Ausbildung zum Fach- bzw. Diplomsozialbetreuer


Footballhead

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Hobbyjournalist

Hier die gewünschte Reflexion in voller Länge:

Wenn ich diese Zeilen verfasse, blicke ich auf eine relativ lange und intensive Zeit, in einem Praktikum der besonderen Art zurück. Schließlich war ich samt Semesterferien sechs Wochen in der Einrichtung tätig. Des Weiteren unterzeichnete ich mit 1. Februar einen Dienstvertrag und wurde ab diesem Tag als Fachsozialbetreuer angestellt. Dieser Tag, er wird mir in meinem Leben gewiss unvergessen bleiben. Bei der Morgenbesprechung wurde ich seitens des Leiters der Tageswerkstätte dem gesamten Team vorgestellt und die Reaktion der an diesem Tag tätigen Mitarbeiter fiel bescheiden aus.

Eine Mitarbeiterin begann zu klatschen, eine weitere tat dies ebenso. Der Großteil blickte betreten zu Boden – ein Schock für mich. Ja, an den ersten Tagen stellte ich mir tatsächlich oft die Frage, weshalb ich überhaupt eingestellt wurde? Die Freude darüber, dass ich die Ausbildung zum Diplomsozialbetreuer noch um jeden Preis beenden wollte, hielt sich in Grenzen. Um ehrlich zu sein merkte ich schon während des Probearbeitens in der Tageswerkstätte, dass das Betriebsklima durchaus ausbaufähig ist.

In vielen Mitarbeiterbesprechungen bestätige sich dieser Eindruck. Es wurde teilweise geschwiegen, was das Zeug hielt. Man könnte meinen jeder hätte Angst davor möglicherweise anzuecken.Was ich an dieser Stelle präzisieren möchte: Im Kleinteam in der Keramikgruppe, bestehend aus zwei sehr erfahrenen Kolleginnen, einem Zivildiener und meiner Wenigkeit, lief die Zusammenarbeit von Beginn weg recht gut. Eine Angestellte honorierte einerseits meine Bemühungen mit positiven Worten, fühlte sich allerdings häufig bei manchen Aussagen meinerseits auf den Schlips getreten und missinterpretierte diese völlig.

„Meinst du etwa, dass ich das nicht gut genug kann?“ „Deine Klugscheissereien kannst du dir sparen“. Diese Sätze stellen lediglich die Antworten dar, als ich darauf aufmerksam machte, einen Keramik-Kurs nach Abschluss der Schule besuchen zu wollen und zudem die teilweise vorhandene Unsachlichkeit anprangerte, die mir beim Durchlesen der Dokumentationen aufgefallen ist.

Diese Kollegin präsentierte sich schlicht und ergreifend als grundehrlich, womit ich angesichts ihrer Wortwahl manchmal ein wenig haderte, aber zugleich war sie eine der hilfsbereitesten und auch einfühlsamsten Personen, die ich in den letzten Wochen kennenlernte. So paradox sich dies evtl. auch lesen mag. In Summe arbeiten aber 15 Mitarbeiter in der Einrichtung und wenn alle aufeinanderprallen, dann spürt man förmlich eine gewisse Unruhe.

Wobei sich im Gesamtbild in den wenigen Wochen einiges zum Positiven veränderte. Spätestens als ich in der Supervision einige Gedanken meinerseits zur Arbeit im Behindertenbereich präsentierte, wurde ich fortan ernster genommen. Ich persönlich war allerdings trotz diverser Nebengeräusche von Beginn weg motiviert. In einem Notizblock schrieb ich wichtige Informationen über vieles was mir erklärt wurde mit und versuchte so schnell wie möglich zu lernen. In mir reifte das Gefühl unbedingt beweisen zu wollen, dass meine Anstellung die richtige Entscheidung darstellte.

Ich lernte die einzelnen Klienten kennen und setzte früh eine Idee praktisch um, indem ich Bilder aus Krepppapier im Zusammenspiel mit ihnen anfertigte. Dies stellte bekanntlich meine Praktikumsaufgabe dar. Drei von sechs Klienten bewältigten ansonsten Keramik-Tätigkeiten und für die restlichen drei Personen, die an schwerster Intelligenzminderung leiden, galt es Alternativ-Angebote auf die Beine zu stellen.

