Tschechien


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Walk like an Egyptian

Unser Nachbarstaat Tschechien ist mit seiner Nationalmannschaft seit dem 14.11.2001, seit dem man unter Ex-Teamchef Jozef Chovanec mit einem 1:2 in Prag gegen Belgien die letzte WM-Endrunde vergeigte, unter Neo-Teamchef Karol Brückner ungeschlagen und schaffte in souveräner Manier die Fix-Qualifikation für das EM-Endturnier 2004 in Portugal. Was zeichnet diese Mannschaft, die für mich derzeit als bestes Kollektiv Europas gilt, aus ???

Der Trainer, Karel Brückner, ist ein ruhiger sehr erfahrener Coach, der mit seinem neu geschaffenen 4-3-2-1-System Kontinuität in das tschechische Spiel gebracht hat und der es optimal versteht seinen wichtigen Führungsspielern wie Nedved, Poborsky, Galasek oder Koller den Rücken zu stärken und ihnen auf dem Platz Höchstleistungen zu entlocken. Er trainierte zuvor kleinere Klubs wie Inter Bratislava, Spartak Drnovice oder Sigma Olmütz(Sigma führte er immerhin ins Europacup-Viertelfinale). Dem geviften Taktiker und sehr guten Psychologen wurde schon öfters der Trip nach Prag zu den großen Klubs Tschechiens offeriert, doch da er ein schwer kranke Tochter zu betreuen hat, blieb er immer standhaft und arbeitete lieber in der heimatlichen Umgebung um schnell daheim zu sein. Ob seiner Ähnlichkeit mit Winnetous Lehrmeister wurde er von den Spielern „Klekipetra“ getauft…Die Stammformation Tschechiens sieht zumeist so aus:

Im Tor steht der erst 21jährige, 1,97m grosse Petr Cech. Schon im Alter von 19 Jahren war er Stammkeeper bei Tschechiens Renommier-Verein Sparta Prag. Er holte mit Sparta Prag die tschechische Meisterschaft und war mit spektakulären Paraden und tollen Leistungen Mitgarant dafür, daß Sparta Prag vor 2 Jahren in einer Gruppe mit Bayern München souverän die zweite Champions League-Runde erreichte, wo man schließlich knapp scheiterte. Der Riese im Tor spielt sehr unspektakulär ist sehr fangsicher und sehr reaktionsschnell, er lässt sich auf nichts ein und spielt den Part des Torhüter souverän. Mittlerweile ist er absoluter Stammkeeper bei Stade Rennes in der Franz. Liga 1. Seine Ersatzleute sind zumeist Jaromir Blazek von Sparta Prag oder Tomas Postulka von Slovan Liberec.

Die Viererkette der Abwehr bildet das Quartett Zdenek Grygera, Rene Bolf, Tomas Ujfalusi und Marek Jankulovski. Zdenek Grygera, jahrelanger U21-Team-Stammverteidiger bei Sparta Prag auf der rechten Abwehrseite machte sowohl international(vor allem beim 0:2-Sieg Tschechiens gegen Europameister Frankreich in St. Denis) als auch national von sich reden und spielt mittlerweile bei Ajax Amsterdam in Holland. Das Prunkstück der Abwehr bilden die beiden seit Beginn der Ära Brückners immer berücksichtigten Stammkräfte Rene Bolf u. Tomas Ujfalusi. Tomas Ujfalusi, der bekanntere der beiden, spielt beim HSV in der Bundes-liga souverän in der Viererkette und wird von halb Europa gejagt. Er ist technisch sehr beschlagen, kopfballstark und besticht durch exzellente Zweikampfwerte u. gutes Stellungsspiel. Rene Bolf spielt zur Zeit noch in Tschechien bei Banik Ostrau, einem Verein, der für seine hervorragende Jugendarbeit weit über die Grenzen Tschechiens hinaus bekannt ist. Er ist mit seiner hünenhaften Statur eine unüberwindbare Hürde in der Abwehr Tschechiens, besticht durch eine hervorragende Zweikampfbilanz und ein Super-Stellungsspiel, Weltklassestürmer wie Ruud van Nistelrooy, Kluivert, van Hooydonck oder Thierry Henry, Djibril Cisse und David Trezeguet zerschellten zuletzt am „Tschechischen Fels“. Lange wird er wohl nicht mehr in Tschechien kicken…Die linke Abwehrseite beackert Marek Jankulovski, ein feiner Techniker, der aus der Ostrauer Fußballschule kommt und sich immer wieder ins Mittelfeld der Tschechen einschaltet. Er spielte nach seinem Wechsel in die Serie A zunächst für den SSC Napoli und wechselte nach deren Abstieg zu Udinese, wo er zur Zeit im offensiven Mittelfeld oder der linken Mittelfeldseite kickt. Er er ist sehr vielseitig einsetzbar und erinnert an die Anfangsjahre von Pavel Nedved, der 1996 bei der Europameisterschaft in England auf einer ähnlichen Position begann und mittlerweile im zentralen Mittelfeld spielt.

