Grundsatzfrage


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Text aus der Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 18.06.2006, Nr. 24 / Seite 28 entnommen:

Grönemeyers WM-Hymne

Steh auf, wenn du Musikfreund bist

Von Tobias Rüther

Oeoeoe - oder Ojeojeoje?

18. Juni 2006

Fußball-Hymnen sind wie Sommerhits: Was sie zu Klassikern macht, ist schwer auszurechnen. Jedenfalls singt kein Mensch mit, wenn sie zu gewollt sind, zu ehrgeizig, wenn sie zu kompliziert sind und klingen, als hätte jemand mitten im Song den Sender verstellt. So wie bei „Zeit, daß sich was dreht“, der offiziellen WM-Hymne von Herbert Grönemeyer, oder, im Amtsdeutsch des Ausrichters: „The Official Fifa 2006 World Cup AnthemTM“.

Man hat die Hymne seit Beginn der Weltmeisterschaft selten gehört, noch seltener in voller Länge, das ZDF, so scheint es, setzt sie etwas häufiger ein als die anderen Sender. Die Fans in den Stadien singen sie nicht, jedenfalls nicht von selbst. Vielleicht ist es aber ein Trost für Grönemeyer, daß seine Hymne immerhin bekannter ist als das offizielle „Lied“ der Weltmeisterschaft, gesungen von Il Divo und Toni Braxton: Ihr schmalziges „The Time of Our Lives“ hat in etwa den Ruhepuls einer Eckfahne.

Bochumer Schwere

Daß Herbert Grönemeyer in der Lage ist, Hymnen zu schreiben, hat er oft bewiesen, und so klingt auch sein alter Hit „Bochum“ in den ersten Takten von „Zeit, daß sich was dreht“ an. Nach ein paar Zeilen typischer Grönemeyer-Lyrik („Wer sich jetzt nicht regt, wird ewig warten“, vor einigen Jahren hieß das noch „Stillstand ist der Tod, geh voran, bleibt alles anders“) und noch ein paar Takten Grölemeyer (er singt „Oeoeoe“, was aber „Ojeojeoje“ heißen könnte) dreht sich dann tatsächlich was - und zwar der ganze Song. Er stolpert abrupt in andere Rhythmen und in eine ganz andere Klangfarbe, und kurz meint man sogar, „Yeke Yeke“ von Mory Kante zu hören, das war ja auch mal ein großer Sommerhit.

Aber da hat niemand am Sender gedreht, all das ist gewollt, hier singen Amadou und Mariam, ein Pop-Duo aus Mali, das Herbert Grönemeyer für sein Lied engagiert hat, aus den allerehrenwertesten Gründen: einerseits, wie er kürzlich sagte, um eine Leichtigkeit zu zeigen, die man von den Deutschen nicht kennt. Und dann, um auf die nächste WM in Afrika im Jahr 2010 hinüberzuspielen und zugleich gegen das Gefälle zwischen Nord und Süd zu protestieren, um wachzurütteln und „der Welt eine neue Drehung“ zu geben, wie es auf seiner Website heißt. Es ist also eigentlich eher eine Hymne für die Deutsche Gesellschaft für technische Zusammenarbeit - und damit ist, aller Euphorie über die Ballkünste von Schweinsteiger, Klose und Ballack zum Trotz, nicht die deutsche Nationalmannschaft gemeint. Wobei in beiden Fällen Entwicklungshilfe natürlich ein großes Thema ist.

Penetrant pädagogisch

Am Ende türmen sich die Chöre in Grönemeyers Hymne opernhaft auf, wagnerianischer Bombast zu afrikanischen Trommeln, und irgendwie gehen die Klänge schon zu einer Art Weltmusik ineinander auf - wenn es nur nicht so penetrant pädagogisch wäre. Warum soll jetzt „deutsche Leichtigkeit“ unbedingt afrikanisch herbeigetrommelt werden? Als die deutsche Nationalmannschaft im Jahr 1996 aus England zurückkehrte und die gewonnene Europameisterschaft auf dem Frankfurter Römer feierte, stimmte der damalige Kapitän Jürgen Klinsmann vom Balkon herunter „Football's Coming Home“ an - und Tausende Fans zu seinen Füßen sangen selig mit. Auf englisch. Sehr schief, aber glücklich. Niemand hatte sie dazu gezwungen. Das war deutsche Leichtigkeit, wenn man die unbedingt unter Beweis stellen muß. Und der Rest der Welt, zumindest die tief zerknirschten Engländer, sahen dabei zu.

„Football's Coming Home“, gesungen von den Komikern Skinner und Baddiel und den Lightning Seeds, war das offizielle Lied der Engländer bei der Europameisterschaft 1996. Darin ging es um: Fußball. Nicht um Politik und Völkerverständigung oder Vergangenheitsbewältigung, im Gegenteil: Im Video liefen Skinner und Baddiel im Trikot des damaligen deutschen Nationalspielers Stefan Kuntz herum, und wenn man dessen Namen englisch ausspricht, ist das ein sehr böses Schimpfwort. Aber die deutschen Fans haben es trotzdem gesungen, sie singen es noch heute, immer wieder.

