Theater/Oper/Konzerte/Musicals


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Marco Lecco-Mio schrieb vor 18 Minuten:

habjan mag für gewisse opern passen, bei der salome im jänner hab ich jedoch meine bedenken, diese oper ist mir zu ernst und kann mit diesen puppen schnell mal ins lächerliche gezogen werden.

ich bin übrigens kein freund von seiner arbeit. 

 

Ja, das Thema hatten wir ja schon mal. Aber das ist ja auch das Schöne an der Kunst, jedem gefällt etwas anderes, ich z.B. reagiere auf die Arbeiten von Herbert Fritsch allergisch. Habjan trifft bei mir irgendwie einen Nerv, aber ich möchte jetzt auch nicht ständig nur solche Inszenierungen sehen.

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Die Glasmenagerie, Tennessee Williams

Das autobiografisch angehauchte Familiendrama des großen amerikanischen Dichters Tennessee Williams wurde im Akademietheater vom deutschen Regiekünstler David Bösch in Szene gesetzt, eine hervorragende Arbeit. Gute 2 Stunden ohne Pause dauert das Stück, es wird sehr langsam vorgetragen, langweilt aber keine Sekunde und ist, trotz des ernsten Stoffes, über weite Strecken auch äußerst unterhaltsam und humorvoll. Auch lässt es die hervorragenden Darsteller glänzen welche die Chance dazu auch zu 100% nutzen.
Die ehemalige Südstaaten Schönheit Amanda Wingfield, verlassen von ihrem Säufer- Ehemann, darbt mit ihrem Sohn Tom und ihrer behinderten Tochter Amanda in tristen Verhältnissen dahin. Regina Fritsch vermittelt dabei großartig die Verzweiflung der einstmals wohl würdevollen und gutsituierten Dame. Sie träumt von einer Karriere für den Sohn, welcher aber nur für eine handvoll Dollar in einem Lagerhaus arbeitet und einer guten Partie für ihre Tochter, die aber in ihrer eigenen Welt mit ihren selbstgebastelten Glasfiguren lebt und angesichts ihres Klumpfußes und Erlebnissen aus der Schulzeit keine Hoffnungen auf romantische Erlebnisse hegt. Obschon ihre Kinder längst erwachsen sind, versucht Amanda diese immer noch zu erziehen und zu bevormunden als ob sie noch im Grundschulalter wären. Sie versucht Haltung und Fassung zu bewahren, was ihr aber immer schwerer fällt. Immer wieder entlädt sich der angestaute Frust in Druckwellen emotionaler Ausbrüche. Am Ende steht Resignation.
Merlin Sandmeyer agiert als Sohn Tom und zwischenzeitig auch als Erzähler. Er ist es auch der mit seinem Spiel oft für Erheiterung sorgt, der mit sardonischem Spott und Resignation die Lage der Familie kommentiert. Für einen Hungerlohn geht er täglich ins Lagerhaus arbeiten, fast täglich flüchtet er sich in die Traumwelt des Kinos und in die Arme des Alkohols um der trostlosen Wirklichkeit zu entfliehen. Er hasst den öden Dachboden in welchem die Familie wohnt (Bühnenbild Patrick Bannwart), wo nur das Allernötigste noch vorhanden ist, das Bild des Vaters dominiert, der Regen trostlos auf das Fenster in der Dachschräge tropft, und der Esstisch das Zentrum des Familienlebens darstellt. Shakespeare wird er bei der Arbeit genannt, weil er immer wieder Gedichte aufschreibt, auf Schuhkartons, was ihm letztendlich auch seinen Job kosten wird. Am Ende flüchtet er wie der Vater, verlässt die verzweifelte Mutter und die geliebte Schwester.
Richtig Schwung in den Abend bringt Martin Vischer als Jim O'Connor, Arbeitskollege von Tom und ehemaliger Schwarm von Laura. Er tritt nur in den letzten Szenen auf, eingeladen zum Dinner um mit Laura verkuppelt zu werden. Ein junger Mann mit Visionen. Er war der Star an der High School, Quaterback im Footballteam, Präsident des Debattierklubs, Musical Hauptdarsteller und, zur Verbitterung Lauras, Liebhaber des schönsten Mädchens an der Schule. Die Depression hat aber auch ihn erfasst und so endete auch er im Lagerhaus, für nur wenig Lohn mehr als Tom. Aber er hat sich noch nicht mit dem tristen Leben abgefunden. Das erkennt man an der Kleidung (Kostüme Falko Herold), das erkennt man am Auftreten und nicht zuletzt erkennt man es an seiner Flucht vor Laura. Für die er wohl etwas zu empfinden scheint, der er auch kurz Selbstbewusstsein einimpft und Zuneigung schenkt, der er aber dann unmissverständlich zu verstehen gibt, dass er nicht bereit ist ihr Retter zu sein. Keine Sekunde glaubt man ihm die vorgegebene Liebe zu einem anderen Mädchen.
Symbolisch für die Zerstörung aller Hoffnung passiert das Zertreten des Glaseinhorns, der Lieblingsfigur Lauras, nach einem ausgelassenen Tanz der beiden. So schnell wie Jim aufgetreten ist, tritt er auch wieder ab.
Laura bleibt am Ende dort wo sie auch am Anfang war, in ihrer Glasmenagerie am Dachboden. Sarah Viktoria Frick, agiert mit großartiger Mimik und wenig Text. Obwohl sie nicht viel sagt konzentriert sie die Blicke der Zuschauer mit ihrem Spiel immer wieder auf sich. Schon in der Schulzeit war sie, wohl aufgrund ihrer leichten Behinderung und auch ihrer Introvertiertheit, vom sozialen Leben fast völlig ausgeschlossen. Verliebt in Jim, aber natürlich chancenlos beim Schulstar. Aufgrund eines Versprechers nannte er sie dort aber immer blaue Rose, was ihr zu schönen Träumen verhalf. Neben der körperlichen Beeinträchtigung verhindert auch eine mental ausgelöste Fehlfunktion ihres Magens, dass sie vorankommt. Immer, wenn sie in ihr unangenehme Situationen gerät, muss sie sich direkt übergeben. So z.B. beim Schreibmaschinenkurs der ihr eine berufliche Zukunft hätte sichern sollen. Sie übergibt sich aber auch auf ihr schönes Kleid als sie erfährt, dass der abendliche Gast ihr ehemaliger Schwarm sein wird und letztendlich direkt aufs Teller als dieser schließlich mit ihr am Tisch sitzt. Laura bleibt am Ende nur ihre Welt der Glasfiguren, selbst ihren geliebten Bruder verliert sie. Aber sie kann nicht mehr glücklich werden, zermalmt im Zorn auf ihr Leben eine ihrer geliebten Figuren mit bloßen Händen und steht mit blutüberströmten Handflächen im strömenden Regen unter dem geöffneten Dachfenster.
Danach geht alles weiter wie gehabt ...