Sind diese Leute verletzt oder außer Form warten in der Hinterhand Leute wie Tomas Hubschman von Sparta Prag, U21-Europameister 2002 und CL-erfahrener Abwehrrecke, dem eine Riesenzukunft bescheinigt wird und der auf der Bank schon fast zu schade ist, da er in der Champions League schon seine grosse Klasse zeigte und Weltklassestürmer wie Jancker oder Elber abmeldete; Martin Jiranek, Italo-Legionär oder Petr Johana – Sparta Prag-Innenverteidigung, die ebenfalls ihren Mann stehen und die obigen Leute lückenlos ersetzen können.

Das 5-er Mittelfeld bilden als Stammkräfte folgende Herren: als Staubsauger im zentralen Defensivbereich fungiert wie auch bei seinem derzeitigen Klub, Ajax Amsterdam, Tomas Galasek, ein sehr ballsicherer, zweikampfstarker Spieler, der das Bindeglied zwischen Abwehr und den beiden offensiven Mittelfeldspielern bildet – er ist sowohl Anspielstation als auch Ballverteiler und soll den offensiven Mittelfeldspielern den Rücken frei halten. Die beiden offensiven Mittelfeldspieler sind entweder Pavel Nedved und Tomas Rosicky oder Vladimir Smicer, Liverpool-Legionär, spielt je nach Spielstärke des Gegners, an der Seite des „blonden Engelsgesichts“ wie Nedved in Italien liebevoll getauft wurde. Während Tomas Rosicky wie auch bei Dortmund eher von der Zentrale oder der rechten Mittelfeldseite durch seine gefinkelte Technik u. Ballsicherheit in die Offensive vorstösst und so Räume für seine Mitspieler schafft oder durch einen genialen Paß den Stürmer einsetzt, spielt Vladimir Smicer eher seine Schnelligkeit aus und versucht durch Tempodribblings und schnelle Antritte seine Stärken auszuspielen und so die Abwehr des Gegners zu beschäftigen oder Torraumszenen zu kreiren. Der wichtigste Mann im tschechischen Spieles, sozusagen „die Seele des tschechischen Spiels“ ist Pavel Nedved. Sein Werdegang ist eigentlich phänomenal. Bei der EM 1996 spielte er wie oben erwähnt noch den Part des linken Offensivverteidigers so perfekt, daß er vom Fleck Weg von den italienischen Spitzenvereinen verpflichtet wurde. Bei Lazio Rom spielte er sich zunächst sehr langsam ins Rampenlicht. Er machte auf der linken Mittelfeldseite seine besten Spiele für die Laziali und avancierte nach dem Argentinier Verón, sozusagen zum „2.Spielmacher“ Lazios. Juventus war von seinen Leistungen angetan und Trainer Lippi holte ihn zur „Vecchia Signora“, sprich alten Dame nach Turin. Er gab ihm den Part des offensiven Mittelfeldspielers, den Nedved sowohl im Verein als auch Nationalteam zuverlässig verkörpert wie kein anderer und mittlerweile absolute Weltklasse auf seiner Position ist. Der 31jährige, der bislang 72 Länderspiele absolvierte, wurde zurecht zum „besten Mittelfeldspieler der CL“ in der abgelaufenen Saison ernannt. Er ist mit Poborsky die absolute Führungspersönlichkeit, Kapitän und Chef auf dem Platz. Seine Stärken aufzuzählen würde den Rahmen des Threads sprengen. Auf den Außenpositionen agieren im linken Mittelfeld Karel Poborsky, jahrelanger Wandervogel der internationalen Fußballszene. Er spielte für Benfica, Manchester United, Lazio und ist mittlerweile in seine Heimat zu Sparta Prag zurückgekehrt, wo eine ähnliche Rolle wie Nedved einnimmt und den tschechischen Abonnementmeister im Alleingang in die diesjährige CL schoss. Er glänzt durch eine ungemeine Laufarbeit, tolles Stellungsspiel und Torgefährlichkeit und beherrscht den linken Flügel wie kein anderer. Im rechten Mittelfeld spielt zumeist Vladimir Smicer, dessen Stärken ich bereits oben erwähnte oder Tomas Rosicky. Eine Riesentalent mit grosser Perspektive ist der ehemalige U21-Europameister 2002 und jetzige Marseille-Spieler Stepan Vachousek. Er ist eigentlich der geborene Flügelmann, er besitzt eine sehr gute Technik und Schusskraft, die ihm bei seinem Ex-Klub Slavia Prag zum Nationalspieler werden ließ.