Eine Stärke von meiner Seite ist diesbezüglich der Blick auf das Detail – meine Beobachtungsgabe sozusagen. Nachdem ich bemerkte, dass ein Klient sehr musikbegeistert zu sein scheint, nahm ich kurzerhand ein Einsteiger-Keyboard mit, das mir im frühesten Kindesalter geschenkt wurde.Dieser junge Herr durfte darauf die einzelnen Tasten betätigten, erfreute sich am Tun und drückte auch bestimmte Zahlenabfolgen, durch welche einprogrammierte Lieder abgespielt wurden.

Schon war eine neue Idee der Beschäftigung geboren, an der auch weitere Klienten jede Menge freute hatten und die sich sogar adaptieren ließ. So versah ich einzelne Tasten bpsw. mit farbigen Aufklebern und druckte das Notenblatt des Liedes „Alle meine Entchen“ aus. Die einzelnen Noten beklebte ich ebenso mit passenden Aufklebern. So war es einer Klientin möglich dieses Lied auf eigene Faust nachzuspielen. In Zukunft sind weitere Lieder geplant.

Als sehr erfrischend empfand ich die Tatsache, welch hoher Stellenwert darauf gelegt wird, dass Inklusion gelebt wird. Zudem war ein deutliches Miteinander innerhalb der Gruppe spürbar. Meine Kolleginnen scheuten sich bspw. nicht davor zuzugeben, dass eine Klientin das Stricken weit besser beherrscht, als sie es tun. Ich fertigte zum Beispiel eine Keramikfigur an und ließ mir von einer Dame mit Behinderung, die liebend gerne mit Ton arbeitet erklären, was ich hierbei beachten muss.

Ich wiederum erklärte geduldig, wie sie E-Mails auf dem PC abrufen und den Computer ein- und ausschalten kann. Bei manchen technischen Fragen konnte ich meinen Kolleginnen mit Rat und Tat zur Seite stehen und das tat mir persönlich gut. Wo ich persönlich Lernbedarf sehe? Auf alle Fälle in Hinblick auf die Keramik-Tätigkeiten!

Und nein, in meinem Stellenbild war nicht davon die Rede, diesbezüglich über Vorkenntnisse verfügen zu müssen. Kolleginnen meinten ebenso, dass ich auf diesem Gebiet mit der Erfahrung die ich im Laufe der Zeit sammle, sehr vieles lerne. Und dennoch bin ich mir bewusst darüber, dass es alles andere als ein Nachteil wäre, wenn ich auf diesem Metier sattelfester agieren könnte. Und genau daher wäre mir ein Kurs, wie ich bereits erwähnte, ein sehr wichtiges Anliegen.

Dass ich allgemein ein handwerklich unbegabter Tollpatsch sein kann ist mir vollkommen bewusst, aber dennoch bin ich mir sicher, dass ich mit vollem Engagement einzelne Defizite ausmerzen kann. Darunter leidet durchaus manchmal mein Selbstwert, aber ich arbeite daran.

Die Ausbildung an der SOB hatte durchaus für mich in vielerlei Hinsicht ihr Gutes, aber ich wurde doch sehr sensibilisiert. Kritik nehme ich immer extrem zu Herzen, meine Frustrationstoleranz ist zudem ebenso sehr ausbaufähig. Es tut mir einfach sehr weh, wenn ich mir immer wieder einmal meiner Schwächen bewusst werde.

Im Endgespräch, das von meinen beiden Arbeitskolleginnen der Keramik-Gruppe durchgeführt wurde, teilten mir die Damen mit, dass ich meine Ansprüche runterschrauben und allgemein zu meinem eigenen Wohle und zu jenem der Gruppe lockerer auftreten sollte. Ich strebe diesbezüglich Besserung an. Ein Prozess, der natürlich nicht von heute auf morgen seinen Abschluss findet. Ein „Danke, dass du im Team bist“ oder dergleichen – ich hätte mich wirklich immens darüber gefreut – blieb leider aus. Aber immerhin meinte eine Kollegin, „wir alle, dich miteingeschlossen“, leisten gute Arbeit. Ein kleiner Grund zur Freude.