Ein wunderbarer Theaterabend. Tolle Regiearbeit, tolle Darsteller.

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A Midsummer Night's Dream, Benjamin Britten

 

Ein schöner Abschluß meines hochkulturellen Wochenendes war gestern Abend der zweite Besuch der Neuinszenierung des Sommernachttraums in der Wiener Staatsoper.
Es war wieder alles wunderbar, so wie schon bei der Premiere, weshalb ich mir eine eingehende Rezension erspare.
Ich wählte diesmal die englischen Untertitel, welche Wort für Wort mit dem gesungenen (Shakespeare-)Text übereinstimmen. Dies intensivierte das Hörerlebnis doch merklich und werde ich bei englischsprachigen Opern in Zukunft wohl öfter mal machen.
Den größten Applaus erhielten wieder der spektakuläre Puck, der Chor der Opernschule und Simone Young mit dem Orchester. Der Klangkörper glänzte abermals und hat sich meinem Empfinden nach seit der Premiere nochmals gesteigert.
Eine wahre Freude.

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Marcel Prawy in Ausbildung

17.10.19 - LA CLEMENZA DI TITO - theater an der wien

ein weniger oft gespieltes werk von wolfgang amadeus mozart wird derzeit und in den nächsten wochen am theater an der wien gespielt und es hat den anschein, als hätte man sich darum bemüht, diese ohnehin nicht sonderlich mitreissende oper mit einer absolut nichtssagenden inszenierung so langweilig wie möglich auf die bühne zu bringen. 

die durch die bank sehr bemühten, aber eindeutig nicht der weltspitze zuzuordnenden sänger spazierten durch einen gang aus neonröhren, die der öden torquato-tasso-inszenierung des burgtheaters entnommen sein könnten und besagte neonröhren, die die veranda um einen von glas umschlossenen raum bilden sind leider auch das einzige bühnenbild. und so wird zu billiger effektheischerei gegriffen - so gab es den mit abstand größten und längsten zwischenapplaus für eine arie, die sesto auf einer extrabühne im musikalischem dialog mit dem für diese szene ausgeleuchteten und exponiert stehenden baritonoboisten, die nicht einmal übermäßig gut gesungen war, doch dieser inszenatorische trick genügte, um das sehr freundliche publikum in entzücken zu versetzen. einmal mehr zeigt sich an diesem premierenabend, dass die besucher des theaters an der wien wenig wert auf künstlerisches gelingen legen und dankbar für kleinste kleinigkeiten sind. 

star des abends war der countertenor david hansen als sesto. zwar ist der australier kaum in der ersten reihe dieses stimmfachs anzusiedeln, heute aber war sein auftritt das highlight, was natürlich auch an seinen kollegen liegt, von denen nicole chevalier als vitellia stimmlich alles aus sich herausholt, spielerisch jedoch maßlos übertreibt, was wohl auch dem uninspirierten regisseur sam brown anzulasten ist, der mit vier, fünf buhs sehr gut bedient ist, die sich aber ohnehin gegen undifferenzierten jubel schwertun. mari eriksmoen sang eine durchschnittliche servilia, der zweite countertenor des abends, kangmin justin kim als annio, lieferte eine ordentliche, keineswegs jedoch brillante leistung ab.

jeremy ovenden gab den tito und der zu den führenden mozart-tenören gehörende brite füllte die titelpartie nur bedingt aus. er hat einen hohen, trockenen tenor, seine stimme ist jedoch recht klein und so mag man sich nicht vorstellen, wie schwer er sich an einem auch nur annähernd grossem haus wie der staatsoper tun würde. grosser applaus war jedoch auch ihm vergönnt, im theater an der wien ist der jubel bekanntermaßen günstig. 

jonathan lemalu mühte sich durch die partie des publio, während die choreographin stina quagebeur nicht nur für die stinkfade personenführung zuständig war, sondern sich auch mit einem ausdruckstanz produzieren durfte. nominell war sie die figur der berenice, tatsächlich war sie eine teuer eingesetzte ballerina. 

der tatsächliche lichtblick des abends war die musikalische leitung von stefan gottfried, der einen gut aufgelegten concentus musicus (ausgerechnet der solooboist patzte) zu jederzeit passendem spiel anwies. eine bank wie immer der arnold schönberg chor.