Ganz undeutsch leicht

Und denselben Fans steigen bestimmt immer noch Tränen in die Augen, wenn sie „Un' Estate Italiana“ von Edoardo Bennato und Gianna Nannini hören, das Lied zur Weltmeisterschaft 1990 in Italien, das die magischen Nächte und Tore und den Himmel im italienischen Sommer besingt. Und vielleicht fangen sie sogar an zu tanzen, ganz undeutsch leicht, wenn sie Ricky Martins „La Copa de la Vida“ hören, die Hymne der Weltmeisterschaft 1998 in Frankreich, die davon handelte, daß die Liebe und das Leben und der Fußball ein Kampf und ein Spiel sind, pura pasion, wahre Leidenschaft.

Aber weil „Zeit, daß sich was dreht“ so verkopft daherkommt, steckt Herbert Grönemeyers Lied überhaupt nicht an. Nur im Englischen traut es sich etwas deutlicher an Fußball heran: „To win again, to never stop fighting, moving as one will still work for all“, so lauten die ersten Zeilen, aber vermutlich hätte das auf deutsch gesungen zu martialisch geklungen: Wieder zu gewinnen, nicht aufzuhören zu kämpfen, sich wie ein Mann zu bewegen, hilft immer noch allen - da sieht man mal, wie leicht die Deutschen die Dinge nehmen.

Fußball ist nur Fußball

Was also singen wir zur WM, wie die „taz“ ihre Leser schon seit ein paar Ausgaben fragt? Nicht Bob Sinclairs verpfiffenes „Love Generation“, „der erste offizielle Hit zur Fifa-WM 2006“, wie es angepriesen wird, samt Goleo im Video, das merkwürdigerweise in Amerika spielt. Und auch nicht den Stumpfsinn der Sportfreunde Stiller, deren Schunkelsong „'54, '74, '90, 2006“ schon allein daran scheitert, das man den Titel vor lauter Apostrophen und Zahlensalat kaum kapiert. Die Fans in den Stadien haben die Frage nach der Hymne längst entschieden. Wenn überhaupt, dann singen sie schon seit den Vorbereitungsspielen der deutschen Nationalmannschaft bei „Schwarz und Weiß“ des Fernsehkaspers Oliver Pocher mit.

Das Lied ist saudämlich und ein schamloses Plagiat von „Football's Coming Home“, aber Pocher weiß all das auch, es ist die Parodie eines Fußball-Songs samt „Jetzt geht's los“ und aller denkbaren Moderatorenklischees wie der „Turniermannschaft“ Deutschland und den Fans als „zwölftem Mann“ im Rücken. Aber wenn man „Schwarz und Weiß“ gegen den überpolitisierten Grönemeyer-Song hält, der auch von Schwarz und Weiß handelt, wird das Lied einem doch wieder sympathisch. Weil Oliver Pocher begriffen hat, daß Fußball nur Fußball ist und keine Weltformel. Pocher will nur spielen, wie jeder Fußballer, wie jeder Fußballfan auf der ganzen Welt. Da sieht man mal, wie leicht die Deutschen die Dinge nehmen können.

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Der heutigen FAZ online Ausgabe entnommen:

"Stars und Spielerfrauen

Nie waren Kicker so sexy

Von Christian Eichler

29. Juni 2006 Cherchez la femme? Warum denn das? Bei einer WM, die von 736 Männern bestritten wird. Und keiner einzigen Frau. Und doch behauptet Berti Vogts, daß an der deutschen WM-Pleite 1994 "drei Frauen" schuld waren. Die Namen mag er nicht nennen. Muß er auch nicht. Denn die, die der "Spielerfrau" den Beiklang des Unruhestifters in der heilen Männerwelt gaben, haben dauerhafte Bekanntheit erlangt: die Damen Effenberg, Illgner und Matthäus.

Drei Weltmeisterschaften später scheint die Sache ausgestanden. Keine deutsche WM-Kaderfrau fällt als Medienfigur oder gar Problemfall auf. Auch in anderen Ländern sieht die Star-Frau ihre Rolle nicht mehr am Herd, aber auch nicht am Unruheherd. Victoria Beckham etwa gibt sich, anders als deutsche 94er-Frauen, damit zufrieden, nicht beim Gatten im Mannschaftshotel auf der Bühlerhöhe zu wohnen, sondern unten in Baden-Baden, wo es sich schöner shoppen läßt.

Immerhin, man ist in der Nähe, für alle Fälle. 1974 scheuchte ein "Bild"-Bericht darüber, daß die Holländer ihr freies Positionsspiel nicht nur auf dem Platz, sondern auch im Pool geübt hätten, heimische Spielerfrauen auf. Vor allem Mevrouw Cruyff ließ nicht locker, und wenige Tage später verloren die genervten Holländer das Finale. Die deutschen Sieger hatten sich, wie man hörte, auch ihre kleinen Abstecher geleistet, aus Malente zur Reeperbahn oder in die "Russische Botschaft". Doch gelang die Geheimhaltung im Sinne der gemeinsamen nationalen Sache.

Lang ist sie her, die Zeit der Abgeschiedenheit in Schullandheimen oder Sportschulen - und der von Medien (und Gattinnen) unbemerkten Eskapaden. Das heißt, manchmal merkte man sie doch: neun Monate später. Garrincha etwa genoß nicht nur am Ball als Fummler einen legendären Ruf. Bei der WM 1958 machte der krummbeinige König der Dribbler nicht nur Brasilien zum Champion, sondern auch eine junge Schwedin zur Mutter - eines seiner 13 Kinder mit fünf Frauen.