Abgesehen davon geht es nun wieder in die Schule. Ich muss zugeben, ich freue mich auf die baldigen Osterferien, um die Akkus ein wenig aufzutanken. Teils ging ich in den letzten Wochen doch ein wenig kränklich in die Arbeit. Und obwohl der Schule nun mein voller Fokus gelten mag, werde ich in den kommenden Wochen zumindest ein bis zwei Mal in der Tageswerkstätte vorbeischauen, um Dokumentationen und dergleichen nachzulesen und zu sehen, wie es Klienten und Mitarbeitern geht.

In Summe ist es mir natürlich eine Ehre, ein Angestellter dieser Einrichtung sein zu dürfen. Und als solcher werde ich meiner Tätigkeit auch in Zukunft gewissenhaft nachgehen.

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Kennt das ASB in und auswendig

Danke für den ausführlichen Bericht.

Lob und Annerkennung kannst du dir in der heutigen Arbeitswelt abschminken.

Das vergessen fast die meisten Leute, auf der anderen Seite auch klar, weil man ja erwarten kann das jemand seine Arbeit gut macht, dass muss nicht extra gelobt werden.

(Man applaudiert ja a nicht wenn der Busfahrer die Haltestelle trifft)

Das hat dann etwas mit "Selbst-Motivation" zu tun. 

Kenne es von meiner Arbeit , man arbeitet jeden Tag nach Bestem Wissen und Gewissen und bringt auch was weiter, aber ein Danke od Lob kommt relativ selten.

Setze mir dann jeden Tag/Woche meine eigenen Ziele , damit ich dann am Ende der Woche/Tag selber auf eine erfolgreiche Arbeitswoche zurückblicken kann und zufrieden sie Arbeit verlassen kann.

Auch wenn man zwar im Team arbeitet, ist man in vielen Bereichen dann trotzdem wieder ein Einzelkämpfer. 

Konzentriere dich daher auf dich selber und denke nicht darüber nach was andere Kollegen über dein Tun und wirken denke, weil das kannst du eh net beeinflussen.

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Hobbyjournalist

@patriot18

Danke für deinen tollen Kommentar. Die Problematik besteht vermutlich einfach darin, dass ich in den letzten Jahren doch ein wenig „erfolgsverwöhnt“ gewesen bin. Ob Praktika oder Schule - immer wieder einmal gab es Lob, was mich natürlich sehr ehrte, motivierte und darin bestätigte, mit meiner Ausbildung die richtige Wahl getroffen zu haben.

Wenn sich nun im Job plötzlich das Lob sehr in Grenzen hält und dazu noch Aussagen getätigt werden, mit denen ich doch ein wenig hadere, dann ist das nicht so angenehm. Ich muss es aber einfach lernen, ungeachtet von äußeren Einflüssen mit jeder Menge Energie an die Arbeit heranzugehen. 

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ASB-Gott
Footballhead schrieb vor 4 Stunden:

@patriot18

Danke für deinen tollen Kommentar. Die Problematik besteht vermutlich einfach darin, dass ich in den letzten Jahren doch ein wenig „erfolgsverwöhnt“ gewesen bin. Ob Praktika oder Schule - immer wieder einmal gab es Lob, was mich natürlich sehr ehrte, motivierte und darin bestätigte, mit meiner Ausbildung die richtige Wahl getroffen zu haben.

Ich glaube, dass liegt auch daran, dass dich deine neuen Kollegen jetzt mehr als künftigen Kollegen als als Praktikanten / Auszubildenden gesehen haben. Ich habe bis dato die Erfahrung gemacht, dass man als "normaler" Arbeiter eigentlich kaum oder nur noch selten Lob bekommt während dass bei Lehrlingen oder Praktikanten noch häufig der Fall war. Bei denen geht man davon aus, dass die das noch lernen müssen und man lobt, wenn sie etwas gut machen. Bei einem normalen Arbeiter nimmt man an, dass der das eh alles während Studium/Ausbildung gelernt hat und zur Routine gehört - da wird dann nur noch bei überragender Leistung bzw. bei nicht alltäglichen Tätigkeiten gelobt. Lob bzw. positives Feedback gibt es eigentlich nur im Mitarbeitergespräch. 