"la clemenza di tito" wird in den nächsten wochen noch weitere fünf mal gespielt und so man eine gelungene musikalische aufführung einer weniger bekannten mozart-oper hören will, ist man im theater an der wien gut aufgehoben. möchte man jedoch umfassend, sprich visuell und auf erstklassigem stimmlichen niveau verwöhnt werden, könnte man bei dieser produktion falsch sein.

bearbeitet von Marco Lecco-Mio

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Marcel Prawy in Ausbildung

18.10.19 - DIE FRAU OHNE SCHATTEN - staatsoper

richards strauss' opus magnum wurde heute zum letzten mal in diesem jahr an der staatsoper aufgeführt und dank eines starken ensembles und eines ausgezeichneten dirigats wurde es ein triumph für alle beteiligten. legt man harte maßstäbe an, war nur fast alles gold, was heute glänzte. es gab nämlich zu beginn den einen oder anderen misston. 

der dem orchester anzulastende war ein holpriger einstig in die oper vom tiefen blech, der niemandem der im haus beschäftigten anzulastende war ein älteres amerikanisches paar, das sich, obwohl zu spät gekommen, zugang zur galerie verschaffte (sie: "i have to go in, i paid the money"), dann aufgrund von orientierungslosigkeit im dunklen auditorium die stufen besetzte und schliesslich nach einer halben minute von der polizei unter anwendung sanfter gewalt aus selbigem auditorium geführt wurde (er: "aah! you drag me out with the police?"). solche dinge erlebt man nur am wiener opernstehplatz und dort eigentlich auch nur auf der galerie im mittelblock. und häufiger als man dies meinen möchte, obwohl ich es so auch noch nie erlebt hab. aber zurück zur aufführung, die nach einer minute also ungestört weiterging.

andreas schager sang den kaiser, nutzte die ersten takte zum einsingen, glänzte vor allem im zweiten teil und ließ mit seiner relativen stimmlichen wendigkeit den letzten kaiser, den gesangsschwerarbeiter stephen gould, zumindest in dieser hinsicht verblassen. clemens unterreiner war ein sehr solider geisterbote, der am ende besser drauf war als zu beginn. 

einen schweren abend hatte mihoko fujimura als die amme. schon im ersten teil hatte sie schwierigkeiten mit den tiefen tönen und damit, die fülle des textes in einer angemessenen lautstärke zu artikulieren. im dritten teil schleppte sie sich mit letzter kraft über die ziellinie und war sichtlich dankbar für ihren großen applaus. barak, der färber wurde von tomasz konieczny gesungen. der pole ist ein altbewährter sänger des deutschen fachs, streute heute jedoch gerade im ersten teil das eine oder andere knödeln ein, seine performance steigerte sich aber mit fortdauer der aufführung. 

der einäugige, der einarmige und der bucklige wurden von rafael fingerlos, marcus pelz und michael laurenz souverän interpretiert, maria nazarova war als hüter der schwelle des tempels ausgezeichnet, klang dafür bei der übertragung aus dem off als stimme des falken etwas zittrig. monika bohinec war die stimme von oben und jörg schneider die stimme des jünglings. die dienerinnen wurden von ileana tonca, valeriia savinskaia und szilvia vörös gesungen, als stimmen der ungeborenen wurden diese drei von stephanie houtzeel und bongiwe nakani verstärkt. dazu waren der chor der wiener staatsoper sowie die opernschule vertreten. 

die absoluten königinnen des abends waren camilla nylund als kaiserin und nina stemme als färberin. nylund strahlte vom ersten bis zum letzten ton, hatte jederzeit stimme und ausdauer, um selbst am ende noch bombensicher zu agieren, stemme glänzte besonders fortissimo und legte eine färberin hin, wie man sie sich wünscht und wie man sie derzeit wahrscheinlich ohnehin nur von ihr bekommt. was ihr im italienischen fach im weg ist, kommt ihr im deutschen entgegen. und so zitterte es schon ein bißchen im gebälk beim applaus, den die beiden ersten damen abbekamen. 

ebenso laut aber war der jubel für christian thielemann, der die wiener philharmoniker ganz ausgezeichnet dirigierte. er hält immer die spannung, jede pause, so lange sie sich auch anfühlen möge, ist haargenau gesetzt und niemand im auditorium wagt es, einen huster in diese platzen zu lassen. der deutsche ist wohl der derzeit beste mann für die leitung der frau ohne schatten, die, wie gesagt, leider schon dahin ist und hoffentlich unter dem neuen direktor weiterhin zum repertoire gehört, aber da mache ich mir keine sorgen. in der nächsten woche geht es mit "simon boccanegra" und "il barbiere di siviglia" weiter. 

bearbeitet von Marco Lecco-Mio

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Die Frau ohne Schatten, Richard Strauss