Schöner Fußball macht sexy. Noch heute läßt sich die Wechselwirkung am Beispiel Ronaldinhos ablesen. Der ist mit seinen Hasenzähnen nach eigenem Urteil "ziemlich häßlich" und doch einer der begehrtesten Junggesellen der Welt. Seit ein englisches Blatt einmal eine Bühnenfachkraft, die nach getaner Arbeit dem Brasilianer nähergekommen sein will, zum Reden und Schwärmen brachte, gelten dessen Fähigkeiten auch im Spiel ohne Ball als bemerkenswert.

Das sind jedenfalls so die kleinen Legenden und Schlüsselloch-Geschichten, mit denen man als Fußballstar leben muß. Nie galten Kicker als so sexy wie heute. Als Alain & Denise Kalle Rummenigges "Sexy knees" besangen (deutsche Version: "Der hat Haxn, schee sans gwachsn", "Waden fest, und erst der Rest"), da hatte das noch eine eher peinlich-verschwitzte Komik. Die meisten Fußballer galten bis in die neunziger Jahre als Typen von eher prolligem Flair.

Heute ist der Kicker von Welt teuer frisiert, trägt durchgestylte Oberkörper wie Cristiano Ronaldo, schrille Tattoos wie David Beckham oder knackige Gesäße wie Francesco Totti, der mal beim Trikottausch die Hose gleich mit ablegte. Sie treten, wie Figo oder Schewtschenko, wie Filmstars beim Oscar-Defilee in Abendgarderobe lässig vor die Kameras, am Händchen Frauen oder Freundinnen, die frühere "Modelle" oder "Moderatorinnen" sind. Sie verströmen etwas, was frühere Kicker-Generationen nicht hatten: eine geschmeidige, stilsichere Körperlichkeit. Wahrscheinlich stinkt es nicht einmal mehr in ihren Umkleidekabinen.

Diese Aura gepflegt-animalischer Männlichkeit liegt im mediensexuellen Trend. Sie lockt mehr Frauen denn je zum Fußball. Manche lockt sie noch weiter: zum Fußballer. Kicker-Groupies versprechen Sex als Siegesbeute, und schon mancher, nicht nur in den amerikanischen Basketball- und Baseball-Ligen, wo auswärts gezeugte Kinder angeblich in die Hunderte gehen, hat die Gefahren der verlockenden Zunahme an erotischer Anziehungskraft erleben müssen: die Gefahr, eigene Unwiderstehlichkeit zu überschätzen - und die Gefahr, in eine Falle zu tappen.

Aus welchem der beiden Gründe auch immer - zwei WM-Jungstars, Cristiano Ronaldo und Robin van Persie, fanden sich schon einmal wegen Verdachts der Vergewaltigung in U-Haft wieder. Ohne Folgen für sie. Doch das Risiko bleibt bestehen für alle, die ihre Wahlmöglichkeiten als Star auch nutzen wollen. Von einem, der wegen einer Bettgeschichte für Jahre im Gefängnis saß, dem Boxer Mike Tyson, geht die triste Geschichte, daß er nur noch Sex bei laufender Kamera habe - als Beweis für die Freiwilligkeit des Partners.

Auch Dwight Yorke dreht gern Filme. Einmal etwa machte er einen von sich (in Frauenkleidern) in Gegenwart mehrerer Frauen (ohne Frauenkleidung), der aus seinem Mülleimer den Weg auf den englischen Boulevard fand. Nun ist Yorke, von dem das frühere Formel-1-"Boxenluder" Katie Jordan ein Kind hat, mit Trinidad und Tobago am Start - und Favorit auf die Rolle des WM-Womanizers.

Was aber läuft wirklich bei der WM? Da bleibt viel Raum für Phantasie: wenn man weiß, daß bei Profisportlern, so der amerikanische Soziologe Steven Ortiz, eine "Kultur des Ehebruchs" und eine "Fast-food-Sex-Mentalität" vorherrschen - und daß eine WM doppelt so lang dauert wie die Olympischen Spiele. Bei denen waren 2000 in Sydney drei Tage vor Schluß die 80.000 bereitgestellten Kondome verbraucht. Die Amerikaner hatten pro Kopf 51 Stück erhalten, was TV-Talker Jay Leno am olympischen Amateurgedanken zweifeln ließ: "Wenn sie 51 Kondome verbrauchen, sind sie doch kein Amateur mehr." Bei der WM spielen sowieso nur Profis mit.

Übrigens ist der Erfolg der größte Ehekiller. Von den deutschen Weltmeistern von 1990 leben nur drei noch mit der damaligen Ehefrau zusammen. Auch Teamchef Beckenbauer fügte sich dem Trend. Der Fußball-Eheberater empfiehlt: raus im Viertelfinale."