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  • 3 weeks later...
Hobbyjournalist
aurinko schrieb am 11.3.2018 um 22:35 :

Ich glaube, dass liegt auch daran, dass dich deine neuen Kollegen jetzt mehr als künftigen Kollegen als als Praktikanten / Auszubildenden gesehen haben. Ich habe bis dato die Erfahrung gemacht, dass man als "normaler" Arbeiter eigentlich kaum oder nur noch selten Lob bekommt während dass bei Lehrlingen oder Praktikanten noch häufig der Fall war. Bei denen geht man davon aus, dass die das noch lernen müssen und man lobt, wenn sie etwas gut machen. Bei einem normalen Arbeiter nimmt man an, dass der das eh alles während Studium/Ausbildung gelernt hat und zur Routine gehört - da wird dann nur noch bei überragender Leistung bzw. bei nicht alltäglichen Tätigkeiten gelobt. Lob bzw. positives Feedback gibt es eigentlich nur im Mitarbeitergespräch. 

Sorry, für meine späte Reaktion. Ich denke, du hast mit deinen Worten vollkommen recht. Wie ich schon einmal erwähnte: Viel wichtiger ist es vermutlich, sich darüber im Klaren zu sein, dass man dem Job aus eigener Erfüllung heraus nachgeht und in erster Linie die Meinung der Klienten weit wichtiger scheint als jene der Kollegen.

Nach den sehr erholsamen Osterferien geht es für meine Klasse und mich von 3.4.-7.4. nach Berlin. Ich freue mich auf die Reise und muss in wenigen Stunden bereits aufbrechen. Im Anschluss berichte ich ausführlich. 

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  • 3 weeks later...
Hobbyjournalist

Meine Güte, jetzt habe ich bis heute nie von meiner Reise berichtet. :facepalm: 

Es hat zumindest sehr viel Spaß gemacht. Berlin ist definitiv eine Reise wert. Ich werde bei Gelegenheit ein bisschen mehr dazu schreiben. 

Ein wenig wehmütig erwähne ich nun zudem, dass mit vergangenem Freitag der Theorieunterricht an der SOB für mich zu Ende gegangen ist. Die Verabschiedung der einzelnen Lehrer von uns Schülern und zudem viele  Zettel, auf die meine Schulkollegen und ich schrieben, was sie an wem in der Klasse zu schätzen wissen, hat mich durchaus bewegt. Mein persönlicher Zettel wird einen besonderen Platz in mein Zimmer finden. :)

Es geht nun endgültig in den Job als Behindertenbetreuer - worauf ich mich natürlich auch freue - und nur noch am 29. Mai und am 20. Juni in die Schule, um die schriftliche Klausur und die mündliche Diplomprüfung abzulegen.  

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free like a bird
Footballhead schrieb am 22.4.2018 um 20:44 :

Meine Güte, jetzt habe ich bis heute nie von meiner Reise berichtet. :facepalm: 

Es hat zumindest sehr viel Spaß gemacht. Berlin ist definitiv eine Reise wert. Ich werde bei Gelegenheit ein bisschen mehr dazu schreiben. 

Ein wenig wehmütig erwähne ich nun zudem, dass mit vergangenem Freitag der Theorieunterricht an der SOB für mich zu Ende gegangen ist. Die Verabschiedung der einzelnen Lehrer von uns Schülern und zudem viele  Zettel, auf die meine Schulkollegen und ich schrieben, was sie an wem in der Klasse zu schätzen wissen, hat mich durchaus bewegt. Mein persönlicher Zettel wird einen besonderen Platz in mein Zimmer finden. :)

Es geht nun endgültig in den Job als Behindertenbetreuer - worauf ich mich natürlich auch freue - und nur noch am 29. Mai und am 20. Juni in die Schule, um die schriftliche Klausur und die mündliche Diplomprüfung abzulegen.  

Viel Erfolg ! 

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  • 4 weeks later...
Hobbyjournalist
laskler1 schrieb am 26.4.2018 um 21:30 :

Viel Erfolg ! 

Recht herzlichen Dank. 

Wieder ist ein wenig Zeit vergangen, seit ich mich das letzte Mal in diesem Thread zu Wort meldete, was sehr stark damit zu tun hat, dass ich zeitlich momentan recht eingespannt bin. 