"Wie könnt ich da nicht weinen
Die Frau wirft keinen Schatten
Der Kaiser muss versteinen
Wie könnt ich da nicht weinen"
Wunderbar erklang die Stimme des Falken aus dem Off. Es war unverkennbar die Stimme von Maria Nazarova, die auch noch die Hüterin der Schwelle des Tempels sang.
Sie steht für eine großartige Besetzung des Abends. Bis in die kleinste Rolle war der Abend mit großartigen Stimmen besetzt und alle hatten einen fantastischen Abend.
Monika Bohinec als Stimme von oben ist zum Beispiel absoluter Luxus, ist aber ein Ausrufezeichen für die Qualität des Abends. Als Dienerinnen, Stimmen der Ungeborenen und Solostimmen agierten neben Monika Bohinec, Ileana Tonca, Valeria Savinskaia, Szilvia Vörös, Stefanie Houtzeel und Bongiwe Nakani. Jörg Scheider war die Stimme eines Jünglings. Der Einarmige, Der Einäugige und der Bucklige wurden von Marcus Pelz, Rafael Fingerlos und Michael Laurenz dargeboten.
Großartig erklang der Chor der Wiener Staatsoper und die Kinder der Opernschule. Auch Clemens Unterreiner war als Geisterbote brillant und erhielt großen Applaus. Die routinierte Wagnerinterpretin Mihoko Fujimura als Amme beeindruckte ebenso mit ihrem großen Stimmumfang die Zuschauer (auch wenn sie am Ende etwas müde wirkte). Andreas Schager ließ als Kaiser seine Stimme erstrahlen und fügte sich nahtlos in die großen gesanglichen Leistungen des Abends ein.
Zu einem Triumph gehören auch Stars und Kammersänger Tomasz Konieczny zeigte, dass er ein solcher ist. Herrlich wohlklingend strömte sein Bariton ins Haus und mit wunderbarem Schauspiel lieferte eine glänzende Performance als Färber ab. An seiner Seite Nina Stemme als Färberin in Hochform, eine riesige Stimme die ihresgleichen sucht, immer die richtige Emotion ausstrahlt und auf keinem Level auch nur die geringsten Probleme vermuten lässt. Auch ihr Spiel ist hervorragend. Ebenso wie jenes von Camilla Nylund als Kaiserin. Sie wurde ja im Juni nach einer Vorstellung in dieser Partie zur Kammersängerin ernannt und sie zeigte auch gestern, dass das völlig zurecht passierte. Eine herrliche Stimme, ein großer Abend für sie und alle die ihn erleben durften.
Das Staatsopernorchester und der grandiose Christian Thielemann hoben die Vorstellung auf ein Podest. Besser kann man die Musik von Richard Strauss nicht interpretieren. Thielemann holte aus jedem Musiker, aus jedem Darsteller das Beste heraus. Gewaltig ließ er den Klangkörper immer wieder ertönen, sodass man das Gefühl hatte die Wände des erwürdigen Hauses am Ring würden vor Angst erzittern, gefühlvoll und detailreich erklangen die ruhigen Passagen. Kaum zu atmen wagte man in den künstlerischen Pausen und wenn die Instrumente ganz leise erklangen.

Ein Triumph für alle Beteiligten! Deutlich über 20 Minuten stürmischer Applaus und Jubel waren die Folge, immer wieder wurden die KünstlerInnen vor den Vorhang geholt, auch noch nachdem sie sich durch Gesten schon deutlich sichtbar verabschiedet hatten.
Mit Sicherheit bereits jetzt eines der Saisonhighlights der Abschiedssaison von Direktor Dominique Meyer, dem herzlich zu danken ist, dass er in der vergangenen Saison noch diese Produktion (wunderbare Inszenierung von Vincent Huguet) dem Haus schenkte. Man darf hoffen, dass diese herrliche Oper auch unter der neuen Direktion noch oft am Spielplan steht.

Heute gehts mal ins Volkstheater ...

 

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Marco Lecco-Mio schrieb vor 15 Stunden:

... ein älteres amerikanisches paar, das sich, obwohl zu spät gekommen, zugang zur galerie verschaffte (sie: "i have to go in, i paid the money"), dann aufgrund von orientierungslosigkeit im dunklen auditorium die stufen besetzte und schliesslich nach einer halben minute von der polizei unter anwendung sanfter gewalt aus selbigem auditorium geführt wurde (er: "aah! you drag me out with the police?"). solche dinge erlebt man nur am wiener opernstehplatz und dort eigentlich auch nur auf der galerie im mittelblock. und häufiger als man dies meinen möchte, obwohl ich es so auch noch nie erlebt hab. aber zurück zur aufführung, die nach einer minute also ungestört weiterging.

 

Lol. Das war wirklich sensationell. Wir sind darunter am Balkon gesessen. Da hat man nur verwundert geschaut und sich gefragt was denn da los ist. =)

Aber ich glaube, dass derartige Vorfälle durchaus auch in anderen Häusern vorkommen. Die Uneinsichtigkeit über den eigenen Fehler, die Enttäuschung, die Hoffnung irgendwie doch noch einen schönen Abend zu erleben, das alles wiegt schwer und wirkt sich auf das Verhalten aus. Die Mitarbeiter der Wiener Staatsoper arbeiten da aber eh hervorragend und sind sehr hilfsbereit, wie ich ja aus eigener Erfahrung berichten kann.

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Marco Lecco-Mio schrieb vor 15 Stunden:

maria nazarova war als hüter der schwelle des tempels ausgezeichnet, klang dafür bei der übertragung aus dem off als stimme des falken etwas zittrig.