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Noch ein paar Bemerkungen zum italienischen Fußball bzw. dzur italienischen Liga, gerade und vor allem im Hinblick auf die gewonnene Weltmeisterschaft. Entnommen der gestrigen FAZ:

"Italiens Fußballskandal

Das wichtigere Finale

Von Dirk Schümer, Venedig

10. Juli 2006

Nicht alle italienischen Fußballfans haben die Nacht des Titelgewinns zum Feiern genutzt. Ein paar Tifosi zogen mit Spraydosen zum nationalen Fußball-Leistungszentrum in Coverciano, einem Vorort von Florenz, und brachten an den Wänden ihre Hochstimmung in die passenden Worte.

„Rossi - der Esel bist du!“ und „Nimm dich in Acht, Palazzi!“ - so könnte man die Drohungen gegen den Verbandspräsidenten und den Sport-Staatsanwalt wohl am besten ins Deutsche übersetzen. Ungeteilte Jubelstimmung sieht anders aus. Und in der Tat mischt sich in die Freude, nach vierundzwanzig Jahren endlich wieder einmal „Campione del mondo“ geworden zu sein, ein gerüttelt Maß Verbitterung.

Der Siegesjubel könnte bald unangenehme Züge bekommen

Denn Italiens so erfolgreicher Fußball ist krank, todkrank sogar. Malad ist die Verbandsspitze mit dem ehemaligen Präsidenten Carraro und Ligachef Galliani, die nach abgehörten Telefonaten abtraten, weil darin unverhohlen über die Manipulation von Ligaspielen zugunsten der reichsten und einflußreichsten Mannschaften, Juventus Turin und AC Mailand, gesprochen wurde.

Ein Dutzend Schiedsrichter der höchsten Spielklassen stehen derzeit unter Anklage. Vier beliebte Großclubs sollen zwangsweise in untere Ligen absteigen. Wenn das passiert, müßten fünfzehn der dreiundzwanzig Weltmeister (und drei der französischen Vizeweltmeister) auf dem Dorf spielen - oder wären plötzlich ohne Arbeitgeber, denn die meisten Verträge gelten nur für die oberste Spielklasse.

Der biedere Moralist Gattuso fordert strenge Strafen für die Täter - und damit den Abstieg seines Clubs

Nahezu gleichzeitig mit dem Triumph im Finale schickte der Chef des Fernseh-Imperiums „Mediaset“, Berlusconis Stammhalter Piersilvio, ein Einschreiben an den Verband: Das Geld für die Fernsehrechte an der Serie A werde ab sofort nicht mehr überwiesen; wenn statt der Publikumsmagneten Juventus Turin, AC Mailand und FC Florenz plötzlich Niemandsclubs kickten, entsprächen die 61,5 Millionen Euro jährlicher Übertragungsgelder keinem Gegenwert mehr. Und wenn Mediaset (also Berlusconi, also der Inhaber des AC Mailand, also der Vorsitzende der größten politischen Partei) nicht mehr zahlt, ist Italiens weltmeisterlicher Lieblingssport pleite. So einfach kann Fußball sein.

Gianluca Pessotto sind vielleicht solche rabenschwarze Gedanken durch den Kopf gegangen, als er in seinem Büro als Manager von Juventus Turin die Nachfolge Luciano Moggis verwalten sollte - des Mannes, der mit seinem Netz von Gefälligkeiten, Vulgaritäten und Absprachen den Skandal erst ins Rollen brachte. Als Italien vor sechs Jahren im Endspiel der Europameisterschaft - damals auch gegen Frankreich - stand, gab Rechtsverteidiger Pessotto die Flanke zum italienischen 1:0.

"Sieg des gesetzestreuen Italien": So sieht es der neue Präsident Napolitano

Nun sah er nach ein paar Tagen im Büro den Scherbenhaufen, er sah seine alten Kameraden in Deutschland siegen und rief einen Verwandten mit der Mitteilung an, am Schreibtisch werde er wohl niemals ein Champion. Dann sprang Pessotto mit einem Rosenkranz in der Hand aus einem Dachfenster der piekfeinen Turiner Juventus-Zentrale.

Am Tag des Endspiels besuchte ihn der Erzbischof für ein gemeinsames Gebet. Ob der tragische Star seine inneren Verletzungen überlebt, ist ungewiß. Natürlich beteuern die frischgebackenen Weltmeister, sie hätten ihren Titel auch im Gedenken an den armen „Pessottino“ gewonnen, wenngleich er in den Hymnen des Sieges nurmehr im Kleingedruckten erscheint.

Die Jubelnacht nach dem Sieg von Berlin war, wie es sich für Italien gehört, als ganz große Oper inszeniert. Es gab die bösen Intriganten, welche die Stimmung verdorben haben und auf ihr Urteil warten, es gab ihre Häscher, die Rache fordern. Es gab die strahlenden Heldentenöre auf dem Rasen, und es gibt den armen Pessotto in seinem Krankenzimmer - dazu den Chor von Millionen glückseliger Italiener.

Vor allem aber gibt es jetzt die Verbeugungen vor dem Vorhang, die natürlicherweise einhergehen mit der Frage: Soll diese schöne Inszenierung tatsächlich vom Spielplan verschwinden? Müßte man mit opernhafter Milde (und einem Blick für den Kartenverkauf) den Übeltätern nicht lieber vergeben und weitermachen wie zuvor? So denken die anonymen Tifosi, die ihr Menetekel der neuen Verbandsspitze an die Wand gesprüht haben: Achtung!