Der Vollzeitjob und dazu noch die Klausur am kommenden Dienstag, für die mir auch noch einiges an Lernaufwand bevorsteht hinterlassen jetzt doch ihre Spuren. Ein viraler Infekt hat mich eingeholt und momentan bin ich vor allem einer Bindehautentzündung wegen im Krankenstand. Und das obwohl ich es mir vornahm, ab kommenden Donnerstag ohnehin Urlaub zu nehmen. 

Ansonsten habe ich mich wieder recht gut in der Tageswerkstätte eingelebt. Ich musste für die Schule eine Reflexion über meine Tätigkeit formulieren, welche sich über den Zeitraum von 23.4. bis zum vergangenen Freitag, den 18.5. erstreckt und meine Gefühlswelt wie gewohnt sehr ehrlich widerspiegelt. Bei Gelegenheit teile ich diese mit dem ASB. 

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Ich bin /root, ich darf das!

Freut mich von deinem Fortschritt zu lesen.

Wie genau sieht das beim Fachsozialbetreuer aus? Mit dem Pflegefachassistent kommen sehr viele Möglichkeiten der Spezialisierung auf die Pflege ohne Matura zu.

Wo geht die Reise für die Fachsozialbetreuer noch hin? Kennst du die Gesetze hier etwas genauer?

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Hobbyjournalist
RenZ schrieb vor 17 Minuten:

Freut mich von deinem Fortschritt zu lesen.

Wie genau sieht das beim Fachsozialbetreuer aus? Mit dem Pflegefachassistent kommen sehr viele Möglichkeiten der Spezialisierung auf die Pflege ohne Matura zu.

Wo geht die Reise für die Fachsozialbetreuer noch hin? Kennst du die Gesetze hier etwas genauer?

Mir persönlich wären geplante Umstrukturierungen in Hinblick auf das etablierte Berufsbild des Fachsozialbetreuers, das du bei Interesse im Internet nachlesen kannst, sowie etwaige Gesetzesänderungen neu. 

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Hobbyjournalist
Lateral schrieb vor 3 Stunden:

schön zu lesen dass es bei dir so gut läuft :super: viel Glück in deinem Beruf, scheint bei dir ja eine Herzensangelegenheit zu sein...

Vielen Dank. Ja, es ist definitiv eine Herzensangelegenheit. Selbstredend nicht immer eine ganz einfache, die einige Höhen und Tiefen beinhaltet. Aber ich bin der festen Überzeugung die richtige Entscheidung getroffen haben, weil mir der Job sehr viel Freude bereitet. ;)

Hier die versprochene Reflexion. Ich wollte mich kurz halten. Wieder einmal: Fehlanzeige :D 

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Um vorneweg vollkommen ehrlich zu sein: Folgende Zeilen bringe ich am Arbeitsplatz mitten in meiner Mittagspause auf das Papier. Ohne im Detail darüber nachgedacht zu haben, über welche Erfahrungswerte ich im Genaueren berichte, schreibe ich frei drauf los. Es ist ein Sieg der Spontanität über den Perfektionismus, den ich im Laufe meiner Ausbildung so gerne zu hegen pflegte. Mein Markenzeichen also, der Stempel im Grunde genommen, den ich mir selbst immer wieder aufdrückte.

Erneut berichte ich über meine Arbeitsstelle. Als ich für den Zeitraum von rund sechs Wochen freigestellt wurde, um den letzten Theorieblock meiner dreijährigen Schullaufbahn an der SOB zu vollenden, gingen mir natürlich so einige Gedanken durch den Kopf. Würde mich der eine oder andere Klient vermissen? Denken die Arbeitskollegen das eine oder andere Mal darüber nach, wie es mir wohl in der Schule ergehen könnte? Wie werde ich nach mehrwöchiger „Auszeit“ meiner Tätigkeit als Fachsozialbetreuer wohl wieder ins Team aufgenommen?

Jener 23. April dieses Jahres war ein ganz merkwürdiger Tag. Mit gemischten Gefühlen betrat ich am frühen Morgen meine Arbeitsstätte, die Nacht davor war eine zugegebenermaßen unruhige. In der Küche angekommen erblickte ich die ersten Angestellten. Eine Mitarbeiterin war überrascht darüber mein Antlitz ihres Zeichens nach „ganz plötzlich“ zu erblicken. Eine andere Kollegin wiederum betonte, es sei ihr durchaus bekannt, dass ich wieder meinen Dienst antrete. Ich wurde nach meinem Befinden gefragt und eine Angestellte streckte mir gar zur Begrüßung ihre Hand entgegen.