 

Ich hätte das als "weinerlich" interpretiert, was ich auch als sehr passend empfand.

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Marcel Prawy in Ausbildung
halbe südfront schrieb vor 2 Stunden:

 

Ich hätte das als "weinerlich" interpretiert, was ich auch als sehr passend empfand.

wenns bei der ersten serie auch so geklungen hätte, hätte ich das auch so gesehen, mir ist es seltsam vorgekommen, wurscht, kleinigkeit.

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Der gute Mensch von Sezuan, Bertold Brecht
(Volkstheater, 19.10.2019)

„Wir stehen selbst enttäuscht und sehn betroffen
Den Vorhang zu und alle Fragen offen.
Soll es ein andrer Mensch sein? Oder eine andere Welt?
Vielleicht nur andere Götter? Oder keine?
Sie selber dächten auf der Stelle nach
Auf welche Weis dem guten Menschen man
Zu einem guten Ende helfen kann.
Verehrtes Publikum, los, such dir selbst den Schluss!
Es muss ein guter da sein, muss, muss, muss!“
(Bertolt Brecht)

Brechts Worte wurden am Ende bedeutsam von Gertrud Roll vorgetragen. Brechts Lehrtheater im Stile der epischen Dramen wurde davor mit sehr viel Humor dargeboten.
Eine sehr sympathische und sehenswerte Inszenierung von Robert Gerloff ist im Volkstheater zu erleben.
Das "Ausverkauft"-Schild prangte vom Top der Abendkassa hervor, ein nicht mehr alltäglicher Anblick im Volkstheater. Das Publikum hat aber ein feines Gespür und so verwundert es nicht, dass es bei dieser Produktion auch wieder mit dem Zuspruch der Theaterfreunde klappt.
Die Aussage des Autors erklärt sich von selbst, die Religions- und Kapitalismuskritik ist unüberhörbar, die SchauspielerInnen, das Bühnenorchester und die Inszenierung sorgen für beste Unterhaltung und einen schönen Theaterabend.
Die Prostituierte Shen Te ist der gute Mensch von Sezuan, beschenkt von den Göttern welche sich diebisch darüber freuen einen solchen gefunden zu haben. Die Gesellschaft verunmöglicht es ihr mit dem Geschenk der Götter (1000 Silberdollar) vernünftig hauszuhalten, ihr "Gut sein" wird von allen ausgenutzt, ihr neues Geschäft (ein kleiner Tabakladen) kann derart nicht überleben. Sie bringt ihren skrupellosen Vetter Shui Ta ins Spiel, der rücksichtslos mit den Schnorrern aufräumt und das Geschäft rettet. In Wahrheit ist dieser Vetter Shen Te selbst, in Verkleidung.
"Wo ich bin, kann er nicht sein" muss Shen Te eingestehen und ihre Hochzeit platzt deshalb. "Der Engel der Vorstädte", ein wahrlich guter Mensch, weiß sich nicht anders zu helfen als selbst egoistisch zu handeln, Bittsteller zu enttäuschen und damit auch den (heuchlerischen und egoistischen) Geliebten und die Götter zu täuschen.
Diese reagieren aber keineswegs strafend. Verwirrt sei sie und Zweifel eines guten Menschen seien das - alles kein Problem. Schließlich haben die Götter ja herausgefunden, dass sie ein guter Mensch sei, also kann es nicht anders sein.
Das Stück ist in Anfang und Ende offen, das Publikum muss seine eigenen Schlüsse ziehen - oder sich eben ein eigenes Ende stricken. Keine Ideologie wird präferiert, Moral und Anstand werden aber in Frage gestellt. Der Ort Sezuan steht in der Parabel als jeder mögliche Ort der Welt wo Menschen ausgebeutet werden.
Mit viel Spielfreude agiert das Ensemble und das Bühnenorchester untermalt das Geschehen perfekt.
Brillant Claudia Sabitzer in der Hauptrolle. Das junge Mädchen, wie es von Brecht vorgegeben war, kann sie nicht geben, aber sie spielt einen Menschen mit viel Gefühl, mit Anstand und Zweifel, das tut sie perfekt und das ist weit wichtiger für diese Rolle.
Auch Gertrud Roll als "Die Shin" agiert großartig, menschlich, und die oben genannten Schlußworte trägt sie in einer Weise vor welche die Menschen nicht belehrt sondern ihnen Hoffnung geben soll - muss, muss, muss.
Sehr auffällig auch Andreas Patton als Babier Shu Fu und einer der Götter, Isabella Knöll als Frau der achtköpfigen Familie, Nichte der achtköpfigen Familie und Frau des Teppichhändlers und Lukas Watzl als Wang, der Wasserverkäufer und Mann der achtköpfigen Familie.
In den weiteren Rollen agierten Jan Thümer, Nils Hohenhövel, Steffi Krautz, Günther Wiederschwinger und Constanze Winkler und zeigten dabei auch ihre Spielfreude, waren stets im Stück und harmonierten wunderbar.
Das Bühnenorchester bilden Raphael Meinhart, Florian Klinger, Imre Lichtenberger Bozoki (musikalische Leitung) und Oliver Stotz. Sie harmonierten perfekt mit dem Ensemble und erhielten am Ende großen Applaus für ihre gute Arbeit.
Die Bühne von Gabriela Neubauer besteht aus einem Turm auf der Drehbühne (welche viel Arbeit zu verrichten hat) von dem das Konterfei des Zigarre rauchenden Autors prangt.
Die Kostüme von Johanna Hlawicka sind ungewöhnlich aber für die Parabel durchaus angemessen. Auch das Licht, Paul Grili, harmonierte auffällig gut mit Musik und Spiel.