Wenn der italienische Fußball tatsächlich seine Statuten befolgt und die Mauscheleien streng bestraft, dann könnte der Siegesjubel bald unangenehme Züge bekommen. Der neue Justizminister Mastella, den Moggi gemäß der Telefonprotokolle schon vor Jahren als Freund um Rat und Hilfe bat, warnt passend zum Sieg vor „ernsten Konsequenzen für den Fußball und den Sport“. Bei vielen Sportjournalisten, bei den meisten Funktionären und bei Berlusconis Fußball-Fernseh-Imperium sowieso rennt der windige Berufslobbyist mit seinem Gnadenappell offene Türen ein.

Ein Funktionär von Berlusconis „Forza Italia“ - das ist nicht zufällig der Schlachtruf für die Nationalmannschaft - verglich das Korruptionsverfahren im römischen Olympiastadion schon mit den „Nürnberger Prozessen“. Auch Moggi selbst trat schon vor die Schranken des Fernsehgerichtes und beklagte zusammen mit diversen Helfershelfern die große Ungerechtigkeit. Er habe doch nur seine Arbeit gemacht, ein Opfer sei er. Nicht nur die italienische Nationalmannschaft verfügt also über eine starke Verteidigung.

Ein paar Wochen vor dem Finalsieg hat der Schriftsteller Franco Cordero das System beschrieben, nach dem nicht nur der Fußball, sondern das ganze „kranke Italien“ seit Jahren funktioniere: „In den fetten Jahren häufen die kopf- und seelenlosen Mandarine der Politik Schulden, werfen das Geld zum Fenster heraus, nähren parasitäre Angestellte und gewähren sich illegale Vergünstigungen, bis das Establishment zusammenbricht.“ Cordero meint mit diesen „erstarrten Kontinuitäten“ natürlich die Karriere Berlusconis, die aufs Engste mit dem Fußball verwoben ist.

Pünktlich zum Turnierbeginn ist der mächtige Mogul auf den Präsidentensessel des AC Mailand zurückgekehrt, den er als Ministerpräsident hatte räumen müssen. Gewiß hatte Berlusconi bei der Parlamentswahl im April von einem Sieg geträumt, mit dem er dann als triumphierender Cäsar im Berliner Olympiastadion seine Laufbahn hätte krönen können. Nun wirkt die Skandal-WM wie eine Berlusconi-Dämmerung, bei der nur der Betroffene selbst hofft, es möge ein Morgen und keine Nacht sein, die dem vielen Zwielicht folgt. Und unter dem Applaus der linken Sportministerin Melandri erscheint der Titelgewinn wie ein letzter Appell zur Selbstreinigung.

Er begreife den Triumph, so sagte der neugewählte Präsident Napolitano, „als Sieg des gesetzestreuen Italien“. Aber so einfach ist das nicht. Berlusconi und andere verschwenderische Fußballmäzene haben die Spieler in hochmodernen Trainingszentren zu konkurrenzfähigen Gladiatoren ausgebildet, sie haben Milliarden in den Fußball investiert, ihn medial perfekt ausgebeutet und sich schließlich für berechtigt gehalten, die Spielregeln zu ihren Gunsten zu verändern. Wie in der Justiz. Wie in der Politik. Wie im Geschäft. Die Welt sei nun einmal dreckig und böse, so verteidigen sich jetzt nahezu alle Inkriminierten und Manipulateure. Wer sich da mit allen Tricks durchbeiße, der handle sozusagen in Notwehr.

Einige Spieler wie der grundsolide Kalabrese Gennaro Gattuso scheinen begriffen zu haben, daß Leute wie Berlusconi den italienischen Fußball groß gemacht und zugleich an den Abgrund gebracht haben. Der biedere Moralist Gattuso fordert strenge Strafen für die Täter - und damit den Abstieg seines Clubs, die Schwächung der Liga, den Kollaps der Finanzen, also all das, was die Moguln des Fußballs in den nächsten Wochen mit allen juristischen Mitteln zu verhindern suchen.

Die Frage ist, wie kann ein starkes Fußball-Italien ohne Lobbies und Vetternwirtschaft geschaffen werden? Unter diesen Auspizien hat das wichtigere Fußball-Finale, der Kampf um den Calcio, jetzt erst richtig begonnen. Spätestens am Mittwoch werden die Urteile verkündet und angefochten werden.

Dann drohen die hochdotierten Verträge vieler Spieler aus- und dieselben davonzulaufen; Geld wird plötzlich knapp im Calcio, und die gierigen Vermittler und Manager ausländischer Vereine strecken schon die Fühler nach den wackeren Verteidigungs-Weltmeistern aus. Die ersten Fußballstars aus dem Bel Paese sind schon gen England und Spanien aufgebrochen. Italien, das Land der Sieger, steht sportlich und ökonomisch als großer Verlierer da."

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Wir kommen der italienischen Lösung des Problems wohl immer näher. Dem heutigen Spiegel entnommen:

"Juve jammert trotz milden Urteils

Chaos in den italienischen Fußballligen: Trotz ihrer Verwicklung in den größten Skandal der europäischen Fußballgeschichte erhielten alle Clubs Strafmilderung. Dennoch proben sie weiter den Aufstand - allen voran Juventus Turin.