Ich betonte ganz offen, dass die Situation ein klassisches „Für und Wider“ für mich darstellt. Einerseits war da die Freude wieder meinen Job anzutreten, andererseits ein wenig die Wehmut, geistig verinnerlicht zu haben, dass ich keinen Theorieblock mehr an der Schule absolvieren werde. Die einzelnen Klienten am frühen Morgen? Sie verhielten sich mir gegenüber herzlich bis etwas distanziert. Dementsprechend spielte der erneute Beziehungsaufbau bzw. die Intensivierung der Beziehung zu den Beschäftigten eine nicht unwesentliche Rolle.

Die Zeit an der Tageswerkstätte schien ihren – wohlgemerkt recht positiven - Gang zu nehmen. Ich wirkte meines Erachtens nach ruhig und entspannt, man könnte fast schon meinen der vermeintliche Säbelzahntiger stünde kurz davor eingeschläfert zu werden, nachdem ihm kurz davor die Zähne gezogen wurden.

Ich gestehe mir einfach ein, dass ich mich in den ersten sechs Wochen im Zeitraum von Ende Jänner bis Mitte März schlicht und ergreifend teilweise zu angriffslustig präsentierte. Ohne die für meinen Geschmack heftig anmutenden verbalen Angriffe einer Kollegin rechtfertigen zu wollen – auch ich habe mich wohl nicht immer richtig verhalten! Wovon das kam ist schnell erklärt. Es war in erster Linie einfach dieses Lechzen nach Anerkennung. Der sehnliche Wunsch danach positives Feedback zu erhalten, ein Lob in Richtung „toll, dass wir dich im Team haben“ zu vernehmen.

Diesbezüglich hielt ich mir schlicht und ergreifend vor Augen, dass primär lediglich zählt, was die einzelnen Klienten von meiner Person halten. Ich möchte an dieser Stelle dennoch nicht vollkommen auf einen Seitenhieb in Richtung Belegschaft verzichten.

Am Samstag, den 5. Mai fand eine große Veranstaltung jenes Trägers, für den ich tätig bin, statt. Eine per se durchaus beachtlich konzipierte Angelegenheit. Menschen mit Behinderung nahmen im Zusammenspiel mit Menschen ohne Behinderung an einer Polonaise teil. Selbst Rollstuhlfahrer wurden in die Geschehnisse integriert. Die über jenen Träger agierenden Tageswerkstätten reservierten im Vorfeld keine Tische im großen Festsaal vor Ort. Ein guter Freund von mir, der hinter seinem Kommen ein Fragezeichen setzte, sagte relativ kurzfristig endgültig ab.

Und so machte ich mich vollkommen alleine auf zum Veranstaltungsort. Dort angekommen der erste Schock: Im Saal waren sämtliche Tische reserviert, ich persönlich hatte überhaupt keine Ahnung, wohin ich mich begeben soll, um in Ruhe die Polonaise zu betrachten.

Zufälligerweise begegnete ich einer Arbeitskollegin, die mich auf Nachfrage meinerseits, von wo aus ich die Polonaise am besten betrachten soll, darauf aufmerksam machte, dass sie über einen Tisch verfügt und dort noch ein Platz frei wäre.

Dort saß eine Klientin der Tageswerkstätte gemeinsam mit ihren Angehörigen. Daneben befand sich ein Ehepaar, welches in der Begleitung von behinderten Menschen angestellt ist und eine weitere Dame, die ebenso in derselben Einrichtung wie meine Wenigkeit tätig ist.

Ich fühlte mich in den wenigen Minuten, die ich am Tisch verbrachte wie bestellt und nicht abgeholt. Es war eine einzige Katastrophe. Zumindest auf die Polonaise hatte ich eine relativ gute Sicht. Nach Ende der Polonaise bedankte ich mich artig beim in meiner Einrichtung angestellten Ehepaar für den Sitzplatz und zog weiter – genauer gesagt in Richtung Auto.