Ein Besuch des Volkstheaters für dieses Stück lohnt sich jedenfalls für Theaterfreunde die Brecht schätzen.

 

bearbeitet von halbe südfront

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Einen Jux will er sich machen, Johann Nestroy
20.10.2019
 
Leichte Unterhaltung bietet Nestroys Posse in der Josefstadt.
Mit bunten und aufwändigen Kostümen, einer wenig aufwändigen Bühne, einigen Slapstikeinlagen und einer tollen Schauspielercrew inszenierte Stephan Müller den altehrwürdigen Jux neu. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Unterhaltung des Publikums und dieses fühlte sich auch sehr gut unterhalten, wie der lautstarke Applaus am Ende bestätigte. Die bei Nestroy unvermeidlichen tagesaktuellen Strophen bei den Gstanzeln halten sich in Grenzen, sind harmlos gestaltet und geben an alle Seiten ihr Fett ab.
Eine tolle Talentprobe lieferte Julian Valerino Rehrl als Lehrbub Christopherl ab, der neben dem Hauptdarsteller in jeder Szene auf Augenhöhe performt.
Martina Stilp als Madame Knorr und Alexandra Krismer als Frau von Fischer ergänzen sich sehr gut als flatterhafte Damen der Gesellschaft. Martin Zauner als Melchior brilliert mit Witz, Elfriede Schüsseleder überzeugt in der Rolle von Frau Gertrud als Hausdrache und überzeichnet als Fräulein von Blumenblatt wunderbar die alte Jungfer. Robert Joseph Bartl ist ein von der Statur her beeindruckender Zangler und zeichnet ihn als großen Brummbär mit Herz.
Das absolute Highlight und wirklich brillant ist Johannes Krisch als Weinberl. Mit riesiger Spielfreude gibt er den zum Teilhaber aufgestiegenen Handlungsdiener der noch einmal ein "verfluchter Kerl" sein und sich einen Jux machen will. Toll, dass dieser wunderbare Schauspieler nun öfter in der Josefstadt zu erleben sein wird.
Auch Anna Laimanee als Marie, Tobias Reinthaler als August Sonders, Oliver Huether in den Rollen von Kraps, Lohnkutscher und Kellner, Paul Matic als Hupfer, Philipp und Kellner, Theresa Lohner als Stubenmädchen Lisette und Hausmeisterin sowie Alexander Strömer als Kellner und Gauner Rab überzeugten mit ihrer großen Spielfreude und sorgten so für beste Unterhaltung.
 
Eine Inszenierung die vom Publikum gern genommen wird, gute Unterhaltung mit viel Witz, ohne besonderen Tiefgang und ohne verworrene Regietheaterideen. Genau das was man sich von dieser Posse erwarten darf.
 

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Marcel Prawy in Ausbildung

23.10.19 - SIMON BOCCANEGRA - staatsoper

die relativ wenig bekannte oper von giuseppe verdi über den tod des dogen simon boccanegra wird derzeit wieder an der staatsoper aufgeführt und in dieser besetzung ist der wiener repertoire-klassiker, immerhin die 88. aufführung in dieser inszenierung wurde gespielt, allemal eine empfehlung wert. das orchester wurde heute von paolo carignani dirigiert und wie beim fussballschiedsrichter ist es ein gutes zeichen, wenn einem der dirigent nicht auffällt. die musiker waren in guter form und zeigten keine schwächen, den einen unsauberen horneinsatz bei vier hörnern könnte man auch gänzlich unterschlagen.

simone piazzola gab sein rollendebüt als simon boccanegra und sein eher hoher bariton war gut geeignet für diese partie, auch wenn er gegen ende schwierigkeiten, vor allem in den höhen, hatte. der nominelle star des abends war sein gegenspieler fiesco, der von ferruccio furlanetto gesungen wurde. der italiener ist hörbar über dem zenit, der für diese partie angebracht wäre, mittlerweile müht er sich, um sich gegen ein fortissimo aufspielendes orchester durchzusetzen, doch hat er beim wiener publikum viele bonuspunkte und so gab es am ende respektablen applaus für den bass. 

der wiener clemens unterreiner debütierte in der partie des paolo und lieferte eine ausgesprochen gute leistung ab. der bösewicht steht ihm bekanntermaßen sehr gut und zurecht durfte er sich grossen applaus abholen. dan paul dumitrescu war sein komplize pietro. der rumänische bass musste sich heute anstrengen, um seine doch eher kleine stimme immer über das orchester drüberzubringen, unterm strich aber machte er seine sache wieder einmal gut. 

aufgezeigt hat heute das liebespaar der geschichte, namentlich fabio sartori als gabriele adorno und marina rebeka als amelia. der italiener mit dem eher tiefen tenor sang einen fehlerlosen abend, mühte sich gegen ende zwar einigermaßen, blieb aber bis zum schluss solide und bekam grossen applaus. noch grösserer wurde marina rebeka zuteil, die ebenso fehlerlos wie formschön sang. den hauptmann sang lukhanyo moyake recht trocken, während fiona jopson in der kleinen partie der dienerin kaum text hatte und punktgenau bei der sache sein musste.