Rom - Nach Angaben italienischer Medien ist eine Verschiebung des für den 27. August geplanten Beginn der Serie A unumgänglich. Der Saisonstart könnte am 10. September nach den beiden ersten EM-Qualifikationsspielen der italienischen Nationalmannschaft erfolgen.

Mit Hohn und Spott reagierten die italienischen Zeitungen auf die milden Urteile. "Eine italienische Komödie" bezeichnete "La Repubblica" das Ergebnis des Berufungsprozesses. "Mildere Strafen, doch die Clubs feiern nicht. Alle Verbände wollen Einspruch einreichen", kommentierte "Gazzetta dello Sport".

Völlig desillusioniert zeigte sich auch Guido Rossi. Der kommissarische Präsident des Fußballverbandes (FIGC) reagierte empört auf die abgeschwächten Urteile und denkt derzeit über einen Rücktritt nach. Der ehemalige Mailänder Staatsanwalt Gerardo D'Ambrosio sprach von einer verlorenen Gelegenheit, um den italienischen Fußball zu säubern. "In Italien besteht eine verbreitete Illegalität, die man nur schwer ausmerzen kann", betonte D'Ambrosio.

"Das Urteil ist lächerlich", schimpfte aber FC Palermos Präsident Maurizio Zamparini. Auch Riccardo Garrone, Präsident des Erstligisten Sampdoria Genua, war unzufrieden: "Es handelt sich eher um politische Entscheidung, mit Recht hat das nicht viel zu tun." Juve, Florenz und Lazio sehen dies anders, fühlen sich völlig unschuldig und kündigten sogar Berufung vor dem Gericht des Nationalen Olympischen Komitees (Coni) an, bevor sie das Verwaltungsgericht in Rom anrufen wollen. Hier werden aber allenfalls noch Abzüge bei den Strafpunkten für Juve, Florenz, Lazio und Milan erwartet.

"Dieses Urteil ist ein Skandal. Juve zahlt für alle. Wir werden nicht Halt machen, bis dieses Urteil rückgängig gemacht wird", sagte Juve-Präsident Giovanni Cobolli Gigli. Juves Anwälte rechnen weiter fest mit dem Verbleib in der Serie A. Auch der Drahtzieher des Manipulationsskandals, der ehemalige Manager von Juventus, Luciano Moggi, scheint trotz der eigenen Verfehlungen kein Verständnis für die Bestrafung von Juventus zu haben. "Ich bin sprachlos. Dieses Urteil ist unannehmbar. Nur Juve ist für die Affäre verantwortlich gemacht worden", sagte Moggis Rechtsanwalt Fulvio Gianaria.

Moggi zählt zu den wenigen Angeklagten im Verfahren, für die die erstinstanzliche Strafe bestätigt wurde. Der Manager wurde mit einer fünfjährigen Berufssperre bestraft. Dagegen feierten der AC Florenz und Lazio Rom die überraschende Rückkehr in die Serie A. Das Berufungsgericht hatte den Zwangsabstieg der beiden Traditionsclubs zurückgenommen und stattdessen nur Punktabzüge zum Saisonstart auferlegt. So muss Florenz mit 19 und Lazio mit 11 Minuspunkten in die neue Spielzeit starten.

Als größter Gewinner der Berufungsverhandlung fühlte sich dagegen der vom Zwangsabstieg verschonte AC Mailand. Die Punktabzüge für die abgelaufene Saison wurden derart reduziert, dass Milan nun sogar wieder an der Qualifikation für die Champions League teilnehmen darf. Denn mit nur 30 statt bisher 44 Punkten Abzug für die vergangene Spielzeit ist der Club des ehemaligen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi in der "bereinigten Tabelle" Dritter der Meisterschaft 2005/2006. Dafür muss Milan aber mit acht Minuspunkten in die kommende Saison starten und erhielt zudem eine Platzsperre von einem Spiel.

Berlusconi sprach auch nach der Strafmilderung von einem "ungerechten Urteil nach einem fragwürdigen Prozess" und plädierte weiter auf Freispruch: "Wir haben uns nichts zu schulden kommen lassen", so Berlusconi. Stadtrivale Inter kämpft unterdessen um den Meistertitel der Saison 2005/06. Der aktuelle Pokalsieger erhebt Anspruch auf die nachträgliche Anerkennung des Scudetto. "Es muss jedem klar sein, dass nicht alle Clubs in den Skandal verwickelt waren. Wir sind sauber", sagte Moratti."

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Nachtrag zur WM aus dem Wirtschaftsteil des Spiegels von heute:

"WM-SPONSOREN

Hyundai verdoppelt Bekanntheitsgrad

Die Sponsoren der Fußball-WM haben sich ihr Engagement einiges kosten lassen. Der Aufwand hat sich aber gelohnt. Einer Studie zufolge haben vor allem bisherige "Außenseiter" ihren Bekanntheitsgrad kräftig gesteigert.