Ersatzleute sind zumeist der oben erwähnte Vachousek auf dem Flügel, Patrik Gedeon von Slavia Prag, der Galaseks Position spielt und die beiden Hannover 96-Legionäre Jiri Stajner und Jan Simak, der zur Zeit leider im Abseits steht.

Als einzige Sturmspitze sozusagen der „Turm in der Schlacht“ ist der 2,02m grosse Hüne Jan Koller von Borussia Dortmund. Er ist ein jahrelang in Tschechien verkannter Spieler der sehr spät den Weg in die Nationalmannschaft fand. Erst nach Umwegen über Lokeren und Anderlecht wo er jedes Jahr Tore am Fließband erzielte und seinem Wechsel zu Dortmund wurde er so richtig gewürdigt. Man vermutet der baumlange Tscheche hätte ob seiner Grösse und Zweikampfstärke seine Stärken im Kopfballbereich, doch er besitzt seine Stärke nicht nur dort sondern hat eine tolle Technik, schirmt den Ball geschickt ab und lässt sich immer wieder ins Mittelfeld zurückfallen um sich Bälle zu erkämpfen. Er verkörpert den modernen Stürmertyp und ist sehr wertvoll weil er immer wieder in der Abwehr aushilft und fast jeden Kopfballzweikampf für sich entscheidet und Bälle für die aufgerückten Mittelfeldspieler abtropfen lässt, die dann aus der zweiten Reihe zum Torschuß kommen. Ein mannschaftsdienlicher Stürmer der seinesgleichen in Europa sucht und zur absoluten Weltklasse auf seiner Position zählt .

Seine Ersatzleute sind entweder Milan Baros, der gegen schwache Gegner(Brückner spielt dann ein lupenreines 4-4-2) als zweite Spitze agiert und mit seinem schnellen wendigen Antritt und seiner Abschlussstärke wie bei seinem Klub Liverpool, wo er als „Kopie Michael Owens“ gilt immer wieder für Torgefahr sorgt oder der baumlange, etwas schlaksig wirkende Vratislav Lokvenc, 1,97m gross und Sturmtank in der deutschen Bundesliga für Kaiserslautern.

Falls einige dieser Generation von der internationalen Fußballbühne abtritt warten Leute wie Hubschmann, Plasil, Pospisil, Kovác, Polàk, Licka, Slepicka, Skacel, Sverkos oder Jun in der Hinterhand….sie sind ihres Zeichens teilweise Europameister 2002, spielen in der U21 Tschechiens und könnten bereits jetzt nahtlos den einen oder anderen ersetzen….doch die jetzigen Spieler haben nur ein Ziel, sie wollen ihrer Karriere mit dem EM-Titel 2004 einen würdigen Schlusspunkt verleihen…das Zeug hat dieses Kollektiv jedenfalls….

…für mich sind sie mehr als nur ein Geheimtipp und ich drücke ihnen als erklärter Fan des Tschechischen Fußballs mit Sicherheit die Daumen, daß Sie ihr grosses Ziel erreichen !!!