Dort grübelte ich und nutzte die Zeit sinnvoll, indem ich mich einige Zeit lang für die schriftliche Klausur an der SOB vorzubereiten begann. Dem Ball musste ich zwei Stunden darauf ohnehin wieder einen Besuch abstatten. Schließlich versicherte ich dem Leiter der Tageswerkstätte, dass ich ehrenamtlich mitarbeiten würde.

Die Woche darauf betonte ich auf Nachfrage einer unmittelbaren Kollegin in der Keramik-Gruppe, dass ich den Ball als sehr einsam empfand. Sie meinte ich hätte mich einfach bei einer Gruppe von Arbeitskollegen anhängen sollen. Ich persönlich wollte das – warum auch immer - nicht.

Ich hätte mich diesbezüglich vermutlich von einer offeneren Seite präsentieren müssen, aber mir fehlte gänzlich die Motivation, um mich an die Fersen einiger Mitarbeiter zu heften. Wer weiß, wäre diesen das schlussendlich recht gewesen? Einrichtungsintern machte ich aber keine große Sache aus der ganzen Geschichte.

Ich werde in jenen Jahren, die ich in der Tageswerkstätte verbringe gewillt sein, um die Ärmel hochzukrempeln und neben gruppeninternen Tätigkeiten auch bereitwillig das eine oder andere Amt zu übernehmen. Und so entschied ich mich bereits dafür, neben einem weiteren Kollegen als Unterstützer der Interessensvertreter zu fungieren.

Hierbei unterstützen wir zwei Menschen mit Behinderung, ihre Anliegen und jene der gesamten Beschäftigten der Tageswerkstätte  einmal im Monat bei sogenannten „Vernetzungstreffen“ außerhalb des Standorts anzubringen.

Ich könnte mich vermutlich noch weit länger fassen, schreibe diese Reflexion schlussendlich in den eigenen vier Wänden zu Ende, weil es in der Arbeit ein Ding der Unmöglichkeit gewesen wäre diese zu vervollständigen, wie ich mitten in meinem ausschweifenden Schreibfluss bemerkte.

Und dementsprechend möchte ich mit erfreulichen Punkten diese Arbeit abrunden: Der Leiter der Tageswerkstätte fand durchaus positive Worte für meine Tätigkeit und meinen Umgang mit den einzelnen Klienten im Rahmen eines Gesprächs unter vier Augen und betonte zudem, dass er die Meinung vertritt, mit meiner Anstellung hätte die Einrichtung die richtige Wahl getroffen.

Auch er erwähnte allerdings jenen Punkt, den ich in den letzten Jahren so oft zu hören bekam: So meinte er, ich sollte gerade aufgrund meines Engagements und Tatendrangs darauf achten, nicht eines Tages auszubrennen und darauf achten, dass mir der Perfektionismus nicht zum Verhängnis wird.

Ich persönlich mache mir diesbezüglich aber keine Sorgen. Privat finde ich – spätestens sobald die letzten beiden Prüfungen in meiner Schullaufbahn zu Ende sind - in diversen Hobbies den so wichtigen Ausgleich.

Und noch ein kleines „Happy End“: Seit Abschluss der erwähnten Veranstaltung gelingt es mir teamintern schön langsam Fuß zu fassen. Vor allem weil die Akzeptanz mir gegenüber durchaus gestiegen ist, wie mir doch stark aufgefallen ist.

So beschließe ich diesen Bericht und freue mich auf die Fortsetzung meiner beruflichen Laufbahn.

 

bearbeitet von Footballhead

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  • 2 weeks later...
Fröhliches Mäxchen
Footballhead schrieb am 22.5.2018 um 18:25 :

 

Auch er erwähnte allerdings jenen Punkt, den ich in den letzten Jahren so oft zu hören bekam: So meinte er, ich sollte gerade aufgrund meines Engagements und Tatendrangs darauf achten, nicht eines Tages auszubrennen und darauf achten, dass mir der Perfektionismus nicht zum Verhängnis wird.

 

Klingt ja alles recht gut, weiterhin alles Gute :super: 

Zum zitierten Text: Herzenangelegenheit schön und gut, zu übermotiviert und perfektionistisch empfinden manche Kollegen aber oftmals als anstrengend, also wenn du das schon manchmal gehört hast, dann tritt ruhig mal einen kleinen Schritt langsamer, weil nach dem klingts bissl durch die Blume gesagt ;) 

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