Hohenheim - Zum Sieger der Sponsoren erklärten die Marketing-Forscher der Universität Hohenheim den Autohersteller Hyundai. Die Koreaner hätten ihren Bekanntheitsgrad verdoppelt, teilte der Initiator der Studie, Markus Voeth, mit. Hyundai sei zuvor 25 Prozent der Befragten ein Begriff gewesen, nach der WM hätten rund 50 Prozent mit dem Namen etwas anfangen können. Auf dem zweiten Platz der Rangliste landete der IT-Anbieter Avaya, der um 21 Punkte auf 25 Prozent zulegte.

Die Ergebnisse basieren auf einer WM-Langzeitstudie der Hochschule mit rund 900 Befragten. Auch für die Fluglinie Emirates (plus 19 Punkte) und den Karlsruher Energiekonzern EnBW (plus 14) bedeutete die WM ein Imagegewinn.

"Bisherige Favoriten wie die Telekom, Coca Cola oder die Deutsche Bahn blieben dagegen unter zehn Prozent Bekanntheitssteigerung", betonte Voeth. Allerdings seien diese Unternehmen auch auf einem wesentlich höheren Niveau gestartet, Steigerungen seien daher nicht mehr in gleicher Weise möglich.

Auch nach der WM heißen die bekanntesten Marken unter den 15 offiziellen Fifa-Partnern laut Studie Coca Cola, Adidas, McDonald's und Deutsche Telekom. Adidas habe allerdings trotz des intensiven Auftritts an Aufmerksamkeit verloren (minus drei Prozentpunkte). Von den sieben nationalen Förderern habe die Deutsche Bahn den höchsten Bekanntheitsgrad, gefolgt von der Postbank und der Baumarktkette Obi.

Als Werbeträger dominierte die WM eindeutig Franz Beckenbauer. Profitiert davon hätten vor allem die Postbank und der Mobilfunk-Anbieter O2, mit dem Beckenbauer schon vor WM-Zeiten vertraglich verbunden war. Auf Platz zwei kam der Kapitän der Fußball- Nationalmannschaft, Michael Ballack."

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aus der heutigen "Frankfurter Rundschau":

"Gastbeitrag

Regenerieren wir uns zu Tode?

Der Teamarzt der deutschen Fußball-Nationalmannschaft plädiert einen Tag vor dem Auftakt der neuen Bundesligasaison für intensiveres und umfangreicheres Training in den Klubs.

VON TIM MEYER

Ein Gespenst geht um im deutschen Fußball - das Gespenst der Überlastung. Alle Mächte des traditionellen Systems haben sich zu einer heiligen Hetzjagd gegen dieses Gespenst verbündet, und die allseits propagierte Lösung lautet: "Viel Regeneration." Kein Trainer, der nicht um die hinreichende Regeneration seiner Spieler bangt, kein Journalist, der nicht nach einer mäßigen Leistung hinterfragt, ob in den vergangenen Wochen mangels ausreichender Erholung eine Überlastung vorliegen könnte. Ergänzt wird diese Allianz durch verschiedene selbst ernannte Experten, die ohne entsprechende Belege behaupten, genau zu wissen, wie eine optimale Regeneration zu gestalten ist.

Aber ist das eigentliche Problem wirklich ein Mangel an Regeneration? Athleten anderer Sportarten trainieren erheblich mehr als Fußballspieler und haben demnach weniger Zeit zum Regenerieren. Sie verkraften dies offensichtlich dennoch ohne Schäden an Leib und Seele. Trainingsumfänge von über 20 Stunden pro Woche sind in vielen Sportarten üblich (unter anderem Triathlon, Badminton, Rudern). Natürlich verbietet sich ein direkter Vergleich aufgrund der Unterschiedlichkeit dieser Disziplinen. Aber auch die Handballer und die (in Deutschland eher als Halbprofis aktiven) Hockeyspieler trainieren nicht nur länger, sondern auch intensiver als die Fußballer. Aber ist dann ein Mehr an Regeneration der Königsweg zum fußballerischen Erfolg? Oder kann ein Zuviel an Erholung vielleicht sogar eine der Ursachen für ausbleibende Siege sein?

Natürlich ist die Gestaltung eines Trainings bei großer Wettkampfdichte, etwa in "Englischen Wochen", schwierig. Zu den Wettkämpfen kommen Reisestrapazen und Umgebungswechsel als belastende Faktoren. Diese Umstände sollte man nicht gering schätzen, denn sie schränken die Handlungsfreiheit der Trainer massiv ein. Dazu kommt auf Spielerseite das Problem, sich in kurzen zeitlichen Abständen gedanklich auf Wettkämpfe zu fokussieren, die vor großem Publikum und bei immenser medialer Aufmerksamkeit ausgetragen werden (wohl der wichtigste Unterschied zu vielen anderen Sportarten). Dennoch wäre sogar unter solchen Bedingungen eine höhere Belastbarkeit der Spieler ein offensichtlicher Vorteil.

Es ergeben sich daher zwei logische Ansatzpunkte für Verbesserungen des Status quo:

Verbesserung der körperlichen (Fitness-) Voraussetzungen und

Optimierung (nicht: Verlängerung!) der Erholungsmaßnahmen.

Der erste Punkt ist verhältnismäßig leicht umsetzbar, der zweite erfordert wissenschaftliche Vorarbeit.