:support: Nach der erfolgreichen EM-Qualifikation Tschechiens habe ich versucht die Mannschaft in obiger Form zu charakterisieren. Den obigen Beitrag verfasste ich am 9.10.2003...Das Gros der Spieler die die Qualifikationsspiele erfolgreich bestritten, wurde von Coach Brückner auch zur EM mitgenommen, die einzige Änderung ist Brückners System, das er während der EM meistens auf 4-4-2(also fix mit Baros & Koller als Sturmspitzen) umgestellt hat, was die Tschechen noch attraktiver macht und ihre Offensivtaktik wurde bis jetzt belohnt...gemeinsam mit Holland lieferten die Tschechen eines der besten Spiele der EM-Geschichte ab - sie spielen den Fußball der Zukunft wie man in Expertenkreisen sagt und können den EM-Titel holen...

Was macht sie eurer Meinung so stark ??? Würde mich sehr interessieren, was die "ASB-EM-Experten" zu Tschechiens Nationalelf, der ich nach dem Ausscheiden Englands besonders die Daumen drücke :v: zu sagen haben !!! Wird Brückner weiterhin so offensiv zu Werke gehen oder werden die Tschechen wieder mal "in Schönheit sterben" und an den Skandinaviern scheitern ??? :clever:

bearbeitet von goleador2000

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Parma nel cuore!

Tolle Analyse wieder mal, danke Roman.

Was macht sie eurer Meinung so stark ???

Eindeutig die Offensive, vor allem Milan Baros und Pavel Nedved. Hinten sind sie meiner Meinung nach nicht so stark, deshalb wirds wohl auch nichts mit dem EM-Titel. Die Dänen sollten sie aber doch noch schlagen, dann wird aber wohl bei Frankreich Endstation sein.

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Top-Schriftsteller
Unser Nachbarstaat Tschechien ist mit seiner Nationalmannschaft seit dem 14.11.2001, seit dem man unter Ex-Teamchef Jozef Chovanec mit einem 1:2 in Prag gegen Belgien die letzte WM-Endrunde vergeigte, unter Neo-Teamchef Karol Brückner ungeschlagen und schaffte in souveräner Manier die Fix-Qualifikation für das EM-Endturnier 2004 in Portugal.

:verbot: in der vorbereitung haben sie zuhause gegen japan 1:0 verloren

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The King
:verbot: in der vorbereitung haben sie zuhause gegen japan 1:0 verloren

Und auch gegen Irland setzte es - wenn ich mich recht erinnere - eine 1:2 Niederlage.

Sei's drum, der Analyse kann man quasi nichts mehr hinzufügen... :super:

EDIT: Kommt davon, wenn man den Beitrag nicht zu Ende liest :D:winke:

bearbeitet von Green Magic

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Walk like an Egyptian
Und auch gegen Irland setzte es - wenn ich mich recht erinnere - eine 1:2 Niederlage.

Sei's drum, der Analyse kann man quasi nichts mehr hinzufügen... :super:

@smithfarmer & GreenMagic: Der Originalbeitrag stammt vom 9.10.2003...da war noch lange keine EM-Vorbereitung... :D Nur meine letzten Zeilen sind aktuell auf die EM bezogen...

:winke:

goleador2000

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Gast schwejk

eine sehr gute analyse.

der wichtigste punkt ist meiner meinung z.zt. einfach die mentale stärke und das quäntchen glück, das man braucht.

in der vorrunde hatten sie alle drei spiele immer "nur" äußerst knapp gewonnen, mit etwas pech hätten sie alle drei verlieren können, denn das sie nicht unschlagbar sind, hat man ja in der vorbereitung gesehen.

und auch gegen die dänen war es so: erste torchance - 1:0, dänemark macht auf und bekommt durch 2 steilpässe noch 2 tore, summa summarum 3 chancen, 3 tore....wie wichtig die chancenverwertung ist hat man ja negativ an bulgarien beobachten können (besonders im spiel gegen schweden)

ich denke, sie sind nicht um welten besser, als die anderen EM-teilnehmer, aber haben einfach einen lauf und da gewinnen sie halt spiele, die sie sonst nicht gewinnen, weil ihnen alles aufgeht.

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