht Vastic stehen 7 Stürmer im Kader. Oder sehen Sie Gilewicz - wie Daum - als Mittelfeldmann?

Man muss Spieler dort einsetzen, wo sie ihre Stärken haben. Bei mir wird Gilewicz auf jeden Fall im Sturm spielen, er wird nicht auf der Außenbahn oder im zentralen Mittelfeld herum laufen.

War Troyansky Ihr Wunschsspieler? Daum hielt ihn für weniger brauchbar?

Troyansky ist mir immer positiv aufgefallen. Im Kader kann er sehr wichtig sein.

Vladimir Janocko hat ein Angebot von Fenerbahce. Würden Sie ihn ziehen lassen?

Wenn wir uns weiter entwickeln wollen, darf er nicht gehen. Es sei denn: Inter Mailand bietet 10 Millionen Euro. Dann wäre der Spieler im Kopf wohl auch wo anders.

Stronach will wieder mehr darauf schauen, was bei Austria läuft. Wie kommunizieren Sie eigentlich mit ihm?

Ich kann ihn anrufen, wenn ich was brauche. Mir ist wichtig, dass der Kontakt eng ist. Als Klubchef hat er das Recht auf alle Informationen.

Kritiker meinen, er umgibt sich mit Leuten, die nur auf das eigene, das finanzielle Interesse schauen.

Das habe ich so nicht festgestellt. Natürlich braucht er Berater. Mich aber hat er persönlich kontaktiert, das hat mir imponiert.

Stronach will auch in Europa eine große Rolle spielen. Haben Sie Angst vor den beiden Qualifikationsspielen?

Angst gibt's nicht. Ohne Glauben brauchen wir gar nicht erst anzutreten. Wir werden alles tun, um so überzeugend wie möglich aufzutreten. Wenn wir es nicht schaffen, aber ein tolles Spiel geliefert haben, wird das Leben auch weiter gehen.

(kurier.at)

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