Darf man aber guten Gewissens eine Steigerung des (Fitness-)Trainings empfehlen? Bereits jetzt hört man allenthalben Klagen, Spieler seien durch hohe Belastungen erschöpft. Bei kritischer Durchsicht der veröffentlichten - leider sehr spärlichen - Fachliteratur zum Thema kristallisiert sich lediglich ein wirklich gesicherter Aspekt heraus: Eine bessere Fitness, insbesondere eine bessere Ausdauer, geht mit besserer Erholungsfähigkeit einher. Dieser Ansatz wurde im deutschen Fußball der vergangenen Jahre kaum verfolgt. Auf der taktischen Ebene wird es jedoch in einer internationalisierten Fußballwelt zunehmend schwieriger, Vorteile zu erzielen. Selbst Spieler aus Südamerika und Afrika verdienen fast ausnahmslos ihr Geld in europäischen Spitzenvereinen und erhalten damit in der Regel eine ordentliche taktische Ausbildung. Brasilianer, Argentinier und Franzosen auf technischer Ebene einholen zu wollen, stellt zudem wohl eine Sisyphusarbeit dar. Damit verbleibt von den klassischerweise als leistungsbestimmend angesehenen Faktoren (neben der Psyche) nur die Physis, deren Verbesserung glücklicherweise in vergleichsweise kurzen Zeiträumen möglich ist.

Wie lässt sich aber die Erholung effizienter gestalten? Hier gibt es viele Ideen, aber nur wenige gut untersuchte Lösungen, so dass offensichtlicher Forschungsbedarf besteht. Da die Rahmenbedingungen im Spitzenfußball nicht ohne Weiteres in unterklassigen Vereinen nachgestellt werden können, ist man auf die Mithilfe der Profi-Vereine angewiesen. Das setzt natürlich voraus, dass auch bereits eingeschlagene Wege in Frage gestellt werden dürfen. Zudem macht es eine wissenschaftliche Begleitung erforderlich, denn auf anderem Wege sind wirklich aussagekräftige Untersuchungen nicht durchführbar, und es würden interessen- bzw. profitgeleitete Resultate drohen. Keinesfalls führt es jedoch voran, wenn man monoton entgegen aller Unsicherheit der seriösen Fachleute behauptet, dass die optimale Lösung bereits gefunden und im eigenen Umfeld selbstverständlich verwirklicht sei.

Die bisherige Geschichte des Fußballs ist jedoch glücklicherweise auch eine Geschichte von Klassenkämpfen gegen überkommene Traditionen. Und das lässt Hoffnung auf Besserung. Das jüngste Trainergespann der Nationalmannschaft legte denn auch viel Wert auf die physische Fitness der Spieler, und regenerative Maßnahmen waren durchweg sehr abwechslungsreich und durchdacht gestaltet. Gewiss ist hier aber noch nicht das Ende der Entwicklung erreicht, und neue wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse sind höchst wünschenswert.

Der Autor, Dr. med. Tim Meyer (38) arbeitet als Privatdozent am Sportwissenschaftlichen Institut für Sport- und Präventivmedizin der Universität des Saarlandes in Saarbrücken mit dem wissenschaftlichen Schwerpunkt Leistungsdiagnostik und Trainingssteuerung.

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ASTON VILLA geht an einen amerikanischen Milliadär. Ein Artikel zu den neuesten Entwicklungen auf dem englischen (Fußball-) Börsen-Parkett aus der heutigen FAZ:

93 Millionen Euro: Milliardär kauft Aston Villa

Der englische Fußball-Erstligist Aston Villa hat einer Übernahme durch eine vom amerikanischen Milliardär Randy Lerner geführten Investorengruppe zugestimmt. Der Klub aus Birmingham habe das Angebot in Höhe von rund 93 Millionen Euro angenommen, hieß es dazu am Montag in einer an der Londoner Börse veröffentlichten Erklärung.

Unternehmer Lerner, der Besitzer des amerikanischen Football-Vereins Cleveland Browns ist, hat damit einen monatelangen Übernahme-Kampf für sich entschieden. Vier Unternehmen hatten seit September 2005 um die Kontrolle über den börsennotierten Traditionsverein gerungen. Am Montag empfahl der Vorstand um den seit 1982 amtierenden Vereinschef Doug Ellis, der 39 Prozent der Villa-Anteile besitzt, den Verkauf der Mehrheit an die Gruppe um Lerner. „Die Grundlage für mein Gebot war mein Glaube daran, daß Aston Villa auf höchster Ebene in der Premier League und in Europa wettbewerbsfähig ist“, sagte Lerner.

Der Milliardär ist der zweite Besitzer eines amerikanischen Football-Klubs, der einen englischen Spitzenverein übernimmt. Im vergangenen Jahr hatte Malcolm Glazer, Eigner der Tampa Bay Buccaneers, trotz heftiger Fan-Proteste die Mehrheit bei Manchester United erworben. Mit dem Einstieg der Investoren um Lerner kann der neue Villa-Trainer Martin O'Neill Medienberichten zu Folge auch auf zusätzliche Millionen für die Verstärkung seiner Mannschaft hoffen. Lerner hatte die Verpflichtung des ehemaligen Trainers von Celtic Glasgow vor Saisonbeginn unterstützt.

Text: FAZ.NET mit Material von dpa und sid

bearbeitet von dr. schienbein-schützer

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