noch zweimal wird in den nächsten tagen "simon boccanegra" aufgeführt und ein besuch lohnt sich in diesem fall unbedingt, ein überdurchschnittliches ensemble lockt ebenso wie ein umsichtiger dirigent und eine zwar wenig bekannte, jedoch sehr schöne oper. 

bearbeitet von Marco Lecco-Mio

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Marcel Prawy in Ausbildung

27.10.19 - WERTHER - staatsoper

ein stück französische spätromantik gibt es derzeit an der wiener staatsoper, es ist dies die oper "werther" von jules massenet, die interessanterweise in der deutschen fassung an der volksoper uraufgeführt wurde, bevor die französische fassung zum ersten mal (in genf) öffentlich gespielt wurde. seine bekannteste melodie ist aus einer anderen oper, diese aber ist die erfolgreichste von massenet. 

hans peter kammerer eröffnete den abend gemeinsam mit dem chor der opernschule, kammerer tat sich dabei schwer, alle töne zu finden und so ist also auch die partie des le bailli eine von denen, die ihm weniger zu liegen scheinen. benedikt kobel war ein sicherer schmidt und ayk martirossian ein durchschnittlicher johann. 

als sophie war heute daniela fally aufgeboten, die fehlerlos sang und eher mit den tücken der französischen sprache bzw. mit deren deplatziertheit im opernfach zu kämpfen hatte. im dritten akt konnte sie besonders glänzen. ein solider albert war heute adrian eröd, der wiener verzichtete dabei aber auf den ganz großen glanz. ein sehr guter abend gelang elena maximova als charlotte. zwar klingt ihre stimme in der tiefe blechern, jedoch ist gerade diese tiefe durchdringend und bombensicher. sie konnte in den dramatischen sequenzen ebenso überzeugen wie in den leisen.

der star des abends aber war natürlich der tenor vittorio grigolo. der italiener hat eine eher kleine stimme und so kommt ihm die partie des werther eher entgegen als beispielsweise ein cavaradossi, der oft mit einem forte und fortissimo spielenden orchester zu kämpfen hat. wo er ins vibrato zu kippen droht, forciert er, das kennt man von ihm, doch profitierte er heute von einer zarten partitur, die ihn selten zum forcieren verführte. 

dass dieses ensemble jedoch so glänzen konnte, war zu einem sehr großen teil dem umsichtigen diritgat von frédéric chaslin zu verdanken. der franzose ist genau der richtige mann für diese oper und daher stimmte heute im graben jederzeit alles. "werther", natürlich nach johann wolfgang von goethe, wird an der staatsoper nur noch einmal, am donnerstag, gespielt und ein besuch lohnt sich. morgen sollte sich, wenn alles wie geplant läuft, "macbeth" mit placido domingo ausgehen, am freitag dann auf jeden fall.

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Marcel Prawy in Ausbildung

28.10.19 - MACBETH - staatsoper

verdis fassung des shakespearestoffes über den unrechtmäßigen schottenkönig wird derzeit im haus am ring gespielt, heute war die zweite von drei vorstellungen. um placido domingo wurde ein nominell sparsames ensemble eingesetzt, womöglich um den altstar glänzen zu lassen. der große alte mann des operngesangs durfte auch glänzen, betrachtet man die sache aber genauer, zeigen sich natürlich kleinere schwächen. geht man davon aus, dass das alter, das man ihm unterstellt, stimmt, dann ist der mann anfang 80 und unter diesem licht betrachtet, singt er so manchen zwanzig jahre jüngeren kollegen dann doch noch an die wand. hören konnte man das in diesem jahr schon zweimal anhand der auftritte von thomas hampson. 

zwar hatte domingo im ersten akt noch startschwierigkeiten und war er dort das eine oder andere mal auf der suche nach dem richtigen ton, jedoch kam er mit fortdauer der aufführung immer besser zur geltung und glänzte sogar noch einmal so richtig bei der arie im dritten akt. diese war tatsächlich das beste, was ich in den letzten paar jahren von ihm gehört habe. schauspielerisch legte er sich ordentlich ins zeug und feierte einen weiteren triumph an der staatsoper.

anders sah die sache leider bei seiner lady macbeth aus, die heute von tatiana serjan gesungen wurde. dass sie zu beginn beim vorlesen des briefes ein unangenehm anzuhörendes italienisch an den tag legte, kann man getrost überhören, doch die selbst für diese partie überzeichnet schrille und durchdringend laute gesangliche darstellung gleich im ersten akt wurde ihr schon im zweiten akt zum verhängnis, wo es in den höhen schon sehr eng in der kehle wurde. sie konnte sich in der pause aber einigermaßen erholen und den zweiten teil solide absolvieren. die sehr blecherne reife, die ihre stimme mittlerweile prägt und ihr viel zu lauter gesang bedeuteten am ende jedoch eine eher durchwachsene leistung. 

eine überraschend reife und überzeugende leistung konnte heute ryan speedo green als banquo hören lassen. der amerikaner, der bald an die met wechseln soll, ist in wien zu einem mehr als ordentlichen bass gereift. ein weiteres ensemblemitglied, das in wien einen entwicklungsschritt nach dem anderen setzt und dabei immer wieder, so auch heute, aufzeigt, ist jinxu xiahou, der den macduff sang und mit seiner arie im zweiten teil sowie am ende ausserordentlich großen applaus erntete. 

carlos osuna war ein souveräner malcolm, ayk martirossian hatte als spion ebenfalls einen guten abend und fabian lucas holzer meisterte die sehr kleine partie des fleance. fiona jopson war eine solide kammerfrau und die stimmen der erscheinung waren chiara bimmer, secil ilker und ferdinand pfeifer. 

leider ein wenig holprig war das dirigat von giampaolo bisanti. der italiener legte eine wohl nicht nur mir persönlich zu schnelle sicht der dinge an den tag, was auch dem hexenchor und dem bühnenorchester schwierigkeiten bereitete, beide waren besonders im ersten teil einige male aus dem takt, jedoch konnte der gemischte chor im zweiten teil den abend des staatsopernchors in trockene tücher bringen. "macbeth" wird am freitag noch ein mal gespielt und die sitzplätze sind mit sicherheit ausverkauft. ein hingehen, wenn es auch der stehplatz ist, lohnt sich aber allemal. der kammersänger domingo kommt zwar oft und gerne nach wien, da er aber schon bald 79 (gerüchteweise 82) ist, wird man ihn zumindest in dieser qualität wohl nicht mehr so lange hören können. 

bearbeitet von Marco Lecco-Mio

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Baltic Cup Champion
Der Weibsteufel, Karl Schönherr
(Akademietheater, 25.10.2019)
 
Das berühmte 3-Personenstück des bedeutetenden Dramatikers Karl Schönherr wurde am Akademietheater wiederaufgenommen. Mit Erfolg!
Die großartige Inszenierung des neuen Direktors des Burgtheaters, Martin Kusej erfreut sich auch nach 10 Jahren noch großer Zustimmung.
Das abstrakte Bühnenbild (Martin Zehetgruber), bestehend aus durcheinanderliegenden großen Baumstämmen, vermittelt in Verbindung mit dem meist diffusen Licht, sehr gut die Athmosphäre. Bereit zum Risiko bewegen sich die Figuren durch das Stück, jeder Schritt aber muss mit Bedacht gesetzt werden will man nicht abstürzen. Listig versteckt man sich hinter dem nächsten Stamm, plötzlich erscheint man dann und bringt das Gegenüber in Verlegenheit. Sehr gut auch die zahlreichen Zwischensequenzen zum Szenenwechsel, wo man die Akteure mal schemenhaft und mal gar nicht erkennen kann.
Das Stück beginnt mit beschaulichem Tempo und völlig undramatisch, steigert sich dann von Szene zu Szene und endet in einem furiosen Finale.
Werner Wölbern gibt den schwächlichen aber schlauen Gauner, welcher vom Schmuggelgeschäft lebt, seine Frau als Eigentum ansieht und den letztendlich seine eigene Skrupellosigkeit in rasende Eifersucht und den gewaltsamen Tod treibt. Hervorragend stellt er dar, wie seine Selbstsicherheit immer mehr schwindet und wie hilflos er sich letzlich ohne der Unterstützung seiner Frau fühlt.
Tobias Moretti ist ein großartiger Schauspieler, allein wegen ihm ist das Akademietheater voll. Er (ersetzt den ursprünglich in dieser Inszenierung eingesetzten Nicholas Oczarek) überzeugt auch als junger Grenzgänger, lässt völlig vergessen, dass er für diese Rolle eher nicht das richtige Alter hat. Moretti wirkt stets verwandt mit der Rolle, bringt auch die Mundart in das Stück ein und strahlt große Präsenz auf der Bühne aus. Aus dem berechnenden Flirt wird schnell eine Beziehung mit echten Gefühlen. Verwirrung, Aggression herrscht vor. Er ist ein rechtschaffener Mensch voller Ehre - am Ende aber ein Mörder aus Leidenschaft, dem Teufel auf den Leim gegangen.
Dieser Teufel ist in Schönherrs Drama weiblich. Birgit Minichmayr geht in der Rolle des Weibsteufel auf, spielt sich in einen Rausch und ihre männlichen Kollegen in die zweite Reihe. Sie wirkt am Beginn distanziert, fast teilnahmslos, steigert ihre Intensität von Szene zu Szene. Am Beginn scheint ihr alles Recht. Ein Leben mit einem hilfsbedürftigen Mann der sie materiell gut versorgt aber emotional nicht befriedigen kann. Sie warnt diesen Mann auch deutlich davor, dass er sie für seine Gaunereien zu missbrauchen sucht. Sie kündigt auch sofort an, dass der Grenzgänger sein "Sterndal" schon kriegen soll, wenn er es versucht dieses mit einer List über sie zu bekommen - "da wird er schon schauen, was er davon hat." Zunächst versucht sie noch sich rauszuhalten, doch unerbittlich gehen die beiden Männer ihren Weg und machen die Frau zum Spielball ihres Wettkampfes. Dann wirft sie sich schamlos ins Zeug, bringt echte Gefühle ins Spiel, wickelt beide Männer locker um den kleinen Finger und vernichtet diese hemmungslos.
Die Rolle ist Minichmayr auf den Leib geschnitten. Sie beeindruckt mit ihrem natürlichen Spiel, mit ihrer Sprache - auch ohne tiroler Dialekt, verliert sich von Szene zu Szene mehr in der Figur und befindet sich am Ende in einem wahren Spielrausch.
Großer Jubel war den 3 Darstellern am Ende sicher. Standing Ovations für Birgit Minichmayr, ein triumphaler Abend für sie und auch für ihre beiden Kollegen.
 
 
 
bearbeitet von halbe südfront

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